Protocol of the Session on March 15, 2011

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Wo war die Antwort? Das war keine Antwort!)

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Tatsache ist doch, dass eine Vielzahl von Eltern in Niedersachsen die Rahmenbedingungen für gute Schule durch sozialpädagogische Unterstützungsangebote verbessert wissen will. Die Oberschule ist darauf eine richtungsweisende Antwort.

(Johanne Modder [SPD]: Wohin?)

Tatsache ist, dass die Kommunen in Niedersachsen mehr Flexibilität für die wohnortnahe Schulversorgung haben wollen. Die Oberschule bietet ihnen alle Möglichkeiten, in ihren Landkreisen, Städten und Gemeinden ein Schulmodell für die Zukunft zu entwickeln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, richtig ist im Übrigen auch, dass in nahezu allen Bundesländern inzwischen eine intensive Debatte darüber stattfindet, wie man den Bildungsbereich der Klassen 5 bis 10 richtig organisiert.

Mit Blick auf die demografische Entwicklung und drastisch zurückgehende Schülerzahlen - zum Teil um 40 % und mehr -, aber auch mit Blick auf die Wünsche der kommunalen Schulträger ist es möglich, eine vernünftige und im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler richtungsweisende Schulstruktur auf den Weg zu bringen, die auch die nächsten 10 bis 15 Jahre lebensfähig ist.

Die Oberschule ist eine Antwort für die Zukunft. Ich konnte mich nicht des Eindrucks erwehren - um noch einmal mit den Worten des Abgeordneten Bäumer zu sprechen: „ich habe den Verdacht“ -,

(Heiterkeit)

dass Sie uns hier immer nur die Antworten der Vergangenheit vorgetragen haben, weil Sie krampfhaft an einem Modell festhalten wollen, über das die Bildungswissenschaft zumindest in Deutschland längst hinweggegangen ist.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wer ist denn „die Bildungswissen- schaft“?)

Meine Damen und Herren, wenn wir auf die nächsten 10 bis 15 Jahre blicken, erkennen wir, dass sich die Schullandschaft in allen Bundesländern voraussichtlich dahin gehend entwickeln wird, dass auf der einen Seite klassisch starke Gymnasien stehen, während sich auf der anderen Seite eine Schulform befindet, die eine gymnasiale Option beinhaltet, ohne jedoch Gesamtschule zu sein.

Frau Heiligenstadt, Sie haben vorhin davon gesprochen, in anderen Bundesländern gebe es bei den dortigen Reformen keine Verlierer. Schauen wir doch einmal ganz genau hin: In Sachsen, einem der PISA-Siegerländer in Deutschland, gibt es die Gesamtschulen, die Sie immer wieder favorisieren, überhaupt nicht. In Bayern, zusammen mit Sachsen in der Regel die Nummer eins bei PISA, gibt es die Gesamtschulen, die Sie immer wieder favorisieren, ebenfalls nicht. In Baden-Württemberg ist man längst den Weg in Richtung einer Werkrealschule gegangen, um das System der Klassen 5 bis 10 fortzuentwickeln.

Frau Heiligenstadt, bitte hören Sie auf, den Eltern in Niedersachsen einzureden, dass der Weg zur Glückseligkeit in der Schule einzig und allein im System der Integrierten Gesamtschule besteht! Das ist nicht der Fall!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das haben wir nie gesagt! Wir fordern Gleichbehandlung der Schulformen!)

Meine Damen und Herren, es existiert auch eine ganz erhebliche Diskrepanz zwischen der Beurteilung hier im Landtag durch Sie - das war auch bei den zurückliegenden Bildungsgesprächen zu merken - und der Beurteilung Ihrer vielen Pragmatiker und Schulpolitiker vor Ort.

Herr Poppe, Sie haben sich vorhin ja wunderbar zu Wort gemeldet. Aber ich habe auch Folgendes gelesen: Claus Peter Poppe, sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter, sagte, dass die Möglichkeit, die Oberschule einzuführen, für Kommunen auch Chancen biete. - Das passt überhaupt nicht mit dem zusammen, was Sie vorhin gesagt haben.

(Olaf Lies [SPD]: Sie begreifen es ein- fach nicht! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Ich weiß, dass das weh tut, aber das müssen Sie aushalten.

Gehrden: Stadtverwaltung, SPD und Grüne befürworten die neue Schulform als eine - ich zitiere - dringend erforderliche Alternative zu den Gesamtschulen in Ronnenberg und Wennigsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das müssen Sie jetzt aushalten. Sie bekommen ja auch zusätzliche Redezeit. Ich muss das ja auch ertragen.

Was sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende im Lüneburger Kreistag, Frau Schröder-Ehlers?

„,Die Oberschule bietet vielfältige Möglichkeiten und damit die Flexibilität, die Schulen in der Fläche brauchen, um langfristig überleben zu können’, lobt der Schulexperte und Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion Franz-Josef Kamp, ausgewiesener Schulexperte bei der Landesschulbehörde, die Pläne der Landesregierung zur Oberschule.“

Und es geht noch weiter: Die SPD/FDP-Gruppe - eine ungewöhnliche Konstellation - im Rat der Samtgemeinde Flotwedel hat einen Antrag gestellt, den Schulstandort Eicklingen zu einer Oberschule mit gymnasialem Zweig auszubauen. Darin heißt es: „Wir haben gute Gründe: … Gebäude, die fast neu sind, zwei Turnhallen am Schulstandort, SchülerInnen, … die gern die Schulen in Eicklingen

besuchen“. Das sagte der Sprecher der SPD/FDPGruppe und Landtagsabgeordnete Rolf Meyer.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Rolf Meyer [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Herr Meyer, Sie melden sich, aber ich lasse erst einmal keine Zwischenfragen mehr zu.

Das macht mir richtig viel Freude.

(Ulrich Watermann [SPD]: Ihr einziges Argument ist es, andere vorzuführen! Andere Argumente haben Sie nicht!)

Auch die Grünen sollen nicht ungeschoren davonkommen. Sie kommen ja immer als diejenigen daher, die so tun, als sei das alles ganz schrecklich.

„Besonders angetan von dem Schulmodell, das alle drei Schulstufen unter einem Dach vereint, zeigte sich Martin Brinkmann (Grüne). … Der Wechsel von der Oberschule in die Oberstufe werde den Schülern leichter fallen, prophezeite Brinkmann.“

Frau Wucherpfennig in Göttingen - GEW, Herr Brandt! - sagte:

„Falls die Oberschule bessere Bedingungen bietet als die KGS, warum sollten wir uns gegen sie wehren?“

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das ließe sich jetzt endlos fortsetzen.

(Zurufe von der CDU: Weiter!)

- Ich höre an dieser Stelle auf, weil es irgendwann auch einmal gut sein muss.

Ich denke, man kann es so zusammenfassen: Wenn es noch eines letzten Beweises bedurft hätte, um zu zeigen, wie abwegig und realitätsfern manche Argumentation hier in Hannover im Landtag zum Teil war - auch bei den zurückliegenden Bildungsgipfeln -, dann wäre er mit den Zitaten, die ich eben vorgetragen habe, erbracht.

Frau Heiligenstadt hat vorhin einen verdächtigen Satz gesagt: Man müsse auch einmal seine eigenen Struktursysteme fallen lassen. - Wohl wahr, Frau Heiligenstadt. Wann fangen Sie damit an?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben nur ein einziges Bildungsmodell für Niedersachsen, und auch für Deutschland favorisieren Sie dies aus zum Teil nicht nachvollziehbaren Gründen.

(Detlef Tanke [SPD]: Durch Wiederho- len wird es nicht besser!)

Die Wissenschaft ist sich einig, dass Gesamtschulen die vermeintliche Überlegenheit nicht besitzen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wer ist denn „die Wissenschaft“?)

Auch dass sie zu mehr Chancengleichheit gegenüber Schulen des differenzierten Schulsystems führen, ist ein Trugschluss.

Ich denke, wir haben hier einen zukunftsweisenden Weg entwickelt. Man muss sich das im Detail vielleicht noch etwas genauer anschauen, als Sie dies bisher getan haben.

Ich sage eines ganz deutlich - das gilt auch in Richtung aller Verbandsvertreter, auch in Richtung des Philologenverbandes, weil ich Sie, Herr Audritz, gerade sehe -: Da derzeit rund 40 % der Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen an der Schulform Gymnasium sind und zukünftig möglicherweise 50 % der Schülerinnen und Schüler in Deutschland in Richtung Gymnasium streben, müssen mit Blick auf Niedersachsen immerhin noch 60 % der Schülerinnen und Schüler durch ein zukunftsfähiges und leistungsfähiges Schulwesen in Niedersachsen eine Chance bekommen. Und darauf ist die Oberschule die richtige Antwort.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Ich versuche einmal, zum Schluss zu kommen, und sage etwas zum angeblich gescheiterten Schulkonsens. Frau Korter, ich habe Sie vorhin doch richtig verstanden, oder? Ihr Angebot zum Schulfrieden lautet: Wenn wir Ihnen zustimmen und in Niedersachsen ein System aus Gymnasien und ausschließlich Integrierten Gesamtschulen einführen würden, wenn wir generell zum Abitur nach 13 Jahren zurückkehren und versuchen würden, ein Schulmodell wie in Bremen einzurichten, dann wären wir auf dem richtigen Weg.