Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden heute über die Möglichkeit, im Rahmen von Eingriffen in die Natur einen Ausgleich in Geld einem Ausgleich in Fläche gleichzustellen.
Damit kommen wir vorab zu einer ganz wichtigen Frage: Braucht es eigentlich Eingriffe in die Natur? - Unsere Vorfahren haben diese Frage beantwortet: Wenn sie über Jahrhunderte nicht in die Natur eingegriffen hätten, dann sähe Deutschland heute anders aus. Große Wälder würden sich von den Alpen bis zur Nordsee und Ostsee hinziehen. Die blühenden Landschaften, die wir heute kennen, gab es damals nicht.
Aber weil der Flächenverbrauch für Infrastrukturprojekte wie Straßen, Bahnhöfe, Flughäfen, Autobahnen oder Wohnbau- und Industriegebiete in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat, kam man irgendwann auf die Idee, neuen Flächenverbrauch nur noch dann zuzulassen, wenn dafür auch ein Ausgleich geschaffen wird.
Das ist an und für sich keine schlechte Idee, Herr Kollege Meyer. Auf diesem Weg war sichergestellt, dass wertvolle Biotope und Lebensräume nur dann entfernt werden durften, wenn dafür ein adäquater Ersatz geschaffen wird. Aber - damit komme ich zum „Aber“, Herr Kollege Meyer -: Aus der guten Idee ist im Laufe der Zeit ein Regelwerk geworden, das heutigen Erfordernissen nicht mehr standhält.
Es ist daher dringend geboten, die Flächenkompensation einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Wem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist damit geholfen, wenn wertvolle Ackerflächen in Obstbaumwiesen umgewandelt werden, um die sich im Laufe der Jahre niemand mehr kümmern will oder kann? Wem ist damit geholfen, wenn wir Wiesen mit Brennnesseln oder Disteln züchten, auf denen die Natur nicht mehr zu Hause ist? Und wem ist damit geholfen, dass wir Bauruinen beklagen, uns aber das Geld für den Rückbau fehlt? - Niemandem, meine sehr geehrten Damen und Herren - weder dem Naturschützer noch dem Landwirt, der viel zu oft in diesem Land für manchmal fragwürdige Kompensationsmaßnahmen seine eigenen Ackerflächen hergeben muss.
Deshalb ist es dringend an der Zeit, dass wir andere Wege finden, die es Investoren ermöglichen, ihre Verpflichtungen in Geld abzuleisten, und die es dem Naturschutz ermöglichen, statt der 85. Obstbaumwiese an herausragenden Stellen gezielt Qualität im Naturschutz zu erhöhen.
Eines aber ist völlig klar: Das Ersatzgeld, das auf diesem Wege gewonnen wird, wird auch wieder für Naturschutzmaßnahmen verwendet.
Deshalb ist die von uns vorgeschlagene Regelung kein Ablasshandel, sondern nur das zeitliche Parken einer Verpflichtung in Geld, das anschließend wieder für Naturschutzzwecke verwendet werden kann. Da beißt keine Maus den Faden ab.
Der Vorteil dieser Regelung liegt eindeutig darin, dass keine Zeit für das aufwendige Suchen von Ausgleichsflächen vergeht, dass Infrastrukturprojekte schneller realisiert werden können, dass der von der Landwirtschaft beklagte Flächenverbrauch keinen weiteren Vorschub bekommt, dass Geld für qualitativ hochwertige Naturschutzmaßnahmen zur Verfügung steht und dass wir im Ergebnis mehr für den Naturschutz erreichen können als bisher.
Wir brauchen im Naturschutz Klasse statt Masse. Genau aus diesem Grund sind wir dafür, dass die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene stehende Regelung jetzt zügig umgesetzt wird. Die Bundesregierung hat zu diesem Thema ein Gutachten bei einem renommierten Staatsrechtler in Auftrag gegeben.
Nach dem, was mir darüber bekannt ist, ist der Bundesgesetzgeber nicht gehindert, eine Zweckbindung des Aufkommens aus den Ersatzgeldzahlungen für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen als abweichungsfesten allgemeinen Grundsatz des Naturschutzes festzulegen.
tionsvertrags rein rechtlich nichts mehr im Wege. Ich bin auch sehr zuversichtlich, dass das bald so kommen wird.
Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum es zukünftig geboten sein wird, die Kompensation in Fläche mit anderen Augen zu sehen. Wir sind uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Hause seit Jahren darin einig, dass die Kernenergie ein Auslaufmodell ist. Der Streit, den wir in den letzten Jahren in diesem Haus darüber geführt haben, drehte sich nur um die Frage, wann der Übergang beendet ist. Das Erdbeben, der Tsunami und die bis zur letzten Woche unvorstellbaren Atomunfälle werden hier zu einer völligen Neubewertung führen. Das wird bedeuten, dass wir über einen schnelleren Ausstieg aus der Kernenergie und einen umso mehr beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien nicht daran vorbeikommen werden, den Energiemix der Zukunft neu zu definieren.
Eine Energieform, die uns mehr oder weniger unabhängig von Sonne und Wind zur Verfügung steht, ist Biomasse. Biomasse wächst aber nicht im luftleeren Raum. Biomasse braucht zum Wachsen Boden. Dieser Boden, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht beliebig vermehrbar. Wenn wir uns beim raschen Ausbau der erneuerbaren Energien einig sind, dann werden wir es uns in Zukunft nicht mehr leisten können, wertvolle landwirtschaftliche Ackerflächen aus der Produktion zu nehmen, um dort Magerrasen oder Disteln anzubauen.
Ich will, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht missverstanden werden. Ich bin nicht dafür, dass wir wertvolle Naturschutzflächen in Ackerland umwandeln, um darauf Biomasse zu produzieren. Aber gerade vor dem Hintergrund der Ereignisse in Japan und dem, was bei ganzheitlicher Betrachtung in Zukunft kommen wird, bin ich entschieden dagegen, dass wir wertvolle Ackerflächen aus der Produktion herausnehmen und uns damit der Chance berauben, auf diesen Flächen Strom und Wärme zu produzieren.
Die Gleichstellung von Ersatzgeld und Ausgleichsmaßnahmen in Fläche ist kein Muss. Wer weiterhin in Fläche ausgleichen will, kann das auch zukünftig tun. Wer seine Ausgleichsverpflichtungen aber in Geld leisten will, der sollte auch diese Mög
lichkeit haben. Unser Antrag ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Ich lade Sie heute alle ein, diesem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Eingriffsregelung im Bundesnaturschutzgesetz bleibt ein Schwerpunkt der Naturschutzpolitik der Niedersächsischen Landesregierung. Auch wir sehen hier nach wie vor Reformbedarf.
In Niedersachsen haben wir gute Erfahrungen mit dem Ersatzgeld gesammelt. Nach gegenwärtiger Rechtslage darf es für Eingriffe in Natur und Landschaft nur dann als Kompensationsmaßnahme eingesetzt werden, wenn andere Möglichkeiten und Alternativen nicht zu Gebote stehen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, um Ihrer bekannten Kritik am Ersatzgeld vorzugreifen: Ersatzgeld ist ein Kompensationsmittel für Eingriffe in Natur und Landschaft und gerade kein Ablasshandel.
Vielmehr kann mit seinem zielgerichteten Einsatz ein weitaus besserer Effekt für den Naturschutz erreicht werden als mit krampfhaft konstruierten Einzelmaßnahmen.
Kurz gesagt, kann man mit Ersatzgeld im Naturschutz nicht nur kleckern, sondern auch klotzen, und das macht Sinn.
Diesem Gedanken entspricht auf der Bundesebene auch die Koalitionsabsprache der beiden Regierungsparteien. Dort ist verankert, dass die Länder die Kompetenz erhalten sollen, das Ersatzgeld
Der Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen stellt zutreffend fest, dass die gegenwärtig noch bundesrechtlich abweichungsfeste Eingriffsregelung zu einem viel zu hohen Flächenverbrauch führt.
Ein im Auftrag des BMU erstelltes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass unter rechtlichen Aspekten eine Gleichstellung von Ersatzgeld und Realkompensation