Der Wolfenbütteler Kreistag hat damals einmütig gegen die Einlagerung gestimmt. Aber das spielte zum damaligen Zeitpunkt keine Rolle.
Was ist zurzeit vor Ort los? - Das ist mein Wahlkreis; ich wohne nur wenige Kilometer von der Asse entfernt. Ich sage in aller Deutlichkeit: Es herrscht großes Misstrauen. Die Grundstückspreise verfallen. Die Leute können ihre Häuser nicht mehr verkaufen. Im Wolfenbütteler Kreistag sind gemeinsam mit den Kollegen Oesterhelweg und Försterling Resolutionen verabschiedet worden. Auch mit der SPD und den Grünen arbeiten wir nicht nur im Kreistag, sondern auch in den Samtgemeinden Schöppenstedt, Asse und Sickte zusammen.
Da sind wir schon beim Thema. Es besteht große kommunale Einigkeit. Wir sind sehr weit gekommen. Das muss man deutlich sagen. Wir haben es geschafft - das war ein wichtiger Schritt -, drei Ministerien an den Tisch zu bekommen, nämlich das Bundesumweltministerium, das Umweltministerium und das Ministerium von Frau Schavan. Das war ein schwieriger Schritt. Es gab mehrere Veranstaltungen zur Asse. Die letzte fand in Schöppenstedt mit mehr als 350 Personen statt. Auch da herrschte Einigkeit.
Das Bundesamt für Strahlenschutz hat im Auftrag des BMU eine Prüfung der von dem Helmholtz Zentrum München eingereichten Unterlagen zur Stilllegung des Forschungsbergwerkes Asse auf Vollständigkeit und Tiefgang für ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren vorgenommen. Diese Prüfung erfolgte nur auf der Grundlage der Angaben des Antragstellers. Eigene Berechnungen hat das Bundesforschungsministerium nicht durchgeführt. Der Bericht wurde schon am 26. September 2007 an das BMU gesandt.
Diesen Bericht hat das BfS auf Anfrage in der Arbeitsgruppe Optionenvergleich im Mai an die Mitglieder der Gruppe weitergegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Bundesumweltministerium bereits gehandelt und das weitere Vorgehen zur Asse gemeinsam mit dem Bundesforschungsministerium und dem Niedersächsischen Umweltministerium festgelegt. Die Ergebnisse dieser Festle
Mir ist auch bekannt, dass gehandelt wird unabhängig von der derzeitigen rechtlichen Bewertung, ob Berg- oder Atomrecht, und sicherheitsgerichtete Maßnahmen eingeleitet werden. Dazu gehören u. a. die Erarbeitung einer Störfallanalyse durch den Betreiber der Asse, die Bewertung der Machbarkeit einer Rückholung der mittelradioaktiven Abfälle. Außerdem wird derzeit durch eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung des BfS, des Forschungszentrums Karlsruhe sowie von der Region benannter Experten ein Optionenvergleich durchgeführt. Im Rahmen dieses Optionenvergleichs sollen sicherheitsgerichtete Maßnahmen, wie z. B. die Erhöhung der Versatzsteifigkeit und die Rückholung mittelradioaktiver Abfälle, bewertet und alternative Schließungskonzepte geprüft werden. Ergebnisse dazu werden erst für den Herbst 2008 erwartet.
Erst auf der Basis dieser Ergebnisse kann tatsächlich bewertet werden, welches Schließungskonzept verfolgt werden soll, ob eine Stilllegung nach atomrechtlichen Maßstäben möglich ist oder ob im Sinne einer Gefahrenabwehr anders gehandelt werden muss. Das ist zumindest jetzt der Status quo.
Vereinbart worden ist des Weiteren, dass die Arbeiten in der Asse II weiterlaufen sollen, dass aber keine unumkehrbaren Fakten geschaffen werden dürfen, die mögliche alternative Schließungskonzepte behindern könnten. Dazu gehört auch der Bau von Strömungsbarrieren. Denn auch sie erfüllen diesen Anspruch, da im Falle der Entscheidung für ein anderes Schließungskonzept diese Bauwerke durchaus wieder zurückgebaut werden können.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht mir um eine große Sachlichkeit. Ich würde mir wünschen, dass das so bleibt und dass das politisch in keiner Weise ausgeschlachtet wird. Die bestehende große kommunale Einigkeit wollen wir bewahren. Damit sind wir weit gekommen.
Vor dem Hintergrund der laufenden Prüfung und natürlich auch alternativer Schließungsmaßnahmen und sicherheitsgerichteter Maßnahmen kommt Ihr Entschließungsantrag zum falschen Zeitpunkt. Er kommt zum einen zu spät, weil die Stellungnahme des BfS vom 26. September 2007 bereits zum Handeln der drei Ministerien geführt hat. Zum anderen kommt der Antrag zu früh, weil er erst auf der Basis der abgeschlossenen Unter
suchungen und des Optionenvergleichs unter Beteiligung der betroffenen Region eine sachgerechte Entscheidung getroffen werden kann. Dies ist frühestens im Herbst 2008 der Fall.
Also: Eine umfassende Bewertung ist zurzeit nicht möglich, weil zum Teil noch erhebliche Datenmengen nachgefordert werden können und noch keine Modelle dazu bestehen.
Ich gebe Ihnen sehr wohl recht: Es gibt erhebliche Defizite. Ich habe ein Schreiben des Landrates des Landkreises Wolfenbüttel. Er schreibt an das Bundesministerium für Bildung und Forschung:
„Sehr geehrter Herr Dr. Schäffler, mit großer Verärgerung habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Unterlagen des Helmholtz Zentrums München am 19.05.2008 noch immer nicht bei den Experten angekommen sind. Nach mehrfacher Verzögerung war die 19. Kalenderwoche (also bis zum 10.05.2008) als spätester Termin festgelegt worden. Vor dem Hintergrund des Termindrucks und des engen Terminplans habe ich große Zweifel, dass die vorgesehenen Arbeiten rechtzeitig fertig gestellt werden...“
Ich wünsche mir sehr wohl - ich denke, da sind wir ganz nah beieinander - eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem Helmholtz Zentrum München und der Arbeitsgruppe Optionenvergleich. Der Kollege Försterling ist meiner Meinung nach Mitglied dieser Arbeitsgruppe.
Es lohnt sich nicht, auf Zeit zu spielen. Die Termine sind genannt. Den Leuten vor Ort wurde lange Zeit etwas vorgegaukelt. Damit - darin gebe ich Ihnen recht - muss in der Tat Schluss sein. Dieser Schlussstrich muss gezogen werden, wenn alle Ergebnisse auf dem Tisch liegen. Wir brauchen bei diesem Thema ein großes Stück Sachlichkeit - das wünsche ich mir auch für diese Debatte - und keinen Klamauk; denn dazu ist das Thema in der Tat zu ernst.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bosse hat schon viele richtige Ausführungen gemacht. Ich möchte nur einige Punkte ergänzen.
Auch die große Geschlossenheit bei uns und bei den handelnden Personen vor Ort zeigt, dass wir dort mit großer Einigkeit vorgehen.
Seit Jahrzehnten belastet das Thema Asse das Leben der Menschen in unserer Region. Immer wieder wurde in der politischen Diskussion die Vergangenheit zitiert, wie auch vorhin von Herrn Herzog, um sich möglicherweise gegenseitig die Schuld anzulasten. Das muss unserer Meinung nach ein Ende haben. Denn niemandem hilft es weiter, wenn wir in der Vergangenheit nach Schuldigen suchen, anstatt an einer Lösung des Problems zu arbeiten.
Das haben die politischen Gremien im Landkreis Wolfenbüttel erkannt. Deswegen kam es zu der gemeinsamen Resolution, die Herr Bosse angesprochen hat, die auch die Grundlage für uns, die wir vor Ort sind, dafür ist, an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten. Parteiübergreifend wurden viele Initiativen gestartet.
Ich habe mir das Recht herausgenommen, anstelle von Herrn Dürr zu sprechen, weil ich, wie Herr Bosse das eben schon gesagt hat, Mitglied im Asse-II-Begleitgremium bin und daher in das Thema eingearbeitet bin.
Parteiübergreifend haben wir vor Ort diese vielen Initiativen gestartet. Dabei war der Kollege Oesterhelweg, der das Gespräch zwischen den Ministerien maßgeblich mitinitiiert hat, das Herr Bosse erwähnt hat. Da ist der SPD-Landrat, der sehr aktiv ist und der die Geschäftsführung für die Begleitgruppe wahrnimmt. Und da sind natürlich beide Umweltminister, sowohl der Bundesumweltminister als auch der Niedersächsische Umweltmi
nister, die mehrfach vor Ort waren und den Menschen gut das Gefühl vermitteln konnten - weil sie es sehr ernst meinen -, dass man gemeinsam für eine vernünftige Lösung kämpfen möchte.
Dadurch haben wir diese Asse-II-Begleitgruppe gebildet. Wir haben dort auch die Möglichkeit erhalten, weitere Experten hinzuziehen. Wir haben die Bürgerinitiativen vor Ort in dieses Begleitgremium einbezogen und haben daher nun die Möglichkeit, mit diesen Experten, mit den Bürgerinitiativen, mit den beteiligten Ministerien, mit dem Helmholtz Zentrum endlich an einem Tisch zu sitzen und die Probleme zu bearbeiten.
Jetzt sind verschiedene Maßnahmen im Gang. Herr Bosse hat schon einige aufgezählt. Es wird ein weiteres Gutachten zur Standfestigkeit geben. Herr Professor Jordan ist damit bereits beauftragt worden. Das BfS prüft die Rückholung der MAWAbfälle. Demnächst gibt es auch die Störfallanalyse. Auch den Experten liegt mittlerweile das Schließungskonzept des Helmholtz Zentrums vor. Natürlich gab es dabei einige Probleme, und wir begleiten das alle sehr kritisch, die wir vor Ort handeln. Denn wir wollen am Ende alle gemeinsam die sicherste Lösung für die Menschen vor Ort. Es lohnt sich nicht, dieses Thema politisch zu instrumentalisieren, weil die Menschen vor Ort dafür zu wichtig sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben Recht, Herr Försterling: Bei dem, was wir hier besprechen, handelt es sich um eine sehr ernste Angelegenheit. Die Geschichte der Asse ist eine Geschichte von Täuschungen und Falschinformationen. Wir haben bereits im April 2007 hier im Plenum den Antrag gestellt, die laufenden Arbeiten zur Verfüllung der Stollen zu stoppen und alle Optionen zum Schutz der Biosphäre zu prüfen, wir haben im April 2007 die Einleitung eines atomrechtlichen Planfeststellungsverfahrens gefordert, und wir haben Juli 2007 Strafanzeige wegen unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen gegen die Verantwortlichen gestellt.
Wir haben feststellen müssen, dass es in der Vergangenheit an falschen Informationen nie gemangelt hat. 1967 wurde uns gesagt, Wassereinbrüche seien mit an Sicherheit grenzender Wahrschein
lichkeit auszuschließen. Acht Jahre lang wurde die Öffentlichkeit hinters Licht geführt. 1988 kam das Wasser. Erst Mitte der 90er-Jahre wurde die Öffentlichkeit informiert.
Im Oktober 2006 hat das Umweltministerium im Umweltausschuss festgestellt, dass der Rahmenbetriebsplan die Durchführung konkreter Maßnahmen nicht rechtfertigt.
Leider müssen wir erleben, dass gleichwohl weiter Fakten geschaffen werden. Wir erleben aber auch, dass sich das Umweltministerium korrigiert hat - spätestens mit dem Brief, der uns seit Mai 2008 vorliegt - und jetzt sagt: Die Unterlagen von 2007 müssen großenteils überholt werden. Eine umfassende Überarbeitung der Genehmigungsunterlagen ist notwendig. - Aber noch immer laufen Arbeiten, die die vollständige Schließung und die Teilflutung mit der billigsten Magnesiumlauge, die zurzeit auf dem Markt ist, vorbereiten.
Das halte ich grundsätzlich für falsch. Ich glaube, wir müssen uns an dieser Stelle in großer Einmütigkeit darüber verständigen, dass dieses Konzept gescheitert ist, dass heute absehbar ist, dass dieses Flutungskonzept nicht zum Ziel führt. Mein Eindruck ist: Man vermeidet das atomrechtliche Planfeststellungsverfahren, weil man bei den beteiligten Behörden und Ministerien schon heute ganz genau weiß, dass man den Nachweis über eine Sicherheit über eine 1 Million Jahre nicht erbringen kann.
Deshalb, meine Damen und Herren, muss man sehr ernsthaft Alternativen zum jetzigen Schließungskonzept suchen. Die Rückholung gehört ausdrücklich dazu. Alles, was insofern technisch machbar ist, muss überprüft werden,
und mit Hochdruck muss an einer Stabilisierung des Grubengebäudes gearbeitet werden. Daran führt kein Weg vorbei.
Aber es gehört auch zur Ehrlichkeit, Herr Försterling, Herr Oesterhelweg, dass vonseiten des Umweltministeriums sehr deutlich gemacht werden muss, dass alles, was jetzt noch in irgendeiner Weise das jetzige, gescheiterte Flutungskonzept und das gescheiterte Stilllegungskonzept fortsetzen würde, gestoppt werden muss. Dieses Konzept darf nicht mehr weitergeführt werden, da beißt die Maus keinen Faden ab, Herr Oesterhelweg. Alles andere würde den Eindruck erwecken, als wenn Sie trotz größter Bedenken am Ende doch
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Asse II - ein Dauerthema auch in diesem Hause. Wer wie die Kollegen Bosse, Försterling oder auch ich selbst nur wenige Kilometer von Asse II entfernt wohnt, der macht sich zu Recht Sorgen um den Zustand der Anlage.