Protocol of the Session on June 6, 2008

Was wir brauchen, ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen wohnortnaher Grundversorgung und spezialisierter Versorgung. Ich möchte, dass dieses ausgewogene Verhältnis hier in Niedersachsen erhalten bleibt. Herr Schwarz, ich spreche mich zu Recht gegen die Monistik aus. Was bedeutet denn Monistik? Monistik bedeutet eine Koppelung an die einzelnen Behandlungsfälle. Monistik bedeutet, dass alle den gleichen Zuschlag bekommen. Wie wollen wir denn dann den individuellen Bedürfnissen der Häuser gerecht werden? Nicht jedes Haus hat den gleichen Bedarf. Die Häuser haben unterschiedliche Bedarfe. Mit unserem mehrjährigen Programm können wir diesen unterschiedlichen Bedarfen Rechnung tragen.

Wir haben ein Strukturkonzept erarbeitet. Dieses Strukturkonzept ermöglicht es uns, dass wir in zukunftsweisende Strukturen investieren. Dieses Strukturkonzept ist übrigens im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Verbänden der Krankenkassen und natürlich auch der Krankenhausgesellschaft erarbeitet worden. Meines Erachtens - das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen - ist die Monistik damals im Jahre 1972 aufgegeben worden, weil sie nicht funktioniert hat. Wir können doch nicht in alte Systeme zurückfallen und sagen, dann werde alles wieder besser. Es lässt sich natürlich schnell sagen: Ich entziehe den Ländern viel Geld, verteile dieses allgemein und komme dann zu dem Ergebnis, dass die Häuser gut aufgestellt sind. - Das ist ein bisschen zu einfach. Selbst Herr Professor Rürup, der das Gutachten erstellt hat, hat doch ausgeführt, dass die Monistik in Flächenländern bei einigen Häusern zu Problemen führen kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Man kann doch nicht eine solche Aussage machen und trotzdem die Monistik wollen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das steht auch in dem Gutachten, das Sie zitiert ha- ben!)

- Lieber Herr Schwarz, wenn ich einen Fonds mit 500 Millionen Euro auflege, so bedeutet das, dass auf Niedersachsen mit seinem Bevölkerungsanteil von 10 % in etwa 50 Millionen Euro entfallen. Was können Sie damit bewegen?

Ich bleibe dabei, dass wir ein Finanzierungssystem benötigen, das unseren Häusern, wenn wir den ordnungspolitischen Rahmen neu ausrichten, insgesamt verlässliche Rahmenbedingungen gibt, und zwar sowohl im Bereich der Betriebsausgaben

als auch im Bereich der Investitionen. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir in Niedersachsen mit unseren mehrjährigen Programmen gut aufgestellt sind.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat sich Herr Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Herr Humke-Focks, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ross-Luttmann, Sie sagten zu Recht, dass der zentrale Stellenwert der Gesundheitsversorgung bei uns in Niedersachsen durch die Krankenhäuser dargestellt werden solle. Das ist sicherlich richtig. Allerdings steht diese Aussage aus meiner Sicht im Widerspruch zu den Entwicklungen, die ich vorhin skizziert habe. Wie kann es denn dann sein, dass Niedersachsen das Schlusslicht bei der Krankenhausfinanzierung bildet? Die Zahlen habe ich vorhin genannt. Ich finde diesen Sachverhalt problematisch. Sie und auch Ihre Kolleginnen Frau Mundlos und Frau Meißner unterwerfen die ganze Situation doch einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise, die gerade für das Gesundheitssystem nicht angemessen ist. Wir möchten eine solche Betrachtungsweise von uns weisen.

Ich möchte Ihnen hier sagen, dass Sie, wenn es bei Ihrer Politik keine Umkehr gibt, wirklich die alleinige Verantwortung für das Kliniksterben zu tragen haben. Wir müssen den Menschen hier in Niedersachsen und in Deutschland sagen, dass Sie mit Ihrer Politik dafür sorgen, dass solche Entwicklungen eingeläutet werden, wie sie Frau Flauger dargestellt hat, nämlich dass sich die Krankenhäuser im schlimmsten Fall dann die Patienten aussuchen werden. Wir wollen so etwas nicht.

Vielen Dank.

Danke schön. - Ich habe vorhin das Aufstehen des Kollegen Schwarz so verstanden, dass er nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ebenfalls zusätzliche Redezeit haben möchte. Ich gebe ihm drei Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, das Gutachten, aus dem Sie zitiert haben, kenne ich. Sie haben allerdings vergessen, darauf hinzuweisen, dass auch die Unterdeckung von 500 Millionen Euro in Niedersachsen in dem Gutachten angesprochen wird. Weil das so ist, wissen Sie auch, dass das, was ich hier vorgetragen habe, nämlich dass es einen jährlichen Investitionsbedarf von 500 Millionen Euro für niedersächsische Krankenhäuser gibt, korrekt ist. Deshalb bleibe ich bei dieser Aussage. Entweder Sie bekommen es mit Ihrem Finanzminister hin, dass er Ihnen dieses Geld zur Verfügung stellt, oder Sie müssen nach anderen Finanzierungsquellen Ausschau halten. Ich finde es nicht korrekt, wie die Aussagen von Professor Rürup hier wiedergegeben wurden. Ich bin ja gar kein blühender Verfechter der Monistik. Ich sehe nur, dass wir keine andere Alternative haben. Gerade als strukturschwaches Land haben wir keine andere Alternative. Deshalb kommt es darauf an, den von Rürup angedachten Strukturfonds so auszugestalten - das steht in unserem Antrag -, dass die Gestaltungsspielräume der Länder erhalten bleiben, um insbesondere kleine Krankenhäuser abzusichern. Ich finde, das ist Ihre Aufgabe.

Zweitens. Die Frage der Bettenpauschale haben Sie nicht beantwortet. Seit fünf Jahren ist eine interministerielle Arbeitsgruppe an der Arbeit. Seit fünf Jahren geht es um die Neuausrichtung der Bettenpauschale. Sie nehmen diese aber einfach nicht vor. Sie missachten an dieser Stelle einen Parlamentsbeschluss. Das ist doch nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Drittens. Unterstellen wir einmal, es wäre alles so, wie Sie es dargestellt haben. 120 Millionen Euro für Krankenhäuser in jedem Jahr - da ist die unterste Marge unter allen Bundesländern. Dabei bleibt es ja aber nicht. Sie müssen jedes Jahr eine globale Minderausgabe erwirtschaften. Im Jahre 2005 betrug die globale Minderausgabe des Sozialministeriums 30 Millionen Euro. Wissen Sie, wo Sie die hergeholt haben? - Zu 50 % - 15 Millionen Euro - haben Sie sie aus dem Krankenhaustopf herausgenommen. So gehen Sie mit den Krankenhäusern in diesem Land um! Vor diesem Hintergrund sollten Sie hier nicht solche Reden führen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Frau Kollegin Mundlos von der CDU-Fraktion hat ebenfalls um zusätzliche Redezeit gebeten. Sie erhalten auch drei Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Da vorhin offensichtlich das eine oder andere doch nicht richtig verstanden worden ist, will ich einige Punkte wiederholen bzw. unterstreichen. Ich zitiere noch einmal - es kann ja sein, dass Sie das vorhin nicht gehört haben - aus Schreiben von Krankenhäusern: Das Land Niedersachsen ist bisher mit seiner aktiven Krankenhauspolitik und der Förderung der Strukturmaßnahmen gut gefahren und hat die Kapazitäten schrittweise und jährlich den Erfordernissen angepasst. - Das würden die Krankenhäuser mit Sicherheit nicht schreiben, wenn sie nicht selber anerkennen würden, was hier geleistet wurde und wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil hier so getan wird, als sei ein Großteil doch für Monistik, möchte ich auf ein paar Institutionen hinweisen, die das ausgesprochen kritisch sehen. ver.di zur Monistik: Das war bis 1992 bereits eine Mogelpackung. Die Krankenkassen waren nicht in der Lage, die hohen Investitionskosten zu tragen. Würde die duale Finanzierung abgelöst, müssten die Beitragssätze steigen. Das wäre das Ende der koordinierten Planung einer flächendeckenden Gesundheitsvorsorge. - So ver.di. Wir wollen nicht, dass eine solche Situation eintritt.

Auch der Städte- und Gemeindebund sagt ganz klar: Wir wollen, dass die politische Verantwortung beim Land bleibt. - Der Landkreistag sagt: Die Verantwortung hierfür können nur die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesregierungen übernehmen.

Solche Aussagen sind in diesem Bereich überall zu finden. Die Zuständigen sprechen sich ganz klar für die Dualistik aus. Wenn dem so ist - diese Bemerkung möchte ich abschließend machen -, dann stellt sich doch die Frage, wem eine Umstellung von Dualistik auf Monistik eigentlich nutzen würde. Da kommt man zu dem Ergebnis, dass sie auch den Krankenhäusern nicht nutzen würde, sondern nur dem Bund, der auf diesem Wege den Möglichkeiten einer zentralstaatlichen Steuerung des Krankenhauswesens und damit dem gesamten

Gesundheitswesen ein entscheidendes Stück näher kommen würde. Das wollen wir in dieser Form auf keinen Fall.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat sich noch einmal Frau Ministerin Ross-Luttmann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz zu zwei Punkten Stellung nehmen. Zum Bettenabbau: Ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig ist, unnötige Überkapazitäten abzubauen, und dass wir damit einen Weg im Einvernehmen mit den Krankenhäusern gehen.

Lieber Herr Humke-Focks, ich will Ihnen kurz erklären, wie Niedersachsen das gemacht hat. Wir haben nur dann im Einvernehmen mit den Krankenhausträgern Betten abgebaut, wenn die Bettenbelegung in Fachrichtungen in den letzten drei Jahren bei unter 85 % lag. Meine Damen und Herren, es ist immer der richtige Weg, die Auslastung zu prüfen und zu sagen: Kalkuliert die Bettenanzahl bedarfsgerecht, haltet nicht unnötig Betten vor, für die Kosten entstehen, für die ihr aber kein Geld bekommt. - Niedersachsen geht hierbei den richtigen Weg.

Sehr geehrter Herr Schwarz, noch einmal zu den Investitionskosten. Zum Rürup-Gutachten: Sie wissen, dass Herr Rürup außerordentliche Probleme hatte, den Bedarf von 5 Milliarden Euro zu errechnen. Wie hat er es denn gemacht? - Er hat die Investitionskosten anderer Dienstleistungsbereiche zugrunde gelegt und diese auf die Krankenhäuser übertragen. Denn er hat genau erkannt, wie unglaublich schwierig es ist, eine genaue Zahl zu ermitteln.

Ich will Ihnen auch sagen, wie wir es in Niedersachsen gemacht haben. Wir haben mehrjährige Investitionsprogramme aufgestellt, um den Krankenhausträgern Planungssicherheit und Transparenz zu geben und gemeinsam mit den Krankenhäusern notwendige Investitionen tätigen zu können, und zwar überall dort, wo sie erforderlich sind.

Ihre Aussage, Niedersachsen sei Schlusslicht, wird nicht dadurch richtiger, dass Sie sie ständig wiederholen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Sie brauchen nur in die Statistik zu gucken!)

Frau Kollegin Mundlos hat Ihnen sehr deutlich gesagt, worauf die Statistik basiert, nämlich auf Haushaltsansätzen. Sie wissen aber sehr genau - deshalb behaupten Sie das auch wider besseren Wissens -, dass wir über die Landestreuhandstelle finanziert und im Haushalt die Kreditzinsen abgebildet haben.

(Uwe Schwarz [SPD]: Darum geht es doch überhaupt nicht!)

Wir werden - das haben wir in den letzten Jahren schon getan - von 2004 bis 2010 840 Millionen Euro für Investitionen unserer Krankenhäuser und für kurzfristige Anlagegüter zur Verfügung stellen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das sind 120 Millionen pro Jahr!)

Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, liegt Niedersachsen an zehnter Stelle und somit in einem guten Mittelfeld.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 28.

Der Antrag soll an den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit überwiesen werden. Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist so beschlossen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu den Tagesordnungspunkten 29 und 30.

Beide Anträge sollen zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit und zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen werden. Wer möchte so beschließen? - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Keine. Dann ist das so beschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, erteile ich Frau Kollegin Flauger von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Sie hat sich zu einer persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer

Geschäftsordnung gemeldet. Sie können dabei auf der einen Seite eigene Ausführungen berichtigen und auf der anderen Seite Angriffe zurückweisen.

(Zuruf von der SPD: Oder beides!)

Frau Flauger, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Frau Mundlos, die leider gerade nicht anwesend ist, hat mich persönlich angegriffen,

(Oh! bei der CDU)

als sie gesagt hat, sie würde sich doch sehr darüber wundern, dass ich mich zum Thema Menschenwürde äußere, und darauf verwiesen hat, dass sie in Helmstedt aufgewachsen sei und deswegen wisse, wie es dort mit der Menschenwürde gewesen sei.