Der Ältestenrat schlägt vor, die Anträge an den Ausschuss für Inneres und Sport zur federführenden Beratung zu überweisen und den Petitionsausschuss sowie die Ausländerkommission ebenfalls damit zu befassen. Wer so abstimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: Verkaufsverfahren bei OHE im Landesinteresse korrigieren - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2935 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/3143
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, das Verfahren zum Verkauf der Osthannoverschen Eisenbahnen AG läuft schon. Je länger es läuft, desto fadenscheiniger und dürftiger erscheint uns die Verkaufsentscheidung, die der Landtag getroffen hat.
In den örtlichen Zeitungen ist zu lesen, dass der Verkäufer nur noch den Erhalt eines Drittels der Schieneninfrastruktur garantieren soll. Der Kündigungsschutz bis 2009 ist wohl eher ein Witz denn eine tatsächliche Arbeitsplatzgarantie für die Beschäftigten vor Ort. Nur für fünf Jahre soll dem neuen Erwerber untersagt sein, das Unternehmen,
das vermutlich erst Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres den Besitzer wechseln dürfte - das Verfahren ist in der Entscheidung längst noch nicht so weit -, in Teilen weiter zu veräußern, zu zerlegen. Nur zehn Jahre soll die Karenzzeit dauern, um sich wieder ganz von diesem Unternehmen trennen zu können.
Aber wir kennen das ja. Wir erinnern uns noch: Im vorigen Jahr, als wir über die Veräußerung der NILEG gesprochen haben, stand Finanzminister Möllring an diesem Platz und hat sehr weitschweifig über Garantien für die Mitarbeiter und für die Funktionen der NILEG gesprochen. Heute wissen wir: Die NILEG ist, in Niedersachsen zumindest, von ihren Entscheidungsstrukturen her und personell weitestgehend abgewickelt. Sie wird von einem anderen Bundesland aus organisiert. Die Beschäftigten sind entweder dorthin abgewandert oder haben das Unternehmen längst verlassen.
So etwas müssen wir bei der Osthannoverschen Eisenbahnen AG unbedingt verhindern. Deswegen bestehen wir nachdrücklich darauf, dass dieser Antrag, der von den Mehrheitsfraktionen in den Ausschussberatungen in Bausch und Bogen abgelehnt worden ist, die Zustimmung des Hauses erfährt.
Welche Konsequenzen haben wir zu erwarten, wenn das Unternehmen unter diesen Bedingungen an einen möglichen Interessenten - wir haben von mehreren großen ausländischen Verkehrsunternehmen lesen können, die den Einstieg in den deutschen, gerade in den niedersächsischen Markt suchen - verkauft wird? Entweder wird der Investor dann auch mit sehr viel Energie die zweite Salamischeibe, die EVB, erwerben wollen, um dann quasi als Monopolist im Elbe-Weser-Raum die Märkte selbst aufteilen und die Preise diktieren zu können - zum Schaden der Netzabdeckung und zum Schaden der Kunden, die die Entgelte zu zahlen haben -, oder aber der Investor wird, wenn sich das so nicht realisieren lässt - so meine Ausführungen zu Anfang -, sich sehr schnell der nichtprofitablen Teile entledigen und das Unternehmen filetieren. In beiden Fällen hat der Nahverkehr in Niedersachsen das Nachsehen. Daher handelt es sich strukturpolitisch und wirtschaftlich um eine falsche, kurzsichtige Entscheidung.
EVB vorgeschlagen worden ist und in dem dafür eine sehr positive Entwicklung, was den wirtschaftlichen Betrieb und die Art des behutsamen Wettbewerbs im öffentlichen Nahverkehr in Niedersachsen angeht, vorausgesagt worden ist. Ich kann nach wie vor nur fragen: Warum ist dieser Weg nicht beschritten worden? Ist eine solche Entwicklung durch das Verhalten in den vergangenen Jahren im Betrieb möglicherweise bewusst hintertrieben worden?
Das, was man im Zusammenhang mit der süddeutschen Unternehmung, die als Tochter der OHE in die Insolvenz gegangen ist, in den vergangenen Monaten erfahren konnte, trägt nicht sehr zur Widerlegung dieser Vermutung bei; denn uns zumindest ist zugetragen worden, dass es sehr wohl Interessenten gab, die dieses in die Insolvenz gehende Unternehmen hätten übernehmen wollen. Wenn man dem nicht Rechnung trägt und anschließend Krokodilstränen darüber vergießt, dass ein hoher Verlust zu beklagen ist, und das mit als Argument dafür anführt, das Unternehmen jetzt schnellstmöglich zu versilbern, so muss man sagen: Ob da Absicht im Spiel war oder nur unterlassene Hilfeleistung, ist unentschieden. Auf jeden Fall ist dieses Verfahren nicht ausreichend transparent gemacht worden, und es lässt Zweifel daran aufkommen, ob die Motivation, die hier viele aus CDU und FDP dazu gebracht hat, der Verkaufsentscheidung zuzustimmen, auf einer guten und soliden Grundlage stand.
Wir sind der Meinung, dass bei dieser Verkaufsentscheidung die Nachteile die Chancen eindeutig überwiegen, dass sich Schwarz-Gelb schlicht nicht traut, mit dieser Landesregierung ein Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs erfolgreich zu betreiben, und dafür strukturpolitischen und sozialpolitischen Raubbau in dieser Region billigend in Kauf nimmt.
Beim Verkehrsminister muss ich wegen seiner Ressortverantwortung allerdings feststellen, dass es sich bei seiner zustimmenden Kenntnisnahme dessen, was der Finanzminister zu verantworten hat, nur um ein totales Versagen in Tateinheit mit ideologisch einseitiger Straßenförderung handeln kann. Ein Verkehrsminister, der sein Ressort in allen Bereichen ernst nimmt, hätte um den Erhalt
dieses Steuerungsinstrumentes für den Wettbewerb im öffentlichen Nahverkehr ganz anders kämpfen müssen. Herr Minister Hirche, hier sind Sie entweder gnadenlos gescheitert oder wissentlich Mittäter. Beides ist nicht gerade ein Ruhmesblatt für Sie. Ich bitte Sie, doch jetzt wenigstens die Karten auf den Tisch zu legen und unsere Argumente zu entkräften.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Alles hat seine Zeit, heißt es immer: Beratung hat seine Zeit, Verhandeln hat seine Zeit, und Entscheidung hat seine Zeit. Im Moment erscheint es uns so, dass die Abstimmung über den Antrag der Grünen zum falschen Zeitpunkt erfolgt, weil überhaupt noch nicht klar ist, wie die derzeit laufenden Verhandlungen ausgehen. Es kann ja durchaus sein, dass man auf diesen Antrag zu gegebener Zeit zurückkommt. Aber im Moment halte ich es für falsch, darüber zu entscheiden. Aber da die Grünen den Antrag aufrechterhalten, werden wir nachher darüber abstimmen. Wir werden uns wie im Wirtschaftsausschuss der Stimme enthalten, weil wir uns die Optionen offenhalten wollen.
Ich will das auch begründen. Was ist bisher gelaufen? Einiges hat der Kollege Hagenah eben schon ausgeführt. Mit der Vergabebekanntmachung und den eingegangenen sechs Angeboten ist sozusagen der erste Schritt gemacht worden. Die Cellesche Zeitung vom 27. Juli hat darüber berichtet, dass es bekannte Unternehmen sind, die ein Kaufinteresse bekundet haben: Veolia, die Nachfolgegesellschaft der holländischen NedBahnen oder die ehemalige dänische Staatsbahn.
Dabei ist klar geworden, dass einige der Bedingungen aus Sicht der SPD und auch aus Sicht des OHE-Betriebsrats nicht akzeptabel sind. Im Kern geht es um zwei Bedingungen: Die eine betrifft den
Kündigungsschutz. Schon nach drei Jahren sollen Beendigungskündigungen möglich sein. Das kann nicht akzeptiert werden. Die zweite betrifft die beabsichtigte Verringerung des Streckennetzes auf nur noch ein Drittel von jetzt noch 320 km.
Beide Dinge sind für uns von entscheidender Bedeutung: der Erhalt der Arbeitsplätze und der Erhalt der Infrastruktur. Strecken, die weg sind, kommen nie wieder, und Insellösungen haben auf Dauer keinen Bestand. Das hat der OHEBetriebsrat klar gesagt; er hat in der Presse dazu auch Stellung genommen. Ich finde übrigens, dass der Betriebsrat ausdrücklich zu loben ist. Er begleitet das Verfahren sehr konstruktiv und sehr ruhig. Es wird überhaupt kein Aktionismus produziert. Verantwortungsvoller kann man das nicht begleiten.
Aber Sie sollten sich nicht täuschen: Das muss nicht so bleiben. Herr Tinat hat in der Celleschen Zeitung gesagt: „Wenn alles abgelehnt würde, was wir fordern, dann könnte sich die Situation verschärfen.“ Genau das wird auch eintreten.
Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass es sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der OHE nicht gefallen lassen werden, wenn sie durch den Verkauf arbeitslos werden und ihre Arbeitsplätze „mal eben so“ weggeschafft werden. Wo keine Schienen mehr sind, da braucht es keine Bahn, und wo es keine Bahn mehr gibt, da braucht es natürlich auch keine Eisenbahner mehr.
Wie bereits bei der letzten Diskussion im Juni dieses Jahres gesagt wurde, hat der Kreistag des Landkreises eine Resolution verabschiedet, in der er seine Bedingungen formuliert hatte. Auf Antrag der SPD-Kreistagsfraktion - Herr Möllring weiß das - hat der Kreisausschuss des Landkreises diese noch einmal einstimmig wiederholt: „Wir fordern nach wie vor einstimmig auf, die Bedingungen der Resolution in den Verhandlungen massiv zu vertreten - wohl wissend, dass natürlich an der einen oder anderen Stelle Spielraum ist.“
Für die Celler ist von entscheidender Bedeutung - das ist aus lokaler Sicht auch klar -, dass die Zentrale der OHE in Celle bleibt; denn nur dann bleiben auch die Arbeitsplätze in Celle. Es erscheint wenig logisch, dass auf der einen Seite über 250 Arbeitsplätze in Celle auf diese Weise abgebaut werden, wenn man auf der anderen Seite viel Geld in Ansiedlungspolitik steckt, um neue Betriebe zu gewinnen. Wie Sie wissen, ge
hört Celle zum Ziel-1-Gebiet. Das belegt, dass wir es uns überhaupt nicht leisten können, Arbeitsplätze zu verlieren. Ich glaube, das leuchtet jedem ein.
Deshalb haben wir als Kreis den Landrat aufgefordert, mit den interessierten Betrieben - es ist jetzt ja klar, wer das ist - über eine eventuelle Beteiligung der kommunalen Ebene zu reden; denn darauf kommt es für uns am Ende an. Es darf nicht nur eine Fiktion sein. Es darf dem Landkreis nicht nur etwas vorgegaukelt werden. Wenn es gelingt - das war in dem entscheidenden Papier ja deutlich geworden -, eine Verbindung zwischen der kommunalen Ebene und einem privaten Anbieter herzustellen, dann kann man daraus möglicherweise etwas schöpfen. Dann muss aber auch die Zeit dafür zur Verfügung stehen, damit man an der Stelle überhaupt noch etwas erreichen kann.
Durch die Beratungen im Haushalts- und im Wirtschaftsausschuss ist deutlich geworden, dass man derzeit davon ausgeht, dass die OHE im laufenden Jahr etwa 600 000 Euro Gewinn erwirtschaften kann. Das zeigt erstens, dass es durchaus ein solides Unternehmen ist. Es zeigt zweitens, dass es überhaupt keine besondere Eile für das Verkaufsverfahren gibt. Da ist Sorgfalt angesagt, damit sich die kommunalen Interessen einbringen können.
Ich habe die Resolution, die wir seinerzeit verabschiedet hatten, Bundesverkehrsminister Tiefensee übergeben, damit auch dem Eigentümer Bund klar wird, dass er als Miteigentümer Verantwortung trägt. Mir schien, es war dringend notwendig, dass wir unseren Berliner Koalitionsfreunden deutlich gemacht haben, welche Bedeutung das für uns in der Region hat. Der Bund darf sich eben nicht hinter dem Land verstecken; das muss ganz klar sein. Herr Tiefensee hat zugesichert, dass Privatisierung mit Augenmaß und im Schulterschluss mit denen erfolgen soll, die betroffen sind. Ich werde ihn beim Wort nehmen. Das ist ja erst einmal ein schönes Stück Prosa, aber man kann ihn darauf festnageln.
Genau das, Herr Möllring, werden wir auch bei Ihnen machen. Genau dafür muss das Land auch Verantwortung tragen. Wenn es gegen den Willen des Landkreises und der kommunalen Eigner geht, dann wird das nicht akzeptiert werden. Dann werden wir als Fraktion auch nicht bereit sein, einem solchen Verkauf zuzustimmen. Etwas anderes kann man, glaube ich, nicht erwarten.
Ein letzter Satz. Wir sind gespannt, wer von den Interessenten übrig bleibt und wer die Bedingungen und Ziele akzeptieren kann. Ich hoffe, dass die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen von der CDU vor Ort auch nach der Wahl noch erhalten bleibt und dass das nicht nur eine zeitlich befristete Kooperation war, um über den Wahltag zu kommen. Denn an der Stelle müssen wir Einigkeit zeigen, sonst haben wir als Region nichts zu bestellen. Das ist doch klar. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schließt mit der Aussage, dass ein Minderheitenanteil von 49,9 % an Private verkauft werden sollen. Herr Hagenah, meine Frage an Sie: Wer soll denn dann das Unternehmen bei solchen Mehrheitsstrukturen, wie wir sie als Land Niedersachsen, als Deutsche Bahn, als Bund, als Kommune über Jahre geduldet haben, kaufen? Wie stellen Sie sich das eigentlich vor?
Ihr Antrag ist heute eigentlich nicht abstimmungsfähig. Sie hätten ihn - das hat der Kollege Meyer schon deutlich gemacht - zurückziehen sollen. Denn wir befinden uns ja in einem Verfahren, das wir erst einmal durchhalten müssen. Sie wissen doch ganz genau, dass sich hier drei verbündet haben, um ein Verfahren anzustrengen: der Bund, die DB und das Land Niedersachsen. Dieses Verfahren ist abzuschließen.
Wir haben in den Landkreisen und in den Städten in unterschiedlichster Weise diskutiert, wie man mit einem solchen Verkaufsverfahren umzugehen hat alles unter den Gesichtspunkten, die hier schon besprochen worden sind: Wir haben Forderungen aufgestellt. Wir haben mit den Betriebsräten gesprochen, zuletzt in der letzten Woche. Wir haben festgestellt, dass das Verfahren sehr wohl vernünftig begleitet wird, weil die Mitarbeiter dieses Unternehmens erkannt haben, dass es sich hierbei um ein Verfahren handelt, das dazu führt, dass dieses Unternehmen am Ende besser aufgestellt wird. Das ist doch das Entscheidende.
Wir haben einen brummenden Logistikmarkt im Elbe-Weser-Gebiet. Aber die OHE hat es über Jahre nicht verstanden, sich ihren Anteil daran zu sichern und zu vergrößern. Wir wollen erreichen, dass das in den nächsten Jahren wesentlich besser wird. Die Horrorszenarien, die Sie, Herr Hagenah, hier gezeichnet haben, können ja nicht dazu führen, dass dieses Unternehmen besser aufgestellt wird. Wenn man einem solchen Antrag zustimmen würde, dann würde man das Unternehmen sozusagen in eine Zeit entlassen, in der man Zukunftsangst, Angst um seine Arbeitsplätze haben müsste.
Wir haben einen Forderungskatalog aufgestellt, der allen Aktionären und auch den Gemeinderäten und Kreistagen vorgelegt wurde. Es war klar, wie wir in den Verkaufsverhandlungen aufgestellt sind. Wir werden das abprüfen. Die Kaufinteressenten sind Unternehmen, die sich am Markt bewährt haben. Es ist also nicht so, dass wir an irgendjemanden verkaufen würden. Wir haben mittlerweile ja auch gehört, dass der eine oder andere die Vorgaben nicht einhält.
Wir als CDU und FDP haben Gespräche mit dem Konzernbetriebsrat geführt. Ich meine, wir sollten auch die Mitarbeiter zeitnah über den Stand des Verfahrens informieren. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind wir durchaus schuldig - damit sollten wir offensiv umgehen -, dass wir eine Verbesserung beim Unternehmen anstreben wollen. Wir alle sind uns doch darüber im Klaren, dass sich in den nächsten Jahren angesichts der Herausforderungen des Marktes die Aufgabe nicht darauf beziehen kann, dass wir es mit einem Unternehmen zu tun haben, das Holz und Panzer transportiert. Das kann es doch nicht sein.
Dieses Unternehmen hat doch auch gezeigt, dass es sich auf anderen Feldern durchaus bewähren kann. Ich nenne hier nur das Stichwort „Metronom“. Der ÖPNV läuft im Übrigen ganz gut, wenn man ihn privatwirtschaftlich organisiert; auch das haben wir mittlerweile erlebt. Die OHE hat ja leider noch nicht - Herr Meyer, das wissen Sie genauso gut wie ich - diese positiven Zahlen. Sie sind uns angekündigt worden. Es ist uns aber über Jahre angekündigt worden, immer wieder aufs Neue, dass positive Zahlen kommen würden.