Wir alle haben Sorgen, wenn Entwicklungs- und Schwellenländer ihre naturgegebenen Ressourcen zerstören. Wir alle haben Sorgen, wenn Regenwald vernichtet wird und die Produktion dort unter den Bedingungen, wie sie vom Kollegen Klein durchaus zutreffend beschrieben worden sind, stattfindet.
Aber dem Landtag in Niedersachsen stehen nur beschränkte Instrumente zur Verfügung, um durch rechtliche Regelungen auf die Verhältnisse in Indonesien einzuwirken. Die Erfolg versprechendsten sind noch die, auf die der Kollege Oesterhelweg hingewiesen hat: internationale Vereinbarungen, auf die man drängen und hinweisen kann und die zu zertifiziertem Anbau führen - am Beispiel von Palmöl. Ich meine, das ist ein guter Weg.
Ich als Politiker, der hier im Landtag Emden vertreten darf - aber natürlich auch alle anderen 8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner von Niedersachsen; aber meine geographische Herkunft ist Emden -, muss sagen: Wenn sich ein tatkräftiger, unternehmerisch denkender Ingenieur im Hafen umschaut und die Anlagen, die Öltanks am Ölkai sieht, die seit vielen Jahren außer Gebrauch, aber in technisch gutem Zustand sind, und sich überlegt, was für ein Geschäft er dort betreiben könnte, mit dem er Arbeitsplätze schafft, dann freut mich das zunächst einmal.
Wenn dieser unternehmerisch denkende Ingenieur dann sagt „Der Trend geht zu Biokraftstoffen; wir können über den Emder Hafen eine neue Wertschöpfungskette einrichten, indem wir Biokraftstoffe aus der Welt importieren, in Emden raffinieren und so den Hunger nach Bioenergie ein Stück
weit stillen können“ - dieser Hunger herrscht ja in Deutschland nicht zuletzt durch die Koalitionsvereinbarung in Berlin, die die Beimischung von Biodiesel mit einem Anteil von 5,75 % bis 2010 vorsieht; das können wir übrigens durch unsere eigene Landwirtschaft nicht darstellen, weil wir in umfänglichem Maße auf Importe angewiesen sind und mit Bioenergie arbeiten, über 30 Arbeitsplätze schaffen, die Volkswirtschaft unter umweltfreundlichen Gesichtspunkten fördern und den Energiehunger ein Stück weit stillen will, dann stimmt mich das froh. Dann ist da jemand, der Chancen erkennt, der einen durchaus ethischen Ansatzpunkt hat und für den es sehr traurig ist, dass diese Kampagne in dieser Weise losgetreten worden ist, wie wir es heute erleben.
Dort soll ein gutes, ideologisch völlig unverdächtiges Geschäft stattfinden in den Kategorien, die heute hier schon beschrieben worden sind. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verstehe, ehrlich gesagt, gar nicht, warum das schon in dieser ersten Beratung bei einigen so zu Hektik geführt hat. Dass immer wieder Vergleiche auch zur Vergangenheit gezogen werden, ist an dieser Stelle eigentlich unangebracht. Der Kollege Oesterhelweg kommt ja jedes Mal mit seiner Zuckermarktordnung, gleichgültig worüber geredet wird.
Er will hier dann immer die Zuckermarktordnung unterbringen. Das passt hier überhaupt nicht herein, aber er kann das dann zu Hause wieder verkaufen.
Es macht ihm auch Freude, inhaltlich immer wieder auch Frau Künast anzupinkeln. Aber in der Sache hat der Kollege Seehofer in unserer gemeinsamen Bundesregierung noch nicht so furchtbar viel anders gemacht. Wir sind gespannt, was da noch passiert.
Herr Kollege Riese aus Emden, mir ist nicht bekannt, wer jetzt diese neue Planung auf die Beine stellt. Bis dato war immer diese niederländische Firma BioX im Gespräch. Darüber können wir uns ja im Ausschuss noch austauschen. Da scheint irgendetwas wohl nicht ganz seriös gewesen zu sein; denn wenn man die Rücknahme mit technischen Problemen begründet, dann kann das nicht ganz stimmen, zumal es solche Anlagen schon überall gibt und das überall funktioniert, sogar in Hamburg. Da gibt es ja eine Fabrik von ADM, die mit Palmöl in großen Mengen arbeitet. Das ist also nichts Neues. Irgendetwas scheint da wohl an anderer Stelle nicht ganz koscher gewesen zu sein.
Ich möchte trotzdem dem Kollegen Klein von den Grünen danken, dass er dieses Problem auf der Tagesordnung gelassen hat, weil es immer wieder auch in anderer Form und in anderen Sachzusammenhängen aktuell ist.
Es gibt ja von Brecht diesen Spruch: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ Wir müssen uns in der Tat bei den Entscheidungen, die wir zu treffen haben, immer wieder die Frage stellen, ob das in Ordnung ist, was man da macht. Es geht um ökonomische Macht; Energiefragen sind bekanntlich Machtfragen. Es geht um die Zerstörung von tropischen Regenwäldern. Es geht um das Verhältnis von Industrie- und Entwicklungsländern, und es geht um Perspektiven einer nachhaltigen, sinnvollen wirtschaftlichen Entwicklung hier bei uns in Deutschland und in Niedersachsen, aber auch in den noch weitgehend agrarisch geprägten Entwicklungsländern. Da sind in diesem Fall konkret vor allen Dingen Indonesien und Malaysia gefragt.
Wenn man sich den Antrag im Einzelnen anschaut, dann hat Kollege Riese Recht: Das ist wohl aus einer Kampagne des WWF erwachsen. Aber das diskreditiert die Geschichte ja noch nicht von vornherein. Ich halte auch nichts davon, wenn man Leute, die sich aktiv engagieren, in dieser Weise, wie Sie es getan haben, niedermacht und durch Lächerlichmachen an den Rand drücken will. Das sollte man lassen.
Die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen enthält eine ganze Reihe hilfreicher Punkte. An dieser Stelle kann man - ich werde das nachher noch tun - die Landesregierung auch loben.
Ich habe mich bei der Vorbereitung gefragt: Warum kann man eigentlich mit Palmöl ein Problem haben? Palmöl taucht in Margarine auf, ist in Waschmitteln, ist in Kosmetikprodukten, und es wird auch als Substitut für Tiermehl in der Schweinemast verwendet, habe ich gelesen. Herr Kollege Biestmann, ich hoffe, dass das stimmt. Man kann es aber auch als nachwachsenden Rohstoff im Energiebereich einsetzen: als Biodiesel und wohl auch zur Stromerzeugung. Das ist also ein äußerst vielseitiger Rohstoff, der weltweit stark nachgefragt ist und der deshalb in den letzten Jahrzehnten schon rasant an Bedeutung gewonnen hat.
Wenn man weiß, dass über 85 % des weltweit gehandelten Palmöls aus Indonesien und Malaysia stammen, dann ist klar, dass hier multinationale Konzerne viel Geld verdienen und dann aber auch viel Verantwortung übernehmen müssen. Das ist in der Vergangenheit nicht immer wahrgenommen worden. Dann ist es die Aufgabe der Politik, für die Produktionsbedingungen und für die ökologischen Folgewirkungen Standards zu setzen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Das ist, glaube ich, unsere Aufgabe. Ansonsten sind wir als Landtag ja nicht wirklich eng mit diesem Thema befasst. Deshalb müssen wir uns eine Meinung dazu bilden und müssen wir hier wie bei anderen Themen - wo wir beispielsweise keine Kinderarbeit akzeptieren, nur damit das Produkt hinterher billig ist - auch darauf achten, dass mit einer solchen Produktion der tropische Regenwald und mit ihm die Artenvielfalt nicht total zerstört werden. Hier müssen wir auch ein Stück Verantwortung wahrnehmen.
Wir müssen auch aufpassen - da gebe ich meinen Vorrednern Recht -, dass wir den Entwicklungsländern mit diesem moralischen Anspruch nicht pauschal die Möglichkeit nehmen, aus der wirtschaftlichen Unterentwicklung herauszukommen. Denn nur dann, wenn sie etwas produzieren können, können sie sich auch weiterentwickeln.
In dem Antrag findet sich auch die Formulierung „keine Zerstörung kleinbäuerlicher Strukturen in den Anbauländern“. Was heißt das denn genau? Das heißt eigentlich, dass man offenkundig froh ist, wenn diese Subsistenzwirtschaften dort erhalten bleiben. Das sind aber Wirtschaften, die überhaupt nicht am Markt teilnehmen, die den Bewohnern, wenn überhaupt, lediglich ein ganz schmales Einkommen - und meistens noch nicht einmal das ermöglichen. Da muss man also noch etwas tun. Wenn man das so unterschreiben würde, dann
Jetzt kommt mein Lob für die Landesregierung. Sie hat nämlich in der Antwort auf die Kleine Anfrage geschrieben:
„Damit der weltweit steigende Bedarf an Palmöl gedeckt werden kann, sollte die dafür erforderliche Landnutzung nachhaltig und nach international anerkannten Kriterien zertifiziert erfolgen.“
Genau so soll es sein. Das muss kommen. Dazu können wir unseren Beitrag leisten. Da sind wir uns hoffentlich einig.
Wenn das so ist, ist aber nicht nachzuvollziehen, weshalb die Landesregierung vor genau zwei Monaten nicht die Einladung des Verbandes Entwicklungspolitik Niedersachsen zu einer Konferenz angenommen hat. Die Resolution, die dort verabschiedet worden ist, ist uns ja zugegangen. In einer „Erklärung von Hannover“ ist aufgelistet worden, wie Niedersachsen seinen Beitrag zum Einhalt der Milleniumsziele der Vereinten Nationen leisten kann, in denen es um weltweite Armutsbekämpfung geht und die Bedingungen für die Entwicklung der Länder des Südens angesprochen sind.
Ich finde es wirklich skandalös, dass die Landesregierung nicht an dieser Konferenz teilgenommen hat, obwohl sie mehrfach eingeladen worden ist. Vertreter der Gewerkschaften, der evangelischen Kirche, der NGOs und unseres Landtagsausschusses haben sich dort beteiligt. Ich finde, es hätte der Landesregierung gut angestanden, wenn sie das auch getan hätte.
Die Behauptung in dem Antrag, mit der Nutzung des Palmöls würden die wirtschaftlichen Potenziale der niedersächsischen Biokraftstoffproduktion zerstört, ist reichlich übertrieben. Selbst wenn die Anlage in Emden in der alten Größenordnung gebaut worden wäre, dann hätte dies nicht dazu geführt, dass in Niedersachsen ein Hektar Raps weniger angebaut wird, und auch keine der über 400
existierenden Biogasanlagen hätte dadurch abgeschaltet werden müssen. Das ist, glaube ich, von der Größenordnung her ein bisschen daneben.
Wenn sich aber eine Raffinierung in Deutschland für einen international arbeitenden Konzern - das ist einer der größten - wie ADM in Hamburg lohnt, dann bedarf es in der Tat wohl keiner staatlichen Förderung. Subventionen in Gewinne sind überflüssig.
Für die SPD-Fraktion ist klar, dass sie die Schaffung von Arbeitsplätzen - vorhin ist von 30 Arbeitsplätzen die Rede gewesen selbstverständlich unterstützt.
Wenn das durch eine zertifizierte Produktion möglich ist, dann sind wir auch dafür, dass das in Emden gemacht wird. Da gibt es keinen Dissens. Die Bedingungen müssen aber so sein, dass - um auf Brecht zurückzukommen - das Fressen eben nicht vor der Moral kommt. Wir müssen das verantwortlich machen. Es wäre absolut kurzsichtig, wenn wir Konzerne und Strukturen unterstützen würden, die einen kurzen Beutezug durch den tropischen Regenwald machen und ansonsten eine Nach-unsdie-Sintflut-Mentalität haben.
Die Internationale Union der Gewerkschaften ist aktiv. Wir müssen sie unterstützen. Sie leistet eine sehr gute Arbeit für die Menschen, die auf den Plantagen unter katastrophalen Bedingungen arbeiten. Darauf ist vorhin hingewiesen worden. Auch die Vereinten Nationen mit dem UNEP unter der Leitung von Klaus Töpfer sind dabei, Programme zu entwickeln, um eine Produktion in geordneten Bahnen zu gewährleisten. Das ist schwierig und wird mit Rückschlägen verbunden sein. Aber es gibt dazu, glaube ich, keine Alternative. Deswegen müssen wir das unterstützen und deswegen kann Niedersachsen hier helfen, indem es die Maßnahmen der Bundesregierung unterstützt, im Rahmen der WTO die Bedingungen zu formulieren, an die sich die Staaten halten müssen.
Ich habe vorhin vernommen, dass Kollege Klein jetzt schon eine Änderungsformulierung eingebracht hat. Darüber werden wir reden. Ich glaube, so wie sie jetzt lautet, wird sie nicht konsensfähig sein. Aber auch einige andere Stellen des Antrags werden im Ausschuss noch detailliert besprochen werden. - Vielen Dank.
Herr Kollege Riese, Sie haben das Wort zu einer Kurzintervention. Sie haben anderthalb Minuten Zeit.
Verehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Meyer, Sie haben mir vorgeworfen, ich hätte hier einige Organisationen verächtlich gemacht - wenn ich mich Ihrer Wortwahl richtig entsinne. Das weise ich zurück.
Ich habe den WWF als respektabel bezeichnet und habe darauf hingewiesen, dass sich an der Kampagne, die ich als solche bezeichnet habe, weniger namhafte Organisationen beteiligen wie Fellbeisser, Tigerfreund, Jungle World und Storchennest. Ich behaupte nach wie vor, dass diese Organisationen weniger namhaft sind als der WWF.
Verehrter Herr Kollege, wenn man das so macht wie Sie, dass man nämlich den, wie Sie sagen, respektablen WWF kommentarlos in einer Liste zusammen mit denen aufführt, die Sie für weniger respektabel halten,
dann möchte man damit eigentlich etwas ganz anderes ausdrücken - etwas, was man sich nicht traut, dem WWF, der ja voll hinter der Kampagne steht, direkt zu sagen, weil man genau weiß, dass man dann eins aufs Dach kriegt. Und das wollten Sie halt vermeiden.