Protocol of the Session on March 23, 2006

Jetzt kommen wir zu

Tagesordnungspunkt 30: Zweite Beratung: LKW-Maut-Ausweichverkehr flächendeckend erfassen und unterbinden - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2159 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/2694 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2695 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP - Drs. 15/2772

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme mit Änderung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Herr Wolfkühler hatte sich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die unendliche Geschichte der Beratung über die LkwMaut und Maut-Ausweichverkehre findet heute ihr zumindest vorläufiges Ende; so hoffe ich doch. Nach dem CDU/FDP-Antrag „Maut-Chaos Teil III“ mit dem drohenden Untergang des abendländischen Gütertransportgewerbes

(Oh! bei der CDU)

- ja, so hörte sich das damals an -, der dann im Februar 2006 zurückgezogen wurde,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

und unserem Antrag „Lkw-Maut erfolgreich gestartet - Pkw-Maut verhindern“ vom Februar 2005, den wir dann im Dezember 2005 zurückgezogen haben - -

(Anhaltende Unruhe)

Herr Wolfkühler, warten Sie bitte einen Augenblick! - Der Lärmpegel ist wieder viel zu hoch. Gespräche finden bitte draußen statt. - Ich meine das ernst, Herr Bode.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Unseren Antrag haben wir im Dezember 2005 zurückgezogen. Danach blieb dann nur noch der Antrag der Grünen vom September 2005 in der Ausschussberatung.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Daraus haben wir etwas gemacht!)

Mit dem Titel „LKW-Maut-Ausweichverkehr flächendeckend erfassen und unterbinden“ drückt er aus, was wir uns alle bei der Beratung eigentlich vorgenommen hatten und was uns umgetrieben hatte: der Schutz der Anwohner besonders stark belasteter Ausweichstrecken, allerdings möglichst ohne unverhältnismäßig hohe Belastung der wirtschaftenden Betriebe. Nach vielen und langen Zählungen und Messungen war festzustellen, dass die anfänglich hohe Zahl von offensichtlichen Ausweichverkehren auf Bundes- und Landesstraßen später deutlich abgenommen hat. Dies hatte zur Folge, dass die zuständigen Gebietskörperschaften, zuletzt Osnabrück, keine weiteren Straßen zur zusätzlichen Bemautung angemeldet haben, was insbesondere mit Standortnachteilen für dort ansässige Gewerbebetriebe bei Miterfassung des örtlichen Lkw-Nahverkehrs begründet wurde.

Heute liegen uns eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, ein Änderungsantrag der Grünen und ein gemeinsamer Änderungsantrag von CDU, SPD und FDP vor. Dieser gemeinsame Änderungsantrag, meine Damen und Herren, enthält zusätzlich zur Beschlussempfehlung eine Aufforderung an die Landesregierung, die uns ganz besonders wichtig ist: Die Sanktionen und Rahmensetzungen des neuen - jetzt kommt eine ganz tolle Wortschöpfung Lastwagendurchgangsverkehrsverbotsschildes zu verschärfen und insbesondere das Bußgeld anzuheben, um dessen Wirkung zu erhöhen. Ehrlich: 20 Euro sind einfach zu wenig, um das durchzusetzen.

Das Problem ist also weiterhin zu beobachten, zu kontrollieren, und bei entsprechendem Wunsch der Region - nicht nur bei einhelligem Wunsch; auch

das war uns besonders wichtig - sind Bundesstraßen zur Überprüfung für eine Bemautung bei der Bundesregierung anzumelden.

Da das die Auffassung der meisten in diesem Hause ist, möchte ich es dabei belassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin ist Frau Rühl von der CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch im Sommer letzten Jahres war es uns, dem Wirtschaftsministerium und dem Wirtschaftsminister sehr wichtig, Dauerzählstellen an Bundesstraßen wegen des Durchgangsverkehrs an MautAusweichstrecken einzurichten.

(Unruhe -Glocke der Präsidentin)

Es ging uns um die Ergebnisse dieser Dauerzählstellen. Es war uns wichtig, einen Übersichtsplan betreffend die hoch belasteten Bundesstraßen zu erstellen. Wir stellten hier im Plenum im September fest, dass der Lkw-Verkehr auf acht Bundesstraßen in Niedersachsen um etwa 20 bis 25 % zunahm. Wir alle versuchten gemeinsam, eine Lösung zu finden. Vielleicht waren diese Versuche, wie ich mir heute überlegt habe, manchmal ein bisschen hastig und übereilt. Bei uns muss ja alles sofort wieder ins Lot gebracht werden.

Nun haben wir hier einen Änderungsantrag vorliegen, der der völlig veränderten Situation im Lande gerecht wird. Der erhöhte Umfang des Lastwagenverkehrs ist inzwischen landesweit wieder zurückgegangen. Das Lkw-Aufkommen hat sich außerhalb der Autobahnen in etwa wieder auf dem Niveau vor der Einführung der Maut eingependelt. Kommunen und Landkreise haben ihre Anträge auf Bemautung der in ihrem Bereich liegenden Bundesstraßen zurückgezogen. Der letzte Landkreis, der dies getan hat, ist übrigens - dort hat das auch noch die Fraktion der Grünen getan - der Landkreis Osnabrück gewesen. Dort hat man sich darauf verständigt, die Verkehrszahlen nur noch zu beobachten und zur Eindämmung so genannter Maut-Ausweichler von Autobahnen auf Bundesstraßen nun auf Verkehrsschilder, die eine LkwDurchfahrt verbieten, zu setzen. In Badbergen

z. B. wird davon übrigens ganz rege Gebrauch gemacht. Man ist dort für diese Lösung dankbar.

(Zustimmung bei der CDU)

Somit ist man im Einzelfall, wenn der Lkw-Verkehr unerträglich wird, nicht wehrlos und würde nicht - wie bei der Bemautung einer Bundesstraße auch Anlieger, ortsansässige Verbraucher und die lokale Wirtschaft belasten. Wir haben immer - darauf lege ich Wert - gesagt: Nur vor Ort kann sachgerecht entschieden werden, ob und wie welche Straße bemautet werden soll. Nun hat man entschieden, und zwar vor Ort. Alle Bundesstraßen in Niedersachsen bleiben im Moment - jedenfalls vorläufig - mautfrei.

Ich möchte auch dies noch sagen: Wir waren uns - auch mit der Fraktion der Grünen - immer einig darüber, die Sanktionen bei Nichtbeachtung des neuen Lkw-Durchgangsverbotsschildes zu verschärfen, weil, wie der Kollege es gerade sagte, ein Bußgeld von 20 Euro zu wenig ist. Wir werden weiter auf alle Zahlen achten und sie im Auge behalten. Wir werden auch alle Verkehrsbehörden weiter unterstützen. Ich meine - dies ist an die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gerichtet -, Sie sollten sich der Mehrheit des Hauses anschließen und sich dadurch auf die aktuelle Situation des Landes einstellen. - Ich danke ganz herzlich.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Ich erteile jetzt Herrn Hagenah für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst muss doch eigentlich die Frage geklärt werden, ob es in Niedersachsen denn überhaupt noch ein ernst zu nehmendes Problem mit Lkw-Ausweichverkehren in Kommunen auf bestimmten Strecken gibt. Wenn man Frau Rühl jetzt zugehört hat, könnte man annehmen, das Problem habe sich in Luft aufgelöst. Nimmt man die Pressemeldungen der letzten Tage, in denen das niedersächsische Verkehrsministerium verkündete, die Lkw-Maut für Bundesstraßen sei in Niedersachsen jetzt völlig vom Tisch und das LkwAufkommen außerhalb der Autobahnen habe sich in etwa auf dem Niveau vor Einführung der Maut

eingependelt, müssten eigentlich alle Initiativen - auch die Ihre - sofort zurückgezogen werden.

(Brunhilde Rühl [CDU]: Die Bemau- tung, nicht alle Initiativen!)

Die Realität ist aber nicht so. Das wissen hier alle. Deshalb besteht weiter Entscheidungsund Handlungsbedarf. Während Minister Hirche in der Beantwortung einer Anfrage meiner Fraktion hier im Plenum vor einigen Wochen von einem Rückgang des Lkw-Ausweichverkehrs Ende 2005 auf durchschnittlich deutlich unter 20 % gesprochen hat, weisen die später vom Ministerium unserer Fraktion zur Verfügung gestellten tatsächlichen Zahlen nach, dass wir - -

(Brunhilde Rühl [CDU]: Was un- terstellen Sie ihm denn da?)

- Ich verweise nur auf den Unterschied zwischen Durchschnittszahlen und tatsächlichen Zahlen. Die tatsächlichen Zahlen - Sie dürften diese ja auch kennen - führen auch Ihnen eindeutig vor Augen, dass die Belastungen z. B. an der B 65, der B 75 und auch der B 4 Ende letzten Jahres noch um 40 % höher waren als vor Einführung der Maut. Es besteht also weiterhin Handlungsbedarf. Dabei ist der Umfang der Lkw-Verkehre entgegen dem Durchschnittswert in der zweiten Jahreshälfte 2005 in einigen Bereichen sogar noch weiter angestiegen. Es stimmt also nicht, dass der Umfang der Verkehre überall zurückgeht und sich auf dem Niveau aus der Zeit vor der Einführung der Maut einpendelt. Man kann auch nicht sagen, dass dementsprechend im ganzen Land wieder Ruhe herrscht. Das ist so nicht der Fall.

(Brunhilde Rühl [CDU]: Warum ziehen die Landkreise das alles zurück?)

Wir müssen uns schon differenziert anschauen, wie sich die Situation bei besonders attraktiven Ausweichstrecken im Einzelfall wirklich darstellt, Herr Hoppenbrock.

Warum dann aber die ganz andere Darstellung in der öffentlichen Meinung in den letzten Wochen? Warum wird das Problem vom Ministerium Hirche für gelöst erklärt? - Ich meine, der Unmut der Anwohner soll im Sinne von Einzelschicksalen oder überzogenem Ärger von notorischen Nörglern abgetan werden, damit im Lande die ohnehin wackelige Stimmung gegenüber der immer mehr anwachsenden Lkw-Flut nicht in den Wunsch nach echten Restriktionen umschlägt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wollen vermeiden, dass sich der Druck auf mehr Landesengagement beim Ausbau des Schienentransports - dieser Druck ist für Sie unangenehm - erhöht. Genau hier liegt auch der Unterschied zwischen dem, was wir in Bezug auf Weiterentwicklung zu unserem Ursprungsantrag vorgelegt haben, und dem, was Sie uns in dem gemeinsamen Antrag vorgelegt haben.

Wir legen das Schwergewicht auf die Belastungen, die bei den Bürgern ankommen und die es auszugleichen gilt. Sie wollen nur die im regionalen Beziehungsgeflecht von der Transportlobby weich gespülten Positionen der Kreistage gelten lassen. Wir wollen uns an der Bagatellisierung der lokalen Belastungen mit Durchschnittswerten nicht beteiligen, sondern sehen weiterhin die Beseitigung der Problemursachen in den überdurchschnittlich stark befahrenen Bereichen und in den besonders belasteten Nachtzeiten als vordringlich an.

Wir wollen bei uneinheitlichen Voten der Kreistage Wege eröffnen, damit Teillösungen greifen können, anstatt - wie Sie - Bundesstraßen nur auf ganzer Linie in die Maut zu nehmen. Angesichts des weiter zunehmenden Lkw-Verkehrs sehen wir auch die Notwendigkeit, die Attraktivität des Transportsangebots auf der Schiene in Niedersachsen als Alternative zum Lkw zu verbessern.

Herr Minister Hirche, Sie haben sich ja inzwischen wieder mit den Verkehrsministern der anderen Bundesländer getroffen. Haben Sie denn schon eine Verschärfung der Sanktionen bei Nichtbeachtung des Verbotsschildes durchsetzen können? - Wir haben dieses Thema hier schon vor zwei Monaten besprochen. Ich meine, wir brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen, wenn jetzt insgesamt auf dieses Schild gesetzt wird. In Ihrem Wortbeitrag würden wir dazu gern klarere Worte hören und erfahren, welches Konzept die Landesregierung insgesamt hat, um den Mautverkehr in den Griff zu bekommen, der ja in vielen Orten und Regionen Niedersachsens weiterhin ein großes Problem ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Frau König von der FDPFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Bundesstraßen in Niedersachsen bleiben mautfrei. Auch die Anmeldung der letzten Strecke, die B 51, wurde gerade von den anliegenden Kommunen zurückgenommen.

Der so genannte Maut-Ausweichverkehr hat erwartungsgemäß auf ein normales Niveau abgenommen, abgesehen von der allgemeinen Zunahme des Schwerlastverkehrs, der bekanntlich ständig wächst.

Die Kommunen haben sich Gedanken gemacht, ob es ratsam ist, die Konjunktur in ihren Regionen wieder zu belasten, oder ob es auch andere Möglichkeiten gibt, regulierend einzuwirken. Dort, wo wir den Umfang des Schwerlastverkehrs noch als überhöht empfinden, wollen wir Abhilfe schaffen, indem wir den Gemeinden die Möglichkeit eröffnen, Ortdurchfahrten für Fahrzeuge mit über 12 t sperren zu lassen.

(Beifall bei der FDP)