Protocol of the Session on March 22, 2006

Eine Bemerkung muss ich noch in Richtung der SPD-Fraktion machen; bei CDU und FDP erspare ich mir die. Wir hatten im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf zur Änderung der NGO eingebracht, in dem wir nicht diesen Punkt zum Thema gemacht hatten - heute sage ich: leider; das hätten wir damals auch machen sollen -, sondern in dem wir die Sechsmonatsfrist, die man in einer Gemeinde, in der man gewählt werden will oder wählen will, ansässig sein muss, problematisiert hatten und verkürzen wollten. Diesen Gesetzentwurf hat aus für mich angesichts dieses Sachverhalts nicht nachvollziehbaren Gründen die SPD-Fraktion gemeinsam mit den Mehrheitsfraktionen abgelehnt. Das wollte ich noch einmal erwähnt haben.

Nun komme ich zu dem Gesetzentwurf über die Kommunalwahlen im Raum Lüchow-Dannenberg und im Landkreis Verden. Hier haben die Mehrheitsfraktionen bzw. die Landesregierung einen Gesetzentwurf mit 14 Paragrafen vorgelegt, der in den Ausschussberatungen auf zwei Paragrafen zusammengeschnürt wurde. Der zweite Paragraf betrifft das In-Kraft-Treten des Gesetzes, der erste den eigentlichen Kern. Sicherlich ist es eine sinnvolle Regelung, dass für den hypothetischen Fall, dass im Mai in diesem Plenum das Gesetz der Landesregierung zur Umorganisation des Landkreises oder seiner Samtgemeinden verabschiedet

werden sollte, der Landeswahlleiter ermächtigt wird, die Wahlfristen entsprechend anzupassen.

Deswegen habe ich im Ausschuss für meine Fraktion gesagt: Dem können wir zustimmen. Das ist - da greife ich die Ausführungen von Herrn Hiebing auf - keine Vorentscheidung über die Frage: Wie geht es im Landkreis Lüchow-Dannenberg weiter?

Die eigentlich spannende Frage ist folgende: Nachdem der ursprüngliche Gesetzentwurf von der Landesregierung am Rande des letzten Plenums zurückgezogen worden war, hat sich der Landrat Aschbrenner aus Lüchow-Dannenberg so geäußert - ich zitiere -: „Damit ist die Strukturreform in Lüchow-Dannenberg faktisch gescheitert.“

Herr Minister Schünemann hat in Lübeln ausweislich einer Berichterstattung der Elbe-Jeetzel-Zeitung vom 3. März erklärt, das neue Modell sei der kreisfreien Samtgemeinde, also dem alten Modell, sehr ähnlich, und im besten Falle erreiche das neue Modell ein ähnliches Einsparvolumen. Er hat von 17 Millionen Euro gesprochen. Herr Minister, das halte ich für eine völlig überzogene Erklärung. Man könnte auch sagen: Ihre Aussage ist, wenn sie korrekt wiedergegeben ist, ein Witz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will das begründen, und zwar mit zwei Aussagen, die der von Ihnen beauftragte Leitende Ministerialrat Boll, früher Regierungsvizepräsident bei der Bezirksregierung Weser-Ems, im Innenausschuss im April des letzten Jahres getroffen hat, als er den Innenausschuss über die Einspareffekte des ursprünglichen Modells unterrichtet hat. Da hat er nämlich gesagt - ich zitiere -: Es würden auch Modelle der Fusion einzelner Samtgemeinden erörtert. Solche Modelle seien jedoch nicht zielführend im Hinblick auf die Sanierung der Haushaltssituation der gesamten Region.

Das war Zitat Nr. 1.

(Glocke der Präsidentin)

Nr. 2 lautet wie folgt - damit komme ich zum Schluss -: Ltd. Ministerialrat Boll trug weiter vor, er habe alternative Modelle untersucht,

(Zuruf von der CDU: War das eine öffentliche Sitzung?)

jeweils mit dem Ergebnis, dass sie zu einer Lösung der Probleme nicht tauglich seien.

Bevor Sie dieses Haus jetzt mit einem neuen, veränderten Gesetzentwurf beschäftigen, überlegen Sie doch noch einmal, ob Sie nicht die Gemeinden mit dem Prinzip des goldenen Zügels dazu bringen, auf freiwilliger Basis eine Fusion von jetzt fünf auf weniger Samtgemeinden durchzuführen. Den Anreiz setzen Sie durch die Reste von etwas mehr als 30 Millionen, die Sie schon einmal in Aussicht gestellt haben.

Herr Kollege Lennartz, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Professor Dr. Hans-Albert Lennartz (GRÜNE) :

Ja. - Wenn die Gemeinden dieser Anregung folgen, dann wird das Geld fließen. Wenn die Gemeinden dieser Anregung nicht folgen, dann wird das Geld eben nicht fließen. Damit würden Sie verschiedensten Problemen aus dem Weg gehen. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion Herr Kollege Bode. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Lennartz, ich lausche Ihren Reden ja immer sehr gern. Allerdings stellt sich mir doch die Frage, was Sie eigentlich tatsächlich wollen; denn an Wankelmütigkeit ist die Position der Grünen nicht mehr zu überbieten. Zuerst sagen Sie, das Gesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung, und wollen es mit uns gemeinsam entsprechend beraten. Dann sagen Sie auf einmal, wir dürften nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern müssten nachbessern. Nur dann könnten Sie Ihr Abstimmungsverhalten anpassen.

Jetzt gibt es ein Vorbild für eine mustergültige Gesetzesberatung, indem nämlich das, was in den Anhörungen gesagt wird, abgewogen wird und man zu dem Ergebnis kommt, dass es für die Situation vor Ort in Lüchow-Dannenberg insgesamt besser ist, eine andere Variante zu wählen. Das ist also genau das, was Sie gefordert haben. Da sa

gen Sie, das wäre gescheitert. Es habe sich gar nicht gelohnt - das sei von vornherein klar gewesen -, den Gesetzentwurf weiter zu beraten.

Heute sagen Sie, das Boll-Modell sei eigentlich doch das bessere Modell, und zitieren - ich befürchte - aus einer nichtöffentlichen Ausschusssitzung.

Aus einer nichtöffentlichen Ausschusssitzung darf nicht zitiert werden. Das weiß jeder Abgeordnete hier im Hause, Herr Kollege Bode.

Deshalb habe ich ja auch nicht zitiert. Sie sollten sich noch einmal genau anschauen, Herr Dr. Lennartz, aus welchem Protokoll Sie gerade zitiert haben. Wir wären sehr dankbar, wenn Sie uns einmal eindeutig sagen würden, was die Grünen wirklich wollen, wohin sie denn wirklich wollen. Wir müssen doch aufhören, die Legendenbildung der SPD hier länger zuzulassen. Es muss Schluss sein damit, dass Herr Dehde sich hier hinstellt und sagt, alle würden Lüchow-Dannenberg im Regen stehen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es stellt sich die Frage: Wer lässt denn hier jemanden im Regen stehen? Ist es derjenige, der 13 Jahre lang zugesehen hat, was in LüchowDannenberg passiert ist, ohne auch nur einen Finger krumm zu machen und etwas zu ändern?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Oder sind es diejenigen, die sich aufmachen und nach einem nicht einfachen Weg suchen, um Lüchow-Dannenberg zu helfen, die sich mit den unterschiedlichsten Interessengruppen auseinander setzen und gemeinsam um den besten Weg ringen, um den Regenschirm so anzubringen, dass niemand im Regen stehen bleibt? Wer tut denn etwas, und wer sitzt nur herum, ohne entsprechende Vorschläge zu machen? Ich finde das unmöglich.

Sie sollten heute wenigstens diesem Gesetzentwurf zustimmen; denn alles das, was Sie hier gesagt haben, hat mit dem Gesetzentwurf nichts zu tun. Wir sorgen nur dafür, dass wir das tun können, was Sie immer einfordern, nämlich eine intensive, ausführliche Anhörung durchzuführen, bei der wir

dann gemeinsam mit den Betroffenen abwägen können, welcher Weg der beste ist. Da sollten Sie zustimmen und einmal über Ihren eigenen Schatten springen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Schünemann zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bode, Sie haben natürlich völlig Recht: Das, was Herr Dehde gesagt hat, hat mit dem Gesetzentwurf eigentlich nur sehr wenig zu tun. Deshalb will ich auch nur kurz darauf eingehen, wobei es ja eigentlich wenig Sinn macht; denn Sie haben als Kommunalpolitiker vor Ort, insbesondere aber auch mein Vorgänger hat 13 Jahre lang die Augen zugemacht und hingenommen, dass der Landkreis in eine Verschuldungssituation gekommen ist - wobei die Kommunalaufsicht nicht so eingeschaltet worden ist, wie es notwendig gewesen wäre -, dass wir jetzt gezwungen sind, die Notbremse zu ziehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Uns dann Vorwürfe zu machen, wenn wir dort konsequent etwas umsetzen, ist nun wirklich interessant.

Ich möchte sehr viel lieber auf die Ausführungen von Herrn Dr. Lennartz eingehen, weil es - das muss ich wirklich sagen - immer sehr konstruktive Beiträge sind. Deshalb will ich Ihnen auch erläutern, warum das, was Herr Boll gesagt hat, ebenso wenig verkehrt ist wie das, was ich gesagt habe.

Wenn lediglich die Samtgemeinden zusammengelegt werden und nichts weiter geändert wird, dann bringt das eine Einsparung von etwa 6 Millionen Euro. Das bringt uns nicht viel weiter, einen kleinen Schritt vielleicht; aber wir haben ein strukturelles Defizit von über 20 Millionen Euro, das jedes Jahr größer wird. Jetzt muss man natürlich sehen, wie man das Delta noch erreichen kann. Deshalb haben wir das Modell der kreisfreien Samtgemeinde vorgeschlagen. Dies kann hier nicht im Konsens umgesetzt werden. Es wird eine Normenkontrollklage in Aussicht gestellt.

Ich kann nur daran erinnern: Das Modell der Region Hannover haben wir - bei großen Bedenken auch von meiner Seite - gemeinsam umgesetzt, um den kommunalen Willen zu vollziehen. Sie haben im Prinzip die Augen zugemacht. Sie verweigern sich jetzt einer Lösung und wollen nur mit Klagen etwas erreichen. Lassen Sie uns doch lieber konstruktiv gemeinsam etwas machen, damit es der Region besser geht! Dazu sind Sie aber nicht in der Lage.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir bei einer Normenkontrollklage gewinnen würden. Der Punkt ist aber, dass die Umsetzung dann erst bei der nächsten Kommunalwahl möglich wäre und dass sich das strukturelle Defizit jedes Jahr weiter erhöhen würde. Das kann ich nicht hinnehmen. Deshalb muss ich einen anderen Weg vorschlagen.

Was schlagen wir jetzt vor? - Im Prinzip ist es zu 80, 85 % das Modell der kreisfreien Samtgemeinde, zum einen die Zusammenlegung auf zwei Samtgemeinden. Zum anderen haben wir gesagt, dass wir die staatlichen Aufgaben auf den Landkreis übertragen wollen; sonst wären sie bei der kreisfreien Samtgemeinde gewesen. Das ist also im Prinzip kein Unterschied. Natürlich kann der Staat selber regeln, wo seine Aufgaben erledigt werden, entweder auf der Ebene der Samtgemeinde oder auf der Ebene des Landkreises. Das ist völlig unproblematisch und insofern rechtlich nicht angreifbar. Es gibt einige wenige bundesgesetzliche Vorgaben, wonach Aufgaben auf der Gemeindeebene zu erledigen sind. Das werden wir natürlich umsetzen - keine Frage -, sodass man hier ein bürgernahes Angebot hat.

Ich bin Herrn Dr. Meyer vom Landkreistag sehr dankbar, dass er einen Vorschlag gemacht hat, der überlegenswert ist, und zwar nicht nur in Bezug auf Lüchow-Dannenberg, sondern für das gesamte Land, nämlich nicht nur vertikal Aufgaben zu verlagern bzw. Verwaltungsvereinbarungen zu schließen, sondern auch horizontal. Das bedeutet, dass Aufgaben des Landkreises und der Samtgemeinden gemeinsam erledigt werden können. Das hat er aus Mecklenburg-Vorpommern mitgebracht.

Der Vorschlag war insofern schwierig, als er gesagt hat, dass wir das anordnen sollten. Das ist verfassungsrechtlich schwierig. Aus dem Grund haben wir es etwas geändert und gesagt, dass das freiwillig möglich sein muss. Es soll also freiwillig

umgesetzt werden. Wenn das gemacht wird, wenn also die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zu einem Teil oder Großteil von der Kreisebene erledigt werden, dann kann das Einsparpotenzial nahezu genauso erreicht werden wie bei dem Modell der kreisfreien Samtgemeinde. Dafür gab es ein überzeugendes Bürgervotum. Meine Damen und Herren, wenn Sie nur klagen und das nicht mitmachen wollen, dann müssen wir es so machen, dass wir es auf jeden Fall zur Kommunalwahl am 10. September 2006 umsetzen können. Genau das sehen wir vor. Dann werden wir es schaffen, in die Nähe der Einsparungen in Höhe von 15 oder 16 Millionen Euro zu kommen, wie dies auch bei dem anderen Modell der Fall gewesen wäre.

Meine Damen und Herren, Sie haben uns hier einen Zickzack-Kurs vorgeworfen. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern in der Region aber doch die Möglichkeit geben, kommunale Selbstverwaltung überhaupt noch umzusetzen. Genau deshalb machen wir das an diesem Punkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich fasse zusammen: Ich verfolge seit einigen Jahren - ich bin seit fast zwölf Jahren im Landtag - die Debatten und die Streitkultur in LüchowDannenberg auch in den kommunalen Parlamenten. In vielen Bereichen des Landes sind durchaus konstruktive Beiträge geleistet worden mit dem Ziel, gemeinsam etwas zu erreichen. Das sage ich als Kommunalminister, obwohl ich da vorsichtig sein muss. Wenn man dort in den letzten 10 bis 15 Jahren Kommunalpolitik so umgesetzt hat, dass man sich gegenseitig blockiert und nicht daran gedacht hat, vor allen Dingen auch für die Bürgerinnen und Bürger etwas zu erreichen, damit ihre Kinder und Kindeskinder dort noch eine vernünftige Zukunft haben und auch noch Kommunalpolitik betreiben können, dann halte ich das für schwierig. Deshalb müssen wir in Lüchow-Dannenberg verpflichtend eine Sonderlösung hinbekommen; denn anders kann meines Erachtens das angestrebte Ziel nicht erreicht werden. Deshalb nehmen wir die Verantwortung für diesen Bereich ernst und handeln wir nicht so, wie Sie dies in den letzten Jahren getan haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Noch ein letztes Wort zu dem Angebot aus Lüneburg. Ich finde es hervorragend, dass man sagt:

Wir würden eine Samtgemeinde gerne übernehmen.