Protocol of the Session on March 22, 2006

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Hiebing von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Hiebing!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 10. September dieses Jahres finden bekanntermaßen in Niedersachsen Kommunalwahlen statt. Diese Wahlen sind für die Bürgerinnen und Bürger von besonderer Wichtigkeit und von hohem Interesse, weil damit auf kommunaler Ebene eine Vertretung gewählt wird - sei es für die Gemeinden, für die Städte, für die Samtgemeinden oder für die Kreisparlamente - oder weil die Wahlen für die Eingleiser stattfinden.

Um trotz der geplanten Neugliederung im Raum Lüchow-Dannenberg auch dort die Wahlen vorbereiten zu können, ist es notwendig, Fristen und Termine so zu bestimmen, dass trotzdem die Kommunalwahl dort am 10. September durchgeführt werden kann. Ebenfalls sollte dieser Gesetzentwurf auf den Landkreis Verden Anwendung finden. Hier wollen sich die Gemeinden Morsum und Thedinghausen zu einer Gemeinde zusammenschließen. Das wollen sie freiwillig. Ich meine, das ist gut. Der Gesetzentwurf soll dazu dienen, das schon in der Beratung befindliche Gesetz fachlich korrekt zu begleiten. So wird sichergestellt, dass ebenfalls in Thedinghausen ordnungsgemäß und fristgerecht gewählt werden kann.

Dem Landeswahlleiter soll, wie eben gesagt wurde, die Möglichkeit eingeräumt werden, Fristen und Termine, wenn es notwendig ist, zu ändern, damit die Kommunalwahl in beiden Gebietskörperschaften ordnungsgemäß durchgeführt werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf fällt keine Vorentscheidung über die Neustrukturierung im Bereich LüchowDannenberg. Das ist mir sehr wichtig. Wir haben eine Anhörung durchgeführt und haben uns in der Anhörung durchaus einige Dinge sagen lassen müssen, die uns sehr wichtig sind, und wir haben auch darauf reagiert. Ich meine, dass uns das auszeichnet. In der nächsten Woche wird eine weitere Anhörung stattfinden. Ich erachte es als wichtig, sich das anzuhören, was auf der kommunalen Ebene, vor Ort, gedacht wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, denn so, wie sich die Lage in Lüchow-Dannenberg gegenwärtig darstellt, kann sie meines Erachtens nicht bleiben. Die finanziell desolate Situation dieses Landkreises und der Städte und Gemeinden kann so nicht bleiben, sondern daran muss sich etwas ändern. Ich

hoffe, dass sich darüber alle einig sind. Es gibt kein „Weiter so“.

Herr Kollege Bartling, Sie waren lange Jahre niedersächsischer Innenminister.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Ein guter!)

Vielleicht wäre manches heute etwas leichter, wenn Sie die Dinge seinerzeit nicht so hätten schleifen lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich Ihnen das hier heute sage.

(Heiner Bartling [SPD]: Ich nehme Ih- nen das nicht übel, aber ich sehe das nicht so!)

Ich würde mir wünschen, wenn sich in einer solchen durchaus schwierigen Situation die Gemeinden im Landkreis Lüchow-Dannenberg in letzter Minute zu einer freiwilligen Lösung zusammenfinden würden. Ich meine schon, dass die Situation sehr schwierig ist. Ich bin mir im Klaren darüber, dass wir keine Patentrezepte haben, bin aber überzeugt davon, dass die Situation so nicht bleiben kann. Vielleicht findet so etwas wie eine freiwillige Gebietsneuordnung noch unseren Zuspruch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun komme ich zu dem uns vorliegenden Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts. Der bisherige § 35 der NGO regelt die Wählbarkeit, also das passive Wahlrecht, auf der kommunalen Ebene. Beim aktiven Wahlrecht gilt schon heute, dass unmittelbar und sofort, ohne Zeitverzögerungen, einem neuen Staatsbürger und einer neuen Staatsbürgerin ein Wahlrecht zusteht. Der vorliegende Entwurf sieht nun auch für das passive Wahlrecht die sofortige Wählbarkeit für ein öffentliches Amt oder ein Mandat vor. Bisher gab es eine einjährige Wartefrist.

Es wurde eben gesagt, dass der Bund diesen Sachverhalt im Jahre 2001 für die Bundesebene geändert hat. Herr Kollege Bachmann, Sie haben gerade festgestellt - der Kollege Bartling hat sich genauso geäußert -, dass das, was im Gesetz steht, verfassungsfeindlich sei.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ver- fassungswidrig!)

- Verfassungswidrig! - Dann hätten Sie die Regelung schon eher ändern können. Sie hatten doch bis 2003 selbst die Verantwortung.

(Heiner Bartling [SPD]: Wir haben das gemeinsam versäumt!)

Sie hatten damals Zeit.

(Heiner Bartling [SPD]: Herr Hiebing, wir haben es bisher nicht gemerkt!)

- Jetzt haben Sie es gemerkt! Das ist in Ordnung. Dann nehmen wir das auch so zur Kenntnis, und dann braucht es darüber keinen Streit zu geben.

Meine Damen und Herren, ich persönlich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir diesen Gesetzentwurf sorgfältig beraten.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das kann ich mir auch vorstellen - Heiterkeit)

Mir ist es aber wichtig, zumindest den Versuch zu unternehmen, dass sich die Bundesländer auf einheitliche Voraussetzungen zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft verständigen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bockmann?

Ich habe nur wenig Zeit. Ich möchte sie nutzen, meine Ausführungen zu Ende zu bringen. Meines Erachtens ist es wichtig, dass wir uns über die Bedingungen zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft einigen. Ich meine, dass diese einheitlichen Voraussetzungen feststehen müssen. Herr Kollege Bachmann, ich könnte mir vorstellen, dass man dann, wenn diese Bedingungen feststünden, auch ein passives Wahlrecht besitzen müsste. Das wäre ein durchaus positiver Beitrag zur Integration in die deutsche Bevölkerung.

Meine Damen und Herren, meiner Auffassung nach sollte man solche Entscheidungen aber nicht übers Knie brechen - insofern bin ich anderer Meinung als Sie - und sollte nicht noch während der Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten die Voraussetzungen zumindest in Teilen ändern. Sorgfältige Beratungen und die Anhörung der Spitzenverbände sind erforderlich, sodass die Rechtslage zum 1. November 2006 geändert werden kann. Wir sind der gleichen Meinung wie Sie, dass

man so verfahren sollte. - Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist der Kollege Dehde von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Dehde!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren, wir haben heute Morgen in einer Aktuellen Stunde viele Aussagen zur Verwaltungsreform im Lande Niedersachsen gehört. Besonders beeindruckend ist der Satz des Innenministers gewesen, dass die Welt auf Niedersachsen schaue.

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen allen nur dringend empfehlen, dass Niedersachsen auf Lüchow-Dannenberg schauen sollte; denn dann kann man sich einmal anschauen, wie dieser Innenminister Verwaltungsreform umsetzt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was dieser Minister dort bisher mit seinen Plänen zur kreisfreien Samtgemeinde angerichtet hat, ist eindeutig kommunalfeindlich gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben gegen einen beachtlichen Teil der Gemeinden versucht, Ihr Projekt dort durchzuziehen. Sie haben sich konkreten Alternativüberlegungen mit einer Basta-Politik nach dem Motto „Es gibt nur mein Modell“ permanent verweigert, es gäbe nur eine kreisfreie Samtgemeinde.

(Minister Uwe Schünemann: Das Schröder-Modell!)

- Aber Schröder war erfolgreich, Herr Schünemann; das ist der Unterschied bei dieser Geschichte.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben dort unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gearbeitet, haben voluminös eine Bürgerbefragung mit persönlichen Begleitschreiben auf den Weg gebracht und - man muss das dazu sagen - trotzdem fast nur ein

Fifty-Fifty-Ergebnis erzielt. Die Bevölkerung hat mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, wie Sie mit dem Bevölkerungsvotum umgehen wollen.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie mit dieser Angelegenheit umgegangen wird, ist sicherlich das Thema der Kosten. Denn das, was der Innenminister in Lüchow-Dannenberg angerichtet hat, war kostenintensiv in einer Art und Weise, die meines Erachtens schon nicht mehr zu verantworten ist. Es hat Personalaufwand gekostet, es hat Gutachten gekostet, es hat jede Menge Geld gekostet, es wurde aber keine Problemlösung erzielt, weil sich alle nur noch mit diesem Vorhaben beschäftigt haben.

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Ihr hetzt die Leute auf!)

- Herr Rolfes, ich höre die Zwischenrufe durchaus.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ich?)

Jetzt sage ich Ihnen einmal, wie das Innenministerium Kosten ermittelt. Am Freitag wird eine Anfrage erörtert, die beantwortet werden soll. Das Innenministerium fordert in dem Zusammenhang die Kommunen auf, zu benennen, welche Kosten ihnen entstanden seien. Das Innenministerium führt aus: Sach- und Personalkosten, die auf der Befassung mit diesem Projektvorhaben beruhen, brauchen nur dann mitgeteilt zu werden, wenn sie auf die Einstellung zusätzlichen Personals zurückzuführen sind. - Nun muss man aber wissen, dass derselbe Innenminister verboten hat, zusätzliches Personal einzustellen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das hättet ihr gern gemacht! Das habt ihr jahrelang gemacht! - Unruhe bei der CDU)

Nach dessen Logik entstehen keine Kosten, wenn kein zusätzliches Personal eingestellt wird. Das ist Verwaltungsreform à la Schünemann. So sieht sie aus.

(Beifall bei der SPD - Karin Berthol- des-Sandrock [CDU]: Ihr habt Lü- chow-Dannenberg ruiniert!)