fragen, mitberatend tätig werden soll der Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen oder Stimmenthaltungen? - Ich sehe, dass das nicht der Fall ist.
- Ich habe im Augenblick keinen weiteren Redner aufgerufen. Wenn Sie jetzt zuhören würden, könnte ich den nächsten Punkt aufrufen.
Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung: Dirigistische Ziel- und Leistungsvereinbarungen werden den kommunalen Theatern nicht gerecht und führen zu Mehrkosten Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2614
Eingebracht wird dieser Antrag durch die Abgeordnete Bührmann von der SPD-Fraktion. Frau Bührmann, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist noch nichts mit Ihrem Wochenende, Herr McAllister. Sie müssen leider noch ein bisschen bleiben. Wenn Sie zuhören würden, wäre das besonders schön.
Ausgangspunkt unseres Entschließungsantrages war, dass das Ministerium für Wissenschaft und Kultur die Verträge mit den städtischen Theatern, den Landesbühnen und dem Göttinger Symphonie-Orchester im Jahr 2004 mit der Maßgabe gekündigt hat, neue Überlegungen hinsichtlich der neuen Landeskulturförderung zu entwickeln. Möglicherweise erinnern Sie sich noch an die Debatte über das Dreisäulenmodell. Dazu erklärte Minister Stratmann in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 23. September 2004, dass dahinter nicht die Absicht stecke, die Zuschüsse für die kommunalen Theater zu kürzen. Gleiches wurde auch in der Ausschussberatung vom Ministerium auf meine Nachfrage hin erklärt.
Im Jahre 2005 folgten inhaltliche Vorüberlegungen im MWK über die mögliche Vertragsgestaltung. Von den Theatern reichlich abgeforderte Unterla
gen wurden für das Ministerium erarbeitet, sodass die Theater darauf vertrauen konnten, dass das Ministerium über alle kommunalen Theater, Landesbühnen und das Göttinger Symphonie Orchester im Detail informiert ist. Alle Beteiligten gingen davon aus, dass mit dieser neuen Vertragsgestaltung entsprechend der Aussage des Ministers keine Einsparungen verbunden sein würden. Das war die Ausgangslage.
Sehr geehrte Damen und Herren, um das Ergebnis vorwegzunehmen: „Pustekuchen“ - das ist inzwischen offensichtlich ein geflügeltes Wort - sagt man in Fällen, in denen die Erwartungen ganz und gar nicht erfüllt werden. Genauso ist es nämlich gekommen. Die Theater wurden Ende letzten Jahres in das MWK bestellt, und dort wurde ihnen Folgendes unterbreitet: Die jeweiligen Förderbeträge werden auf fünf Jahre festgeschrieben. Die Tarifsteigerungen allerdings müssen von den Theatern selbst übernommen werden. - Das zum Thema Einsparung.
Was bedeutet das nun für die kommunalen Theater? - Am Beispiel des Theaters in Osnabrück - Ähnliches gilt auch für Lüneburg - möchte ich es Ihnen aufzeigen. Eine Tarifsteigerung um 1 % würde das Theater 130 000 Euro kosten. Zwei Drittel davon müssten die Stadt Osnabrück und der Landkreis übernehmen. Bleiben also rund 45 000 Euro an Belastungen für das Theater. Dazu drängen sich viele Fragen auf. Einige davon will ich hier formulieren:
Ist dem MWK bewusst, dass mit dieser angestrebten Vertragsveränderung erhebliche Summen auf die Kommunen verlagert werden sollen und müssen, wenn die Kommunen überhaupt in der Lage sein sollten - auch in Verbindung mit dem Innenminister -, diese zusätzlichen Belastungen zu übernehmen?
Ist dem MWK bewusst, dass damit nicht nur das Theater in Osnabrück gezwungen sein wird, Sparten zu schließen?
Ist dem MWK überhaupt klar, dass die Theater bereits mit den allgemeinen Preissteigerungen an ihrer Leistungsgrenze angekommen sind?
Ist dem MWK klar, dass durch die geplante Regelung die grundsätzlich zu begrüßende Planungssicherheit wieder zunichte gemacht wird?
Uns ist schon klar, was Sie machen. Sie folgen mit dieser Vorgehensweise dem Muster, das Sie auch bei den Hochschulen hinsichtlich der Tarifsteigerungen eingeführt haben. Meine Fraktion, sehr geehrte Damen und Herren, lehnt diese Vertragsvereinbarungen mit den Theatern ab, weil wir sie für nicht tragbar halten.
Sehr geehrte Damen und Herren, bei den Ziel- und Leistungsvereinbarungen - das ist gewissermaßen der zweite Teil der Vertragsverhandlungen - soll es um die Förderung von Jugendarbeit, Kooperation und Ehrenamt gehen. Was bedeutet das aber für Lüneburg, für Celle, für Osnabrück und für Göttingen sowie für die beiden Landesbühnen in Hannover und Wilhelmshaven?
- Wenn es denn so wäre. Das würde ich gerne aufnehmen. - Langfristige Planungen fordern wir schon lange ein. Wenn Sie sich das aber einmal angucken würden, würden Sie feststellen, dass genau das nicht der Fall ist.
Eine langfristige Planung ist von diesem Ministerium nicht zu erwarten. Das ist im Grunde genommen das Bedauerliche. Wäre es eine langfristige konzeptionelle Planung gewesen, hätten wir gesagt: Endlich hat der Minister dahin gefunden, wo er unserer Meinung nach hin muss. - Leider hat er es aber nicht gemacht.
Also: Wenn Kinder und Jugendliche an Kultur - in diesem Fall an Theater - herangeführt werden sollen, ist das richtig und wichtig. Wenn mögliche Kooperationen mit anderen Bühnen erprobt werden sollen - warum nicht? Wenn das Ehrenamt eine große Rolle spielen soll - so what. Ich frage Sie, Herr Minister Stratmann: Warum agieren Sie - obwohl Sie über die Theater bestens informiert sein könnten - so grenzenlos unprofessionell und scheren alle kommunalen Theater, die Landesbühnen und das Göttinger Symphonie Orchester über einen Kamm?
Es gibt in den Theatern viele gute Ansätze, die Jugendarbeit zu intensivieren. Ich möchte ein Beispiel nennen. Wissen Sie, was z. B. das Theater in Osnabrück demnächst umsetzen wird? - Im März startet eine eigene Sparte für das Kinder- und Jugendtheater.
- Ja, sehr gut. - Sie dagegen machen dirigistische Auflagen in den Zielvereinbarungen, welche die Realitäten in keiner Weise widerspiegeln. Das ist Ihr Problem. Schlimmer noch: Sie, Herr Minister Stratmann, gefährden mit Ihren undifferenzierten Auflagen genau diese innovativen Projekte. Da Sie mich so ungläubig angucken, habe ich den Eindruck, dass Sie eigentlich gar nicht wissen, worüber wir reden und was Ihr Ministerium macht.
Mit dem, was Sie in diesen Leistungs- und Zielvereinbarungen mit allen kommunalen Theatern, dem Symphonie Orchester und den Landesbühnen vereinbaren wollen, gehen Sie nicht auf die individuelle Situation des jeweiligen Theaters ein. Das heißt, dass Sie z. B. dem Theater Osnabrück mit Ihren Zielvereinbarungen etwas oktroyieren, was man dort a) schon tut, womit Sie b) die Kostenschraube nach oben drehen und womit Sie c) das Kinder- und Jugendtheater gefährden.
Ich komme auf Ihre Vorgabe der Zwangskooperationen. Natürlich kooperieren viele Theater bereits heute. Viele Bühnen können aber gar nicht miteinander kooperieren - ich wäre Ihnen dankbar gewesen, wenn Sie sich dazu ein bisschen schlauer gemacht hätten -, weil eine Bühne en suite spielt und die andere nicht. Dann ist der Austausch überhaupt nicht möglich; das wissen Sie doch.
Geradezu aberwitzig ist Ihre Vorstellung aber, mindestens acht Produktionen in fünf Jahren auszutauschen. - Herr Thümler, ich bin ja immer über Zwischenrufe froh. Aber jetzt muss ich Ihnen einmal etwas sagen: Wenn eine Bühne en suite spielt, dann braucht sie sowohl die Bühne als auch die Probebühne. Man kann dann nur in den Sommerferien eine Produktion austauschen, und das geht auch nur open air. Ansonsten haben die Theater keine Chance dazu. Beschäftigen Sie sich
bitte einmal inhaltlich damit; dann könnten Sie vielleicht auch meine Argumente ein bisschen nachvollziehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich ist das Ehrenamt von zentraler Bedeutung. Sie aber sind sich nicht zu schade, den Bühnen vorzuschlagen, ältere Bürgerinnen - hier verwende ich sehr wohl nur die weibliche Form - zu akquirieren, die dann als Babysitter zur Verfügung stehen sollen, um Eltern Theaterbesuche zu ermöglichen. Herr Minister, wo leben Sie eigentlich?
Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich; sehen Sie sich einmal die Trägerlandschaft bei den Theatern an. Sie werden dem großen Engagement dieser Menschen nicht gerecht, ohne die in der Kulturlandschaft so gut wie gar nichts möglich wäre. Wollen Sie den Theatern etwa vorschreiben, welche Oma oder welcher Opa babysitten soll? Das ist so neben der Spur, dass es überhaupt nicht zu überbieten ist.
Frau Abgeordnete Bührmann, einen Augenblick! Es haben sich wieder Debattierclubs zwischen den Abgeordnetenbänken gebildet. Entweder sollten diese Clubs aufgelöst werden, oder Sie sollten nach draußen gehen, damit die anderen der Rednerin zuhören können.
Ich gebe mir ja Mühe. - Ihr Verständnis vom Theater ist einfach unglaublich dilettantisch. Sie ignorieren die individuellen Leistungen der Theater und bürden ihnen durch dirigistische Vorgaben Mehrkosten auf: Die Theater müssen die Tarifsteigerungen übernehmen, und Sie erwarten durch die Zielvereinbarung zusätzliche Leistungen, so sinnvoll oder auch unsinnig sie formuliert sein mögen.
Helfen Sie den Theatern und dem Göttinger Symphonie Orchester, ihre individuellen Stärken auszubauen, und fördern Sie diese z. B. durch pragmatische Anreize und vernünftige Zielvereinbarungen! Es gibt doch gute Beispiele. Ich weiß nicht, ob Sie nicht lesen und sich nicht darüber informieren. Eines dieser guten Beispiele ist das Projekt „Heimspiel“ der Bundeskulturstiftung. Die Stadttheater
werden individuell gefördert, wodurch sich ihre Chance vergrößert, ein breites Publikum für sich zu gewinnen. Darum geht es doch, Herr Stratmann. Oder worum geht es Ihnen? Ich bitte Sie inständig, auf die individuelle Ausrichtung der Theater Rücksicht zu nehmen, mit ihnen Zielvereinbarungen zu treffen, die sie tragen können, und von der Vorstellung abzugehen, dass die Tarifsteigerungen von den Theatern getragen werden sollen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das war ja ziemlich dünn! Mü- der Beifall einer noch müderen SPD!)