Aber wenn ich das höre, was Herr Schünemann und Herr Wulff in dem Interview von heute, das ich Ihnen vorgelesen habe, zum Ausdruck bringen, dann meine ich, dass sich die beiden in eine Reihe mit Frau Höhn stellen. Ich habe gehört, die habe das inzwischen relativiert. Frau Höhn hat gesagt,
man müsse wegen der Vogelseuche die Fußballweltmeisterschaft absagen. Wenn man das ernst nimmt, was Herr Schünemann und Herr Wulff erzählen, dann muss man aufgrund der Gefahrenlage sagen: Um Gottes willen, lasst diese Fußballweltmeisterschaft nicht stattfinden. Das ist viel zu gefährlich.
(Minister Uwe Schünemann: Waren Sie eigentlich mal Innenminister? Dann hätten Sie aber anders gere- det!)
- Mein lieber Herr Schünemann, wenn Sie mich mit sich vergleichen wollen, dann können wir das gerne machen. Ich rede ungern über mich.
- Ja, es kann sein, dass Sie den Eindruck nicht haben. Aber andere haben einen anderen Eindruck. - Ich will eines sagen. Ein Innenminister, der seine Verantwortung ernst nimmt, sorgt dafür, dass alle Vorbereitungen getroffen werden, damit Gefahren von den Menschen in Niedersachsen abgehalten werden, und quasselt nicht so ein dummes Zeug.
Herr Bartling, ich möchte Sie daran erinnern, dass wir uns hier eines parlamentarischen Wortschatzes befleißigen möchten.
Frau Präsidentin, ich akzeptiere diesen Hinweis und wäre dem Ältestenrat dankbar, wenn er diese Wortwahl einmal überprüfen würde.
Meine Damen und Herren, ich würde Ihnen aber gerne zur Bewertung dessen, was hier vom Innenminister immer wieder zum Ausdruck gebracht wird und was vom Ministerpräsidenten unterstützt wird, einige Zitate übermitteln.
Ein Zitat stammt z. B. von dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Herrn Bode. Er sagt - ich zitiere -:
„‘Ich habe volles Vertrauen in die Polizei, die jedes Wochenende aufs Neue die Sicherheit in den Innenstädten und um die Stadien gewährleistet, wenn parallel sieben Bundesligaspiele ausgetragen werden.‘ Die Polizei sei auf die speziellen Gefahren, die sich bei Großveranstaltungen einstellen könnten, viel besser eingestellt als z. B. Wehrpflichtige. Die Bundeswehr sei dagegen weder ausgebildet noch habe sie den Auftrag, die öffentliche Sicherheit bei Veranstaltungen wie der Fußballweltmeisterschaft zu schützen.“
Ich ergänze das durch die Aussagen des Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion hier im Landtag, der sagt - ich zitiere -:
„‘Die Fußballweltmeisterschaft ist aber weder eine Naturkatastrophe noch ein schwerer Unglücksfall,‘ so Rösler. Zudem seien Soldaten für Polizeiaufgaben nicht ausgebildet.“
trag gestellt. Die genaue Nummer der Drucksache habe ich nicht. Aber der Antrag ist aus diesem Jahr. Da heißt es:
Die klare Trennung von Polizei und Bundeswehr muss bewahrt werden. Die Bundeswehr gewährleistet äußere Sicherheit, die Polizei ist für die Sicherheit im Inneren zuständig. Die Bundeswehr ist für polizeiliche Aufgaben nicht ausgebildet und nicht ausgerüstet. Moderne Polizeiarbeit erfordert eine hohe spezialisierte Ausbildung. Die Arbeit von Fachhochschulabsolventen kann nicht ohne weiteres durch den Einsatz von anderen Berufsgruppen oder etwa von Wehrpflichtigen ersetzt werden.“
Meine Damen und Herren, ich will das gerne auch noch durch ein paar andere Hinweise ergänzen. Das ist nun parteilich geprägt; dies gebe ich gerne zu. Die SPD-Verteidigungspolitiker sagen: Die Bundeswehr kann schon jetzt einen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten. Das hat sie in der Vergangenheit bereits mehrfach getan - ich habe hier eine Liste, die ich Ihnen vorlesen könnte; das will ich mir aber erst einmal ersparen -, um die innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen. Das Grundgesetz erlaubt derartige Unstützungsleistungen in schweren Unglücksfällen und bei Naturkatastrophen. Die Hilfsleistungen, welche die Bundeswehr beispielsweise in Bad Reichenhall erbracht hat - das ist sehr aktuell -, waren richtig und wichtig. Sie stehen in vollem Einklang mit unserem Grundgesetz. Gleiches trifft für Suchflüge von Tornados nach vermissten Personen zu. Auch gegen die Absicherung einer Absturzstelle bei einem Flugzeugunglück gibt es nichts einzuwenden. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Bussen für die Polizei. All dies darf die Bundeswehr. Hierzu ist keine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Natürlich soll und wird die Bundeswehr auch bei der Weltmeisterschaft 2006 Hilfestellung leisten. Das beschränkt sich vor allem auf sanitätsdienstliche Unterstützung, organisatorische Hilfe und Aktivitäten zur Luftraumüberwachung. Auf keinen Fall kann die Bundeswehr zivilen Objektschutz und Personenkontrollen durchführen, da sie hierfür nicht genügend ausgebildet ist. Das Argument, die Bundeswehr schütze
doch bereits militärische Einrichtungen, ist nicht richtig. Bei Militärbasen oder Kasernen handelt es sich um militärisches Sperrgebiet, für das ganz andere rechtliche Regeln gelten, u. a. in Fragen des Schusswaffengebrauchs.
Meine Damen und Herren, hiermit wird deutlich gemacht, dass das, was wir von der Landesregierung hören, eine sehr isolierte Veranstaltung ist, was aus meiner Sicht - das will ich noch einmal sehr deutlich machen - verantwortungslos ist.
Meine Damen und Herren, es ist deswegen verantwortungslos, weil hier eine Situation herbeigeredet wird, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt. Ich sagte es schon: Wenn man das ernst nimmt, was Herr Schünemann und Frau Höhn, die das angeblich zurückgenommen hat, erzählen, dann müsste man die Fußballweltmeisterschaft in der Tat absagen. Das lässt sich übrigens mit dem Motto dieser Weltmeisterschaft „Die Welt zu Gast bei Freunden“ überhaupt nicht vereinbaren.
Meine Damen und Herren, ich würde der Landesregierung empfehlen, dass sie sich, bevor sie sich mit der Frage des Einsatzes der Bundeswehr zur Begleitung der Fußballweltmeisterschaft auseinandersetzt, einmal fragt, ob sie sich im Bereich der Gefahrenabwehr, in dem sie z. B. für Feuerwehren und für Katastrophenschutz, Unterstützung leisten kann, gut genug aufgestellt sieht und ausreichend Unterstützung leistet, ohne dass man hier diese Schimäre einer Unterstützung durch die Bundeswehr in den Vordergrund stellt. Das ist mein Wunsch an die Landesregierung: Lassen Sie diese Rederei über den Einsatz der Bundeswehr! Sie bringen diese schöne Veranstaltung, auf die wir uns alle freuen, in einen Geruch, den wir nicht haben wollen.
Wir wollen uns auf diese Veranstaltung freuen, und wir wollen - auch hier in Hannover, meine Damen und Herren - eine friedliche Veranstaltung durchführen.
Ich füge noch etwas hinzu: Diese Polizei hat im Jahre 2000 eine Weltausstellung geschützt. Sie schützt, wie es soeben schon zum Ausdruck kam, hier jedes Wochenende Fußballspiele, die ohne Probleme ablaufen. Sie schützt Castortransporte.
Unsere Polizei ist auf solche Großeinsätze eingerichtet. Wer den Eindruck erweckt, sie könne das nicht, der traut der Polizei - unserer niedersächsischen Polizei - nicht das zu, was sie kann.
Wenn Sie als der Verantwortliche für die Polizei das machen, dann trauen Sie Ihrer Polizei das, wofür sie verantwortlich ist, nicht zu. Das halte ich für einen Fehler. Die Kolleginnen und Kollegen können das, und dieses Misstrauen ihnen gegenüber ist nicht gerechtfertigt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz und die mit viel Spannung erwartete Fußballweltmeisterschaft in unserem Land haben in dieser Kombination zu gewissen politischen Turbulenzen geführt - wir haben soeben das mitverfolgen können, was Herr Bartling hier vorgetragen hat -, obwohl man diese Themen eigentlich gar nicht miteinander vermischen darf und völlig getrennt voneinander betrachten muss.
Herr Bartling, Ihr Antrag ist ein Produkt dieser Diskussion; Sie haben das soeben theaterreif dargestellt. Ich halte diesen Antrag für völlig überflüssig.
Ich habe aber auch ein gewisses Verständnis für Sie und Ihre Aktivitäten, wenn Sie bei der weltweit anerkannten Politik von Frau Merkel, in die sich Ihre Freunde in Berlin hervorragend einfügen - sie spielen da ja eine ganz gute Rolle -, ein einmal in Berlin gesatteltes Pferd besteigen, um es für Ihre Oppositionsrolle hier im Lande nutzen zu können. Derartige Gelegenheiten bieten Ihnen Ihre Freunde in Berlin bekanntlich ausgesprochen selten. Deshalb verstehe ich , dass Sie heute dieses Pferd reiten.
Sofern Sie in Ihrer Rede soeben Vergleiche zum Castortransport oder zur EXPO gezogen haben, muss ich Ihnen, Herr Bartling, leider sagen, dass Sie überhaupt keine Vorstellung haben, was mit diesem Großereignis, das im Juni/Juli auf uns zukommt, verbunden sein wird.
Um den Castor kümmern sich 1 000 Leute - zum Teil Chaoten - in unserem Lande, für die FußballWM werden sich Milliarden Menschen interessieren. Das ist ein ganz anderer Hintergrund für explosives Eingreifen an dieser Stelle.