Protocol of the Session on February 22, 2006

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, was kann man dagegen haben, dass ich mir Gedanken darüber mache, dass man wenigstens den Heranwachsenden ein Wiederkehrrecht gibt, dass man ihnen die Möglichkeit gibt, vielleicht von Anfang an hier ein dauerndes Aufenthaltsrecht zu bekommen? Hier geht es nicht um Minderjährige, sondern um 16-, 17-, 18-, 19-Jährige.

Wenn ich nur das tue, was für die türkischen Gastarbeiter schon längst im Gesetz steht, nämlich es für diejenigen, die kein Daueraufenthaltsrecht haben, umzusetzen, dann lassen Sie uns auf diesem Weg weitergehen; denn diese Heranwachsenden können nicht für die Taten ihrer Eltern verantwortlich gemacht werden.

(Beifall bei der CDU)

Fazit: Deshalb können Sie sicher sein, die niedersächsische Flüchtlingspolitik ist und bleibt berechenbar. Wir werden unsere Politik nach dem Konsens zum Zuwanderungsgesetz ausrichten. Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass wir diesen Heranwachsenden hier wirklich eine Zukunftsmöglichkeit geben, und hören Sie auf, meine Damen und Herren von der Opposition, Fälle in die Öffentlichkeit zu ziehen, bei denen wir eigentlich gezwungen wären, die ganze Wahrheit

jedes Mal auf den Tisch zu legen. Dieses dient dem Konsens insgesamt in unserem Land in dieser Frage wirklich nicht. Lassen Sie uns zur Sachlichkeit zurückkehren!

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Wenzel von Bündnis 90/Die Grünen.

(David McAllister [CDU]: Aber jetzt nicht so flegelhaft! Ein bisschen Maß- halten!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Lorberg, ich weise es ausdrücklich als eine Unverschämtheit zurück, wenn Sie uns hier unterstellen, wir wollten nicht rechtsstaatlich handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist eine absolute Unverschämtheit, in dieser Form zu argumentieren.

Herr Schünemann, wenn Sie hier von „rechtstreu“ und „freiwillig“ reden, dann verschweigen Sie dabei, welche Zwangsmittel Sie anwenden,

(Zurufe von der CDU: Was?)

damit hinterher behauptet werden kann, es sei freiwillig erfolgt.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wel- che Zwangsmittel denn?)

Herr Schünemann, Sie haben im Umgang mit Härtefällen - wir reden hier über Härtefälle

(Minister Uwe Schünemann: Sagen Sie, was ein Härtefall ist!)

das Härtefallgremium ganz bewusst, ganz gezielt unterlaufen, indem Sie während laufender Beratungen des Parlaments Menschen abgeschoben haben. Das ist skandalös!

(Beifall bei den GRÜNEN - Minister Uwe Schünemann: Das ist falsch! Das ist schlicht falsch!)

- Das ist skandalös. Wenn Sie jetzt das Gegenteil behaupten, dann behaupten Sie auch noch die Unwahrheit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Bild vom Haus ist schräg. Wenn Kinder hier geboren und aufgewachsen sind, dann haben sie nach 10 bis 15 Jahren hier Wurzeln geschlagen. Wären sie in Amerika geboren, hätten sie längst die amerikanische Staatsbürgerschaft. Das ist Amerikas Stärke. Da gilt in dieser Hinsicht ein anderes Recht.

(Widerspruch bei der CDU - Minister Uwe Schünemann: Sie sagen hier die Unwahrheit! Sie sagen hier nicht die Wahrheit!)

Weil das bei uns nicht so ist, müssen wir die Einzelfälle viel sorgfältiger prüfen. Deshalb brauchen wir ein Gremium wie die Härtefallkommission, für das Berechenbarkeit eben nicht das einzige Kriterium ist. - Herr Schünemann, „Berechenbarkeit“ ist Ihr Wort für unerbittliche Härte, weil Sie den Einzelfall nicht sehen wollen und weil Sie nicht bereit sind, über den Einzelfall zu reden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Minister Uwe Schünemann: Das ist falsch! Nennen Sie doch bitte einmal Beispiele!)

Meine Damen und Herren, wir müssen sicherstellen, dass sich diese herzzerreißenden Szenen in unseren Dörfern, Städten und Kirchengemeinden nicht wiederholen. Deshalb brauchen wir eine Härtefallkommission. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt der Aktuellen Stunde liegen mir nicht vor.

(Zurufe von der SPD: Doch! - Dieter Möhrmann [SPD]: Frau Merk! - Christa Elsner-Solar [SPD]: Er hat zweimal fünf Minuten gehabt!)

Ich möchte gerne wissen, ob sich Herr Möhrmann zur Geschäftsordnung gemeldet hat oder ob sich Frau Merk zu Wort gemeldet hat.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Frau Präsi- dentin, Frau Merk hat sich zu Wort gemeldet!)

- Wir hatten sie vorhin gefragt. Dann hat jetzt Frau Merk das Wort.

(David McAllister [CDU]: Wie viel Zeit hat sie denn noch?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Frau Präsidentin“, bitte!

Entschuldigung! Das war jetzt die Aufregung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal die Anregungen von Herrn Bode aufgreifen. Sie werden nicht ganz zielführend sein, aber sie sind der Beginn einer Zielführung. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das deutlich machen; denn ich darf Ihnen sagen: Wenn Sie Ihre Abstimmungen gelegentlich freigegeben hätten, wäre anders abgestimmt worden. Das weiß ich von Ihren Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Schünemann, wenn Sie mir heute die Antwort auf einen Brief geben, den ich Ihnen am 5. Dezember letzten Jahres geschrieben habe, und die Antwort bisher nicht eingegangen ist, dann finde ich das, gelinde gesagt, erstaunlich.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich eines sagen: Die Mehrzahl der Fälle ziehen wir nicht hoch, sondern diese Fälle betreffen hier in Deutschland Lebende, werden als sensibel empfunden und von den Betroffenen auch angesprochen. Ich danke den Medien von ganzem Herzen. Frau Kameli wäre nicht mehr hier. Die Familie Kasem wäre nicht mehr hier.

Sie halten im Moment inne und haben uns heute mit einer Presseinformation überrascht. Sehr gut so! Aber warum halten Sie denn inne? Weil Ihr Koordinatensystem in keiner Weise mehr stimmt, weil Sie Humanität in diesem Kontext verloren haben. Das ist die entscheidende Frage.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir lassen auch nicht Ihre Unterstellung zu, dass wir uns ständig um Leute bemühten, die massenweise Sozialhilfe kassiert hätten, wie es der Minister eben gesagt hat. Übrigens kassiert man Sozialhilfe nicht, sondern man bezieht sie. Vielleicht sollten Sie das betreffende Gesetz einmal lesen. Das kann ja wohl nicht wahr sein!

Lassen Sie mich noch eines sagen: § 25 unseres Zuwanderungsgesetzes enthält eine sehr klare Regel, die da lautet: Wenn nach dem Recht inzwischen negativ entschieden worden ist, dann besteht die Möglichkeit, den betreffenden Fall entweder aus humanitären oder aus persönlichen Gründen als Härtefall zu betrachten. Das steht so im Gesetz. Wir brauchen jetzt nicht viel mehr, als dass eingesehen wird, dass die betreffenden Fälle außerhalb des gesamten Verfahrens laufen. Deshalb plagt uns das ja so.

Ich möchte Sie noch eines bitten. Nachdem Sie noch im Ältestenrat gesagt haben, dass Sie nicht darüber reden wollten, ist es nun der erste Schritt, dass Sie seit heute aber trotzdem darüber reden. Lassen Sie uns aufgreifen, was Herr Bode gesagt hat. Diese Hand strecken wir gern mit Ihnen gemeinsam aus. Sie müssen aber noch viel Überzeugungsarbeit auf der anderen Seite leisten.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt kommen wir zu

c) 18 Minuten tägliche Mehrarbeit bei sicheren Arbeitsplätzen? Über 5 Millionen Menschen wären froh darüber! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 15/2642

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Rösler. Ich erteile ihm das Wort.