Niedersachsen ist das einzige Bundesland, das die Nettoneuverschuldung zum dritten Mal hintereinander konsequent zurückführt. Unser Kurs ist bundesweit vorbildlich.
Eines wundert uns schon, Herr Jüttner: In 13 Jahren SPD-Regierungszeit von 1990 bis 2003 hat sich der Schuldenstand in diesem Land von 20,4 Milliarden Euro auf 43,2 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Allein Ministerpräsident Gabriel hat in seiner kurzen Regierungszeit 10 Milliarden Euro zusätzliche Schulden zu verantworten. Sie waren damals Umweltminister. Sie tragen eine Mitverantwortung.
Wer eine derart miserable Bilanz mit zu vertreten hat, braucht sich hier nun wahrlich nicht als Retter der Landesfinanzen auszugeben.
Wir haben jetzt drei Tage über den Haushalt debattiert. Das Haushaltsrecht ist das ureigenste Recht des Parlaments. Wir und nicht die Landesregierung verabschieden den Haushalt. Normalerweise - das werden auch alle Pressevertreter auf der Tribüne bestätigen können - ist eine Haushaltsdebatte die Stunde der Opposition. Davon konnte am Mittwochnachmittag aber überhaupt keine Rede sein, Herr Jüttner.
Das war die erste Haushaltsberatung für Sie als Oppositionsführer. Lassen Sie uns also einmal die Arbeit der Opposition bewerten. Ich will zunächst etwas Positives zur Arbeit des Oppositionsführers sagen. Erstens. Herr Jüttner, Ihre Anwesenheit im Plenarsaal war deutlich besser als die Ihres Vorgängers. Dies ist auch ein Ausdruck des Respekts.
Im letzten Jahr war Herr Gabriel am Donnerstag fast überhaupt nicht im Plenarsaal. Einmal ist er im Stile seiner Hubschrauberpolitik aufgekreuzt: hereinfliegen, kurz landen, Staub aufwirbeln und wieder wegfliegen. Bei Ihnen ist es mit der Anwesenheit schon sehr viel besser geworden.
Zweitens. Ihre Fraktion hat - hier lobe ich Herrn Möhrmann bei dieser Haushaltsberatung auf Geschäftsordnungsdebatten verzichtet. Ich finde, das ist gut; denn Geschäftsordnungsdebatten bringen im Regelfall nichts, schon gar nicht gegen Bernd Althusmann und Jörg Bode, und sie nutzen auch nicht dem Ansehen des Parlaments.
Aber jetzt zu dem Negativen Ihrer Arbeit. Das war erstens - das ist bereits angesprochen worden ein inhaltlich ausgesprochen dürftiger Haushaltsantrag. Zweitens gab es wenig Engagement der Opposition bei den Haushaltsberatungen. Herr Jüttner, Sie und Ihre Genossen haben in den Fachausschüssen nicht nur keine Änderungsanträge zum Haushalt gestellt, Sie haben sich in vielen Ausschüssen bei den Haushaltsberatungen auch gar nicht zu Wort gemeldet.
Der Kollege Biallas hat gestern gesagt, im Innenausschuss hat die gesamte Haushaltsdebatte zehn Sekunden gedauert. Ich habe noch einmal nachgefragt.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das werden wir mal nachprüfen, mein Lieber! - Heiner Bartling [SPD]: Glauben Sie eigentlich alles, was Herr Biallas er- zählt?)
Im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ hat es keine Haushaltsdebatte gegeben, und im Rechtsausschuss hat sie nur 20 Minuten gedauert. Herr Jüttner, das ist bei weitem viel zu wenig.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie machen bei den Studiengebühren einen richti- gen Moloch!)
Dann zum Inhaltlichen. Ich nenne drei Beispiele aus dieser Plenarwoche: Erstens: Modellkommunengesetz. Wir alle sind für Bürokratieabbau. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben alle Vorschläge aus der kommunalen Ebene zur Standardflexibilisierung abgefragt. Wir haben uns fünf Kommunen ausgesucht, ganz bewusst auch zwei Kommunen mit SPD-Führung, nämlich die Städte Oldenburg und Lüneburg. Alle sind dafür. Die kommunalen Spitzenverbände sind dafür, die Oberbürgermeister Schütz und Mädge sind dafür. Die Einzigen, die dagegen sind, sind Sie. Das ist Ihre Art, Politik zu machen!
Es muss Sie doch überraschen, dass der Landesvorsitzende der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik, Herr Mädge, von der CDU-Fraktion verteidigt wird.
Zweitens. Studienbeiträge sind mittlerweile internationaler Standard. Alle Hochschulpräsidenten sind dafür.
In Ihrer eigenen Partei ist Sigmar Gabriel dafür. Hubertus Heil ist dafür, der von Ihnen bestellte Gutachter, Dr. Dohmen, ist dafür. Alle sind dafür, nur Sie sind dagegen. Das ist Fundamentalopposition. Ich frage Sie, Herr Jüttner: Wo sind in Ihrer Fraktion eigentlich die Realos geblieben?
Drittens. Ich habe die Debatte aufmerksam verfolgt. Sie kritisieren auf der einen Seite - das haben Sie gerade wieder gemacht -, dass wir die Verschuldungsgrenze des Artikels 71 unserer Verfassung nicht einhalten. Gleichzeitig haben Sie auf der anderen Seite am Mittwoch alle von uns bereits beschlossenen nachhaltigen Kürzungen - Weihnachtsgeld, Einschnitte bei der Beihilfe, Lernmittelfreiheit - kritisiert und gefordert, diese zurückzunehmen. Dem entgegen haben Ihre Redner in allen Einzelplanberatungen zusätzliche Ausgaben gefordert. Und anschließend fordern Sie, dass wir die Nettokreditaufnahme um weitere 250 Millionen Euro absenken. Meine Damen und Herren, das passt schlicht und ergreifend nicht zusammen. Das ist Nonsens, was Sie in der Haushaltspolitik machen.
Herr Jüttner, Schlagzeilen haben Sie in den ersten Wochen Ihrer Amtszeit nur in der Bundespolitik gemacht. Mein Mitleid mit Sozialdemokraten hält sich wahrlich in Grenzen.
Aber wie übel Sie, Herr Duin, Herr Gabriel und Herr Heil Ihren ehemaligen Bundesvorsitzenden und unseren Vizekanzler, Franz Müntefering, behandelt haben, das war nicht in Ordnung.
Herr Jüttner, ich bin ja bekannt für meinen großen Zitatenschatz. Normalerweise hat die eine Fraktion kritische Zitate über die andere Fraktion. Das Neue an Ihrer Amtsführung ist, dass wir aus Ihrer eigenen Fraktion zitieren können. Vier Zitate zu Ihrem bisherigen Wirken: Erstens: „Jüttner ist ein Traumtänzer. Was mich am meisten entsetzt, ist, dass die Niedersachsen an vorderster Front an der Demontage von Müntefering beteiligt waren.“ So Staatssekretär Gerd Andres, MdB, SPD, in der HAZ vom 1. November 2005.
Zweitens: „Das war blauäugig.“ So Klaus-Peter Bachmann, SPD, in N3 „Hallo Niedersachsen“ am 1. November 2005.
Drittens: „Katastrophe. Ich hoffe, das ist noch zu korrigieren.“ So Hans-Dieter Haase, SPD, in der Ostfriesen-Zeitung vom 1. November 2005.
Und schließlich, meine Damen und Herren, viertens: „Ich werde ihm klar sagen, dass das ungeeignet war. Ich halte ihn für weitere Aufgaben nicht geeignet.“ Heidi Merk, SPD, in N3 „Hallo Niedersachsen“ am 1. November 2005.
(Lachen und starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Sie ist ja gerade rausgegangen! - Hans-Dieter Haase [SPD]: So viel zum Thema Klamauk! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Bitte jetzt Zukunftsaussagen zum Haushalt!)
Herr Kollege Jüttner, eine Erkenntnis sollten Sie in den letzten Tagen gewonnen haben: Verantwortungsbewusste, sachgerechte und detaillierte Haushaltspolitik zu machen ist viel anspruchsvoller, als den eigenen Bundesvorsitzenden zu stürzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Niedersachsen ist auf einem sehr guten Weg. Wir haben viel erreicht, aber noch sehr viel zu tun. Wir halten Kurs und stimmen aus voller Überzeugung dem Landeshaushalt 2006 zu. Dazu brauchen wir Sie nicht. - Herzlichen Dank.
(Stürmischer, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heidrun Merk [SPD] betritt den Ple- narsaal - Stürmischer Beifall bei der CDU und bei der FDP)
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich ansieht, wie hier die Exponenten der Parteien aufeinander einschlagen, die uns im Bund künftig regieren wollen, dann fühlt man sich ein bisschen ans Schützenfrühstück erinnert, und dann macht man sich wirklich ein bisschen Sorgen um die Zukunft dieses Landes.
(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Ein bisschen? - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
- Es ist ja richtig, dass Sie hier die Mehrheit haben, Herr Klare. Aber die Frage ist immer, in welcher Form man solche Abstimmungen inszenieren muss.
Meine Damen und Herren, die Koalition, die Regierungsbank und insbesondere Herr Schünemann, der heute nicht anwesend, sondern bei der Innenministerkonferenz ist, vermitteln uns ein Bild dieser Koalition, das so gar nicht zu den Werten einer Christlich Demokratischen Union passt.