Wir leben aber nicht in nahezu paradiesischen Verhältnissen, wie sie in Skandinavien bestehen, wo auf drei Migrantenkinder zwei Lehrkräfte kommen bzw. eine Lehrkraft und ein Praktikant. Dort können solche Probleme in der Tat intensiver gelöst werden. Aber in diesen Verhältnissen leben wir nun einmal nicht.
Diese möchte ich nicht unbedingt wiederholen. Ich halte es für ausgesprochen richtig und wichtig, was sie gesagt hat. Ich möchte mich auf einen anderen wesentlichen Punkt konzentrieren. Ich bin kürzlich
bei einer sehr interessanten Veranstaltung gewesen, bei der es um die Rettung der plattdeutschen Sprache ging. Da war man sich unisono einig, dass es ohne den häuslichen Einsatz der Eltern in Zukunft nicht gelingen wird, die plattdeutsche Sprache zu retten. Hierzu gibt es wirklich Parallelen. Ohne den Einsatz des Elternhauses wird die staatliche Sprachförderung insgesamt nur Stückwerk bleiben können.
Sie haben das in Ihrem Antrag, Frau Korter, auch angesprochen. Aus unserer Sicht kann aber nicht der Ruf nach dem Staat das Allheilmittel sein. Angebote müssen gemacht werden, werden im Übrigen auch durch den Kultusminister gemacht. Es werden auch Angebote in vielen Bereichen, wie Volkshochschulen und anderen Initiativen, gemacht. Aber entscheidend ist doch die Bereitschaft der Betroffenen, sich ernsthaft an diesem Prozess zu beteiligen.
Sie fordern vom Land geförderte Bildungsangebote für Eltern, die massiv beworben werden sollen. Nach unserer Auffassung sind die Eltern mündige Menschen mit Rechten, aber auch mit Pflichten. Das Land kann nicht dafür zuständig sein, erwachsene Menschen zu bemuttern. Überall auf der Welt wird wie selbstverständlich der Spracherwerb durch Migranten verlangt. Was ist denn eigentlich verkehrt daran, die Eltern auch hier mit in die Verantwortung zu nehmen?
Wir müssen bei den Eltern das Bewusstsein wecken, wie wichtig der Spracherwerb für die Zukunft ihrer Kinder ist. Die Eltern sind nach wie vor die wichtigste Instanz für ihre Kinder. Der Fernseher, der Computer und die PlayStation ersetzen nicht Gespräche oder Vorlesen in der Familie.
Frau Korter, Ihr Antrag spricht richtige Dinge an, stellt aber wieder einmal den Staat in den Vordergrund und beinhaltet darüber hinaus keine realistischen Finanzierungsvorschläge. Der Antrag ist abzulehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich fast für alle Wortbeiträge bedanken. Wenn in einer wichtigen Sache irgendwo doch einmal am gleichen Strang gezogen wird, dann muss man nicht Debatten künstlich so führen, als läge alles im Streit.
Sie wissen, die Intensivierung der frühen Sprachförderung zur Verbesserung der Bildungschancen nicht nur, aber vor allem für die Kinder mit nichtdeutschen Herkunftssprachen war und ist ein Schwerpunkt meiner Arbeit, seit ich die Verantwortung als Kultusminister für die Bildungspolitik in diesem Land übernommen habe. Ich glaube, wir alle miteinander können durchaus ein bisschen stolz auf das sein, was wir miteinander erreicht haben.
Herr Robbert, besten Dank. Ich habe das als Kompliment verstanden. In der Tat hat sich die Vorgängerregierung im Lichte von PISA 2000 der Sprachförderung angenommen. Sie kam nicht so weit, das zu finanzieren und ins Gesetz hineinzuschreiben, aber die Anstöße waren da. Ich will das durchaus positiv gewichten. Gemeinsam haben wir schon einiges auf den Weg gebracht. Wenn wir das einmal anschauen, die aktuellen PISA-Ergebnisse, die Grundschultests, die wir mittlerweile gemacht haben, aber auch die Ergebnisse im Übrigen, die wir in den letzten zweieinhalb Jahren gesehen haben, dann werden wir feststellen, wir haben schon eine ganze Menge erreicht. Wir werden auch zwischendurch bilanzieren müssen. Es ist noch eine ganze Menge zu tun, weil wir noch längst nicht am Ziel sind.
Ich will jetzt nicht die Generaldebatte um PISA aufmachen, über die Bedeutung der frühkindlichen Bildung. Sie wissen ja, wie ich mich dazu positioniert habe. Ich möchte das nicht in den Vordergrund der Rede stellen, aber das Thema wird uns begleiten. Ich will einfach gezielt rund um den Antrag darstellen, was wir bereits insbesondere in den Kitas, aber auch an den Schulen machen.
Das Förderprogramm für den Kindergarten, das erstmals in den Jahren 2003/2004 umgesetzt wurde und Kindertagesstätten mit hohem Migrantenanteil die Einstellung einer zusätzlichen Sprachförderkraft ermöglichte, ist von Anfang an, auch in diesem Bereich, durch eine so genannte Fortbildungsoffensive begleitet worden. Dafür haben wir
seinerzeit 100 000 Euro eingesetzt. Dabei wurde nicht nur das Land direkt tätig. Mittel wurden auch an die Träger der Einrichtungen vergeben, die in eigener Verantwortung zum Beispiel Seminarveranstaltungen durchgeführt haben, so genannte Inhouse-Kurse organisiert haben und anderes mehr.
Auf diese Weise konnten Fachkräfte für die anspruchsvolle Aufgabe der Sprachförderung geschult werden. Die Berichte aus den Einrichtungen und die Evaluierung des Förderprogramms zeigen deutlich, dass sprachliche Bildung insgesamt einen Bedeutungszuwachs erlangte und die sprachliche Entwicklung in der frühen Kindheit in vielen Einrichtungen kenntnisreicher und bewusster begleitet wird als früher. Bewusste Förderung der Sprachkompetenz im Alltag und eine gezielte, systematische Sprachförderung für Kinder mit Förderbedarf in kleinen Gruppen, wie wir es im Orientierungsplan formuliert haben, müssen einander ergänzen.
Seit Beginn hat sich auch die fachliche Diskussion rasant weiterentwickelt und bestätigt unseren Ansatz einer systematischen Sprachförderung nach ausgewiesenen sprachwissenschaftlichen Konzepten.
Aus den Berichten zur Sprachförderung durch Lehrkräfte im letzten Halbjahr vor der Einschulung will ich hier nur kurz die wichtigsten Ergebnisse nennen. Das Verfahren zur Feststellung der deutschen Sprachkenntnisse hat sich grundsätzlich bewährt. Es wird inzwischen auch von anderen Bundesländern eingesetzt. Es freut uns, wenn andere von uns abgucken. So wollen wir es manchmal auch haben.
Selbst die Bayern haben angefragt, wie wir es denn machen. Das ist doch was. Die O-Stufe hat uns früher keiner abgeguckt. Jetzt haben wir es ein bisschen anders.
Da hier im Rahmen der Anmeldung auch Kinder erfasst werden, die keinen Kindergarten besuchen, besteht die Chance, Sprachstörungen frühzeitig festzustellen und die Eltern entsprechend zu beraten. Es hat sich bewährt, für die konkrete Durchführung der Sprachfördermaßnahmen keine detaillierten Vorgaben zu machen. So kann in Abstimmung und in Zusammenarbeit mit dem Kindergarten auf die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort flexibel reagiert werden. Gruppengröße, Zeitpunkt und Ort der Förderung passen sich den regionalen Bedingungen an. Hier wird schon ein Stückchen
Der Erfolg der vorschulischen Sprachförderung insgesamt zeigt sich auf unterschiedlichen Ebenen. Die Lehrkräfte berichten von einer Verbesserung der Sprachstände auf unterschiedlichem Niveau. Sie berichten von einer Verbesserung der allgemeinen Schulfähigkeit - die 2 % wurden erwähnt. Das sind über 1 000 Kinder, die nicht mehr zurückgestellt werden müssen, weil sie die deutsche Sprache jetzt besser beherrschen, als das in der Regel vorher der Fall war. Man diagnostiziert Fortschritte beim sozialen Lernen. Auch die Verbesserung der Zusammenarbeit von Kindergärten und Grundschulen ist ganz wichtig - auch in anderen Zusammenhängen.
Herr Minister, einen Augenblick bitte. - Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel ist zu hoch. Danke schön.
Und - auch wenn es da noch hapert - wir verspüren rund um das Thema Sprachförderung durchaus eine bessere und intensivere Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. der Eltern mit unseren Kindertagesstätten.
Besonders erfreulich sind die Berichte über die Verbesserung der Zusammenarbeit - ich sage es noch einmal - von Kindergarten und Grundschule,
In vielen Städten und größeren Kommunen, aber auch Landkreisen werden bereits gemeinsame regionale Konzepte entwickelt. Wir haben da wirklich etwas angestoßen. Auch wenn manche ein bisschen darüber hinwegreden und sagen, dass Regierungen ja nicht genug tun, will ich Ihnen sagen: In dieser schwierigen Zeit setzen wir etwa 300 Vollzeitlehrkräfte - Grundschullehrer - für Sprachschule an der Kindertagesstätte ein.
Das ist bei etwa 300 Lehrenden ein Volumen, Herr Meinhold, von 15 bis 16 Millionen Euro. Das muss man erst einmal auf die Beine bringen; und das lohnt sich ja auch.
Es ist auch unstreitig, dass eine gute Sprachkompetenz nur dann erreicht werden kann, wenn die notwendige Sprachförderung längerfristig und nachhaltig stattfindet. Zum niedersächsischen Konzept gehört daher, dass die vor der Einschulung begonnene Sprachförderung in der Schule konsequent fortgeführt wird. Der größte Teil der Sprachförderung sollte am besten vor der Einschulung stattfinden, aber es ist z. B. auch noch in der Grundschulphase Förderbedarf vorhanden. Auch hier will ich einmal auf die Größenordnungen hinweisen - die Kollegin hat es schon angesprochen -: Das Land stellt allein für die Sprachfördermaßnahmen in der Schule 31 773 zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung.
Wenn ich das umrechne, dann sind das 1 100 Lehrkräfte, die nur für Sprachförderung eingesetzt werden. Das macht ungefähr 50 Millionen Euro aus. Rechnen Sie bitte einmal zusammen, in welchem Volumen wir da unterwegs sind.
(Walter Meinhold [SPD]: Das sind die von der CDU, die da reden! - Gegen- ruf von Ursula Körtner [CDU]: Wir klatschen!)
- Jetzt gerade hat Herr Meinhold geredet. - Meine Damen und Herren, einer hat das Wort, und das ist Herr Minister Busemann. Nun hören Sie bitte zu. Wer Lärm machen möchte, der soll nach draußen gehen.
Meine Damen und Herren, eine Neufassung der Erlassbestimmungen für diesen Bereich ist zu Beginn des Schuljahres veröffentlicht worden und tritt am 1. Februar 2006 in Kraft. Der neue Erlass sieht u. a. eine verbesserte Förderung von so genannten Seiteneinsteigern in Sprachlernklassen an regional zentralen Standorten vor, um eine gezielte Sprachförderung dieser Schülergruppe auch in der Fläche zu gewährleisten. Auch die zugewanderten Eltern stehen in der Verantwortung, einen aktiven Beitrag zu ihrer eigenen Integration und zur Integration ihrer Kinder zu leisten.