Protocol of the Session on October 6, 2005

Eingriffe und Auflagen sind für Binnenfischereibetriebe - für jeden einzelnen Betrieb - sofort existenzbedrohend. Die Problemlagen der Binnenfischerei sind überwiegend die Nutzbarkeit der Ressource Wasser und der wassergebundenen Flächen unter ökonomischen Rahmenbedingungen. Wasserrechte müssen immer wieder neu und teuer erworben werden. Überlagernde raumplanerische Vorgaben behindern oder verhindern die Erneuerung von Produktionsanlagen oder die Neuansiedlung von Produktionsformen. Besorgnis erregend ist zudem der Rückgang bei einigen Wanderfischarten, hier insbesondere des Aals; das wurde uns schon einmal im Fachausschuss dargelegt. Bauliche Veränderungen an Wasserwegen haben sofort Auswirkungen auf die Binnenfischerei. Verschlammung von stehenden Gewässern, Probleme der Wassergüte, Phosphatbelastungen, Nitratbelastungen, das alles sind Probleme, die jeden einzelnen Betrieb sofort in seiner Existenz bedrohen können.

Meine Damen und Herren, die Problemlagen der Binnenfischerei sind wesentlich differenzierter als die der Küstenfischerei. Daraus ergibt sich ein kurzfristiger Handlungsbedarf zur Existenz- und Zukunftssicherung dieser Betriebe. Eine Untersuchung für die gesamte Binnenfischerei analog der COFAD-Studie, wie sie uns für die Küstenfischerei vorliegt, ist erforderlich, um Maßnahmen zum Schutz bestehender Betriebe zu ergreifen und um Entwicklungspotenziale zu erkennen und zu begreifen. Ich freue mich auf eine sachgerechte Beratung im Fachausschuss. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Frau Schröder von der CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Johannßen, ich glaube, dass Sie mit Ihrem SPD-Antrag

zum Thema „Perspektiven für die Binnenfischer in Niedersachsen“ einfach zu kurz gesprungen sind, indem Sie in Ihrem Antrag nur die Flussfischerei bedacht haben. Die Bandbreite der Binnenfischerei - Sie haben es eben aufgezählt - ist aber sehr viel größer. Sie umfasst auch die Bereiche der Seenfischerei ebenso wie die der Teichbewirtschaftung in den Bereichen Karpfen und Forelle, die gesamte Aquakultur und die Sportfischerei. Haben Sie all diese Bereiche völlig außen vor gelassen?

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das hat er doch gerade gesagt!)

- Haben Sie den Antrag gelesen? Die stehen da nicht drin. - Dabei kommen aus dem Bereich der Teichwirtschaft rund 80 % des gesamten Fischfangs der Binnenfischerei. Die 1 370 Teiche mit ihrer Gesamtfläche von 680 ha haben Sie in Ihrem Antrag einfach außen vor gelassen.

Eine COFAD-Studie nur für die Flussfischer zu erstellen, ist völlig unrealistisch, unwirtschaftlich und eine einseitige Betrachtung, die für eine objektive Bewertung der Binnenfischerei nicht sachgerecht ist. Wenn wir die Erstellung einer Fachstudie nur für die Flussfischerei diskutieren, so reden wir hier von 85 000 Euro, die die letzte COFADStudie gekostet hat, was zu einem Wert von 600 000 Euro bei der Flussfischerei ins Verhältnis gesetzt werden muss.

Ich weiß aus intensiven Unterhaltungen mit Flussund Seenfischern, dass sie relativ stabile Erträge einfahren, wenn auch auf niedrigem Niveau. Sie erwirtschaften eine schlechte Eigenrentabilität in der Fischproduktion und müssen sich deshalb oft ein zweites Standbein suchen. Ein Binnenfischer aus Schleswig-Holstein sagte mir, dass dort in den letzten 20 Jahren 80 % der Binnenfischer aufgeben mussten. In Niedersachsen haben wir - so die letzte Binnenfischereierhebung - noch 325 Binnenfischereibetriebe, davon 44 im Haupterwerb, und rund 1 000 Hobbyfischereibetriebe. Diese letzte Binnenfischereierhebung, die leider nur im zehnjährigen Abstand durchgeführt wird, basiert in vielen Fällen auf einer Selbsteinschätzung der Betriebe.

Im Gegensatz zu den meisten Flussfischern sind die Schwierigkeiten im Bereich der Teichwirtschaft nicht so groß, weil diese den Vorteil des Eigentumsrechtes haben. Oft sind es Klein- oder Nebenerwerbsfischer, die ihre Karpfenteiche in Ödlandbereichen in der Nähe von Fließgewässern

gebaut haben. Dies hat übrigens keine negativen ökologischen Folgen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Thema Forellenteichbewirtschaftung, die den größten Teil des Fischfangs bei den Binnenfischern ausmacht. Wie auch in allen anderen Bereichen der Binnenfischerei wird auch dieser Fang fast ausschließlich direkt vermarktet. Große Sorgen und finanzielle Probleme bereiten gerade der Teichbewirtschaftung die Fischjäger wie Otter, Graureiher und vor allem die Kormorane. Wenn man bedenkt, dass ein Kormoran täglich etwa 500 g Fisch frisst und dass er nicht unbedingt zwei pfannenreife Fische erwischt - es können vielmehr auch gut und gerne 200 bis 300 kleine Besatzfische sein -, so kann man sich leicht ausrechnen, dass eine Bestandserhaltung für die Fischer finanziell nicht möglich und nicht rentabel ist. Von nachhaltiger Bewirtschaftung kann da nicht mehr die Rede sein.

Wenn diese Teiche auch noch in Naturschutz-, Vogelschutz- oder FFH-Gebieten liegen, hat man diesen Räubern, die oft invasionsmäßig einfallen, kaum etwas entgegenzusetzen. Da wird auch die integrierte Vergrämung aussichtslos. Die Vogelbestände vernichten in kurzer Zeit alle Fischbestände. Viele Fischer haben bei uns aufgegeben, weil sie finanziell am Ende und bitter enttäuscht sind; denn jahrelang wurde nichts unternommen, um ihnen zu helfen.

(Beifall bei der CDU)

Die Population der Kormorane ist - wie wir alle wissen - gewaltig. Nun wollen Sie, meine Damen und Herren von der SPD, sich plötzlich als Retter der Binnenfischer berufen fühlen?

(Zustimmung bei der CDU)

Wir wissen, dass die Fischer auf die Nachhaltigkeit der Ressource Wasser angewiesen sind. Ich hoffe, dass Natura 2000 und die neue Wasserrahmenrichtlinie und dadurch die bessere Wasserqualität den Fischern mehr helfen können als Ihr halbherziger Antrag, der nicht einmal den gesamten Bereich der Binnenfischerei abdeckt.

Es gäbe noch vieles zum Fischereirecht und zur Fischereiverordnung, zum Genossenschaftswesen in der Binnenfischerei und zum Aneignungsrecht, zu der Hege, zum guten Miteinander der Angelfischerei und zum Tourismus, der sehr damit zusammenhängt, zum Rückgang der Aale - Sie haben es eben schon angesprochen, Herr Kollege

und dazu, welche Gründe es dafür gibt, zu neuen Ansiedlungsversuchen bei Lachsen, zu neuen Fischtreppen, damit sie lebend bzw. unverletzt an den Turbinen vorbeikommen, zur Aquakultur usw. zu sagen. Dafür aber ist meine Redezeit leider zu kurz.

Nur eines noch zur raumordnerischen Planung. Wir alle wissen, dass die meisten dieser Planungen regional betrieben werden. Es wäre wünschenswert und sicherlich wichtig, wenn Verbände der Fischerei dazu stärker gehört würden. Eine Studie für ein Flächenland wie Niedersachsen mit den großen lokalen Unterschieden in der Fischerei ist kaum zu erstellen, weil auch Fakten und Zahlen bei der Fischerei kaum zu greifen sind.

Meine Damen und Herren, wir werden diesen nichtssagenden, unvollständigen und einseitigen Antrag ablehnen.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das sa- gen Sie einmal den Fischern!)

Wir wollen nicht mehr Staat und Bürokratie, weil wir meinen, dass neue Bürokratie hier keine neuen Erkenntnisse bringt.

Ein Letztes. Ich habe gelesen, dass Frau Künast gesagt hat, die Fischer könnten ihre Boote ja zu Touristenunterkünften umwandeln.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Un- glaublich!)

Ich muss Ihnen sagen: Das ist dann wohl die Wertschätzung der SPD gegenüber den Fischern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Was hat Frau Kü- nast mit der SPD zu tun?)

Nur zur Richtigstellung: Frau Künast ist noch nicht Mitglied der SPD. - Jetzt hat Herr Klein von Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Künast geben wir nicht her, auch nicht an die SPD.

(Zustimmung von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Wir brauchen sie noch.

(Zuruf von der CDU: Wofür, Herr Klein?)

Nun zum Antrag. Wir begrüßen die Antragsinitiative. Wir haben hier eine originäre Zuständigkeit des Landes. Wir befassen uns immerhin mit dem nach Land- und Forstwirtschaft drittgrößten Flächenbewirtschafter und Kulturlandschaftspfleger - so kann man sagen - in Niedersachsen. Wir sind uns darin einig, dass der Antrag, der sich vor allem mit der Flussfischerei beschäftigt, um die Bereiche Seenund Teichfischerei, Aquakultur und alles was dazugehört - der Kollege Johannßen hat das in seinem Beitrag entsprechend gewürdigt - erweitert werden muss. Ich denke, Frau Kollegin, man muss ein Pferd, das schon tot am Boden liegt, nicht noch weiter reiten. Da sind wir uns doch einig.

Wenn wir über Fischereischutz und Fischereientwicklung reden, dann reden wir in erster Linie über Ökologie; denn Fischereischutz ist Fischschutz und Fischschutz ist vor allem Lebensraumerhaltung und vielleicht sogar Neuschaffung von Lebensraum für Fische. Da geht es dann darum, dass wir uns weiter bemühen, Schadstoffbelastungen von unseren Gewässern fernzuhalten. Ich glaube, Handlungsbedarf besteht vor allem bei der Bekämpfung diffuser Quellen. Ich erwarte auch, dass die EU-Wasserrahmenrichtlinie hier weitere Verbesserungen bringt.

Es wird ferner darum gehen, über weitere Renaturierungen von Flüssen zu reden. Es wird auch darum gehen, Wasserkraftanlagen fischereiverträglich auszubauen und zu modernisieren. Das heißt, Querverbauungen und Staustufen müssen fischverträglich gestaltet werden. Auch über fischfreundliche Turbinen für wandernde Arten kann man noch weiter nachdenken.

Klar ist auch, dass die Fischerei selbst natürlich ökosystemverträglich sein muss. Da haben wir aber, glaube ich, im Moment relativ wenig Sorgen. Überfischung ist kaum ein Thema. Das liegt im Grunde genommen an dem individuellen Fischereirecht, an der gebundenen Wasserfläche. Ein Verstoß gegen die Nachhaltigkeit hätte sehr schnell wirtschaftliche Folgen, so dass ein natürliches Eigeninteresse besteht.

Wir müssen darauf achten, dass bei Besatzmaßnahmen Natur- und Artenschutz beachtet werden. Das gilt sicherlich auch für die Fütterung der Fische und die Düngung der Teiche. Ich denke, es gibt ein Interesse, so etwas wie eine gute fachliche

Praxis weiterzuentwickeln und auch festzuschreiben.

Wenn wir uns dann einmal die Ökonomie anschauen, dann müssen wir in der Tat sagen: Es gibt ein Potenzial für zusätzliche Arbeitskräfte und sicherlich auch für die Sicherung der Arbeitsplätze. Wir haben, was Süßwasserfische und Teichfische angeht, eine relativ geringe Eigenproduktion und eine relativ hohe Importquote. Aber ich glaube auch, wir sind uns darin einig, dass Fischerei im Haupterwerb ihre Grenzen findet. Da wird es keine explosionsartigen Entwicklungen geben können. Schon heute findet ein Großteil der Fischerei im Nebenerwerb statt. Wir können das Ganze über Wiederansiedlungsprojekte fördern. Wir können bei neuen Wasserflächen, die durch Bodenabbau entstehen, darüber nachdenken, inwieweit wir extensive Bewirtschaftung zulassen. Gerade im Raum Nienburg ist das sicherlich ein Problem. Da wird die geringe Gewässerverfügbarkeit beklagt. Da können wir einiges machen. Wir können prüfen, inwieweit Zertifizierungen oder auch ein Ökosiegel helfen können, die wirtschaftlichen Bedingungen zu verbessern. Aber ich glaube, das Entscheidende wird schon sein, dass wir über Diversifizierungen nachdenken und überlegen, inwieweit wir die Förderung des ländlichen Raumes auf diese Bereiche ausdehnen können. Da geht es um Direktvermarktung. Da geht es um Produktveredelung und auch um Tourismus, Frau Schröder, um Bootsverleih, um Gastronomie und Naturschutzleistungen. All das ist denkbar und muss geprüft werden.

Natürlich müssen wir uns auch mit den Kormoranen befassen; das ist klar. Der Kormoran ist bekanntlich der beste Fischer mit einem sehr hohen Jagderfolg. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten und unter Wahrung des Artenschutzes zu einer Verminderung der Schäden kommen, wobei ich ganz deutlich sagen will: Die Verminderung von fischereiwirtschaftlichen Schäden ist nicht gleich eine Verminderung der Zahl der Kormorane durch Abschuss. Da gibt es auch andere Möglichkeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Klein, kommen Sie bitte zum Schluss. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ja, ich komme zum Schluss. - Wir sollten diese Untersuchung, wenn sie denn durchgeführt wird, nutzen, um eine Evaluation der niedersächsischen Kormoranverordnung durchzuführen und das auch mit den jüngsten EU-Untersuchungen abzugleichen. Meines Erachtens ist die Fischerei zwar auch ein Problem der Raumordnung. In erster Linie aber ist es ein ökologisches und ein sozioökonomisches Problem. Ich hoffe, Frau Schröder, dass wir uns noch darauf einigen können, diesen Antrag zu verbessern, um ihn dann gemeinsam zu verabschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt erteilte ich Herrn Oetjen von der FDPFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wir haben in der Plenarsitzung im September das Papier zum Thema Küstenfischerei verabschiedet. Als ich gehört habe, dass die SPD-Fraktion etwas zum Thema Binnenfischerei auf den Weg gebracht hat, habe ich gedacht, ich gucke mir den Antrag einmal an. Es ist ja eine interessante Geschichte. Da wir das eine Thema abgeschlossen haben, können wir uns um das nächste Thema kümmern. Das fand ich erst einmal ganz interessant.

Als ich dann aber den Antrag gelesen habe - das ist auch gerade schon deutlich geworden -, musste ich doch feststellen: Das, was Sie da zu Papier gebracht haben, ist ganz schön dünn. Ich weiß ja, dass der Kollege Johannßen das besser weiß. Das hat er in seinem Beitrag hier auch deutlich gemacht. Ich frage mich nur, warum Sie dann nicht ein bisschen mehr zu Papier gebracht haben. Ulrike Schröder hat eben schon die Punkte angesprochen, und auch Hans-Jürgen Klein hat viele Punkte erwähnt. In dem Antrag fehlt doch einiges, um nicht zu sagen: das Allermeiste. Fast beschränken Sie sich darauf, eine neue Studie zu fordern. Aber das ist vielleicht auch die Antwort der SPD auf alle Fragen: Wir geben einmal eine Untersuchung für viel Geld in Auftrag. Dann gucken wir einmal, was uns da empfohlen wird, was wir machen sollen. Insbesondere finde ich interessant, dass Sie in Ihrem Antrag die Teichwirtschaft außer Acht lassen. Das betrifft 80 % der Betriebe und des Fangs in Niedersachsen. Damit hat sie, genauso

wie die Sportfischerei und die Angelfischerei, eine ganz große Bedeutung, weil damit viele Menschen in Berührung kommen und beschäftigt sind. Diese Themen fehlen in dem Antrag aber völlig. Das finde ich sehr schade.

Die Probleme sind bereits aufgezählt worden; ich möchte zwei herausgreifen: Zum einen besteht das Problem der Dezimierung des Aals. Wir haben uns im Ausschuss schon mehrfach damit beschäftigt, dass - ich glaube - in der Biskaya, also auf dem Weg zu uns, die Glasaale, also die kleinen, jungen Fische, abgefischt werden und dann nach China und in die ganze Welt exportiert werden. Auf jeden Fall sinkt die Population. Deshalb haben wir echten Handlungsbedarf, auch auf europäischer Ebene. Wir müssen dieses Problem beheben, damit der Aal, der ein wichtiger Fisch und für unsere Flüsse ein Stück weit charakteristisch ist - ich kann mich jedenfalls daran erinnern, wie ich als Junge Aale gefangen habe - -

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Mit oder ohne Angelschein?)