Protocol of the Session on October 5, 2005

desregierung vom 12. Juli, die Lebensarbeitszeit der Polizeibeamtinnen und -beamten zu verlängern. Vom Verfahren her war diese Vorgehensweise aus unserer Sicht völlig inakzeptabel. Noch Ende Juni hat im Landtag Frau Heister-Neumann in Vertretung von Herrn Schünemann erklärt, es gebe keine Überlegungen zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Am 12. Juli hat das Kabinett dann aber den zuvor genannten Beschluss gefasst. Gleichzeitig hat es die mittelfristige Finanzplanung beschlossen. Im Entwurf der mittelfristigen Finanzplanung stand bereits das, was Sie jetzt vorhaben. Man muss einfach zur Kenntnis nehmen, dass Sie hier ein Sonderopfer für die bei der Polizei Beschäftigten auch gegenüber anderen Beschäftigten in der Landesverwaltung praktizieren. Das ist aus meiner Sicht der entscheidende Punkt, warum die Beschäftigten bei der Polizei so verärgert und so sauer sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Statt Informationen zu geben und zu vermitteln, warum Sie meinen, das tun zu müssen, haben Sie par ordre du mufti entschieden. Eine Lebensarbeitszeitverlängerung, wie Sie sie planen, ist nicht seriös. Wenn es tatsächlich zu einer Lebensarbeitszeitverlängerung kommen soll, werden Sie die unterschiedlichen Vorbelastungen der Beschäftigten bei der Polizei berücksichtigen müssen. Sie werden dann beispielsweise ein Modell praktizieren müssen, wie es in Rheinland-Pfalz derzeit praktiziert wird. Es gibt bestimmt Möglichkeiten dazu. Sie führen immer das Argument an, ein differenziertes Modell sei zu bürokratisch. Seien Sie dann doch kreativ genug, ein möglichst unbürokratisches Modell zu entwickeln. Jedenfalls kann es nicht angehen, dass alle trotz unterschiedlicher Vorbelastungen gleichermaßen von dieser Regelung betroffen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zusammengefasst: Sie reden ständig von mehr innerer Sicherheit, aber Sie schwächen die Dienstleister dieses Auftrages durch systematische Demotivierung. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Kollege Bode hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind stolz auf unsere niedersächsische Polizei. Wir sind stolz auf die tägliche Arbeit, die sie mit Engagement und Einsatz leistet. Wir sind auch stolz auf die Ermittlungserfolge, die sie ausweislich hat. Natürlich würden wir gerne - genau wie in allen anderen Bereichen - noch bessere Arbeitsbedingungen zur Verfügung stellen. Wir haben aber zu berücksichtigen, dass nicht mehr alles, was in der Vergangenheit gut und wünschenswert war, bezahlbar ist. Wir haben eine Verantwortung gegenüber der kommenden Generation, und diese Verantwortung wird beim Haushalt deutlich sichtbar. Wir können nicht jeden Tag 7 Millionen Euro nur für Zinsen bezahlen, wobei wir als Land keine Gegenleistung bekommen. Wir können nicht so weitermachen wie bisher.

Wir haben daher in allen Bereichen die Ausgaben und die Leistungen des Staates auf den Prüfstand gestellt, und wir müssen dies auch weiter tun. Der Polizeihaushalt - das hat der Kollege Biallas hier ganz deutlich gesagt - macht allerdings eine Ausnahme. Seit wir als bürgerliche Mehrheit hier die Haushaltsverantwortung haben, sind die Ausgaben, die Mittel, die wir für den Polizeihaushalt zur Verfügung stellen, zwar nicht stark, aber eben doch angestiegen. Wir haben der Polizei die Möglichkeit gegeben, selber eine Strukturreform vorzunehmen. Diese Reform ist gewissermaßen aus der Polizei selber gekommen und führt zu deutlich besseren Ergebnissen. Wir haben ferner Neueinstellungen vorgenommen und das Personal aufgestockt, was Sie noch im Juni 2003 durch Ihre Änderungsanträge wieder rückgängig machen wollten.

Wir werden auch weiterhin ein verlässlicher Partner für die niedersächsische Polizei sein. Dabei werden wir aber auch bei der Polizei alles auf den Prüfstand stellen müssen. Von daher ist es auch richtig, sich den Bereich Lebensarbeitszeit anzuschauen. Auch in allen anderen Bundesländern werden ja entsprechende Änderungen der einschlägigen Regelungen vorgenommen. Es wird überlegt, ob das, was in der Vergangenheit galt, noch angemessen und gerechtfertigt ist. Wir werden - das haben wir in der Haushaltsberatung auch angekündigt - aber genau darauf schauen, welche besonderen Belastungen - ich denke hier z. B. an den Wechselschichtdienst - eventuell noch anders berücksichtigt werden müssen. Wir werden dies in den Beratungen verantwortungsvoll be

rücksichtigen und werden weiterhin ein verlässlicher Partner für die niedersächsische Polizei sein, die eine hervorragende Arbeit leistet. So soll es auch bleiben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat der Herr Innenminister das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die niedersächsische Polizei ist so erfolgreich wie niemals zuvor.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben die höchste Aufklärungsquote, wir haben ein sinkendes Straftatenaufkommen, und das ist das Ergebnis engagierter und hoch motivierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der niedersächsischen Polizei.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das lasse ich mir auch von niemandem in diesem Lande klein reden. Gerade diese Landesregierung hat der Polizei in vielen Punkten den Rücken gestärkt. Ich erinnere - nur um ein Beispiel zu nennen - an die rechtliche Absicherung in Bezug auf den finalen Rettungsschuss. Wir haben der Polizei eine eigene Behördenstruktur gegeben. Wir haben eine Strukturreform durchgeführt, um die Polizei noch effektiver, noch effizienter zu machen, um die Kriminalitätsbekämpfung zu professionalisieren. Herr Bartling und Herr Dr. Lennartz, wenn Sie sagen, dass diese Polizeireform nicht erfolgreich gewesen ist, dann sprechen Sie wirklich nicht mit den Mitarbeitern der Polizei. Diese haben sie nämlich selber mit entworfen. Es waren nicht Gutachter, die das getan haben. Insofern würden Sie mit Ihren Aussagen die Polizei selber kritisieren. Diese Reform ist erfolgreich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden zum Ende dieser Legislaturperiode die meisten Polizeibeamtenstellen haben, die dieses Land in der Geschichte je gehabt hat. Es ist notwendig, mit 1 000 zusätzlichen Stellen auf die Herausforderungen der inneren Sicherheit in unserem Land zu reagieren. Wir haben das getan. Herr Bartling, in Ihrer Zeit von 1998 bis 2002 haben Sie

511 Stellen gestrichen. Insofern haben Sie die Polizei insgesamt geschwächt. Das bedeutet, dass die Lasten der Polizei auf weniger Schultern verteilt werden mussten. Das ist in der Tat nicht motivierend, Herr Bartling.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben Wort gehalten, was die zweigeteilte Laufbahn angeht. Wir werden diese mit dem Haushalt 2006 umgesetzt haben. Ich will auch noch in Erinnerung rufen, dass doch völlig klar ist, dass die Bürgerpolizei eine ganz wichtige Säule der Polizei ist. Wir sind auf die Hinweise und die Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Ich kann mich noch gut an die Zuschriften erinnern, als wir die Polizei aus der Bezirksregierung herausgenommen und ihr eine eigene Behördenstruktur gegeben haben. Sie haben seinerzeit gesagt, es drohe die Gefahr, dass die Polizei dann keine Bürgerpolizei mehr sei. Damit haben Sie den Polizeibeamten nicht nur indirekt, sondern direkt unterstellt, dass sie sich aus der zivilen Gesellschaft verabschiedeten. Das lastet noch schwer auf den Polizeibeamten. Ich kann Ihnen die Briefe in Kopie geben. Das hat mit Bürgerpolizei nichts zu tun. Informieren Sie sich einmal beim Tag der offenen Tür. Sie haben am Sonntag in Oldenburg noch einmal die Möglichkeit, sich ein Bild davon zu machen, wie bürgerfreundlich unsere Polizei ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu den Haushaltszahlen haben Herr Kollege Bode und Herr Kollege Biallas schon Stellung genommen. Mir ist natürlich klar, dass eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit einen Einschnitt bei der Polizei darstellt. Ich bin darüber in eingehenden Gesprächen mit den Gewerkschaften und mit den Personalräten im gesamten Land. Ich habe nicht einen getroffen, der grundsätzlich eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit ablehnt. Gerade in der Polizei weiß man, was in unserer Gesellschaft passiert. Man weiß, dass sich besondere Herausforderungen stellen. Den Gewerkschaften geht es darum - dies will ich durchaus einräumen -, dass es längere Übergangszeiten gibt und vielleicht auch nach dem Freiwilligenprinzip verfahren wird. Ich möchte aber daran erinnern, dass Sie die Haushaltssituation, die wir haben, mit zu verantworten haben. Sie wollen diese Landesregierung jetzt sogar vor dem Staatsgerichtshof verklagen, weil wir einen verfassungswidrigen Haushalt haben. Sich dann aber hier hinzustellen und zu kritisieren, dass wir Maßnahmen ergreifen, damit wir

wieder einen verfassungsgemäßen Haushalt haben, ist doch unehrlich. Das ist für die Bürgerinnen und Bürger doch nun wirklich nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, natürlich müssen wir Sparmaßnahmen ergreifen. Dabei müssen wir vor allen Dingen an die Familien mit niedrigeren Einkommen denken. Wenn jemand nach Gruppe A 9 oder A 10 besoldet wird, weiß ich, was es bedeutet, wenn das Weihnachtsgeld, wenn das Urlaubsgeld gestrichen wurde. Es ist völlig klar, dass dies Einbußen mit sich bringt und auch in der Familie diskutiert wird. Keine Frage! Wir müssen aber durch dieses Tal hindurchgehen. Wir können es nicht verantworten, dass unsere Kinder und Enkelkinder keine Chance mehr haben, was dann der Fall wäre, wenn es keine Handlungsfähigkeit mehr gäbe, im Bereich von Bildung und innerer Sicherheit Schwerpunkte zu setzen. Das aber ist für dieses Land wichtig, damit dieses Land eine Zukunft hat. Wir arbeiten daran. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Bartling hat noch einmal ums Wort gebeten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, ich frage mich, ob Sie die Realität überhaupt noch wahrnehmen. Bei Tagen der offenen Tür sprechen Sie selbst bzw. lassen Sie einen Polizeipräsidenten über die Auswirkungen der Polizeireform sprechen. Ich empfehle Ihnen, auch einmal mit den Kolleginnen und Kollegen des ESD und des KED zu sprechen.

Ich hatte versucht deutlich zu machen, dass es gar nicht so sehr um die Sache geht. Dass es eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit gibt, will ich gar nicht in Abrede stellen. Entscheidend aber ist, wie Sie mit den Kolleginnen und Kollegen umgehen. 14 Tage vorher wird gesagt „ist nicht“, aber dann kommt es trotzdem.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte ein weiteres Beispiel dafür anführen, wo sich die Kolleginnen und Kollegen in den Rü

cken getreten fühlen: Gorleben. Dass ihnen die Ruhezeiten nicht angerechnet werden, wird vom Pressesprecher des Innenministeriums mit dem Hinweis darauf begründet, dass die Unterkünfte ja so schön geworden seien. - Das ist doch lächerlich! Deshalb dürfen Sie sich auch nicht darüber wundern, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr motiviert sind. Auch wenn Sie noch so viele schöne Reden halten - damit machen Sie die Motivation kaputt.

Das Wort hat noch einmal der Herr Innenminister. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bartling, ich spreche nicht nur mit dem Polizeipräsidenten,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sondern auch mit seinem Stellvertreter!)

sondern bei jedem Tag der offenen Tür spreche ich auch eineinhalb oder zwei Stunden mit den örtlichen Personalräten, um mich über die Situation vor Ort zu informieren. Das ist mir ganz besonders wichtig. Da hat man Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen und die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, auch zu erklären. Die Kolleginnen und Kollegen haben übrigens mehr Verständnis, als Sie hier gesagt haben, obwohl - ich habe es dargestellt - damit auch schwere Einschnitte gerade in der Familie verbunden sind.

Meine Damen und Herren, ich will jetzt noch einmal sagen, worum es im Zusammenhang mit den CASTOR-Transporten eigentlich geht. Ich wundere mich schon, Herr Bartling: Als Sie als Innenminister Verantwortung getragen haben, war es für Sie eine Selbstverständlichkeit, dass bei den Einsätzen in Gorleben mit zweierlei Maß gemessen wurde; denn den Angehörigen der Bundespolizei unter der Führung von Bundesinnenminister Schily sind niemals 24 Stunden, sondern immer nur maximal 17 Stunden vergütet worden.

Ferner erinnere ich an die Pressekonferenz der Präsidentin des Landesrechnungshofs, Frau Jansen, die uns sogar aufgefordert hat, die anderen Länder zu verklagen, weil wir alleine die Last für die Einsätze tragen. Ich sage Ihnen: Ich kann es den Steuerzahlern schlichtweg nicht zumuten,

dass wir anderen Bundesländern 24 Stunden vergüten, obwohl diese eine solche 24-Stunden-Regelung gar nicht haben.

Meine Damen und Herren, wir müssen insgesamt noch einmal über die weitere Verteilung der Kosten sprechen; denn wir können die Last für diese Transporte nicht mehr allein tragen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Bartling, ich möchte Ihnen jetzt noch einmal die Regelungen bezüglich der Mehrarbeit erläutern. Es wird nicht nur der 12-Stunden-Schichtdienst 1 : 1 vergütet, sondern es werden auch die Zeiten für die Vor- und Nachbereitung sowie die Wegezeiten 1 : 1 vergütet, in der Regel also 16 Stunden. Nun stellt sich die Frage: Was passiert mit den restlichen acht Stunden Bereitschaftszeit? Von dieser Bereitschaftszeit soll ein Viertel, also zwei Stunden, angerechnet werden. Das heißt, insgesamt werden 18 Stunden vergütet. Wird man während der Bereitschaftszeit rausgerufen, wird diese Zeit wieder 1 : 1 vergütet.

Meine Damen und Herren, die Presseabteilung des Innenministeriums hat nicht gesagt, dass die Unterkünfte dort so schön sind. Allerdings ist auch schon zu Ihrer Amtszeit Geld in die Hand genommen worden, um vernünftige Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen; dort sind 18 Millionen Euro investiert worden. Die Unterbringung ist so, wie sie bei anderen Einsätzen auch ist.

Ich kann Ihnen nur sagen: Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation des Landes kann es zwar verantwortet werden, dass wir eine Stunde mehr vergüten als die Bundespolizei. Aber meiner Meinung nach müssen wir auf Länder- und Bundesebene den Beschluss fassen, dass alle Einsätze in den Bundesländern und beim Bund gleich behandelt werden; denn sonst haben wir immer wieder dieselben Diskussionen, wenn die Bereitschaftspolizeien aus den Ländern tätig werden.

Herr Bartling, Sie sollten Sachaufklärung betreiben und nicht bestimmte Stimmungen in die Polizei hineintragen. Hier geht es nämlich darum, Sicherheit für die Bürger herzustellen. Ich sage Ihnen außerdem: Sie werden es nicht schaffen, die Polizei zu demotivieren. Die Polizei ist hoch motiviert, und deshalb haben wir dort auch so gute Leistungen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat der Kollege McAllister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich Folgendes noch etwas deutlicher herausarbeiten möchte.