Protocol of the Session on September 16, 2005

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich meine, es ist doch klar: Herr Wilkening ist doch nicht deshalb erster Interessent gewesen, weil er Nachbar von Frau von der Leyen ist, sondern weil er sich mit den Kliniken intensiv - -

(Zuruf von der CDU)

- Er ist doch Ihr Nachbar oder nicht?

(Unruhe bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Unver- schämtheit! Eine Frechheit! - Glocke des Präsidenten - Anhaltende Unru- he)

Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass das mit dem Nachbarn falsch war.

(David McAllister [CDU]: Das ist eine Frechheit, das zu wiederholen! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

Ich bitte um etwas Ruhe!

(Anhaltende Unruhe)

- Ich habe eben um Ruhe gebeten.

(Anhaltende Unruhe)

- Ich hatte um Ruhe gebeten. Leider hat das gesamte Präsidium nicht gehört, was Herr Schwarz gesagt hat, weil es sich über die Redezeiten unterhalten hat. Ich bitte deswegen, dass Herr Schwarz diesen Satz wiederholt, weil ich es leider nicht beurteilen kann.

(Anhaltende Unruhe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt: Herr Wilkening war doch nicht nur deshalb der erste Interessent an den Landeskrankenhäusern, weil er der Nachbar von Frau von der Leyen ist, sondern weil es sich mit den Kliniken gut verdienen lässt. - Ich weiß gar nicht, was daran falsch ist.

(Heiner Bartling [SPD]: Na ja, und dann geht der Ministerpräsident hin und will das Präsidium belehren!)

Ich meine, Sie erzählen uns seit Wochen, dass Sie einen Run haben von privaten Interessenten. Wollen Sie mir erzählen, dass die alle die Landeskrankenhäuser haben wollen, weil das eine Wohlfahrtsveranstaltung ist? - Die wollen damit Profit machen. Das gilt für Herrn Wilkening genauso wie für jeden anderen Privaten, meine Damen und Herren.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Sie sind im Übrigen nach einer Privatisierung verpflichtet - Sie sollten sich das ruhig anhören -, alle Krankenhausinvestitionskosten über das Krankenhausbauprogramm des Landes zu bezahlen. Sie sind weiter verpflichtet, die volle Bettenpauschale zu zahlen. Ich sage Ihnen mal ein Beispiel: In Thüringen hat die Asklepios 2002 das Landeskrankenhaus Stadtroda für 3,8 Millionen Euro gekauft. 2004 hat das Land einen Bewilligungsbescheid von über 5,8 Millionen Euro aus Krankenhausbaumitteln an die Asklepios geschickt. - Ich finde, das ist ein tolles Geschäft für die Asklepios gewesen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Herr Schwarz, warten Sie bitte einen Augenblick!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ruhe, ich will jetzt zuhören! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich bitte um Ruhe hier im Saal!

(Anhaltende Unruhe)

- Wenn Sie sich das nicht anhören wollen, was Herr Schwarz sagt, dann können Sie gerne rausgehen. Ich habe übrigens eben mit dem GBD gesprochen. Ich werde mir das Protokoll, was Herr Schwarz gesagt hat, ganz genau angucken.

(David McAllister [CDU]: Aufpassen wäre besser!)

Aber ich bitte jetzt, weiter fortzufahren.

Ein privater Investor hat kein Interesse daran, Patienten zu entlassen, weil nur das belegte Bett Geld bringt. In Thüringen hat das zu einer kostenträchtigen Belegungszunahme im Maßregelvollzug geführt. Ich weise Sie darauf hin, dass in Niedersachsen zurzeit ein Tag im Maßregelvollzug 190 Euro kostet, in Thüringen zwischenzeitlich 240 Euro.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, mit nachhaltiger Haushaltskonsolidierung hat diese Nummer nichts zu tun. Sie führt eindeutig zum Gegenteil, wie es in anderen Bundesländern gezeigt wird.

(Zurufe von der CDU - Unruhe - Glo- cke der Präsidentin)

Sie behaupten, durch eine Privatisierung 200 neue Plätze im Maßregelvollzug zu schaffen. In Niedersachsen gibt es zurzeit offiziell 929 Plätze, tatsächlich aber 1 140 Patienten. Das heißt, die Landeskrankenhäuser haben dieses Problem ohne großes Aufheben selbst gelöst. Damit haben sie dem Land bisher die Investitionskosten für eine neue Klinik gespart. Ich finde, Sie sollten den Beschäftigten für diese Leistung dankbar sein, statt hier diese Schaudebatten zu führen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie reden hier von der Sicherung der Arbeitsplätze und der Arbeitsbedingungen. Aber Sie wissen ganz genau, dass das alles hohle Versprechungen sind. Nach Ablauf der Bindungsfrist können Sie gar nichts mehr zusichern. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Beispiel Hamburg. Die Arbeit in den Landeskrankenhäusern ist ein körperlich und psychisch schwerer Schichtdienst. Diesen Menschen hat diese Landesregierung das Weihnachtsgeld weggenommen, das Urlaubsgeld weggenommen, und nun wollen Sie die Tarifhoheit und letztendlich die Arbeitsplätze kaputtmachen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn Sie die Bundestagswahl gewinnen würden, dann würden Sie auch noch die Steuerzuschläge für Schichtarbeit, Feiertagsarbeit und Nachtarbeit streichen. Außerdem würden Sie die Mehrwertsteuer erhöhen. Angesichts dessen sage ich Ihnen: Dass die 2 500 Menschen, die gestern draußen demonstriert haben, vor dieser Landesregierung Angst haben, ist mehr als nachvollziehbar und berechtigt, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich habe noch gut im Ohr, wie der von mir sehr geschätzte Kollege Dr. Matthiesen hier gestern Abend argumentiert hat. Die Wahrheit ist doch nur, dass der Einfluss der CDA an der Tür zu Ihrer Fraktion aufhört.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Frage des Maßregelvollzugs hat Frau Helmhold deutlich beantwortet. Der Maßregelvollzug ist ein Kernbereich des Gewaltmonopols. Alle Verfassungsrechtler gehen davon aus, dass er nicht privatisiert werden kann. Urteile in Schleswig-Holstein belegen dies.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Salon- sozialist!)

Lassen Sie mich zum Maßregelvollzug noch eine Anmerkung machen. Das einzige Landeskrankenhaus in Niedersachsen, in dem es nur Maßregelvollzugspatienten gibt, ist die Kernstadt in Moringen mit 4 500 Einwohnern. In diesen Gebäuden waren in der Zeit von 1933 bis 1945 drei KZs untergebracht. Der langjährige Vorsitzende der La

gergemeinschaft schreibt dazu in der Zeitung - ich zitiere -:

„Ich empfinde es als Hohn für die Opfer der insgesamt drei KZs in Moringen, dass sich das Land aus seiner Verantwortung als Hausherr zurücknimmt. Ein ehemaliges Konzentrationslager privatisiert man nicht.“

(Beifall bei der SPD)

„Diese ehemalige Haft- und Folterstätte, die zu den ältesten und längstgenutzten KZs zählt, gehört nicht in private Hände.“

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich frage mich - das sage ich ganz sachlich -, auf welcher Grundlage dieses Kabinett eigentlich solche Beschlüsse fasst. Sie haben wirklich nichts ausgelassen, was die Menschen richtig auf die Palme bringt. Im Fall Moringen haben Sie jede Sensibilität vermissen lassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich finde sowieso, dass Ihr Krisenmanagement in dieser Angelegenheit höchst erstaunlich ist. Die Landeskrankenhäuser - selbst die arbeitende Lenkungsgruppe - haben die Absicht der Landesregierung aus den Medien erfahren. In der Pressemitteilung vom 3. August kündigte Frau von der Leyen an, dass sie bzw. ihr Staatssekretär alle zehn Häuser besuchen würden.

Herr Schwarz, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Busemann?

Nein. - Tatsächlich aber hat die Ministerin kein einziges Haus besucht, sondern sich lieber auf die Bundesebene zurückgezogen. Sie hat hier das gleiche Prinzip verfolgt wie zuvor schon bei den Blinden: Sie hat die Hütte angezündet und andere zum Löschen losgeschickt. Immer, wenn es ungemütlich wird, kneift diese Dame, meine Damen und Herren.