Protocol of the Session on September 16, 2005

Vorbemerkung:

Demonstrationen von Rechtsextremisten in unseren Straßen sind eine schwer erträgliche Provokation. Dass die Oldenburger Bürger solche Veranstaltungen nicht in ihrer Stadt haben wollen und sich ganz erheblich gestört fühlen, wenn sie sich den Parolen der NPD ausgesetzt sehen, ist ebenso verständlich wie die Kundgabe dieses Unmuts auf Gegendemonstrationen. Der demokratische Konsens über die Ablehnung rechtsextremistischen Gedankenguts bietet aber in unserem freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat keine Handhabe, missliebige Versammlungen - zumal wenn sie von Parteien veranstaltet werden, die nicht verboten sind und die sich daher auf das Parteienprivileg berufen können - zu verhindern.

Die Beeinträchtigungen, zu denen es am 3. September in der Oldenburger Innenstadt kam, waren unmittelbar nur zu einem geringen Teil auf den Durchzug der ca. 90 NPD-Demonstranten zurückzuführen. Die polizeilichen Absperrungen waren erforderlich, weil eine erhebliche Anzahl von Gegendemonstranten das Ziel hatte, den Aufzug der NPD durch Blockadeaktionen zu verhindern, und immer wieder versuchte, auf die Aufzugsstrecke zu gelangen. Die Polizei war verpflichtet, die Teilnehmer der NPD-Demonstration in der Wahrnehmung ihrer Versammlungsfreiheit abzusichern. Dabei hat die Polizei stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Das Einsatzkonzept sah vor, den Innenstadtring in einem Phasen- und Kontrollstufenmodell nur gestuft und abschnittsweise abzusperren. Dies beinhaltete die Erreichbarkeit der Geschäftsstraßen innerhalb des Rings über verschiedene, sich im Demonstrationsverlauf verändernde Zuwegungen. Während einige Streckenabschnitte frei zugänglich blieben, waren andere Streckenabschnitte nur für ÖPNV und Fußgänger an bestimmten Durchlassstellen zu passieren; bestimmte Streckenabschnitte waren vollständig gesperrt. Die verschiedenen Stufen waren in einem rollierenden System am jeweiligen Standort des NPD-Aufzuges orientiert und veränderten sich mit der Bewegung des Aufzugs. Entlang der kompletten Strecke waren Einsatzkräfte mit Absperrgittern für die Absperrmaßnahmen eingesetzt. Die Polizei begann mit ersten Absperrmaßnahmen gegen 9 Uhr, die letzten Sperren am Bahnhof wurden um 17:39 Uhr aufgehoben. Der Innenstadtring war von 9 Uhr an betroffen, wobei bis 12:54 Uhr lediglich der Schlossplatz gesperrt war und ein Teil des Innenstadtrings nur für ÖPNV und Fußgängerverkehr passierbar war. Von 13:23 bis 14:45 Uhr war es wegen der zahlreichen und starken Störeraktivitäten und Versuche von Gegendemonstranten, die polizeilichen Absperrungen zu durchbrechen und auf die Aufzugsstrecke der NPD zu gelangen, erforderlich, den Innenstadtring fast vollständig abzusperren. In dieser Zeit waren der Zugang und das Verlassen der Innenstadt nur noch sehr eingeschränkt möglich. Zur übrigen Zeit konnte die Innenstadt jedoch über die jeweils vorgesehenen Zugänge jederzeit erreicht und verlassen werden. Der Innenstadtring war ab 16:05 Uhr wieder vollständig frei.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Demonstrationsroute der NPD wurde in einem Kooperationsgespräch mit der Stadt Oldenburg als zuständiger Versammlungsbehörde, Vertretern der Polizei und dem Anmelder festgelegt. Die ursprünglich angemeldete Route wurde dabei aus Sicherheits- und polizeitaktischen Gründen erheblich gekürzt. Um unverhältnismäßige Belastungen für Unbeteiligte zu vermeiden, wurden Anzahl und Dauer der Kundgebungen verringert. Darüber hinaus wurden im Hinblick auf das Erscheinungsbild des Aufzugs und das Verhalten der Teilnehmer umfangreiche Auflagen verfügt, um Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Aufzug zu verhindern.

Da die Wahl von Ort und Zeit wesentlich die Chance einer Demonstration auf öffentliche Wahrnehmung bestimmt und daher konstitutiver Bestandteil der Versammlungsfreiheit ist, war eine weitere Kürzung der Demonstrationsroute oder eine Verlegung des Aufzugs aus der Innenstadt heraus nicht möglich. Nur unter den engen Voraussetzungen des polizeilichen Notstands, die von den Verwaltungsgerichten immer wieder aufgezeigt werden, hätte der NPD eine innenstadtfernere Aufzugsroute auferlegt werden können. Diese Voraussetzungen waren jedoch in Abwägung der Rechte von Demonstrationsteilnehmern, Gegendemonstranten, Aktivisten und Unbeteiligten nicht gegeben.

Zu 2: Zum Einsatzverlauf siehe Vorbemerkung. Der Einsatz wurde unter größtmöglicher Rücksichtnahme auf die Interessen von Verkehrsteilnehmern, Passanten und Geschäftsleuten geplant und durchgeführt. Die Polizei hatte die Aufgabe, die Aufzugsroute der NPD nach Möglichkeit freizuhalten und Blockaden und gewalttätige Aktionen, die das Ziel hatten, die Demonstration der NPD unmöglich zu machen, zu verhindern. Zugunsten der Teilnehmer der NPD- Demonstration war dabei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in die Abwägung einzubeziehen, dem in unserer pluralistischen Demokratie eine überragende Bedeutung zukommt.

Das Polizeiaufgebot war in Anbetracht der erwarteten Störungen erforderlich und angemessen. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben erst aus Anlass der NPD-Demonstration in Braunschweig am 18. Juni 2005 deutlich gemacht, dass die Polizei verpflichtet ist, sich auch durch eine hinreichende Kräfteplanung so vorzubereiten, dass sie zum Schutz der Demonstration in der Lage ist.

Zu 3: Die Kosten für den Polizeieinsatz lassen sich abschließend noch nicht genau beziffern, weil die Einsatznachbereitung durch die Polizeidirektion Oldenburg noch nicht abgeschlossen ist. Insbesondere liegen die Abrechnungen der mit Unterstützungskräften beteiligten anderen Bundesländer noch nicht vor. Im Vergleich zu dem NPD-Einsatz in Verden am 2. April 2005, bei dem allerdings weniger Einsatzkräfte als am 3. September 2005 in Oldenburg beteiligt waren, wurde von der Polizeidirektion eine Kostenschätzung durchgeführt. Danach werden sich für den Einsatz am 3. September 2005 voraussichtlich einsatzbedingte Mehrkosten in Höhe von ca. 350 000 Euro ergeben.

Anlage 26

Antwort

des Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf die Frage 29 der Abg. Karin Stief-Kreihe, Rolf Meyer, Claus Johannßen, Klaus Fleer, Dieter Steinecke und Uwe Harden (SPD)

Wer erforscht was im Pferdeland Niedersachsen?

In einer Pressemitteilung vom 19. Juli 2005 kündigt das Niedersächsische Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eine „Bestandserhebung“ zu den bestehenden Aktivitäten rund ums Pferd an, mit dem Ziel einer Erschließung neuer Möglichkeiten, die für die weitere Entwicklung des ländlichen Raumes genutzt werden können. Die Betreuung soll durch das Amt für Landesentwicklung in Verden erfolgen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. In welchen Bereichen geht die Bestandserhebung über das Strategiepapier hinaus, das im Jahr 2002 im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellt wurde, und wie wird diese Bestandserhebung, die innerhalb eines Jahres durchgeführt werden soll, finanziert?

2. Sind außer der Pferdeland GmbH weitere Unternehmen oder staatliche Institutionen an der Bestandserhebung beteiligt?

3. Ist geplant, nach der Bestandserhebung ein weiteres Gutachten, das Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet, in Auftrag zu geben?

Die von den Abgeordneten Stief-Kreihe, Meyer, Johannßen, Fleer, Steinecke, Harden gestellten Fragen beantworte ich wie folgt:

Ziel der Politik der Landesregierung ist es, Entwicklungspotenziale im ländlichen Raum zu nutzen und Synergien herzustellen, um für alle Menschen im ländlichen Raum einen größtmöglichen Nutzen zu erreichen. Die gilt auch für die Entwicklungsmöglichkeiten, die sich rund um die Thematik „Pferd“ ergeben.

Die Thematik ist vielfältig. Umso wichtiger ist es, bestehende Aktivitäten in der Land- und Forstwirtschaft, im Pferdesport, in der Pferdezucht, im Reitund Pferdetourismus sowie die zahlreichen reiterlichen Initiativen und die Erfahrungen der vielen nicht in Organisationen tätigen Praktiker zusammenzutragen, vorzustellen und bekannt zu machen. Mit der Bewertung der Wirkung auf den

ländlichen Raum kann ermittelt werden, wo Synergien die Entwicklung des ländlichen Raums voranbringen. Gleichzeitig können Hinweise gegeben werden, wo unterstützende, agrarstrukturelle Maßnahmen sinnvoll sind. Ferner können regionale Leitprojekte zur Aktivierung vorhandener Potenziale und zur effizienten Nutzung der Ressourcen vor Ort initiiert werden.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Unser Projekte und das Strategiepapier aus dem Jahre 2002 sind thematisch, inhaltlich, methodisch und auch im Auftragsziel unterschiedlich. Das Strategiepapier hat zwei Untersuchungsschwerpunkte - Reitsport und Reittourismus. Es ist folglich sektoral veranlagt. Rückschlüsse auf die Agrarstruktur des Landes sind nicht enthalten. Vorliegende Untersuchungen wurden zwar berücksichtigt, jedoch nicht umsetzungsorientiert ausgewertet. Es handelt sich eher um einen gutachterlichen und unbestritten wichtigen Untersuchungsansatz.

Das Projekt des ML ist im Untersuchungsansatz nach einem modernen Planungsselbstverständnis breiter und dynamischer aufgestellt, ist interdisziplinär, integrativ und umsetzungsorientiert ausgerichtet. Es geht nicht thematisch sektoral vor, sondern territorial: Der ländliche Raum ist Gebietskulisse. Korrespondierende Ansätze außerhalb werden auf ihre Relevanz überprüft und berücksichtigt. Es findet eine laufende Beteiligung von Experten statt. Bestehende Untersuchungen wie auch das Strategiepapier werden recherchiert, gewertet und entsprechend integriert. Umsetzungsorientiert heißt in diesem Zusammenhang auch, dass die in den jeweiligen Bereichen Tätigen mit ihrer Kompetenz eingebunden werden, womit diese wiederum neue Impulse für ihre Aktivitäten bekommen können und damit unmittelbar die Entwicklung des Raumes ausgelöst wird.

Ziel ist natürlich auch die Verbesserung der Agrarstruktur im ländlichen Raum Niedersachsens unter Beachtung der vor- und nachgelagerten Bereiche und deren Wertschöpfung sowie der möglichst zielgerichtete Einsatz geeigneter Instrumente insbesondere des ML für die Entwicklung des ländlichen Raumes. So werden Reittourismus und Reitsport zu einem Teilaspekt neben anderen in der Gesamtsicht der Entwicklungspotenziale des ländlichen Raumes. Aus letzterem Grund werden wir die Untersuchung aus Mittel der Gemeinschafts

aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ finanzieren.

Zu 2: Das Spektrum der an der Untersuchung beteiligten Institution, Initiativen und Vereinigungen ist weit gefasst. Pferdeland GmbH ist maßgeblicher Partner bei der Umsetzung der Untersuchung.

Zu 3: Nein.

Anlage 27

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 30 der Abg. Ursula Helmhold (GRÜNE)

Sicherstellung sachgemäßen Vorgehens bei Piercings, Tattooing o. Ä.

Eine Vielzahl von Gewerbetreibenden bietet Dienstleistungen wie das Anbringen von Piercings oder Tattoos an, bei denen Krankheitserreger, insbesondere Erreger von Aids oder Hepatitis, durch Blut übertragen werden können sowie die Gefahr von Wundinfektionen besteht. Für diese Dienstleistungen ist keine Ausbildung erforderlich.

Ich frage die Landesregierung:

1. Liegen ihr Erkenntnisse vor, wie viele Anbieter entsprechender Dienstleistungen es in Niedersachsen gibt und in wie vielen Fällen es zu Infektionen gekommen ist?

2. Wie wird sichergestellt, dass die Anbieter entsprechender Dienstleistungen über die notwendige Sachkunde verfügen?

3. Wie wird sichergestellt und kontrolliert, ob, vergleichbar mit Arzt- oder Zahnarztpraxen, die medizinisch notwendigen Hygienemaßnahmen eingehalten werden?

Für den Schutz vor Krankheitserregern und Wundinfektionen, die durch das Anbringen von Piercings oder Tätowierungen möglich sind, ist hinreichend vorgesorgt. Auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes wurde in Niedersachsen die Hygiene-Verordnung zur Verhütung übertragbarer Krankheiten im Jahre 2001 erlassen.

Mit Krankheitserregern behaftete (kontaminierte) Instrumente, die bei Anwendung in die Haut oder Schleimhaut der Kundinnen und Kunden eindringen oder diese durchstechen, können Krankheitserreger von einem Menschen auf den anderen übertragen. Die Hygieneverordnung setzt speziell hier an. Sie gilt insbesondere für berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten auf den Gebieten der me

dizinischen Fußpflege, des Tätowierens, des Piercings, des Ohrlochstechens, des Rasierens, des Frisierens, der Pediküre, der Maniküre und der Kosmetik. Entscheidend für ihre Anwendbarkeit ist nicht der erlernte oder ausgeübte Beruf, sondern die Art der tatsächlichen Tätigkeit. Immer dann, wenn Instrumente im Rahmen einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit am Menschen angewendet werden, ist diese Verordnung zu beachten.

Ergänzend zur Hygieneverordnung hat das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) ein Merkblatt veröffentlicht, das im Internet zur Verfügung steht. Dieses Merkblatt informiert insbesondere über allgemeine und darüber hinaus auch spezielle Hygieneanforderungen, z. B. an den Arbeitsplatz, die Instrumente und das Personal.

Dies vorausgeschickt, werden die einzelnen Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1: Erkenntnisse über die Anzahl der Anbieterinnen und Anbieter entsprechender Dienstleistungen liegen nicht vor. Durch die namentliche Meldepflicht von infektiösen Hepatitiden besteht für die Gesundheitsämter die Möglichkeit, die wahrscheinliche Infektionsquelle aufzudecken. Dabei werden auch die Risikofaktoren Piercing und Tätowieren erfragt. In Niedersachsen wurden diese Risikofaktoren in den letzten Jahren epidemiologischen Auswertungen zu Folge zunehmend angegeben. Allerdings erfolgte die Angabe in der überwiegenden Zahl zusammen mit weiteren Risikofaktoren, sodass nicht direkt auf vermehrte Übertragungen durch Piercing und Tätowieren zurückgeschlossen werden kann.

Aufgrund der anonymen Meldepflicht von HIV ist eine Aufdeckung der Infektionsquelle im Einzelfall durch das Gesundheitsamt ausgeschlossen. Eine detaillierte Abfrage des Robert Koch-Instituts zu Piercing und Tätowieren erfolgt dabei nicht.

Zu 2: Wer die Anforderungen nach der Hygieneverordnung nicht befolgt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 25 000 Euro geahndet werden kann. Bei Vorsatz mit Folge einer Übertragung einer meldepflichtigen Erkrankung wird die Tat mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Zu 3: Nach dem Infektionsschutzgesetz können neben Arzt- oder Zahnarztpraxen auch Einrichtungen, in denen Piercing oder Tätowieren angeboten wird, durch das Gesundheitsamt infektionshygie

nisch überwacht werden. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Überwachung durchgeführt wird, liegt im Ermessen des überwachenden Gesundheitsamts. In den Jahren 2001 bis 2004 wurden in Niedersachsen jährlich durchschnittlich 243 Betriebe besichtigt.

Anlage 28

Antwort