Protocol of the Session on September 15, 2005

„Einem Mitglied des Landtages, das sich zu einer persönlichen Bemerkung zum Wort gemeldet hat, ist das Wort

auch nach Schluss der Besprechung zu erteilen.“

- Das tue ich hiermit.

„Das Mitglied des Landtages darf in der persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen es gerichtet wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen. Es darf nicht länger als fünf Minuten sprechen.“

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Regierungserklärung, die zu unserer Dringlichen Anfrage zu den Spielbanken abgegeben wurde, hat Möllring mit einem Zettel gewedelt.

(Zurufe von der CDU: Herr Möllring! Herr Minister! So viel Zeit muss sein!)

- „Herr Minister“? - Wissen Sie, Herr McAllister, ich bin bereit, jeden mit „Minister“ anzureden, der sich wie ein Minister verhält, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Er hat mit einem Zettel herumgewedelt, auf den er sich in seiner Argumentation bezog. Ich habe daraufhin dazwischen gerufen: „Ich kann das nicht lesen, was Sie da hochhalten.“ - Daraufhin hat Möllring erklärt,

(Zuruf von der CDU: Herr Möllring!)

ich könne Schröder doch nicht als Flegel - andere wollen sogar gehört haben: „als Ferkel“ - bezeichnen.

(Zurufe von der SPD: „Ferkel“ hat er gesagt!)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass Möllring hier etwas frei erfunden hat - was man im gemeinen Sprachgebrauch wohl als „Lüge“ bezeichnet. Zweitens fordere ich den Ministerpräsidenten auf, das wiederholt flegelhafte Verhalten dieses Ministers in der Kabinettssitzung anzusprechen. Es fällt inzwischen auf sein Kabinett zurück, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Plaue, man mag Minister oder einzelne Kollegen mögen oder nicht; das ist bei so vielen Abgeordneten auch normal. Aber wir sollten uns schon mit „Herr“ oder „Frau“ ansprechen. Das fände ich schon wichtig.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Dann muss der Minister das aber auch tun!)

- Das würde ich sagen. Das gehört eigentlich zur Kultur des Miteinander-Umgehens, Frau Helmhold; da sind wir uns einig.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Gilt das auch für andere?)

- Das gilt für alle, das ist doch selbstverständlich. Ich habe das noch nicht erlebt, dass man sich hier nur mit Namen anspricht.

(Zurufe von der SPD)

- Das finde ich auch nicht in Ordnung. Das ist doch ganz klar. Ich sage das ja nicht nur für eine Seite des Hauses.

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der tierschutzrechtlichen Verbandsklage in Niedersachsen Gesetzentwurf Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2157

Zu Wort hat sich der Kollege Klein gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz und in der Landesverfassung und mit dem Tierschutzgesetz haben wir für den Bereich des Tierschutzes durchaus vorbildliche Regelungen in unserem Land. Wir müssen aber auch wissen: Beides ist nicht nur ein Appell, die Tiere als Mitgeschöpfe zu behandeln, sondern beides begründet auch die Pflicht des Gesetzgebers, ein effektives gesetzliches Instrumentarium zum Tierschutz zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Da liegt unser Problem. Tierschutz ist im Konfliktfall nicht immer durchsetzbar. Zwar werden die Tiere aufgrund ih

rer selbst Willen geschützt, sie haben aber keinen gesetzlichen Vertreter. Es fehlt an der in unserem Rechtssystem normalerweise geforderten persönlichen Betroffenheit. Wir wissen: Wo kein Kläger, da eben auch kein Richter.

Unsere Demokratie beruht auf der Teilung von drei Gewalten. Nur wenn alle drei Gewalten funktionieren, können wir von rechtsstaatlichen Verhältnissen sprechen. Diese rechtsstaatlichen Verhältnisse möchten wir in dem in Rede stehenden Bereich herstellen. Das heißt also, die tatsächlichen Verhältnisse den rechtlichen Verhältnissen anzupassen.

Warum möchten wir das? - Wir möchten Chancengleichheit, wenn es um Zielkonflikte zwischen dem Tierschutz und den wirtschaftlichen Interessen der Nutzer von Tieren geht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Während wir heute die Situation haben, dass ein Tiernutzer Widerspruch bzw. Klage einlegen kann, wenn ihm eine Nutzung durch die Genehmigungsbehörde versagt wird oder wenn ihm die Auflagen zu hoch erscheinen, kann auf der anderen Seite niemand gegen eine tierschutzwidrige Genehmigung oder gegen ein Unterschreiten der Normen rechtlichen Schutz einfordern.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das stimmt doch nicht!)

Wir wollen also, dass nicht nur möglicherweise ein Zuviel an Tierschutz, sondern auch ein Zuwenig überprüft werden kann. Wir wollen mit dieser Initiative weiterhin erreichen, dass die Qualität von tierschutzrechtlichen Entscheidungen verbessert wird. Zusätzlicher fachlicher Sachverstand in den Genehmigungs- und in den Gerichtsverfahren ist, wie ich glaube, von hohem gesellschaftlichen Interesse. Ferner setzen wir auf die schon aus dem Naturschutzrecht bekannte prophylaktische Wirkung einer solchen Gesetzesinitiative.

(David McAllister [CDU]: Als ob wir nicht schon genug Bürokratie hätten!)

Wir wissen: Vorschriften sind interpretierbar. Unbestimmte Rechtsbegriffe müssen konkretisiert werden. Dadurch gibt es Spielraum bei den Genehmigungsbehörden.

(David McAllister [CDU]: Noch mehr Bürokratie und mehr Prozesse!)

Man kann sich vorstellen, dass es sehr viel leichter ist, die Nutzergenehmigung sehr positiv zu beurteilen, weil man dort mit entsprechenden Rechtsmitteln rechnen muss, Herr McAllister, während man auf Tierschutzseite überhaupt kein Prozessrisiko eingeht, wenn man sich dort nicht ganz objektiv verhält.

Wie wollen wir das Ganze nun umsetzen? - Unser Vorschlag setzt einen sehr engen Rahmen. Er orientiert sich nicht an den Maximalforderungen der Tierschutzseite - das sage ich hier ganz deutlich -, sondern bietet einen Kompromiss an. Er berücksichtigt dabei die Diskussion der vergangenen Monate.

(David McAllister [CDU]: Kalter Kaffee aus Schleswig-Holstein ist das, sonst nichts!)

Wir nutzen mit dieser Initiative den Raum, der sich dadurch ergibt, dass der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit noch keinen Gebrauch gemacht hat. Es ist ein schlankes Gesetz.

(David McAllister [CDU]: Ein schlan- kes Gesetz? Haben Sie es gelesen?)

Drei Elemente sind wichtig. Es geht zum einen um Mitwirkung. Herr McAllister, das müssten Sie doch beurteilen können. Ich dachte, Sie hätten Rechtswissenschaften studiert.

(David McAllister [CDU]: Ja, im Ge- gensatz zu Ihnen! - Gegenruf von El- ke Müller [SPD]: Das muss aber lange her sein!)

Bei dieser Mitwirkung geht es darum, zunächst einmal Informationsmöglichkeiten und Möglichkeiten zur Stellungnahme für Tierschutzvereine bei der Vorbereitung von Rechtsverordnungen und ähnlichen Rechtsvorschriften einzuräumen. Wir wollen diese Mitwirkung auch bei Genehmigungsverfahren, wenn es z. B. um Ausnahmegenehmigungen beim Schächten oder für Tierversuche geht.

Das zweite Element ist das, was man landläufig die Verbandsklage nennt. Es geht um Rechtsbehelfe. Es geht eben nicht nur um Klage, sondern auch um die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Das heißt, anerkannte Vereine können dann gegen angreifbare Verwaltungsentscheidungen Widerspruch bzw. Klage einlegen, ohne in eigenen

Rechten verletzt zu sein, d. h. ohne die eigene Betroffenheit nachweisen zu müssen.

(David McAllister [CDU]: Wir brauchen auch mehr Klagen in Deutschland! Die Justiz ist nicht ausgelastet!)

Das ist, Herr McAllister, inzwischen in einer Reihe von Rechtssektoren bei uns ein durchaus gängiges Verfahren, etwa im Naturschutzrecht, im Verbraucherschutzrecht, im Wettbewerbsrecht und im Gleichstellungsrecht.

Die Naturschutzverbandsklage hat bei dieser Initiative Pate gestanden. Das gilt sowohl für diesen Gesetzesvorschlag als auch für das Element der Anerkennung, das in dieser Initiative enthalten ist. Die Anerkennung von entsprechenden Vereinen setzt eben voraus, dass es sich um Vereine handelt, die eine dauerhafte Leistungsfähigkeit nachweisen können, die eine überregionale Tätigkeit wahrnehmen, in denen Öffentlichkeit und Transparenz sichergestellt sind, die eine demokratische Organisationsform haben und die letzten Endes auch als gemeinnützig anerkannt sind. Mit diesen Einschränkungen vermeiden wir Missbrauch, Herr McAllister,

(David McAllister [CDU]: Ich sage doch gar nichts!)

und wir begrenzen die potenziellen Beteiligungsund Klageberechtigten auf eine überschaubare Anzahl, also auf jene, die die Leistungsfähigkeit haben, diese Aufgabe verantwortungsbewusst wahrzunehmen.