Protocol of the Session on September 14, 2005

“Einige Politiker finden immer Begründungen für Einnahmeverbesserungen. Eine Mehrwertsteuererhöhung aber wäre der Overkill fürs Handwerk, würde noch mehr Beschäftigte in die Schwarzarbeit treiben. Ich bin für ein Moratorium. Wir

sollten fünf Jahre lang auf Steuererhöhung verzichten. Dadurch wird ein Staat gezwungen mit dem Geld auszukommen, das zur Verfügung steht."

Aus der Bild-Zeitung! Raten Sie, wer das war! Das war der Ministerpräsident dieses Landes, Herr Wulff.

(Beifall und Oh! bei der SPD)

Bis vor kurzem war die Mehrwertsteuererhöhung tabu, weil sie volkswirtschaftlich schädlich ist. Damit hat er übrigens Recht gehabt. Jetzt aber soll die Mehrwertsteuer um zwei Punkte erhöht werden, wenn die CDU an die Regierung käme.

(Bernd Althusmann [CDU]: Und was sagt Herr Wowereit?)

Sie wollen den Leuten dabei noch weismachen, dass das durch eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wieder herauskäme. Rentner und Kinder mit Familien, in denen die Frauen nicht arbeiten, hätten aber nichts davon. Dazu müssen Sie einmal Ihren Kollegen aus der FDP, Herrn Hermann, fragen. Dem senken Sie die Sozialversicherungsbeiträge um den „gigantischen“ Betrag von 3 Cent. Herr Hermann, eine Bruttoarbeitsstunde im Kfz-Handwerk ungefähr 13 Euro oder 14 Euro, so in der Größenordnung. 21 % davon sind die Sozialabgaben. Wenn Sie die zu 100 % streichen würden, hätten Sie 2,60 Euro Entlastung. Die wollen nur 1 % wegnehmen. Dann haben Sie ungefähr 3 Cent Entlastung. Das verbessert dann die Wettbewerbsfähigkeit?

(Bernd Althusmann [CDU]: Brutto! Netto!)

- Bei brutto und netto sollten Sie besonders vorsichtig sein.

(Beifall bei der SPD)

Wer die Menschen mit Nettoeinkommen von 1 000 Euro in eine private Krankenversicherung treiben will, wie Sie das mit Ihren Kopfpauschalen vorhaben, der hat wirklich keine Ahnung von brutto und netto. Sonst wüssten Sie, dass sich die Mehrheit der Familien so einen Unsinn nicht leisten kann, Herr Althusmann. Das ist die Wahrheit über Ihre Politik.

(Beifall bei der SPD)

Der Arbeitgeber Hermann wird also um 3 Cent entlastet. Gleichzeitig wird seinen Kunden die Mehrwertsteuer um 2 Punkte hochgesetzt. Das ist eine Glanzleistung für wirtschaftspolitischen Unsinn, den die CDU da aufgeboten hat!

All das bieten Sie den Leuten an: Nacht- und Schichtarbeit besteuern, Pendlerpauschale herunter. Ich höre noch seine Reden hier, wie er erzählt hat, im Flächenland geht das alles nicht.

Ich sage Ihnen: Was Sie nicht mitgekriegt haben, ist die Bewertung, die inzwischen über die Politik abgegeben wird, die wir gemacht haben. Sie zitieren so schöne Dinge. Ich halte Ihnen lieber den Economist gar nicht vor. Den können Sie sich hinterher von Herrn McAllister übersetzen lassen. Da steht drin, dass der Überraschungsstaat Deutschland sei. Hier steht: In Deutschland haben sich die Rahmenbedingungen für Unternehmen im vergangenen Jahr so deutlich verbessert wie in keinem anderen hoch entwickelten Industrieland der Welt. So resümiert das Handelsblatt.

(David McAllister [CDU] lacht)

Und: Mit Blick auf den Arbeitsmarkt war Deutschland 2004 der Top-Reformer, urteilt der Chefökonom der Weltbankagentur. - Das letzte Zitat: Es hat sich ganz einfach etwas getan in Deutschland, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, sagt der Weltbankvizepräsident Michael Klein. - Das ist die Beurteilung über die Schröder'sche Politik. Wir haben viel Ärger dafür gekriegt. Die Exportbedingungen verbessern sich aber, meine Damen und Herren. Wir sind auf einem guten Wege. Falls der Redebeitrag, den Sie geliefert haben, für mich ein Abschiedsgeschenk sein sollte, vielen Dank. Das ist Ihnen gelungen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD - Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Dr. Rösler das Wort. Bitte schön!

Herr Kollege Gabriel, auch ich habe den Artikel über den Weltbankkollegen gelesen. Der geht auch noch weiter. Da ist dann nämlich die Frage: Wo hat Deutschland den größten Nachholbedarf? Antwort: auf dem Arbeitsmarkt und bei der Komplexität des Steuerrechts, die signifikant höher ist

als in manchen anderen skandinavischen Ländern wie z. B. in Norwegen. Ich finde und ich stelle fest: CDU und FDP sind eindeutig auf dem richtigen Wege.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege, wenn man sich Ihre Reden anhört, dann muss man erst einmal feststellen: Wir brauchen nicht nur einen Regierungswechsel, wir brauchen vor allem einen Politikwechsel und einen Mentalitätswechsel.

(Beifall bei der FDP)

Sie kennen ja meine Theorie. Der größte Feind der Freiheit sind nicht die Grünen, das ist nicht die SPD,

(Zuruf von der FDP: Die Neolibera- len!)

das ist auch nicht die neue Schwesterpartei der SPD, die Linke,

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

der größte Feind der Freiheit ist in der Tat, Herr Kollege, die Angst. Sie stehen für die Angst, während wir, CDU und FDP, versuchen, den Menschen trotz und nicht gerade wegen der Notwendigkeit zu Reformen in Deutschland endlich wieder Mut zu machen.

(Ulrich Biel [SPD]: In Niedersachsen!)

Wir wollen den Menschen Mut machen, und Sie wollen den Menschen Angst machen.

(Unruhe und Zurufe - Glocke der Prä- sidentin)

Nicht diejenigen sind unsozial, liebe Kollegen, die gemeinsam mit den Menschen versuchen, die Probleme unserer Zeit zu lösen, sondern diejenigen sind unsozial, die in der Regierungsverantwortung nur damit beschäftigt waren, sich selbst zu verwirklichen, dann nach sieben Jahren alles hingeschmissen haben und jetzt auch noch denjenigen, die es offensichtlich besser können, gute Ratschläge geben wollen.

(Beifall bei der FDP)

Ich frage Sie: Wie sozial ist es denn, wenn die rotgrüne Bundesregierung der heutigen jungen Generation, meinetwegen den um die 30 Jahre jungen

Menschen, alles vor die Füße schmeißt und dann noch fordert: Nun baut schön die Schulden ab, die wir gemacht haben, aber vergesst die Investitionen nicht, die wir nicht getätigt haben! Zahlt heute in die Sozialversicherungssysteme ein, die wir nicht renoviert haben und die euch deshalb schon morgen nicht mehr tragen werden!

(Widerspruch bei der SPD)

Spart deswegen für das Alter, obwohl unsere Steuerpolitik gar nichts mehr zum Sparen gelassen hat! Arbeitet in eurem Leben wesentlich länger als wir, auch wenn wir in den letzten sieben Jahren eigentlich gar nicht gearbeitet haben! Schafft die Arbeitsplätze, die wir vernichtet haben. Sorgt für das Wachstum, das wir sieben Jahre lang verhindert haben!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist nicht nur unsozial gegenüber einer Generation, sondern das ist unsozial gegenüber allen Generationen in unserem Lande. Ich sage Ihnen: Das ist schäbig und feige!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ihrer Feigheit setzen wir den Mut entgegen, und zwar nicht nur weil wir als CDU und FDP mutige Programme haben, sondern vor allem weil wir den Menschen in unserem Land wieder Mut machen wollen.

(Werner Buß [SPD]: So aber nicht!)

Wir wollen sie ermutigen, ihr eigenes Leben in die eigenen Hände zu nehmen, um es selbst und frei zugestalten. Das ist der Politikwechsel, der Mentalitätswechsel: Weg von Rot-Grün, hin zu SchwarzGelb.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie schüren die Angst, weil Sie die Angst brauchen, um überhaupt noch überleben zu können. Wir hingegen bekämpfen die Angst, damit unsere Gesellschaft, unser Land überleben kann. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen uns und Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Die Menschen, die wollen, dass endlich die Probleme gelöst werden, die bisher nicht gelöst worden sind, wissen, dass sie diejenigen wählen müssen,

die sie vielleicht nicht immer gewählt haben, damit die Menschen endlich wieder die Freiheit haben, das zu tun, was sieben Jahre lang nicht getan worden ist. Das heißt: bei der nächsten Bundestagswahl CDU und FDP. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Walter Meinhold [SPD]: Das war oberpeinlich! - Ulrich Biel [SPD]: Ihr wollt euch doch Stimmen leihen, um überhaupt hineinzukommen!)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Herrn Kollegen Wenzel das Wort. Bitte schön!