Nun gibt es zwei Möglichkeiten, sich diesem Ziel zu nähern. Eine Variante ist: Man schafft ein Gesetz mit einem kompletten Standardabbau, mit einer Standardflexibilisierung für das ganze Land mit der Folge, dass man dann von Emden bis Hannoversch Münden natürlich auf Protest stößt, aber auch den einen oder anderen unvermeidbaren Fehler machen wird; denn bestimmt gibt es auch einige Vorschriften, die auch wir jetzt zur Disposition stellen, bei denen die Praxis dann zeigen wird, dass doch eine staatliche Regelung notwendig ist.
Wir haben uns bewusst nicht für diesen Weg entschieden. Wir gehen vielmehr den Weg, die Standardflexibilisierung erst einmal in einigen ausgewählten Kommunen zu erproben. Wir werden dies für einen bestimmten Zeitraum tun und werden anschließend beurteilen können, ob die Standardflexibilisierung im ganzen Land anwendbar ist oder ob man es sein lassen soll.
Wir haben uns insgesamt auf fünf Kommunen verständigt: drei Landkreise - Osnabrück, Emsland und Cuxhaven - sowie zwei Städte - die kreisfreie Stadt Oldenburg und die große selbständige Stadt Lüneburg. Viele weitere Kommunen hatten Interesse gezeigt, Modellkommune für Bürokratieabbau zu werden. Wir mussten uns auf fünf Kommunen beschränken.
Wir haben damit eine hoffentlich objektive und ausgewogene Mischung gefunden, was die regionale Verteilung angeht.
Ich sage dies auch mit Blick auf die oppositionelle SPD-Fraktion, um deutlich zu machen, dass wir nicht nur drei gut geführte CDU-Landkreise - Osnabrück, Emsland und Cuxhaven -, sondern ganz bewusst auch zwei Städte mit SPD-Oberbürgermeistern ausgesucht haben, die uns ebenfalls signalisiert haben, dass sie bereit sind, bei diesem Projekt mitzumachen, weil wir der Auffassung sind:
Bürokratieabbau ist ein so wesentliches Projekt, das darf nicht nur Gegenstand parteipolitischer Auseinandersetzung sein.
Wir haben den Gesetzentwurf intern über zwei Jahre lang vorbereitet. Wir haben uns an Kommunen gewandt, die bereits innovativ auf diesem Themenfeld aktiv sind. Das gilt beispielsweise für die Stadt Lüneburg. Der Oberbürgermeister, der ja auch Präsident des Städtetages war, hat das Thema Bürokratieabbau immer wieder in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellt. Der Landkreis Emsland ist federführend, wenn es um eine bürokratiearme Kreisverwaltung geht. Im Landkreis Cuxhaven etwa hat der ehemalige Oberkreisdirektor Dr. Johannes Höppner, auf dessen Ideen dieses Gesetz überhaupt fußt, schon in der letzten Wahlperiode gefordert, für bestimmte finanzschwache Kommunen einen konsequenten Standardabbau, eine Standardflexibilisierung zu erproben.
Leider konnten wir uns damals - Herr Kollege Bartling, seinerzeit waren Sie noch Innenminister mit unserer Position überhaupt nicht durchsetzen. Zum Glück hat es einen Regierungswechsel gegeben, so dass auch dieser Wunsch der Cuxhavener jetzt in Erfüllung gehen kann.
Was haben wir vor? Mit dem Gesetz wollen wir insgesamt vier Bereiche modellhaft erproben: erstens bestimmte Regelungen ändern, zweitens bestimmte ausgesuchte Regelungen vollständig außer Kraft setzen, drittens Fristen im Verwaltungsverfahren verkürzen und viertens die Zuständigkeiten zwischen den Landkreisen und ihren kreisangehörigen Gemeinden flexibler gestalten.
Dazu werden wir rund 30 Gesetze und Verordnungen ändern. Das sind insgesamt rund 300 Einzelvorschriften.
Nun habe ich gelesen, dass es hier und dort Kritik daran gab, woher diese Vorschläge kommen. Diese Vorschläge sind natürlich nicht nur von uns ausgedacht worden. Sie sind vielmehr das Ergebnis einer über zweijährigen Beratungszeit mit den kommunalen Spitzenverbänden und den betroffenen Kommunen. Wir haben die Kommunen aufgefordert, uns landesrechtliche Standards zu nennen, die zu starr und zu bürokratisch sind. Wir
Wir wollen Spielräume schaffen, statt wie bisher alles im Detail zu regeln. Mein Kollege Philip Rösler von der FDP hat kürzlich gesagt - er hat dies aus der Verkehrspolitik hergeleitet -: Wir setzen mehr auf Kreisverkehre, bei denen die Verkehrsteilnehmer selbst entscheiden können, wann sie sich in den Verkehr einfädeln. Wir setzen weniger auf rote, grüne oder gelbe Ampeln, die alles und jedes im Detail vorschreiben. Wir haben viel Zuversicht in die Gestaltungsfreiheit unserer kommunalen Brüder und Schwestern.
Wir wollen wesentlich verkürzte Fristen in den unterschiedlichen Bereichen der kommunalen Verwaltung erproben. Wir sind uns sicher, dass der Rechtsstaat auch ohne überbordende Detailregelungen dabei Bestand haben wird.
Wir erproben diesen Bürokratieabbau in den Modellkommunen für einen Zeitraum von insgesamt drei Jahren. Ich bin mir ganz sicher, dass es nicht notwendig sein wird, die Mehrzahl der Vorschriften im Land beizubehalten. Das wird sich in der Praxis erweisen. Ich räume jedoch ein, dass es sicherlich die eine oder andere Vorschrift gibt, von der wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Auffassung sind, dass wir sie nicht mehr brauchen, aber möglicherweise in der kommunalen Praxis eines anderen belehrt werden.
Wir werden nach drei Jahren Bilanz ziehen. Das, was in den fünf Kommunen - im Emsland, im Landkreis Osnabrück, im Landkreis Cuxhaven, in Oldenburg und in Lüneburg - gut gelaufen ist, werden wir dann für alle anderen Kreise, Städte und Gemeinden des Landes Niedersachsen freigeben.
Stellt sich während der Erprobungsphase bereits bei einzelnen Regelungen heraus, dass sie sich entweder als nicht geeignet erweisen oder sich im Gegenteil von vornherein als sehr gut geeignet erweisen, dann sind wir gern bereit, in dem einen oder anderen Punkt den Modellversuch vorzeitig abzubrechen und dies für alle Kommunen im Land freizugeben.
stimmung der Opposition zu diesem Gesetz. Wir werden eine Anhörung im Innenausschuss durchführen. Wir werden dort sicherlich beachtliche Argumente von den kommunalen Spitzenverbänden und den betroffenen Kommunen, aber auch von den betroffenen Fachverbänden und den Lobbys hören.
Für uns steht eines fest: Wir wollen den Gesetzentwurf zügig beraten. Wir haben nicht viel Zeit. Wir wollen das Gesetz im Oktober, spätestens im November verabschieden. Jeder Tag, an dem wir mit dem Bürokratieabbau in den Modellkommunen früher beginnen können, wäre ein Gewinn für Niedersachsen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Herren! Meine Damen! Ich bin seit zwei Jahren und drei Monaten in diesem hohen Haus dabei. Es gab viele Gesetzentwürfe von allen Fraktionen, aber auch von der Landesregierung. Bis vor zwei Wochen habe ich ebenfalls geglaubt, dass die Entwürfe von den Einbringenden mit mehr oder weniger Offenheit den Abgeordneten dargelegt werden. Aber ich wurde eines Besseren belehrt.
Da ist zum einen der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die Feiertage zu nennen. Das klingt harmlos. Wir hätten auch zugestimmt. Aber quasi über Nacht hängte die Regierung eine Erhöhung der Einkommensgrenze bei den Gebühren für die Kindertagesstätten daran.
Mit fadenscheinigen Begründungen, aber nach dem Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s gänzlich ungeniert“, ist dieses Gesetz seitens der Mehrheitsfraktionen heute verabschiedet worden.
Nun der Gesetzentwurf der CDU und der FDP zur modellhaften Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume, abgekürzt „Modellkommunen-Gesetz".
- Nein, dazu komme ich jetzt, Herr McAllister. Sie haben vorweggegriffen. Eigentlich sollte es „Modellregionen-Gesetz" heißen. Aber das Wort „Regionen" scheut die CDU zurzeit so sehr, wie der Teufel das Weihwasser. Das Wort „Region" ist nicht vom Teufel, höchstens vom Erzengel, und der ist positiv eingestellt;
ist auch eine Bezeichnung für das Bewusstsein einer besonderen Eigenart - wenn ich nach rechts gucke, sehe ich viele eigenwillige Menschen - und damit verbundener Sonderinteressen der Bewohner einer bestimmten Region sowie für alle Bestrebungen, diese Eigenart zu wahren oder eine bestimmte Region innerhalb eines übergreifenden positiven Verbandes kulturell, wirtschaftlich, sozial und politisch zu fördern. Mit diesem Modellverschleierungsgesetz wollen die Regierungsfraktionen den Misserfolg - da widerspreche ich Ihnen, Herr McAllister, obwohl es Ihnen sicherlich gar nicht wehtut - ihrer bisherigen Verwaltungsreform verhüllen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist für mich nichts anderes als eine erneute Beschäftigungstherapie für die Verwaltungsreformer um den hoch, zu hoch bezahlten Sonderstaatssekretär im Innenministerium.
Es werden lediglich reformerische Aktivitäten vorgegaukelt; denn mit diesem Gesetzentwurf wird kein einziges Problem der Kommunen gelöst.
Viele der Regelungen, die für zwei Städte und drei Landkreise befristet aufgehoben werden sollen, haben so gut wie keinen Einfluss auf das kommunalpolitische Tagesgeschäft. Das Problem der Kommunen ist nicht, dass ihnen durch Landesgesetze Vorgaben über die Außenflächen von Kindertagesstätten gemacht werden, sondern das Problem ist vielmehr, dass ihnen diese Landesregierung schamlos und handstreichartig 150 Millionen Euro aus der Kasse geraubt hat.
Das entscheidende Problem ist doch, dass die Landesregierung den Kommunen auf der einen Seite tief in die Tasche greift, sie auf der anderen Seite aber immer wieder mit neuen Aufgaben belastet, ohne für eine entsprechende Finanzierung zu sorgen. Der heute eingebrachte Gesetzentwurf ist ein gutes Beispiel für rein symbolische Politik.