Protocol of the Session on June 22, 2005

Der Staatsvertrag ermöglicht erstmals die Subregionalisierung nicht nur in den Hörfunkprogrammen, sondern auch in den Fernsehlandesprogrammen. Am Beispiel des erfolgreichen NDR 1 Radio Niedersachsen können jetzt auch im Fernsehbereich zusätzliche Fenster für Regionen geschaffen werden. Das lässt neue Technik wie DVB-T zu. Aufgrund jüngster Schreiben des NDR-Intendanten sind wir guten Mutes, dass demnächst weitere Regionen, wie beispielsweise die Region Göttingen und die Region Osnabrück, wahrscheinlich mit DVB-T erschlossen werden. Das war ein gemeinsames Anliegen des gesamten Landtages.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir bekommen eine Präzisierung des Sendeauftrages. Der NDR wird nicht nur am Sitz des NDR in Hamburg, sondern auch in den drei Flächenländern redaktionelle und produktionstechnische Schwerpunkte bilden. Es wird damit nicht nur über uns, sondern auch von uns aus stärker berichtet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Funkhäuser sind bereits leistungsfähig. Das war eine Folge des letzten Staatsvertrages. Deshalb ist es nur konsequent, dass der Intendant des NDR bereits jetzt angekündigt hat, ab 2006 eine regelmäßige Live-Sendung aus Hannover in Hannover zu produzieren.

(Rainer Beckmann [CDU]: Hört, hört!)

Das ist wichtig, weil so eine imagebildende Wirkung erzielt wird. Wenn die „Münchner Runde“ ausgestrahlt wird, so ist das auch Werbung für München. Wenn „3 nach 9“ aus Bremen ausgestrahlt wird, dann ist das auch Werbung für Bremen. Wir wünschen uns eine solche Werbung auch für unsere Landeshauptstadt und für unser Land, dessen Interessen wir zu vertreten haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben weiter einem einhelligen Wunsch aller norddeutschen Landesrechnungshöfe zum Durchbruch verhelfen können. Alle Landesrechnungshöfe hatten den Wunsch, dass sie mehr Prüfungskompetenz bekommen. Diese erhalten sie jetzt. Einnahmen und Ausgaben sind eindeutiger als bisher zu erläutern und aufzuschlüsseln. Bei Mehrheitsbeteiligungen unterliegen künftig auch die Tochtergesellschaften der Kontrolle durch die Landesrechnungshöfe. Es werden nicht mehr alle vier parallel prüfen, sondern nur noch einer wird federführend sein. Auch das ist eine Erleichterung und eine Verbesserung der Prüfungsintensität. Wir entsprechen damit nicht nur dem Wunsch der Rechnungshöfe, wir entsprechen damit auch Wünschen der EU-Kommission; denn wir wollen das duale Rundfunksystem aus privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk in Europa für Deutschland zukunftsfest machen. Dieser Staatsvertrag trägt dazu ganz entscheidend bei.

Lassen Sie mich abschließend noch sagen, dass es hinsichtlich des Rundfunkrates, den wir verkleinern wollen, und des Verwaltungsrates einen gewissen Streit gibt. Der NDR-Verwaltungsrat wird sich auch künftig aus zwölf Mitgliedern zusammensetzen, die auch zukünftig vom Rundfunkrat gewählt werden. Zusätzlich kommen aber vier Vertreter der Landesregierungen hinzu, die kein Stimmrecht haben. Damit bleibt der Norddeutsche Rundfunk die staatsfernste Rundfunkanstalt Deutschlands. In allen Rundfunkanstalten ist der Einfluss der Landesregierungen größer - ob in SPD-regierten Ländern wie beim Südwestfunk, wo Herr Beck selbstverständlich stimmberechtigte Vertreter seiner Regierung entsendet, oder bei Sendeanstalten in anderen Ländern, die Sie heranziehen mögen. Es ist schon ein wenig skurril anzuhören, wie stark sich die SPD an einem Tag zum Anwalt unabhängigen Hörfunks macht, an dem sie vor dem Staatsgerichtshof für ihre Parteibeteiligung, für ihre private Beteiligung an Hörfunksendern gestritten hat. Das ist schon interessant zu verfolgen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heidrun Merk [SPD]: Das ist doch et- was anderes!)

Ich weise hier ausdrücklich darauf hin, dass damit dem Informationsbedürfnis der Träger des NDR besser Rechnung getragen wird und wir in Zukunft im Medienausschuss des Landtages besser Auskunft geben können und dass dieser Vorschlag ausdrücklich auf eine schriftlich unterlegte Empfehlung des NDR-Intendanten zurückgeht. Der Intendant Plog selbst hat uns diese Formulierung vorgeschlagen, die wir durchgesetzt und übernommen haben. Wir müssen zur Kenntnis nehmen - Herr Jüttner, Sie sind dabei gewesen -, dass der Intendant Plog am vergangenen Freitag bei der 50-Jahr-Feier der NDR-Gremien die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung ausdrücklich dargelegt hat.

(Zuruf von Heidrun Merk [SPD])

- Auch Sie, Frau Merk, haben es hören können. Sie haben es nicht gerne gehört, aber Sie mussten es hören. Deshalb sollten Sie es auch zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Amei Wiegel [SPD]: Wir haben noch ganz andere Sachen gehört!)

Der künftige Staatsvertrag stellt sicher, dass der Vorsitz in beiden Gremien regelmäßig zwischen den Ländern wechselt. Auch das gibt die Gleichberechtigung der vier Trägerländer wieder. Es ist wichtig, dass in Hamburg immer wieder erkannt wird, dass es sich um eine Vierländeranstalt handelt und dass zwar der Sitz in Hamburg ist, aber die Interessen aller vier Länder zu berücksichtigen sind.

Letztlich weise ich Sie noch darauf hin, dass den Bedürfnissen sinnesgeschädigter Menschen verbessert Rechnung getragen wurde; denn die Staatsvertragsländer des NDR haben jetzt in einer Protokollerklärung festgehalten, dass das Angebot an barrierefreien Sendungen ausgebaut werden muss, um behinderten Menschen bessere Möglichkeiten zu bieten, an den Sendungen des NDR teilzunehmen. Dabei geht es vor allem um die Unterschriftung durch Texte und ähnliche Aktivitäten, die in diesen Staatsvertrag hineingehört hätten, die wir aber mit der Protokollnotiz vereinbart haben.

Niedersachsen wird sowohl im Fernsehen als auch im Radio in Zukunft mehr Aufmerksamkeit bekommen. Die programmliche Umsetzung obliegt der Leitung des Senders, begleitet durch die Gremien. Aber denen ist durch diesen neuen Staatsvertrag, den wir hier heute verabschieden werden, nachhaltig Rückendeckung gegeben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Jüttner von der SPDFraktion.

(Bernd Althusmann [CDU]: Oh nein! - David McAllister [CDU]: Frühschicht!)

Früh- und Spätschicht, Herr Kollege.

(Bernd Althusmann [CDU]: Ja, dem- nächst!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, es ist schon beeindruckend, wie unterschiedlich man Texte lesen kann und wie unterschiedlich man das Umfeld von Texten und deren Einwirkung wahrnehmen kann.

Um mein Fazit vorwegzunehmen: Der Landtag wird genötigt, einen Staatsvertrag zu behandeln, der politisch bedenklich und handwerklich eine Zumutung ist.

(Beifall bei der SPD)

Ihnen ist klar, dass wir für so etwas unsere Zustimmung nicht geben.

Beginnen wir mit dem Handwerklichen. Wir behandeln einen Staatsvertrag, der unter massivem Zeitdruck hier diskutiert wird. Den Zeitdruck haben Sie, Herr Wulff, produziert.

(Zustimmung von Heidrun Merk [SPD])

Wir diskutieren ihn, obwohl uns das Ergebnis der Ausschussberatung noch nicht vorliegt. Das Protokoll gibt es noch nicht. Das ist deshalb interessant, weil der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst in der Ausschussberatung darauf hingewiesen hat, dass das Vertragswerk an vielen Stellen rechtstechnisch hochproblematische Punkte enthält. Die

Berichterstatterin hat es eben in der Zusammenfassung vorgetragen. Vor diesem Hintergrund ist es doch ungewöhnlich, dass der Gesetzgeber genötigt wird, über Dinge zu entscheiden, bei denen klar ist, dass sie rechtlich unsauber gearbeitet worden sind.

Meine Damen und Herren, es kommt hinzu, dass die Staatskanzlei auf Nachfrage hat einräumen müssen, dass die Staatsvertragsparteien den Wortlaut unterschiedlich interpretieren. Das betrifft z. B. die Frage, wie häufig diejenigen, die den Gremien angehören, wieder gewählt werden dürfen und wann diese Frist beginnt. Das heißt, hier wird ein Staatsvertrag durch Sie, durch die Mehrheit, in Kraft gesetzt, von dem klar ist, dass er für den Vollzug aktuell überhaupt nicht geeignet ist und dass erst einmal Steine aus dem Weg geräumt werden müssen, um ihn vollzugstauglich zu machen. Was ist das für eine Umgehensweise mit dem Parlament, frage ich Sie.

(Beifall bei der SPD)

Wir sollten einmal ernsthaft darüber nachdenken - das hat nichts mit Mehrheit und Minderheit zu tun -,

(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Das sind doch Peanuts!)

ob wir vor dem Hintergrund der Integrität des Parlaments nicht daran interessiert sein müssten, zu einem früheren Zeitpunkt in die Debatte über Staatsverträge einbezogen zu werden. Es geht doch darum - das müsste auch Ihr Anspruch sein -, mitwirken zu können und nicht immer nur abnicken zu müssen, meine Damen und Herren. Das sollten wir uns auf Dauer nicht bieten lassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie sehen, dass durch die Art und Weise des Verfahrens unsaubere Texte zum Staatsvertrag und zur Rechtsgrundlage im Verhalten zwischen mehreren Bundesländern im Umgang gegenüber Dritten werden.

Aber kommen wir zur politischen Seite. Der Ausgangspunkt ist, wie so oft in den letzten zweieinhalb Jahren: Der Niedersächsische Ministerpräsident dreht das ganz große Rad.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Ja, jetzt können Sie klatschen. Mit dem Rad verhält es sich ja so: Wenn das Rad keine Bodenhaftung hat, dann kommt man damit unheimlich schlecht voran. Ich warne Sie mit Ihrem Beifall daher. - Mit der Androhung der Kündigung des bestehenden NDR-Staatsvertrag wird die öffentliche Aufmerksamkeit erheischt. Es klingt ja auch plausibel - das ist überhaupt gar keine Frage -: Mehr für Niedersachsen. - Wer möchte das nicht? Mehr Transparenz. - Wer steht dem entgegen? Mehr Effizienz. - Unser Ding. Das sind Anliegen, für die man sich erwärmen muss. Das ist überhaupt keine Frage.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Genau! Sie sind auf dem richtigen Weg!)

- Sogar Sie, Herr Noack. - Die Frage ist doch, was bei dem Text, der jetzt als Staatsvertrag vorliegt, herumkommt. Ich bin sehr einverstanden damit, dass die Rechte der Landesrechnungshöfe gestärkt worden sind. Das ist also in Ordnung. Ich stelle aber fest, dass einige der Hauptpunkte, die Herr Wulff hier im Dezember als Anspruchsniveau ausgebreitet hat, in diesem Text überhaupt nicht mehr vorkommen. Diese Punkte haben in Ihrer heutigen Bilanzierung überhaupt keine Rolle gespielt. Wo ist denn beispielsweise die Verankerung des Kulturauftrages, auf die Sie hier hingewiesen haben? Sie haben hier damals dezidiert das Beispiel der Radiophilharmonie genannt. Nichts davon findet sich in diesem Text. Sie haben die Stärkung des Produktionsstandortes Hannover gefordert. Wenn Sie sich den Text anschauen, dann stellen Sie fest, dass er insoweit textlich etwas angeliftet wird. Das aber war es auch schon, meine Damen und Herren. Wir wissen doch auch, dass „Produktionsstandort stärken“ in der Konsequenz letztlich „mehr Geld oder Verlagerung“ heißt. Diese Voraussetzungen sind aber überhaupt nicht geleistet worden. Zum Teil ist das, was Sie hier heute hineingeblasen haben, ziemlich heiße Luft gewesen.

Sie haben den flächendeckenden Satellitenempfang von „Hallo Niedersachsen“ gefordert. - Fehlanzeige. Null Erwähnung im Text heute. Sie haben auf den DVB-T-Empfang in der Fläche hingewiesen. - Fehlanzeige. Daraus ist nichts geworden. Das Einzige, was Sie heute aufgegriffen haben, ist die Verlängerung der Sendezeit in Hannover von 18.15 Uhr bis 18.45 Uhr. Aber das steht, wie wir wissen, nicht im Text. Es ist jedoch richtig, dass die NDR-Führung dieses zugesagt hat. Herr Wulff, Sie müssten dem Landtag nur einmal sagen, dass der NDR darauf hingewiesen hat, dass diese halbe

Stunde verlängertes Senden aus Niedersachsen mit null Euro unterlegt ist und vor diesem Hintergrund nur dazu führen kann, dass Produkte und Sendungen, die an anderer Stelle schon gezeigt worden sind oder gerade in den anderen Ländern ausgestrahlt worden sind, neuerlich zu Gehör und Gesicht gebracht werden. Das ist doch keine qualitative Steigerung, sondern das ist, wenn man so will, eine Wiederholung.

(Beifall bei der SPD)

Das Fazit lautet also: Mehr Niedersachsen - magere Bilanz, meine Damen und Herren.

(Widerspruch bei der CDU)

Aber vielleicht ist Ihr Vorstoß ja von ganz anderer Art. Wir sagen: Es geht Ihnen nicht um mehr Niedersachsen. Es geht Ihnen um mehr Wulff, meine Damen und Herren. Darum geht es in dieser Geschichte.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In Celle haben wir am Freitag einen interessanten Disput gehört. Da sagt Herr Wulff zu Herrn Plog: Der NDR gehört doch nicht ihnen, Herr Plog. Darauf sagt Herr Plog zu Herrn Wulff: Aber ihnen auch nicht, Herr Wulff.