Es geht um viel Geld, Geld, das CDU und FDP den Hochschulen vorenthalten. Es geht aber auch um internationales Ansehen und die Chance, zukünftig die besten Köpfe nach Niedersachsen holen zu können. Es wäre ein hochschulpolitischer SuperGAU, wenn die Suche nach Standorten für Spitzenhochschulen für Niedersachsen vorbei wäre, bevor sie überhaupt begonnen hat. Und warum?
Weil die niedersächsische Landesregierung die Flinte ins Korn geworfen hat, bevor der Startschuss zum Wettbewerb gefallen ist.
Herr Minister, die niedersächsischen Hochschulen und die niedersächsische Bevölkerung haben ein Anrecht darauf, von Ihnen zu erfahren, was Sie bisher getan haben und was Sie in Zukunft tun werden, um unsere Hochschulen für den Wettbewerb gut zu positionieren. Aufgefallen sind Sie bisher nur durch Beschimpfungen der Bundesbildungsministerin. Ich fürchte, das wird nicht reichen.
Meine Damen und Herren, mit diesem Haushalt wird kein Feuer entfacht. Sie knipsen den Hochschulen das Licht aus. Der einzige Fortschritt gegenüber dem Vorjahr besteht darin, dass Ihnen selbst der Zynismus aufgeht, die eingetretene Dunkelheit dann auch noch Hochschuloptimierung zu nennen.
Wir alle wissen: Unsere Hochschulen befinden sich in einem schwierigen Übergangsprozess. Ich erwähne nur das Stichwort Internationalisierung und Bologna-Prozess. Um ihn bewältigen zu können, bedürfen die Hochschulen der vollen Unterstützung der Landesregierung. Doch diese Landesregierung lässt unsere Hochschulen im Regen stehen. Egal ob Juniorprofessur, Spitzenuniversitäten oder Föderalismusreform - immer gehen Parteiinteressen vor Landesinteressen. Der Ministerpräsident applaudiert, wenn sein Parteifreund, Roland
Koch, die vollständige Verlagerung der Bildung in die Hand der Länder fordert. Das ist bildungspolitischer Provinzialismus in Reinkultur und Rückkehr in das 19. Jahrhundert.
Jeder weiß, die Hochschulen, nicht die Bundesländer müssen im internationalen Wettbewerb bestehen. Jeder weiß, Wissenschaftler und Studierende müssen mobil sein. Der Präsident der HRK, Peter Gaehtgens, hat Recht, wenn er sagt: „Je internationaler Lehre und Forschung werden, desto wichtiger ist es, dass die Hochschulpolitik mit einer Stimme sprechen kann.“ Sie dagegen fordern die Rückkehr zur Kleinstaaterei. Das ist kurzsichtig. Forschungs- und Hochschulpolitik darf nicht zum Bauernopfer der Förderalismusreform werden.
Meine Damen und Herren, Hochschulen brauchen Handlungsspielräume, um begonnene Reformen in Studium und Profilbildung in der Forschung fortzusetzen. Reformen aber gibt es nicht zum Nulltarif. Wir beantragen deshalb auch in diesem Jahr, die Kürzungen im HOK zu reduzieren. Die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung sind in unserem Haushaltsantrag dargelegt. Wir in Niedersachsen können es uns nicht leisten, Fortschritte in der Hochschulreform zurückzudrehen. Was wir uns ebenso wenig leisten können, ist, uns dumm zu sparen und unsere einzige Ressource zu vergeuden, die wir haben: die Köpfe und Talente unserer jungen Leute.
Deshalb ende ich mit dem Appell des Trägers des Niedersächsischen Staatspreises 2004: „Die Finanzen für Forschung und Wissenschaft dürfen nicht gekürzt werden; Wissenschaft ist eine Investition in die Zukunft.“
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf 2005 ist der gedruckte Nachweis für eine verfehlte Kulturpolitik.
Kultur braucht weiterhin öffentliche Förderung. Damit Herr Stratmann nachher nicht wieder argumentiert, wir würden immer nur Geld fordern und den öffentlichen Haushalt dabei nicht betrachten, will ich einmal aus Ihrem Regierungsprogramm zitieren: „Kulturförderung muss eine öffentliche Pflichtaufgabe bleiben - auch in Zeiten knapper Kassen.“ Deswegen muss die niedersächsische Kulturlandschaft in ihrer Vielfalt erhalten bleiben und bedarf perspektivischer strategischer Weichenstellung. Vor dem Hintergrund, dass wir immer knapper mit den Mitteln sind, ist dies ein ganz wichtiger Faktor, auf den wirklich einzugehen ist.
Aber, sehr geehrte Damen und Herren, Fehlanzeige bei dieser Landesregierung zum Thema Perspektive und Strategie. Die Frage lautet: Hat die Landesregierung in diesem Sinne ein kulturpolitisches Konzept? Die Antwort lautet: nein! Ich bedauere das außerordentlich.
Vor diesem Hintergrund sind die Einsparungen im Kulturhaushalt ausschließlich Sparbeschlüsse. Sie treffen überwiegend die freien Kultureinrichtungen aus den Bereichen Musik, Literatur, freies Theater, Soziokultur, nichtstaatliche Museen, Kunstschulen und kulturelle Jugendbildung. Auch dazu ein Zitat aus Ihrem Regierungsprogramm - es ist schön, Herr Althusmann, wenn man sich das immer wieder anhören darf -:
„Wir stehen zu einem erweiterten Kulturbegriff und wollen neben den klassischen Kultureinrichtungen auch freie Initiativen und künstlerische Aktivitäten unterstützen.“
Wie sieht das denn nun wirklich aus? - Die Projektmittel für nichtstaatliche Museen wurden fast vollständig gekürzt. Es trifft die guten kleinen Museen im ländlichen Raum, die über Projektförderung und viel ehrenamtliches Engagement ihr Angebot erweitert und qualitativ verbessert haben. Am Wochenende, sehr geehrter Herr Minister,
Die Musikschulen müssen eine Kürzung in Höhe von 25 % hinnehmen. Davon betroffen sind auch die Übungsleiterpauschalen. Nun frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und insbesondere Frau Mundlos: Wo sind eigentlich Ihre alten Ideen bezogen auf die Musikschulen geblieben?
Ich entsinne mich an viele Entschließungsanträge, in denen Sie immer gesagt haben, die Musikschulen müssten eigentlich eine bessere Förderung bekommen. Und was machen Sie jetzt? - Sie kürzen um 25 %. Sie haben die Musikschulen einmal mit als die geistigen Zentren dieses Landes bezeichnet. Ich hätte von Ihnen nicht erwartet, dass Sie sich so aus der Förderung der Musikschulen verabschieden.
Ein weiteres Stichwort: Musikland Niedersachsen. Sie sind hier vollmundig angetreten und haben gesagt: Niedersachsen wird Musikland. - Zeigen Sie mir eine einzige Initiative in den letzten beiden Jahren zum Thema Musikland!
Sehr geehrte Damen und Herren, ich will das gerne fortsetzen. Die auch von Ihnen immer gelobten freien Theater müssen einschließlich der Spielbankmittel 48,66 % einsparen. Das ist fast die Hälfte der gesamten Fördermittel.
Es gehört nicht viel Fantasie dazu, festzustellen, dass dies einer Kahlschlagspolitik gleichkommt. Daran ändert auch nichts, dass Sie jetzt, nachdem Herr Rösler sich die freien Theater angesehen hat, einen Änderungsantrag eingebracht haben. Die Einsparungen bei den freien Theatern liegen immer noch bei 25 %.
Jetzt komme ich zur Soziokultur. Sie kürzen die Mittel für die Soziokultur um rund 37 % und zerschlagen auch hier Strukturen, die sich seit 1990 unter der Überschrift Verantwortungspartnerschaft zwischen dem Ministerium und der freien Kultur aufgebaut haben. Die LAG Soziokultur als beliehener Unternehmer hat sich bei der Abwicklung von Förderanträgen viel Anerkennung und Respekt erworben. Dies haben auch - das erwähne ich immer besonders gerne - die kommunalen Spitzenverbände eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Der Präsident der kulturpolitischen Gesellschaft, Herr Dr. Scheytt, hat im Vorfeld der Spardebatte Minister Stratmann einen Brief geschrieben und Folgendes ausgeführt: Er sei irritiert, so schrieb er, dass gerade Niedersachsen, das so vorbildliche Strukturen der Landesförderung im Bereich der freien und soziokulturellen Kulturarbeit aufgebaut habe, jetzt eine solche radikale Kehrtwendung vollziehen wolle. - Das bedarf wirklich keines Kommentars. Bei der Soziokultur sind es offensichtlich ideologische Vorurteile, wegen derer CDU und FDP sich jeder Argumentation verschließen.
Tatsache ist, dass aus der vertrauensvollen Zusammenarbeit - die hat es mit der freien Kultur lange gegeben - zwischen dem Ministerium und der freien Kultur inzwischen eine Kultur des Misstrauens geworden ist. Damit, lieber Herr Minister Stratmann, setzen Sie die Debatte fort. Wir erinnern uns an die Diskussion über die Museen, über die staatlichen Museen und an die Debatte über die Staatstheater.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in der Kulturpolitik nie die Auffassung vertreten, dass es immer nur um die Forderung nach mehr Mitteln geht. Allerdings darf man sich auch bei den Größenordnungen, über die wir reden, nicht vertun. Wir reden bei der Kulturförderung über einen Prozentsatz von unter 1 % am gesamten Landeshaushalt. Ich sage das noch einmal deutlich, damit einige, die sich so sehr verkämpft haben, um bei der Kultur noch mehr einzusparen, vielleicht begreifen, dass man damit den Landeshaushalt nicht retten kann.
Wir haben dem Ministerium Zeit gelassen, andere Vorstellungen zu entwickeln. Ich will darauf verweisen, dass im Ausschuss immer noch zwei Entschließungsanträge liegen. Zum einen der Antrag
„Kulturförderung - Quo vadis?“. Er liegt seit 2003 im Ausschuss und kann nicht beraten werden, weil die kulturpolitischen Überlegungen des Ministeriums nicht belastbar sind und von daher im Ausschuss nicht beraten werden können. Zum anderen der Antrag „Planungssicherheit für niedersächsische Museen“. Auch dieser Antrag - gleicher Fall - kann nicht beraten werden, weil die CDUFraktion keine Antworten hat. Das Schlimme ist: Sie hat noch nicht einmal Fragen.
Stattdessen erleben wir einen Minister, der eine ungewöhnlich scharfe Debatte über die angeblich aufgeblähte Verwaltung bei der Soziokultur und bei dem LaFT in den Landtag gebracht hat, um zu beweisen, dass dort eingespart werden kann.
Der Minister hat in seinem Ministerium jetzt das so genannte Drei-Säulen-Modell entwickelt. Dieses Drei-Säulen-Modell, sehr geehrte Damen und Herren, ist dadurch gekennzeichnet, dass die Verwaltungsaufgaben im Ministerium zentralisiert werden. Es geht nicht darum, Aufgaben zu verlagern. Vielmehr zentralisieren Sie mit diesem Drei-SäulenModell neben vielen anderen Punkten die Verwaltung im Ministerium. Das ist überhaupt nicht zu begreifen. Mit Verwaltungsreform hat das jedenfalls nichts zu tun.
Die regionalen Bezüge - das kommt dazu - bleiben auf der Strecke. Von einer Stärkung des ländlichen Raums, Ihrem Lieblingsthema, kann man überhaupt nicht mehr reden.
Wir wollen nicht bestreiten, dass es schwierig ist, in der Kulturförderung neue Prioritäten zu setzen und dabei gleichzeitig einen Weg zu finden, die institutionelle und die projektbezogene Förderung zu verbinden. Weil wir das wissen, sehr geehrter Herr Minister, muss die Frage erlaubt sein, wann der Minister für Kultur mit seinen konzeptionellen Überlegungen anfängt und wie er sich konkret die Kulturförderung für die Zukunft vorstellt.
Das Fazit lautet: Zwei Jahre Kulturpolitik in Niedersachsen sind zwei Jahre verlorene Zeit. - Vielen Dank.