Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das facettenreiche Bild des Frauenhandels wurde von allen Vorrednerinnen kompetent und umfassend beschrieben. Deshalb möchte ich auf das Bild selbst nicht erneut eingehen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass der Bekämpfung des Frauenhandels, der strafrechtlich als „Menschenhandel“ zu bezeichnen ist, in Niedersachsen eine hohe Priorität eingeräumt wird. Das wird an den im Bundesvergleich relativ hohen Fallzahlen niedersächsischer Ermittlungsbehörden deutlich. Menschenhandel ist ein Kontrolldelikt. Die hohen Fallzahlen hier belegen, dass bei uns diese Straftaten nachhaltig und vor allem auch erfolgreich bekämpft werden.
Die Landesregierung überprüft dennoch kontinuierlich Verfahrensweisen, um die Bekämpfung des Menschenhandels weiter zu verbessern.
Dabei wird natürlich nicht nur die Strafverfolgung in den Fokus genommen. Auch präventive Ansätze werden weiterentwickelt. Insbesondere der notwendige Schutz der betroffenen Opfer ist der Landesregierung besonders wichtig.
In der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Frauenhandel“ erörtern Experten des Sozialministeriums, des Justizministeriums und des Ministeriums für Inneres und Sport gemeinsam mit Vertreterinnen der Fachberatungsstellen für Opfer und Menschenhandel Probleme in der praktischen Zusammenarbeit und Verbesserungsmöglichkeiten sowohl bei der Strafverfolgung als auch beim ausländerrechtlichen Status und bei der psychosozialen Betreuung. Darüber hinaus wird derzeit an einem Konzept zur Prävention von Menschenhandel gearbeitet.
Zu Nr. 1, Erlassänderung: Der Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport zu Aufenthaltsregelungen für Menschenhandelsopfer vom 16. April 1997 wird im Zuge der Umsetzung des zum 1. Januar 2005 in Kraft tretenden Zuwanderungsgesetzes überarbeitet und angepasst. Die Regelungen zur
Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und Fachberatungsstellen im gemeinsamen Runderlass aus dem Jahre 2001 hält die Landesregierung für ausreichend. Insbesondere halten wir die geforderte Aufnahme einer Definition von Verdacht auf Menschenhandel nicht für weiterführend. Eine derartige Vorgabe, meine Damen und Herren, könnte dazu führen, dass sich Ermittler nur noch daran orientieren und eine flexible Bewertung individueller Situationen verloren ginge. Das Bild ändert sich eben auch stetig. Gerade beim Menschenhandel, meine Damen und Herren, ist es wichtig, jeden Einzelfall individuell zu bewerten.
Ähnliches gilt für die Indikatorenlisten. Gleichwohl kann eine solche Liste - wir hatten darüber auch schon gesprochen - den Ermittlungsbehörden als Checkliste und Hilfestellung dienen. Daher wird die Erstellung einer solchen Liste im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Präventionskonzeptes „Menschenhandel“ derzeit auch noch geprüft.
Zu Nr. 2, verbesserte Fortbildungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der niedersächsischen Strafverfolgungsbehörden werden bezüglich der Phänomene und Probleme, die während des Ermittlungs- und Strafverfahrens auftreten können, regelmäßig geschult. Beschäftigte der Polizei und der Justiz werden in Fachlehrgängen fortgebildet. Das Thema Menschenhandel wird regelmäßig im Rahmen von Arbeitstagungen behandelt.
Aus Sicht der Landesregierung ist die enge Kooperation der Ermittlungsbehörden mit den Fachberatungsstellen im Sinne einer effektiven Bekämpfung des Menschenhandels unbedingt erforderlich. Diese Zusammenarbeit, basierend auf den Regelungen des Kooperationserlasses, hat sich nach unseren Erfahrungen in der Vergangenheit überwiegend bewährt bzw. gut entwickelt.
Zu Nr. 3, Razziakonzept: Das in der Begründung des Antrags beschriebene Beispiel zeigt, dass eine vertrauensvolle Kooperation gängige Praxis ist. Es macht zudem deutlich, dass die niedersächsische Erlassregelung gut, aber auch ausreichend ist.
Die Landesregierung hält ein starres Konzept zur Durchführung von Razzien nach dem Muster anderer Bundesländer aus diesem Grunde nicht für erforderlich. Eine frühzeitige Unterrichtung der Fachberatungsstellen über den Aufgriff von Menschenhandelsopfern und - in geeigneten Fällen auch eine Einbindung in die Einsatzvorbereitung
ist bereits mit der Erlassregelung zur Zusammenarbeit zwischen Polizei und Fachberatungsstellen vorgesehen.
Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt die Fachberatungsstellen in einen polizeilichen Einsatz eingebunden werden, ist immer abhängig vom jeweiligen Einzelfall und den jeweiligen ermittlungstaktischen Erfordernissen. Im Übrigen werden die eingesetzten Kräfte vor der Durchführung von Einsatzmaßnahmen im Milieu entsprechend eingewiesen und für die besondere Situation potenzieller Menschenhandelsopfer auch nachhaltig sensibilisiert.
Zu Nr. 4, Erfahrungsaustausch mit Fachberatungsstellen in den Herkunftsländern: Dem Austausch zwischen niedersächsischen Fachberaterinnen und Beraterinnen in vergleichbaren Einrichtungen in den Herkunftsländern kommt wirklich eine sehr, sehr große Bedeutung zu.
Ein Aufgabenfeld der Zentralen Koordinierungsund Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel (KOBRA) ist u. a. der Aufbau von Kooperationen und Vernetzungen mit Beratungs- und Unterstützungsprojekten in den Heimatländern. Meine Damen und Herren, KOBRA leistet hier wirklich eine hervorragende Arbeit.
So besteht Kontakt zu dem Netzwerk „La Strada“, das in neun Ländern präsent ist: in Polen, der Tschechischen Republik, Moldawien, Russland, Weißrussland, in der Ukraine, in Bulgarien, Bosnien-Herzegowina und in den Niederlanden.
Das erste Austauschtreffen zum Thema „Menschenrechte, Opferschutz und Empowerment für gehandelte Frauen und Migrantinnen“ fand im November 2003 in Berlin statt. Folgetreffen sind geplant.
Zu Nr. 5, Förderung der Schutzwohnungen: Der Haushaltsansatz für Zuschüsse zur Förderung von Betreuungseinrichtungen und Schutzwohnungen für von Frauenhandel Betroffene wird - vorbehaltlich der Entscheidung des Landtages - im Haushaltsjahr 2005 um 77 000 Euro auf 355 000 Euro erhöht.
zuwendungen erhalten, weil sie in Niedersachsen Schutzwohnungen für Opfer von Frauenhandel unterhalten. Da es in Niedersachsen drei Schutzwohnungen für von Frauenhandel betroffene Frauen gibt, ist eine Unterbringung in den Frauenhäusern - gegebenenfalls auch nur kurzzeitig und kurzfristig - erforderlich.
Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass die Landesregierung der Bekämpfung des Frauenhandels eine hohe Priorität einräumt und das auch in der Zukunft weiter verbessern wird. - Vielen Dank.
Danke schön, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Es wird empfohlen, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung: Luftfahrtkonzept Niedersachsen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1414
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Luftfahrtwirtschaft ist ein wichtiger Zukunftszweig der niedersächsischen Wirtschaft. Sie ist auch ein wichtiger Jobmotor. Insgesamt 50 000 Arbeitsplätze - direkt und indirekt - sind der Luftfahrtwirtschaft zuzuordnen.
Sie alle kennen die Erfolgsgeschichte von Airbus. An den Standorten in Nordenham, Stade und Varel haben allein 6 000 Arbeitnehmer sichere Arbeitsplätze. Airbus hat in diesem Jahr erstmals dem Konkurrenten Boeing die Position als Nummer eins weggenommen, hat mehr Aufträge, mehr Bestellungen in den Auftragsbüchern als Boeing. Das war in der Geschichte dieser beiden Luftfahrtunternehmen vorher noch nie der Fall.
Wir haben den bundesweit, ja europaweit einmaligen Forschungsflughafen in Braunschweig. Dort sind in Unternehmen, Forschungs- und Hochschuleinrichtungen 1 600 Menschen beschäftigt. Wir haben den internationalen Flughafen in HannoverLangenhagen. Wenn man da die direkten Arbeitsplätze am Flughafen und die vom Flughafen abhängigen zusammenzählt, kommt man auf nicht weniger als 5 000 Jobs. - Aber wir haben mit der TUI auch einen führenden Touristikanbieter, den man der Branche durchaus zurechnen muss.
Dies alles sind Dinge, die mit der Infrastruktur der Luftverkehrswirtschaft zu tun haben. Wir haben in vielen Gesprächen im Lande allerdings festgestellt, dass die verschiedenen Flughäfen, auf denen sich dieser Wirtschaftszweig im Wesentlichen abspielt, wenig miteinander kooperieren. Wir haben festgestellt, dass z. B. der Flughafen Münster/Osnabrück eine echte Jobmaschine ist. Er liegt natürlich außerordentlich günstig, hat eine hervorragende Anbindung an die Autobahn. Er ist ein Impulsgeber für die ganze Region.
Aber wir sehen auch einen anderen Trend in Deutschland, nämlich dass überall mit öffentlichen Subventionen Provinzflughäfen entstehen, oft hervorgegangen aus aufgegebenen Militärstandorten, mit denen die Hoffnung verbunden wird, dass sich dort Billigflieger ansiedeln. Während es früher üblich war, dass der Staat die Airlines, die Luftfahrtgesellschaften subventioniert, fließen die Subventionen heute nicht mehr in die Unternehmen, sondern in die Infrastruktur. Ein Beispiel dafür ist Kassel-Calden. Dort, in Nordhessen, wird dieser neue gefährliche Trend realisiert. Das Land Hessen wendet Millionenbeträge auf, um den Flughafen auszubauen. Das geht übrigens zulasten Niedersachsens, weil die Einflugschneise so gewählt worden ist, dass sie in Niedersachsen liegt, während die Einwohner von Kassel und Umgebung weitgehend vom Fluglärm verschont bleiben. Ziel ist es, Frachtflugverkehr und Billigflieger anzulocken.
Meine Damen und Herren, dieser gefährliche Trend darf sich nicht fortsetzen. Ich habe dazu eine Äußerung im Magazin Focus gefunden. Die Experten sagen, dass das Netzwerk von Flughäfen in Deutschland eng genug ist und wir keine neuen Einrichtungen brauchen. Der Chef von Air Berlin, Joachim Hunold, wird wie folgt zitiert: Wir brauchen keine Nonsens-Airports wie Hof-Plauen oder Kassel-Calden. Solche neuen Flughäfen seien überflüssig, weil dort keine Luftfahrtgesellschaft landen wolle. Sollte doch ein Billigflieger angelockt werden können, würde das dazu führen, dass die Passagiere von benachbarten Flughäfen abgezogen werden. Der Staat würde auf den teuren Investitionen in die Infrastruktur sitzen bleiben. - Also, meine Damen und Herren, einen solchen Investitionsund Subventionswettlauf darf es nicht geben.
Damit das für Niedersachsen klar geregelt ist und damit die Wachstumsperspektiven für Niedersachsen abgesichert werden, muss nach unserer Meinung ein Luftfahrtkonzept für das Land erstellt werden. Das ist Aufgabe der Landesregierung.
Wir haben inzwischen festgestellt, dass der in unserem Antrag noch aufgeführte Flughafen in Lemwerder, auf dem ASL die Wartung von Flugzeugen abgewickelt hat, nicht mehr besteht. Die Genehmigung ist zurückgegeben, und dieser Prozess ist irreversibel. Das Ganze ist sehr bedauerlich, weil es sehr viel Geld kostet, einen solchen Flughafen zu schaffen. Nun ist er unwiederbringlich verloren. Insoweit ist unser Antrag leider zu spät gekommen. Es hat offenbar Bemühungen gegeben, diesen Flughafen zu erhalten, aber diese Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt.
Neben der notwendigen Kritik an Kassel-Calden und dem Versuch, in Gesprächen mit dem Land Hessen den Ausbau dieses Flughafens zu verhindern, geht es jetzt darum, eine gute und sinnvolle Kooperation zwischen dem Flughafen HannoverLangenhagen und dem Forschungsflughafen in Braunschweig zu erreichen. Braunschweig muss als Forschungsflughafen intakt sein und die nötigen Voraussetzungen aufweisen. Für die Forderung nach einer Verlängerung der Startbahn gibt es gute Gründe. Schließlich muss der Airbus in Braunschweig starten und landen können. Um die Nachtflugbedingungen zu testen, Messungen durchzuführen und die technische Sicherheit zu erproben, ist es sinnvoll, die notwendigen Messinstrumente von Anfang an an dem Flugzeug anzubringen, an dem sie nachher auch installiert werden. Der Test an den kleinen Forschungsflugzeu
Wir treten dafür ein, dass das begonnene Planfeststellungsverfahren vom Land Niedersachsen mit den nötigen finanziellen Mitteln unterstützt wird, um es zum Erfolg zu führen. Die Startbahn muss verlängert und die dort befindliche Straße muss verlegt werden.
Meine Damen und Herren, wir wollen in Braunschweig einen Forschungsflughafen, aber wir wollen keinen Konkurrenzflughafen zu HannoverLangenhagen.
Der Flughafen Hannover-Langenhagen wurde im Zuge der EXPO ausgebaut. Im EXPO-Jahr gab es dort deutlich mehr als 500 000 Passagiere. Nach der EXPO brachen die Passagierzahlen allerdings ein.