Uns ist wichtig, dass die Verwaltungsreform bereits im ersten Jahr - das haben wir anfangs nicht für möglich gehalten - Einsparungen bringt. Das hat der Rechnungshof bestätigt. Im Grunde genommen müssten Sie sich an diesem Pult dafür schämen, dass Sie neulich mit Hilfe des Rechnungshofes - eines Senatsmitglieds im Rechnungshof und eines unautorisierten Papiers - Verdächtigungen erhoben haben, von denen sich die Präsidentin des Rechnungshofes öffentlich distanziert hat. Sie hat gesagt: So ist mit dem Rechnungshof noch nie umgegangen worden. - Das haben Sie gegen uns gerichtet.
Das haben Sie gegen den Superinnenminister Uwe Schünemann als Verwaltungsreformminister gerichtet. Sie haben gesagt, Herr Schünemann hätte die Öffentlichkeit falsch informiert. Inzwischen hat der Rechnungshof bestätigt, dass die Zahlen des Rechnungshofs damals falsch waren.
Herr Kollege Gabriel, Sie haben nun wirklich Erfahrungen mit Hinweisen des Rechnungshofs gemacht. Man muss schon selber nachlesen, selber nachprüfen und sich selbst ein Bild machen, bevor man durch die Gegend läuft und alles 1 : 1 übernimmt und zur eigenen Meinung erklärt. Von daher sollten Sie bei der Behandlung dieser Fragen bei der Sache bleiben.
Ich bin Ihnen noch die Antwort auf die Frage nach Professor Hesse schuldig. Wenn wir uns darauf verständigen, dass Professor Hesse die Verwaltungsreform des Landes Niedersachsen, die wir jetzt durchführen, außerordentlich hervorgehoben und als Modell gelobt hat, dann ist das ein großer Fortschritt. Dann können wir in die Diskussion
eintreten, ob Professor Hesse aus Berlin, der gleiche Professor Hesse, weitergehende Hinweise gibt, was daraus folgen könnte. Sie sagen, Herr Professor Hesse gibt Ihnen sehr stark Recht, dass es in der Zukunft in Niedersachsen zu Großkreisen und Großregionen, zu einer Kreisreform kommen müsste.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Nein! Er sagt, das sei die Konsequenz Ihrer Ver- waltungsreform! Wir laden ihn ein!)
Manchmal liest man aus Schriften von Fachleuten ja das heraus, was man gerne herauslesen möchte. Das haben wir bei Ihnen schon des Öfteren erlebt. Von daher muss ich mit dem, was ich zu Protokoll gebe, jetzt vorsichtig sein.
Sie lesen den Hinweis von Professor Hesse so, dass er quasi zwangsläufig zu Ihrem Modell von zehn Regionalkreisen oder Ähnlichem kommt. Wir lesen den Hinweis von Professor Hesse hingegen so, dass es nach der Abschaffung der Mittelinstanz und der Einführung der Zweistufigkeit der Landesverwaltung auch auf kommunaler Ebene Konsequenzen geben muss. Wir verstehen Professor Hesse so - das werden wir weiter diskutieren -, dass die Kreise ihre eigene Leistungsfähigkeit, neue und zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, neu definieren und klären müssen. Das hängt eng mit dem kommunalen Finanzausgleich und auch sehr eng mit dem damaligen Papier von Bernd Althusmann und Uwe Schünemann - als sie der Oppositionsfraktion angehörten zusammen, in dem stand, dass die Kooperation von Landkreisen und kreisfreien Städten forciert werden solle. Das Modell ist die Grundlage der Arbeit der Regierungsfraktionen. Sie sagen: Wir wollen keine Kreisoder Gebietsreform, sondern eine Fortsetzung der Verwaltungsreform. Das heißt, dass kleinere Kreise gemeinsam Aufgaben erfüllen, dass einer für andere Aufgaben miterledigt.
Wir haben diese Debatte im Wahlkreis LüchowDannenberg, der bezüglich seiner Einwohnerzahl am schwierigsten ist, geführt. Dort wird intensiv diskutiert, ob man einen Modelllandkreis macht, in dem Ebenen eingespart werden, die Zahl der kommunalen Mandatsträger effektuiert wird und die Verwaltungen anders strukturiert werden. Diese Diskussion wird vom Innenminister aktiv begleitet. Er hat dazu ein Gutachten eingeholt, das allerdings nur teilweise weiterführende Hinweise
geben konnte, was man in Zukunft in einem solch strukturschwachen Landkreis wie Lüchow-Dannenberg - ehemaliges Zonenrandgebiet - bei zurückgehenden Bevölkerungszahlen machten könnte. Diese Diskussion führen wir mit Ihnen. Sie sagen: Bildet Großkreise oder Regionalkreise. - Wir sagen: Bildet starke Landkreise, die untereinander kooperativ tätig sind. - Sie finden hier und da Rückhalt in der Öffentlichkeit; Sie haben hier und da sehr nachhaltige Anhänger. Wir hingegen finden großen Rückhalt in der Frage der Bürgernähe. Wir sagen: Wenn einer zur Kreistagssitzung in Lüneburg, Uelzen oder Lüchow-Dannenberg geht, dann tut er das vielleicht, weil er den Termin tatsächlich wahrnehmen kann.
- Meine Erfahrung ist eine andere. Darüber müssen wir jetzt reden. Meine Erfahrung besagt: Je kleiner das politische Gebilde ist, desto mehr Bürger kommen zu den Versammlungen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sigmar Gabriel [SPD]: Hier sitzen re- gelmäßig mehr! - Weiterer Zuruf von Thomas Oppermann [SPD])
- Lieber Thomas Oppermann, die Besuchergruppen des Landtages werden dafür, dass sie hier der Landtagssitzung folgen, sozusagen durch den Film, durch den Besuch Hannovers und die Diskussion mit Abgeordneten entschädigt. Niemand der Besucher des Landtages wird behaupten wollen, dass er hierher kommt, um an der Landtagssitzung teilnehmen zu können, und dass der Besuch auf der Tribüne der Höhepunkt der Woche ist. Insofern sind eine Ortsratssitzung, eine Gemeinderatssitzung oder eine Kreistagssitzung für viele Bürgerinnen und Bürger sehr viel attraktiver. Ich bin 15 Jahre im Rat der Stadt Osnabrück gewesen. Die Debatten im dortigen Rat waren für die Leute viel attraktiver als so manche Debatte hier, weil sie wussten, dass es in den Debatten im Rat um eine bestimmte Straße, um eine bestimmte Bushaltestelle, um eine bestimmte Schule, also um sehr konkrete Angelegenheiten geht.
Verachten Sie bitte die kommunale Ebene nicht! Die kommunale Ebene ist bürgernah, menschennah und ortsbezogen. Wir treten dafür ein, dass das auch in Zukunft so bleibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen mir vier weitere Fragen vor. Zunächst Herr Kollege Meyer, bitte schön!
Meine Frage richtet sich an den Ministerpräsidenten, weil er eben das Beispiel von den singenden Förstern an Grundschulen angeführt hat.
Herr Kollege Meyer, entschuldigen Sie, wenn ich Sie gleich unterbreche. Man stellt Fragen grundsätzlich an die Landesregierung. - Jetzt bitte ich um Ihre Frage.
Das ist mir bekannt. Ich lebe in der Erwartung, dass der Herr Ministerpräsident, weil er das erwähnte Beispiel angeführt hat, meine Frage beantwortet.
Meine Frage lautet: Kann mir die Landesregierung bestätigen, dass die Zahl der Förster, die an die Schulen gehen sollen, etwa bei 45 liegt, dass diese Maßnahme weniger mit der Verwaltungsreform, sondern mehr mit der Überführung der Landesforstverwaltung in eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu tun hat, dass darüber hinaus in diesem Jahr zwölf Personen und im nächsten Jahr auch zwölf Personen, summa summarum also 24 Personen, in die Justizvollzugsanstalten wechseln sollen, dass aber insgesamt weit über 500 Leute durch diese Reform für überflüssig erklärt werden? Kann die Landesregierung das bestätigen?
Das waren insgesamt vier Detailfragen, Herr Kollege Meyer. - Für die Landesregierung antwortet Landwirtschaftsminister Ehlen. Bitte schön!
Herr Kollege Meyer, es geht hier um die Frage, inwieweit wir wirklich Perspektiven für unsere Mitarbeiter in den Landesforsten auftun. Ich glaube, dass es sich hier um ein Erfolgsmodell handelt. Wir sollten es deshalb auch entsprechend behandeln. Es geht darum, sich von der einen Ebene auf eine
andere Ebene zu begeben, auf der man eine Zukunftsperspektive hat und auf der man mit jungen Leuten arbeiten kann. Es geht ja um Menschen, die auch schon in der Vergangenheit mit jungen Leuten gearbeitet haben.
Ich gehe davon aus, dass auch in Zukunft beim Abbau von Mitarbeitern - dann in der Anstalt des öffentlichen Rechts - Möglichkeiten gegeben sein werden, dass Mitarbeiter des Landes auf anderen Ebenen des Landes tätig sein werden. Ich glaube, wenn erst klar wird, dass es ein Erfolgsmodell ist, dass junge Förster letztendlich Lehrer werden können, werden von diesem Modell noch wesentlich mehr Personen Gebrauch machen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung bzw. deren Leitungsfiguren - -
Herr Kollege Lennartz, Sie haben die Würde des Hohen Hauses mit Ihrer Äußerung eben missachtet. Ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf.
(Heiner Bartling [SPD]: Was? Was hat er denn eben gesagt? Das hat doch der Ministerpräsident gesagt! Ich glaube, jetzt geht es los! - Sigmar Gabriel [SPD]: Darf man hier noch nicht einmal den Chef zitieren? Frau Präsidentin, den Chef dürfen wir hier aber doch noch zitieren! - Weitere Zu- rufe von der SPD)
Frau Präsidentin, ich wäre nie darauf gekommen, diesen Begriff zu verwenden, wenn Herr Wulff ihn nicht eben bei der Beantwortung einer Frage verwendet hätte.
Ich habe mir schon gedacht, dass dieser Begriff Irritationen auslöst. Wenn Herr Wulff darauf verzichtet, diesen Begriff in Zukunft zu verwenden, nehme ich ihn gerne zurück.
Ich komme nun zu meiner Frage. Ich frage die Landesregierung, ob wir den gleichen Professor Hesse meinen. Eben ist darauf schon einmal geantwortet worden. Handelt es sich um den Professor Hesse, der für das Land Baden-Württemberg ebenfalls begutachtet hat, der Ihnen attestiert hat, dass Sie hier einen sehr mutigen und konsequenten Weg der Zweistufigkeit gehen, der aber in Baden-Württemberg das Konzept des Ministerpräsidenten Erwin Teufel, die Bezirksregierungen nicht nur zu erhalten, sondern weiter auszubauen, also zu verstärken, und zwar auf Kosten der Landesämter, als sehr konstruktiv und mutig bezeichnet hat?
Ich glaube, man muss Herrn Professor Hesse davor in Schutz nehmen, dass Sie ihn so sehr in die Nähe des Bundeskanzlers rücken.
Ich will vorweg ausdrücklich sagen, dass mir Herr Kollege Hirche gerade bestätigt hat, dass ich von „Figuren“ gesprochen hätte. Ich nehme diese Formulierung selbstverständlich mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, weil es zumindest missverständlich ist, wenn man von Leitungsfiguren spricht. Wir reden in der Öffentlichkeit hier und da in dieser Form. Ich selber fühlte mich als leitende Figur der Landesregierung durch eine entsprechende Formulierung in meiner Ehre nicht allzu sehr betroffen. Wenn ich diesen Begriff hier aber selber verwendet habe, nehme ich ihn hiermit zurück. Sie haben Ihre Formulierung unter dieser
Prämisse zurückgenommen. Insofern könnte die Frau Vizepräsidentin vielleicht auch den Ordnungsruf zurücknehmen, sodass er im Protokoll sozusagen als gestrichen gilt.
Zu der Frage der Auswirkungen der Verwaltungsreform möchte ich sagen, dass in dem Papier von Herrn Gabriel, das Sie jetzt am Montag und Dienstag behandelt haben, wie folgt formuliert worden ist:
„Während über Verwaltungsreform geredet wird, richten CDU und FDP in Niedersachsen ein heilloses Verwaltungschaos an. Sie zentralisieren alles in der Verwaltungsbürokratie der Ministerien und schwächen die Regionen und den ländlichen Raum. Am Ende kostet es mehr, als es spart,“