Protocol of the Session on November 17, 2004

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)

Aus dem, was ich gerade geschildert habe, wird klar: Es gibt zwar keinen Grund zur Panikmache, aber wir müssen wachsam sein, und wir müssen alles dafür tun, damit extremistische und terroristische Tendenzen hier keine Chance haben. Dazu müssen wir auch alle rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land schuldig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was macht Niedersachsen? Was hat die neue Landesregierung gemacht, nachdem wir von 20 Monaten die Regierung übernommen haben? Wir haben zunächst die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir rechtzeitig an Informationen kommen. Wir haben das Verfassungsschutzgesetz geändert, damit wir den Geldstrom nachvollziehen können - das war ein ganz wichtiger Punkt, der in anderen Bundesländern längst geregelt war -, und wir haben das Polizeigesetz geändert, damit wir bei Terrorismusverdacht auch eine präventive Telefonüberwachung vornehmen können.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen hat einen ganzheitlichen Ansatz zur Bekämpfung des islamistischen Extremismus und Terrorismus. Was ist darunter zu verstehen? Wir müssen die Polizei, die Nachrichtendienste, die Ausländerbehörden, die Einbürgerungsbehörden, die Sozialämter ebenso wie Vereine und Verbände sowie die Wirtschaft mit ins Boot nehmen. Weil dies eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, brauchen wir den gesamtgesellschaftlichen Ansatz auch in die

sem Kriminalitätsfeld und gerade im Bereich des Extremismus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben den Informationsaustausch zwischen Verfassungsschutz und Staatsschutz hier in Niedersachsen verbessert. Es geht darum, ein umfangreiches Lagebild zu bekommen. Auf unsere Initiative hin hat die Nord-IMK den Informationsaustausch auf die norddeutschen Länder ausgeweitet. Über unsere Initiative „Antiterrordatei“ streben wir einen Informationsaustausch über die gesamte Bundesrepublik an, damit wir endlich auch auf Bundesebene unter der Verantwortung des Bundesinnenministers ein vernünftiges Lagebild in diesem Bereich bekommen; denn das ist längst überfällig. Der Bundestag muss unserer Bundesratsinitiative nur noch zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben den Verfassungsschutz personell aufgestockt und 20 Mitarbeiter zusätzlich eingestellt - auch das war wichtig -, und wir haben den Staatsschutz mit dem Bereich organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität verbunden, weil wir auch dadurch an mehr Informationen und zu einem besseren Lagebild kommen.

Herr McAllister hat bereits angesprochen, dass wir neben Baden-Württemberg das einzige Land sind, das an Schwerpunkten regelmäßig verdachtsunabhängige und ereignisunabhängige Kontrollen durchführt. Das werden wir auch in der Zukunft tun. Dadurch kommt es auch zu Kontrollen im Umfeld von Moscheen.

Um es ganz deutlich zu sagen: Damit stellen wir die Muslime in Niedersachsen nicht unter Generalverdacht. Ganz im Gegenteil! Diejenigen, die friedlich die Moscheen besuchen, unterstützen bzw. akzeptieren zu einem Großteil diese Maßnahmen, weil sie sich von extremistischen und terroristischen Tendenzen distanzieren. Und wenn Milli Görüs sich dagegen auflehnt, meine Damen und Herren, dann muss uns das nachdenklich machen, weil das sicherlich einen Hintergrund hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wer unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt oder bekämpft, muss konsequent abgeschoben werden. Daran darf es überhaupt keinen Zweifel geben. Ich bin froh, dass wir auch in Niedersachsen Erfolge in diesem Bereich gehabt

haben: Erst kürzlich, nämlich im September, ist ein Anhänger der islamistischen „Partei der Befreiung“ abgeschoben worden. Diese Partei, diese Bewegung ist verboten. Sie hat die Auslöschung des Staates Israel und die Befreiung der islamistischen Welt von westlichen Einflüssen zum Ziel. Dieser Anhänger hat zehn Jahre lang in Niedersachsen gelebt, und er hat hier auch studiert. Ich bin froh, dass es gelungen ist, dass er seine extremistischen Erklärungen hier in Niedersachsen nicht mehr verbreiten kann. Meine Damen und Herren, es muss klar sein: Wer sich so verhält, muss konsequent abgeschoben werden. Wir machen das. Soweit der eine Teil.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun zu dem anderen Teil. Es ist wichtig, dass wir im Bereich der Integration erhebliche Verbesserungen vornehmen; das ist hier schon vielfach angesprochen worden. Es geht darum, dass derjenige, der zu uns kommt, und auch derjenige, der schon seit vielen Jahren bei uns lebt, die deutsche Sprache spricht. Ansonsten ist eine Integration völlig unmöglich. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass es hier Verbesserungen gibt.

Genauso wichtig ist aber auch, dass man ein Bekenntnis zu den Grundwerten der freiheitlichdemokratischen Grundordnung ablegt. Jeder, der zu uns kommt, muss zu diesen Werten stehen, ansonsten kann er sich nicht integrieren und kann auch nicht in Niedersachsen bzw. in Deutschland bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, unsere freiheitliche Grundordnung sichert denjenigen, die zu uns kommen, auf der einen Seite Rechte zu: Chancengleichheit und Mitgestaltungsmöglichkeiten. Herr Gabriel, wahrscheinlich haben Sie Recht, dass wir noch mehr darauf achten müssen, dass diejenigen, die zu uns kommen und die bei uns leben, mitgestalten können. Das ist überhaupt keine Frage; vielleicht gibt es da auch Defizite. Aber auf der anderen Seite erlegt unsere freiheitliche Grundordnung denjenigen, die zu uns kommen, auch klare Pflichten auf. Auch daran muss man erinnern dürfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Worum geht es in diesem Bereich? Eines ist hier bereits angesprochen worden: Es ist doch völlig klar, dass wir die Gleichstellung von Frauen und

Männern gewährleisten und dafür Sorge tragen müssen, dass Mädchen und Jungen die gleichen Zukunftschancen haben. Wir müssen auch einfach verlangen, dass man sich zu dem Erziehungsauftrag bekennt. Das ist in diesem Bereich nämlich häufig nicht der Fall. Es muss so sein, dass man die Fördermöglichkeiten im Bildungssystem auch annimmt und z. B. die Kinder in die Kindergärten schickt. Ansonsten werden diese Jungen und Mädchen in unserem Lande nämlich keine Zukunftschancen haben. Wir müssen dafür sorgen, dass dies nicht passiert. Und wir brauchen ein klares Bekenntnis gegen Nationalismus, gegen Fundamentalismus und gegen Intoleranz.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, was hat Niedersachsen, was hat die neue Landesregierung in diesem Bereich nun gemacht? Es ist schon angesprochen worden. Herr Gabriel, ich will mich damit nicht rühmen, aber wir haben den Entwurf eines Integrationsgesetzes in den Bundesrat eingebracht. Schwerpunkt dieser Initiative war die nachholende Integration. Es war ein schwieriges Stück Arbeit, diesen Gesichtspunkt letztlich in das Zuwanderungsgesetz zu bekommen. Unsere Gesetzesinitiative beinhaltete, dass man diese Sprach- bzw. Integrationskurse auf der Basis des Bundessozialhilfegesetzes und des Arbeitsförderungsgesetzes aufnimmt. Dies ist auf erbitterten Widerstand der SPD und der Grünen gestoßen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Hört, hört!)

Ich bin froh, dass wir wenigstens einen Mittelweg gefunden haben und der Grundsatz „Fördern und Fordern“ jetzt auch bei der nachholenden Integration gilt. Das ist die Wahrheit, und das gehört dazu, wenn man hier seriös debattiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe mich gewundert, dass Sie etwas zu dem Bereich Aussiedler gesagt haben. Das war aus keiner der drei Überschriften zu entnehmen, und deshalb hat der Kollege McAllister dazu sicherlich auch nichts gesagt. Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen sagen, was diese Landesregierung in diesem Bereich getan hat: Auch hier haben wir dafür Sorge getragen, dass auch diejenigen, die im Wege des Familiennachzugs zu uns kommen, jetzt einen Sprachkurs im Ursprungsland machen und Grundkenntnisse nachweisen müssen. Ansonsten können sie nicht zu uns kommen. Das ist meiner Ansicht nach der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Körtner [CDU]: Jawohl!)

Niedersachsen ist das einzige Bundesland, das - in Friedland - einen zweiwöchigen Sprachcrashkurs einführt, damit die Aussiedler dann, wenn sie in die Kommunen gehen, bessere Sprachkenntnisse haben und man ihnen noch mehr Integrationsmaßnahmen vorstellen kann. Meine Damen und Herren, es trifft also nicht zu, dass wir, wie Sie uns vorhalten, auf einem Auge blind sind oder in diesem Bereich nichts machen. Auch hier haben wir die Integration weit nach vorne gebracht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben ein „Handlungskonzept Integration“ auf den Weg gebracht. Erstmalig haben wir die Integrationsmaßnahmen, die in unserem Land natürlich auch unter Ihrer Regierung vorgenommen worden sind, gebündelt. Integration aus einem Guss - das ist etwas, was Erfolg verspricht. Dies haben wir gemacht, und zwar schon wenige Monate, nachdem wir die Regierung übernommen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun zu Ihren Angriffen, was die Sprachförderung angeht. Wir können nachweisen: Kein anderes Bundesland investiert mehr in die Sprachförderung als Niedersachsen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Niedersachsen ist das erste Bundesland, das Sprachtests im Vorschulalter, im Alter von fünf Jahren, flächendeckend vorschreibt. Meine Damen und Herren, wir haben im Schulgesetz verbindlich festgelegt, dass diejenigen, die der Sprachförderung bedürfen, einen Anspruch darauf haben. Das hat dieser Kultusminister auf den Weg gebracht, und dem haben Sie ja auch zugestimmt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Und wir sehen ja auch schon Erfolge, meine Damen und Herren. Im Schuljahr 2003/2004 haben 9 500 Kinder eine Sprachförderung erhalten. Zum 1. Februar 2005 werden insgesamt 8 300 Kinder eine Sprachförderung bekommen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Donnerwet- ter!)

Was bedeutet das für die Migrantenkinder? Sie werden nicht mehr so von der Schule zurückgestellt, wie es in der Vergangenheit gewesen ist.

Früher lag die Quote bei etwa 20 %, jetzt liegt sie bei 17,5 %. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Wenn wir so weitermachen, werden wir diese Quote noch weiter nach unten bringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie sieht es mit den Sprachkursen im Elementarbereich aus? Dazu darf ich Ihnen sagen: Im letzten Jahr sind 260 Maßnahmen mit großem Erfolg durchgeführt worden.

Lassen Sie mich noch eines sagen: Aktuell wird über islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache diskutiert. Meine Damen und Herren, wir haben ein solches Modellprojekt doch längst und mit großem Erfolg eingeführt.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Den haben nicht Sie eingeführt!)

Sie können sicher sein: Auf dieser Basis werden wir auch weitere Schulen mit deutschsprachigem Islamunterricht ausstatten, weil wir wollen, dass diejenigen, die ihn genießen wollen, auch bekommen sollen, unter staatlicher Kontrolle. Auch hier sind wir auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Integrationsberatung fällt in den Bereich des Innenministeriums. Sie haben gesagt, wir würden dort 1 Million Euro kürzen. Das haben wir in der Tat vor. Aber Sie müssen auch sehen, unter welchen Voraussetzungen das gemacht wird: Sozialberatung ist - so ist es im Zuwanderungsgesetz festgelegt - zukünftig eine Bundesangelegenheit. Damit können wir die 560 000 Euro, die wir bisher dafür aufgewendet haben, nun einsparen.

Ich gebe auch zu, dass wir bei der Integrationsberatung Stellen gestrichen haben. Aber nach dem Zuwanderungsgesetz sollen die Kommunen die Leitstellen für Integration werden.

(Ursula Körtner [CDU]: Das ist auch richtig!)