Protocol of the Session on October 28, 2004

Zum Raumbedarf ist erneut grundsätzlich anzumerken: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler und die Zahl der Räume sind durch die Reform nicht verändert worden. Außerdem wird der Raumbedarf durch den mittelfristigen Wegfall des 13. Schuljahres an Gymnasien und aufgrund sinkender Schülerzahlen rückläufig sein. Zusätzlicher Raumbedarf ist in der Regel nur dann entstanden, wenn die kommunalen Schulträger ihr Bildungsangebot eigenverantwortlich erweitert haben.

Meine Damen und Herren, über die gestellte Frage nach den seit 2003 erfolgten baulichen Maßnahmen hinausgehend hat das Kultusministerium die Schulträger auch um Mitteilung über die Kosten dafür gebeten. Daran war dem Ministerium im Sinne von Transparenz gelegen, aber auch um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob in der Öffentlichkeit kursierende Zahlen ausschließlich und unvermeidbar auf die Schulstrukturreform zurückzuführen sind.

Schon eine erste Durchsicht der von den Schulträgern übermittelten Angaben lässt erkennen, dass große Teile der gemeldeten Baumaßnahmen offenkundig andere Ursachen als die Schulstrukturreform haben. Viele Baumaßnahmen sind Folge von schulorganisatorischen Entscheidungen von Schulträgern, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Schulstrukturreform getroffen wurden, nicht aber durch sie zwingend erforderlich waren. Baumaßnahmen für die Neuerrichtung von Schulen oder die Erweiterung um einen Schulzweig sind keine durch die Schulstrukturreform erzwungenen Maßnahmen. Ich nenne einige Beispiele, die gemeldet wurden: „Sanitär- und Elektroinstallation für Küchenzeile Lehrerzimmer“, „Beschilderung Lehrerküche“, „Renovierung des vorhandenen naturwissenschaftlichen Raumes“, Ausbau von Grundschulklassen, die von der Reform ja nun gar nicht betroffen waren, und anderes mehr. Wir durften also feststellen: Vieles, was unter diesem Titel angemeldet wird, hat mit der Schulstrukturreform wenig zu tun.

Eine bloße Aufstellung der Baumaßnahmen vernachlässigt zudem den Gesichtspunkt der sich ergebenden Einsparungen, die durch eine sinnvolle Nachnutzung oder Abmietung von frei gewordenen Orientierungsstufengebäuden erzielt werden können und konnten, wie wir wissen. Diese Zahlen sind natürlich nicht gemeldet worden. Die Frage fehlte allerdings. Wir hätten die Zahlen aber trotzdem abfragen können.

(Joachim Albrecht [CDU]: Frage 4!)

In einer Gesamtbilanz wären auch die Kosten gegenzurechnen, die auf der Einsparseite entstanden sind.

Meine Damen und Herren, natürlich wird jetzt von der Opposition die Frage nach der Konnexität gestellt, zwar nicht explizit - das hätte ich eigentlich von Ihnen erwartet -, aber sie ist ja nun latent vorhanden. Wo haben Sie eigentlich diese Frage be

antwortet, als Sie Ihre Förderstufe eingeführt haben, meine Damen und Herren von der SPD?

(Beifall bei der CDU)

Die Förderstufe hätte zu einer Schulkonzentration großen Ausmaßes geführt und umfangreiche Baumaßnahmen auf der einen Seite sowie große Leerstände auf der anderen Seite bewirkt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Festzuhalten ist - das ist der entscheidende Faktor für die Konnexitätsproblematik -, dass den Schulträgern mit der Schulstrukturreform keine neuen Aufgaben übertragen worden sind, denn die Abschaffung der O-Stufe und die Angliederung der so genannten Förderstufe waren bereits von der Vorgängerregierung gesetzlich verankert, als wir die Regierung übernahmen. Mögliche Mehrbelastungen der kommunalen Gebietskörperschaften sind in Wahrnehmung eigener Aufgaben und in eigener Zuständigkeit mit oder ohne mittelbaren Bezug zur Schulgesetzänderung außerdem im Wesentlichen von ihnen selbst veranlasst und somit auch von ihnen selbst zu verantworten. All das ist kein Fall von Konnexität, auch nicht im Sinne der Rechtsänderung, die wir derzeit beraten, wobei ja auch der Unabweisbarkeitsbegriff geprägt wird. Das alles fällt nicht darunter.

Sie müssen sich einmal eine fiktive Rechnung zur Kostensituation vor Augen führen. Sachlage war das SPD-Gesetz mit der Einführung der Förderstufe. Was hätten die Kommunen alles bezahlen müssen, wenn sie diese Förderstufe realisiert hätten, und welche Mehr- oder vielleicht Minderausgaben haben sie dadurch erzielt, dass sie unser Gesetz bekommen haben? Erst nach einer solchen Rechnung können wir vernünftig miteinander diskutieren. Sie vergessen in dem Zusammenhang immer Ihre eigene Vergangenheit.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die große Herausforderung, die für alle Beteiligten mit der Zuführung der 13 332 Lehrkräfte der früheren O-Stufen an andere Schulen zu meistern war, ist entgegen der Prognose von Herrn Jüttner gut bewältigt worden. Er hatte Chaos und Ähnliches prognostiziert. Alles das ist nicht eingetreten. Dafür ist allen Beteiligten, insbesondere den Lehrkräften, generell denen der früheren Orientierungsstufe, zu danken. In lediglich zwei Fällen - das sind knapp 0,02 % aller Perso

nalvorgänge - wurde die Einigungsstelle bemüht. Einer dieser beiden Fälle hat sich zwischenzeitlich schon erledigt.

Auch für den überwiegenden Teil der bisherigen Inhaberinnen und Inhaber von Funktionsstellen an selbstständigen Orientierungsstufen wurden verträgliche Lösungen gefunden. 316 - das sind etwa drei Viertel des Bestandes - sind auf andere Funktionsstellen versetzt worden bzw. werden im Laufe des nächsten halben Jahres versetzt. Die Zahl wird sich insofern noch verbessern.

Meine Damen und Herren, das Ziel der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen der CDU und der FDP ist die nachhaltige Qualitätsverbesserung von Bildung und Erziehung und damit die Verbesserung der Zukunftschancen unserer Schülerinnen und Schüler. Die Voraussetzung für die dazu erforderliche innere Reform der Schulen ist mit der Umsetzung der Schulstrukturreform geschaffen worden. Der Reformzug ist am 19. August ohne großes Rucken losgefahren. Das war der eigentliche Gegenstand Ihrer Abfrage.

Nun will ich noch etwas Versöhnliches in Ihre Richtung sagen: Wir bilden uns gar nicht ein, mit der Klärung der Schulstrukturfrage sei die Qualitätsfrage schon endgültig beantwortet worden. Es geht jetzt erst los. Die Aufholjagd muss beginnen. Die Qualitätsentwicklung ist die nächste Aufgabe. Wir werden eigenverantwortliche Schulen entwickeln.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir bleiben, weiß Gott, nicht stehen. Nachdem ich Ihre Beiträge und von Ihren Einstellungen gehört habe, muss ich Ihnen sagen: Bei Ihnen fährt der Zug rückwärts, und bei uns geht es unverändert flott vorwärts.

(Beifall bei der CDU - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Sie haben gar nicht ge- merkt, dass Ihr Zug schon entgleist ist!)

- Warten Sie mal ab! - Wenn Sie, Herr Poppe, hier eine neue Strukturdebatte ankündigen, vielleicht schon in Richtung 2008, kann ich nur sagen: Gute Nacht, SPD, das wird eine lange Oppositionszeit. Wenn Sie damit jetzt wieder anfangen, obwohl Sie an anderer Stelle auch gesagt haben, Schulstrukturfragen wollten Sie nicht - deshalb weiß ich nicht, wie ich das verstehen soll -, kann ich Ihnen nur sagen: Das wird gründlich schief gehen. Beteiligen

Sie sich lieber an der inhaltlichen Arbeit, an der Qualitätsentwicklung, die jetzt ansteht.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Da ist der eigentliche Auftrag angelegt, und da müssen wir miteinander arbeiten. Ich hoffe, dass Sie vielleicht doch noch die Kurve kriegen und mitmachen. - Danke schön.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass keine weiteren Wortmeldungen vorliegen und wir damit die Besprechung der Großen Anfrage schließen können.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Graffiti-Schmierereien bestrafen Rotgrüne Bundesregierung verzögert die Verabschiedung eines GraffitiBekämpfungsgesetzes - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/1328

Zur Einbringung erteile ich Frau Lorberg von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Jahren treiben Sprayer in Deutschland ihr Unwesen, indem sie illegal öffentliches und privates Eigentum durch Graffiti-Schmierereien beschädigen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Uner- hört!)

Die Beseitigung dieser vermeintlichen Kunstwerke kostet die betroffenen Eigentümer und Besitzer jährlich bundesweit mehr als 200 Millionen Euro.

(Reinhold Coenen [CDU]: Ungeheuer- lich!)

Eine derartige Erkenntnis über die Verunstaltung von fremdem Eigentum scheint jedoch die Bundesregierung wenig zu beeindrucken. Vielleicht sollte

ich lieber sagen: Die SPD überlässt den Grünen das Thema Graffiti und mogelt sich so um eine Entscheidung herum.

(Beifall bei der CDU)

Es ist kaum nachvollziehbar, dass nach der heutigen Gesetzesregelung beispielsweise ein Hausbesitzer, der Opfer eines Sprayers wurde, den Nachweis erbringen muss, dass die Substanz seines Hauses beschädigt wurde. Erst dann kann die Schmiererei strafrechtlich verfolgt werden. Da die Begutachtung ausgesprochen kostenintensiv ist, schrecken viele Opfer vor diesen Gutachten zurück, tragen die Kosten für die Beseitigung selber und verzichten dann auch noch auf die Anzeige. Meine Damen und Herren, da kann sich doch jeder Sprayer ins Fäustchen lachen und munter an der nächsten Ecke weiterschmieren.

(Beifall bei der CDU)

An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich gegen eine Verharmlosung dieser Graffiti-SprayerAktivitäten aussprechen. Es ist längst bekannt, dass wir es im Milieu der Sprayer vielfach mit Bandenbildung zu tun haben und dass die Begleitkriminalität eine weitere Gefahr darstellt. Der besondere Kick, den sich ein Sprayer bei der Verunstaltung fremden Eigentum verschafft, geht zulasten unserer Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CDU)

Am 20. Dezember 2002 hat der Bundesrat fast einstimmig den Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes, das Graffiti-Bekämpfungsgesetz, beschlossen mit dem Ziel, künftig Graffiti-Schmierereien einfacher unter Strafe stellen zu können. Im Februar 2003 wurde erstmalig im Deutschen Bundestag beraten, und die Vorlage wurde in die entsprechenden Ausschüsse verwiesen. Im Mai 2003 wurden im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages Experten angehört. Nahezu alle Sachverständigen sprachen sich für einen verbesserten Schutz vor Graffiti-Schmierereien aus, meine Damen und Herren. Im Dezember 2003 wurde im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages die Vertagung beschlossen usw. Sie sehen: Eine unendliche Geschichte bahnt sich an.

Monat für Monat werden die Bürgerinnen und Bürger mit den Graffiti-Schmierereien an ihren Häusern allein gelassen, und täglich werden es mehr, während sich die Regierungsparteien noch immer nicht einig sind, ob die Neuregelung des § 303

StGB erforderlich sei oder nicht. Die CDU-Fraktion, aber auch die SPD-Fraktion sprechen sich eindringlich für eine Änderung aus und fordern, dass der Tatbestand der Sachbeschädigung - jede nicht unerhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes einer Sache gegen den Willen des Berechtigten unter Strafe gestellt wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Beeinträchtigung fremden Eigentums durch Graffiti darf künftig strafrechtlich nicht anders geahndet werden als die Beeinträchtigung fremden Eigentums durch Zerstörung oder Beschädigung der Substanz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD - wenn jetzt auch nicht mehr allzu viele da sind -, fordern Sie Ihre Bundestagskollegen auf, dem Fortsetzungsroman Graffiti ein Ende zu setzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Denn jeder Leser bekommt in weiteren Bänden nichts Neues geboten, weiß aber schon seit dem Vorwort, dass nur die Änderung des § 303 StGB den Roman zum Bestseller machen wird. Man konnte in den Medien ausreichend verfolgen, dass gerade in der letzten Zeit vermehrt eine Verunstaltung unserer Ortsbilder zu beobachten ist. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Sollten jedoch weiterhin bundesgesetzgeberische Regelungen ausbleiben, ist es zwingend erforderlich, dass das Land zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung selbst tätig wird. Mit den Schmierereien geht ein Verlust unserer Werte einher. Der Verfall von Ordnung in unserem Lebensraum wird sehr deutlich. Verunstaltungen durch Graffiti könnten durch eine Verordnung der Landesregierung als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. In den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Sachsen, Hamburg und Thüringen wurde bereits auf die zögerliche Haltung der Bundesregierung reagiert. GraffitiSchmierereien werden dort als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet. Es ist schon mehr als peinlich, wenn die SPD-Fraktion im Bundestag keine eindeutige Position bezieht. Aber das ist ja nur ein weiteres Beispiel dafür, dass dort Entscheidungen gern vertagt werden und die Konsequenzen daraus auf dem Rücken unserer Bürgerinnen und Bürger ausgetragen werden.