Protocol of the Session on October 28, 2004

(Hermann Dinkla [CDU]: Womit denn dann?)

- Wir kommen ja noch weiter!

Sie wollen etwas untersuchen, dessen Ergebnis schon bekannt ist. Es gibt ja Erfahrungen:

(Ulf Thiele [CDU]: Wo?)

zum einen aus der extensiven Bewirtschaftung bzw. der Beweidung an etlichen Stellen und zum anderen mit der Mahd. Außerdem hat eine niedersächsische Arbeitsgruppe unter Beteiligung des NLWK die Treibsel-Problematik erforscht und Er

gebnisse vorgelegt, die im Grunde auf das hinauslaufen, was Sie in Ihrem Antrag dargelegt haben. Sie schreiben, dass das Vorkommen der Treibsel-Mengen in erster Linie von Anzahl und Schwere der Sturmfluten, aber nicht oder nur sehr begrenzt von der Nutzung der Salzwiesen abhängt. - Also, was wollen Sie diesbezüglich überhaupt noch an neuen Erkenntnissen gewinnen?

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Wir lassen beweiden!)

Nun zur nächsten Frage: Warum nutzen Sie nicht einfach die vorhandenen Erfahrungen? Was soll denn überhaupt noch an neuen Erkenntnissen erwachsen? - Im Grunde genommen ist das Aktionismus und mehr nicht.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen den Deichverbänden zeigen: Schaut mal her, wir machen was! - Das könnte die Deichverbände vielleicht ein bisschen beruhigen.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Sie sind eine richtige Binnenländerin! - Inse-Marie Ortgies [CDU]: Das müssten die Am- merländer einmal wissen!)

Wenn Sie Treibsel durch Beweidung wirklich vermeiden wollen - und zwar in einer solchen Intensität, dass die Kosten für die Beseitigung gespart werden können; das von Ihnen formulierte Ziel kann ich aus der Sicht der Deichverbände durchaus nachvollziehen -, dann muss sehr viel Pflanzenmaterial den Weg durch die Tiermägen finden. Ansonsten werden Sie es nach wie vor mit Treibsel zu tun haben.

(Inse-Marie Ortgies [CDU]: Also noch mehr Beweidung!)

- Nein, eben nicht! Sie wollen im Grunde genommen nicht die extensive Beweidung, sondern Ihr Antrag zielt auf intensive Beweidung ab.

(Inse-Marie Ortgies [CDU]: Das geht doch gar nicht!)

Das aber ist etwas, was sich mit den Nationalparkzielen nicht vereinbaren lässt.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU )

Sie können das mit einer intensiven Beweidung nicht bewerkstelligen,

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Das will ja auch niemand!)

weil Sie - -

(Unruhe)

Einen kleinen Moment bitte, Frau Kollegin Rakow! - Ich finde es schon sehr fair, sich Argumente und auch Gegenargumente anzuhören. Frau Kollegin Rakow hat das Wort. Alle anderen können sich gerne noch zu Wort melden.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, sprechen Sie bitte weiter!

Danke schön.

An dieser Stelle gelten schlicht und ergreifend die internationalen Anforderungen, und denen unterliegen Sie auch.

Nun lassen Sie uns den beantragten Modellversuch doch einmal gedanklich durchspielen! Es gibt ja Landwirte, die ihre Tiere auf den Salzwiesen weiden lassen. Das ist an einigen Stellen in Ordnung und dient auch dem Interesse des Vogelschutzes; denn manche Vögel bevorzugen diese kurz gehaltenen Flächen.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Manche? Die meisten!)

Das ist in Ordnung, das soll so weiterlaufen, und das ist auch mit den Nationalparkzielen vereinbar.

(Inse-Marie Ortgies [CDU]: Nein!)

Dann gibt es aber auch Wiesen, die sich überhaupt nicht zur Beweidung eignen, die schon deshalb ausscheiden, weil sie zu feucht sind.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Warum sind sie denn feucht?)

Wenn man die Beweidung möchte, dann muss man im Auge behalten, was auf diesen Weiden tatsächlich passiert. Sie wollen Rinder auf diese Weiden treiben. Diese Rinder fressen aber nicht alles kurz, sondern die wählen aus; bei einer extensiven Beweidung von 0,6 bis 1 Rindern pro Hektar hat das Rind ja auch die Möglichkeit dazu.

Das wiederum heißt, manche Pflanzen werden wachsen und damit wieder zu Treibsel werden.

Durch die Beweidung kann also keine Kosten sparende Verminderung erzielt werden; abgesehen davon, dass so ein Rind auch Gelege zertritt und Ähnliches anrichtet.

(Reinhold Coenen [CDU]: Wir warten auf Ihren genialen Vorschlag!)

Wenn Sie die Flächen alternativ durch Schafe beweiden lassen, werden Sie die Erfahrung machen, dass die Schafe alles so kurz halten, dass das Ergebnis nicht mehr mit den Zielen des Nationalparks vereinbart werden kann. Auch das klappt also nicht.

(Inse-Marie Ortgies [CDU]: Auch nicht wahr!)

Außerdem werden Sie erleben, dass die Vegetation durch Schafbeweidung und auch durch Mahd insgesamt homogener wird. Auch das lässt sich mit den Nationalparkzielen nicht vereinbaren.

(Inse-Marie Ortgies [CDU]: Natürlich lässt sich das vereinbaren!)

Also ist die einzige stimmige Konsequenz, dass Sie den Modellversuch sein lassen. Er macht einfach keinen Sinn.

Die Diskussion darüber, wie viel beweidet wird, ist in den Anfangszeiten des Nationalparks geführt worden. In vielen Verhandlungen mit allen Beteiligten sind Kompromisse erarbeitet worden. Man hat sich geeinigt, aber es war schwierig, sich zu einigen. Das Ergebnis dieser Einigung finden wir in diesem fein abgestimmten System zwischen touristischen Ansprüchen, landwirtschaftlicher Nutzung und Schutzstatus eines Nationalparks.

Es gibt überhaupt keinen Grund, daran zu rütteln. Die Zufriedenheit ist zurzeit relativ groß. Dass die Deichverbände vielleicht nicht glücklich sind, das wissen wir. Aber dem müssen wir auf andere Art und Weise abhelfen.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Die Menschen, die hinter dem Deich leben, auch nicht!)

In diese Zufriedenheit packen Sie im Grunde genommen das Spiel: Immer dann, wenn ein bisschen Gras darüber gewachsen ist, kommt der Esel

und frisst es wieder weg, rührt alles auf und das Spiel geht wieder von vorne los.

(Beifall bei der SPD - Inse-Marie Ort- gies [CDU]: Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden! - Wolfgang Ontijd [CDU]: Das ist doch das Letzte!)

Wer die Kosten der Deichverbände senken will, muss sich etwas mehr einfallen lassen. Das funktioniert nicht durch untaugliche Versuche wie den beantragten Modellversuch. Das ist Aktionismus. Wir wollen diese unnötigen Modellversuche mit Placebo-Effekt für die Deichverbände nicht. Wir wollen ein klares Bekenntnis zu den Nationalparkzielen und keine schleichende Unterwanderung: Hier ein bisschen weiden, da ein bisschen mähen, und nachher ist alles weg.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Unerhört!)

Wir wollen wirtschaftlich handeln und nicht unnütz in Modellversuche investieren, die uns nichts Neues an Erkenntnis bringen würden. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)