Ja, CDU und FDP stehen für eine neue Ethik in der Finanzpolitik des Landes Niedersachsen. Wir machen eine Haushaltspolitik - das unterscheidet uns von Ihnen -, die nachfolgende Generationen in Niedersachsen gerechter leben lässt. Wir wollen gerade nicht auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder leben. Deshalb haben wir im Ergebnis gar keine Alternative, als genau diese Sparbeschlüsse dem Niedersächsischen Landtag vorzulegen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Kollege Wenzel zu Wort gemeldet. Herr Wenzel, bitte schön!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Landesregierung hat sich vorgenommen - Herr McAllister hat es eben noch einmal erwähnt -, die Eigernordwand der niedersächsischen Finanzpolitik zu bezwingen. Ich kann nur sagen: Gut gejodelt, Herr Ministerpräsident! Aber gestat
ten Sie mir einen Hinweis: Der Gipfel des Eiger liegt auf 3 970 m Höhe, und einschlägige Bergführer schreiben darüber:
„Seine Nordwand bricht 1 800 m steil in die Tiefe. Dunkle, tiefe Felsschluchten wechseln sich mit gigantischen Eisfeldern ab, und häufig lösen sich unvorhergesehene Steinund Eislawinen. Es gibt nicht viele vergleichbare Anstiege, die sowohl bei unbedarften Touristen als auch bei Profikletterern eine Gänsehaut erzeugen.“
Gestern ließen Sie per Pressemitteilung verbreiten, dass Sie die Wende zu einer nachhaltigen Finanzpolitik konsequent fortsetzen wollen. Mit Ihrem Haushaltsentwurf und der mittelfristigen Finanzplanung werden Sie aber Mühe haben, das Gipfelkreuz auf den knapp 340 m hohen Hildesheimer Bergen zu errichten.
Sie haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die den Landeshaushalt entlasten. Sie haben uns aber zugleich einen Haushaltsplanentwurf vorgelegt, der die Nettoneuverschuldung gegenüber dem Vorjahr ausweitet. Die Veräußerung von Stammkapitalanteilen der NORD/LB an die landeseigene Hannoversche Beteiligungsgesellschaft ist ein Schattenhaushalt: ein Kredit, der zusätzlich zu den vom Landtag bewilligten Krediten aufgenommen werden soll, ein Kredit, der die Nettoneuverschuldung noch über die Marke des Vorjahres hinaustreibt. Herr Möllring, Ihre Behauptung, die Nettokreditaufnahme um 350 Millionen Euro zu senken, ist eine Täuschung der Öffentlichkeit.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben vor anderthalb Jahren eine neue Seriosität in der Haushalts- und Finanzpolitik angekündigt, heute gar eine neue Ethik. Ich weiß nicht, ob das noch
Stattdessen, meine Damen und Herren, haben Sie mit dem Amtsantritt einen alten statistischen Trick angewandt. Das Niveau der letzten Nettoneuverschuldung der Regierung Gabriel haben Sie zur neuen Messlatte erklärt. Im Jargon der Statistiker sagt man: Nachtragshaushalt 2003 gleich 100. Das war Ihre neue Basis. Von hier aus sind Sie dann angetreten, die Nettoneuverschuldung zu senken. Dabei haben Sie unterschlagen, dass diese gigantische Neuverschuldung zu einem guten Teil der Begleichung der Kosten aus dem verlorenen Prozess mit der BEB - aus dem Streit über die Gasförderung im Dollart - geschuldet war. Hierbei sollte es sich eigentlich um einen einmaligen Ausrutscher handeln. Sie haben dieses Niveau der Nettoneuverschuldung zum neuen Standard gemacht und listig versprochen, dass Sie Jahr für Jahr 350 Millionen Euro unter diese Marke gehen wollen. Und jetzt haben Sie selbst diese Messlatte gerissen und reiten das Land noch weiter in die Schulden.
Meine Damen und Herren, die Aufzeichnungen des Statistischen Bundesamtes zur Staatsverschuldung reichen bis ins Jahr 1955 zurück. In sämtlichen Jahren ist die Verschuldung der öffentlichen Haushalte immer nur angestiegen, besonders stark nach der Ölkrise und der Wiedervereinigung. Niedersachsen bildete in der Vergangenheit keine Ausnahme und bildet auch unter der Regierung Wulff keine Ausnahme. Sie, Herr Minister Möllring, werden einer der größten Schuldenmacher in der Geschichte des Landes Niedersachsen sein.
Von allen Steuereinnahmen, Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen werden 2005 laut Ihrer Finanzplanung 17,1 % für Zinsen ausgegeben. Im Landesrechnungshof diskutiert man bereits die Frage, ob der Point of no Return erreicht oder schon überschritten ist.
Meine Damen und Herren, auch der Bundeshaushalt erreicht in diesem Jahr einen neuen Negativrekord. 43,7 Milliarden Euro neue Schulden erwartet Hans Eichel in seinem Nachtragshaushalt. Auch diese Zahl ist nicht tolerabel, sie ist viel zu hoch.
Die Geschichte kennt nur wenige Beispiele für eine erfolgreiche Haushaltsanierung. Beispiele für eine gescheiterte Sanierung der Staatshaushalte gibt es leider sehr zahlreich - und meistens auch mit sehr negativen Folgen.
Im Kern läuft eine überbordende Staatsverschuldung auf eine Privatisierung von Kernbereichen des Staates hinaus. Das mag der FDP vielleicht gefallen, uns aber nicht. In Niedersachsen werden im Jahr 2005 bereits 17,1 % der Steuereinnahmen an private Gläubiger abgeführt, und dabei befinden wir uns nicht in Schlechtwetterzeiten. Im Gegenteil: Wichtige Rahmendaten sind trotz aller Unkenrufe einiger Unternehmerverbände besser als ihr Ruf.
Zum Ersten: Wir haben sehr niedrige Zinsraten. Zum Zweiten: Wir haben für entwickelte Volkswirtschaften ein durchschnittlich gutes Wachstum. Zum Dritten: Wir spüren die nachteiligen Folgen der demografischen Entwicklung bisher nur ansatzweise.
Meine Damen und Herren, Sie, Herr Wulff und Herr Möllring, spielen in dieser Situation ein doppeltes Spiel. Sie kritisieren die Verschuldung des Bundes. Im Land sprechen Sie von Konsolidierung, aber erhöhen die Nettoneuverschuldung mit Schattenhaushalten. Zugleich verweigern Sie sich im Bundesrat einer Politik des Subventionsabbaus, der die Haushalte von Bund und Land nachhaltig entlasten könnte.
- Herr Althusmann, die Abschaffung der Eigenheimzulage ist überfällig. Das hat Ihnen heute nicht nur die größte niedersächsische Zeitung wieder einmal ins Stammbuch geschrieben. Wenn Herr McAllister, der offensichtlich so gerne Talkshows sieht, am Sonntag den Chefvolkswirt der Deutschen Bank gehört hätte, dann wäre auch ihm klar geworden, dass diese Subventionen lediglich zu einer Erhöhung der Grundstücks- und Bauprei
se führen. Das ist der Effekt, den Sie damit auslösen, aber das kann kein Ziel staatlicher Subventionen sein.
Ebenso überfällig sind die Begrenzung der Entfernungspauschale und die Aufhebung der Steuerfreistellung von Flugbenzin, um insgesamt nur drei markante Beispiele zu nennen. Allein 2004 fehlen dem Landeshaushalt Mehreinnahmen in einer Größenordnung von mindestens 300 Millionen Euro, die auch Jahr für Jahr die Mipla und auch die Zinskosten entlasten würden. Meine Damen und Herren, Sie gehen hier nicht voran, sie blockieren lieber im Bundesrat, und Sie blockieren beispielsweise auch bei einer gerechten Bewertung von Immobilien im Erbfall. Hier macht schon selbst der Bundesfinanzhof Druck. Jahr für Jahr fehlen dem Land 50 Millionen Euro in der Kasse. Auch eine konsequente Bekämpfung der Steuerhinterziehung können wir von Ihnen offenbar nicht erwarten. Sie schwächen die Finanzämter durch planlose Kürzungsmaßnahmen, die man beim besten Willen nicht als Verwaltungsreform bezeichnen kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Möllring, bei der Steuerhinterziehung machen Sie den Softie, aber beim Blindengeld und beim Weihnachtsgeld geben Sie den Dirty Hartmut. Dort kann es Ihnen nicht hart genug zugehen.
Frau Ministerin von der Leyen, Sie propagieren die Abkehr vom einkommensunabhängigen Nachteilsausgleich für blinde Menschen - angeblich aus Gründen der Gerechtigkeit. Frau von der Leyen, haben Sie eigentlich einmal Ihren Kollegen Landwirtschaftsminister gefragt, warum er sich nicht für eine einkommensabhängige Zahlung von Subventionen in der Landwirtschaft einsetzt? - Da gäbe es doch wahrlich ein großes Betätigungsfeld. Warum fangen Sie jetzt mit der Durchsetzung dieser Prinzipien ausgerechnet bei den Blinden an?
- Eben nicht, ein bisschen! Wer 300 ha hat, hat immer doppelt so viel gekriegt wie jemand, der 150 ha hat.
Und wie ist es beim Weihnachtsgeld im einfachen und mittleren Dienst? - Herr Wulff, Frau von der Leyen und Herr Möllring, obwohl hier nach Ihren Kürzungen netto nicht viel mehr als der Sozialhilfesatz übrig bleibt, scheuen Sie eine Auseinandersetzung mit den Ärzten, die immer noch erhöhte Beihilfeabrechnungen auf Staatskosten erstattet bekommen.
Meine Damen und Herren, weil Sie im Bundesrat blockieren, müssen Sie auf anderen Feldern einsammeln. Ihre teure Schulreform wird sich rächen. Schon jetzt wird die Unterrichtsversorgung durch allerlei Tricks beschnitten, und nur auf dem Papier kann Kultusminister Busemann den Schein wahren. Eines ist schon jetzt klar: In den Regionen, die von der demografischen Entwicklung am stärksten gebeutelt werden, wird man die Erosion der Dreigliedrigkeit schon in Kürze besichtigen können.
In diesen ländlichen Räumen, meine Damen und Herren von der CDU, wird Ihr System zuerst scheitern. Leiden werden dort zuerst die Hauptschüler, weil man ihnen keine berufliche Perspektive bietet. Sie zahlen einen hohen Preis für die Durchsetzung Ihrer ideologischen Ziele. 10 bis 15 % der Schülerinnen und Schüler bleiben dabei am Ende auf der Strecke und erreichen noch nicht einmal einen Hauptschulabschluss in Ihrem System.
Das ist, Herr Schwarz, ein bildungspolitischer Skandal ersten Ranges! Sie haben keine Antwort auf diese Frage.
Sie haben von diesem Pult aus bisher nicht erklären können, wie Sie verhindern wollen, dass 10 bis 15 % der Schüler hinterher ohne Abschluss aus Ihrem Schulsystem herausgehen. Diese Antwort werden Sie noch geben müssen.
Meine Damen und Herren, auch der Umweltminister, der jetzt leider nicht mehr anwesend ist, lebt im Land seine aufgestauten Aggressionen aus: Kompetenz ist zweitrangig, Hauptsache, es trifft den vermeintlichen politischen Gegner. Aber auf
Den Umwelt- und Naturschutzverbänden, Frau Kuhlo, seit Jahrzehnten Bewahrer, Schützer und Konservierer einer einzigartigen niedersächsischen Kultur- und Naturlandschaft, soll jetzt das professionelle Rückgrat gebrochen werden. Meine Damen und Herren von der CDU, der konservative Koalitionspartner sei gewarnt: Schon einmal hat man in Niedersachsen die Zeichen der Zeit verkannt. Vielleicht hat ja der eine oder andere zumindest Zeit, die letzte Seite und das Nachwort des Buches zu lesen, das der damalige CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Gruhl im Juli 1975 in Barsinghausen am Deister für sein Buch verfasst hat.