Protocol of the Session on September 17, 2004

ausrichten, präzisierte Stratmann in einem dpaGespräch. Aus dem Ministerium hieß es außerdem, dass „in Zukunft nur noch die Projekte gefördert werden, die für alle Niedersachsen wichtig sind“. Der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Dr. Lange, soll darüber hinaus die bisherige Kulturförderpolitik als „niedersächsische Krankheit“ bezeichnet haben, die er heilen wolle.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche besonderen Krankheitsmerkmale und -ausprägungen der bisherigen niedersächsischen Kulturförderpolitik will sie mit der Mittelkürzung und Förderneuausrichtung heilen (bitte unter Nennung des jeweiligen Symptoms und der verordneten Therapie antworten)?

2. Welche Kulturprojekte sind aus ihrer Sicht namentlich für alle Niedersachsen wichtig?

3. Wie verträgt sich das Kriterium des „überregionalen Stellenwerts“ in der Kulturförderung mit der geplanten Änderung der Förderstruktur ab 2005, die nach den Plänen des Ministeriums über die Landschaften und Landschaftsverbände das Element der Regionalität in der Kultur besonders stärken soll?

Zu 1: Die Frage bezieht sich auf ein unrichtiges Zitat. Mit der Pressemitteilung des MWK vom 2. September 2004 (Nr. 64) hat sich die Frage erledigt.

Zu 2: Von herausragender Bedeutung für die Kultur des Landes Niedersachsen ist das ehrenamtliche Engagement der vielen Bürgerinnen und Bürger. Wichtig für alle Niedersachsen ist, dass die im Land entstehenden Kulturprojekte in ihrer Gesamtheit möglichst alle gesellschaftlichen und regionalen Bereiche sowie alle Sparten berühren.

Zu 3: Zwischen dem Kriterium des „überregionalen Stellenwertes“ und der Stärkung regionaler Kulturpolitik besteht selbstverständlich kein Widerspruch! Mit der regionalen Kulturpolitik soll ein neuer Akzent in der Landeskulturpolitik gesetzt werden. Zuvörderst geht es darum, die in den Regionen vorhanden Ressourcen und Potenziale stärker zu bündeln und eine bessere Koordinierung der Aktivitäten zu ermöglichen. Ein zweites Motiv besteht darin, das kulturelle Regionalbewusstsein zu stärken, um die kulturelle Identifikation der Bürger mit ihrer Region - gerade in Zeiten der Globalisierung zu unterstützen. Drittens geht es darum, nicht nur zwischen den kulturellen Akteuren in den Regionen, sondern auch zwischen ihnen und dem Land Kooperation und Partnerschaft aufzubauen. Landespolitisch relevant ist auch ein integrativer Aspekt zwischen den Genres insofern, als im Rah

men der regionalen Kulturpolitik systematisch Bezüge zu Wirtschaft, Tourismus, Freizeit und anderen Politikfeldern hergestellt werden soll. Insgesamt ist die regionale Kulturpolitik ein Versuch der stimulierenden Einflussnahme auf die kulturelle Entwicklung in den Regionen. Dies soll nicht über eine direkte Steuerung von oben, sondern über eine kommunikative, partizipative und partnerschaftliche Herangehensweise geschehen. Von daher kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass die Fraktion der Grünen gegen eine solche Kulturpolitik Einwände haben kann.

Anlage 34

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 38 des Abg. Enno Hagenah (GRÜ- NE)

Stellt Wirtschaftsminister Walter Hirche Tarifautonomie der Tarifpartner bei VW infrage?

Vor wenigen Wochen hat sich Wirtschaftsminister Walter Hirche als Vertreter des Landes und als Mitglied des Aufsichtsrates bei VW zu der aktuellen Auseinandersetzung um verringerte Personalkosten zwischen dem Vorstand und der Belegschaft bzw. deren Vertretern geäußert. Danach begrüßte Minister Hirche die vom Vorstand geforderten 30 % Personalkosteneinsparung - rund 2 Milliarden Euro - in den nächsten sechs Jahren. Ebenso sprach sich Minister Hirche für das Vorhaben des Personalvorstandes Peter Hartz aus, das Einkommen der rund 90 000 VW-Beschäftigten in Niedersachsen in den nächsten zwei Jahren nicht zu erhöhen. Am 1. September bekräftigte Minister Hirche in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung diese Aussagen und wurde zitiert mit den Worten „bei VW werde ich Wiederholungstäter“. Damit greift der Minister selbst eine Auseinandersetzung vor einigen Monaten auf, bei der er über den Verkauf von VW-Anteilen des Landes spekuliert hatte. All diese Äußerungen haben heftige Kritik der Gewerkschaften und der Personalvertretung des größten Konzerns in diesem Bundesland ausgelöst.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt sie die Tatsache, dass ein Vertreter des Landes, das größter Anteilseigner bei VW ist, bei der Auseinandersetzung der Tarifpartner einseitig für die Position der Arbeitgeber Stellung bezieht?

2. Was versteht sie unter Tarifautonomie?

3. Wie ist die besondere Rolle der vom Land entsandten Aufsichtsratsvertreter in Gesellschaften und Unternehmen mit Landesbeteili

gung hinsichtlich ihres Verhaltenskodexes insbesondere bei öffentlichen Äußerungen in Angelegenheiten der Unternehmen definiert?

Die Automobilindustrie befindet sich zurzeit in einem schwierigen globalen Wettbewerbsumfeld. Der VW-Vorstand hat auf diese Herausforderung reagiert. Personalvorstand Dr. Hartz hat einen strategischen Plan vorgelegt, um bis zum Jahr 2011 30 % der Personalkosten einzusparen. Im Gegenzug soll damit erreicht werden, dass bundesweit die 176 000 Arbeitsplätze erhalten werden, davon bei VW selbst 103 000 und in Niedersachsen rund 90 000.

Nach Ansicht des Finanzvorstands der VW AG, Dr. Pötsch, sind nach Pressemeldungen vom 9. September 30 000 Stellen bei VW in Gefahr, wenn eine Nullrunde bei den anstehenden Tarifverhandlungen nicht durchgesetzt werden kann.

Wirtschaftsminister Hirche hat in dieser Situation seiner Besorgnis über die Beschäftigungssituation bei Volkswagen Ausdruck gegeben. In dem Interview vom 24. August 2004 in der Berliner Zeitung hat Minister Hirche geäußert, dass die Sicherung der Arbeitsplätze Priorität haben müsse und die vom Vorstand verlangten Kosteneinsparungen notwendig seien, um den Konzern für die Zukunft zu rüsten. Dabei könne die Senkung der Personalkosten aber nur ein Faktor sein, hinzukommen müsse, dass Qualität und Preis der Fahrzeuge im Wettbewerb standhalten müssten. Und weiterhin, so Minister Hirche: „Die Tarifrunde wird sicher nicht einfach“. Aber: „Die IG Metall ist sich durchaus über die Kostensituation im Klaren. Und die Gewerkschaft ist so realistisch, dass sie weiß, dass es ohne Ausgabensenkungen nicht gehen wird.“

Die Situation bei Volkswagen ist momentan sehr schwierig, und es ist die Aufgabe eines verantwortungsvoll handelnden Wirtschaftsministers, dazu Stellung zu beziehen. Die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen stehen für die Landesregierung im Vordergrund. Das hat mit einer Einmischung in Tarifverhandlungen nicht das Geringste zu tun.

Vor diesem Hintergrund werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1: Mit seinen allgemein gehaltenen Äußerungen über die presseöffentlich diskutierte Kostenund Wettbewerbssituation der Volkswagen AG hat sich Minister Hirche in der bevorstehenden Tarifauseinandersetzung nicht zu konkreten Forderun

gen oder bestimmten Verhandlungspositionen geäußert, insbesondere hat er keine einseitige Stellung für die Position der Arbeitgeberseite bezogen. Es handelt sich vielmehr um eine wirtschaftspolitische Stellungnahme in einer für das Land Niedersachsen bedeutsamen Angelegenheit, die vom Niedersächsischen Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr erwartet wird.

Zu 2: Nach Auffassung der Landesregierung hat sich die Tarifautonomie bewährt. Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland und sichert den Tarifvertragsparteien das Recht, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder in kollektiven Verträgen mit zwingender Wirkung grundsätzlich selbständig ohne staatliche Einflussnahme zu regeln. Die Tarifautonomie ist durch Artikel 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich geschützt. Wie die Koalitionsfreiheit ist sie aber nicht jedwedem staatlichem Eingriff entzogen. Gesetzliche Beschränkungen sind jedoch nur zum Schutz anderer Rechtsgüter oder von Gemeinwohlbelangen mit Verfassungsrang im Rahmen der Verhältnismäßigkeit möglich. Durch die Tarifautonomie wird nicht die Meinungsfreiheit und insbesondere nicht das Recht der Landesregierung eingeschränkt, sich zu Tarifangelegenheiten wirtschaftspolitisch zu äußern, die für das Land Niedersachsen bedeutsam sind und die von den Tarifvertragsparteien selbst öffentlich diskutiert werden.

Zu 3: Die auf Veranlassung des Landes in den Aufsichtsrat von landesbeteiligten Gesellschaften entsandten Mitglieder haben neben den einschlägigen aktienrechtlichen Vorschriften §§ 95 bis 116 AktG auch § 65 Abs. 6 LHO zu beachten, wonach sie bei ihrer Tätigkeit auch die besonderen Interessen des Landes zu berücksichtigen haben. Aufsichtsratsmitglieder haben gemäß § 116 in Verbindung mit § 93 AktG über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Zweifellos nicht hierunter fällt eine Meinungsäußerung zu Erklärungen von Arbeitnehmerund Arbeitgebervertretern im Vorfeld von üblichen Tarifauseinandersetzungen, die bereits über die öffentlichen Medien bekannt gemacht worden sind. Über die genannten Vorschriften hinausgehende Regelungen im Sinne der Frage 3 existieren nicht.

Anlage 35

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 39 der Abg. Ina Korter (GRÜNE)

Ausgleichszahlungen für Schulbuchausleihe an Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld IIEmpfängerinnen und -Empfänger

Kultusminister Busemann hat am 11. März 2004 im Landtag versichert, dass Leistungsberechtigte nach dem Bundessozialhilfegesetz und nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht mit den Kosten für die Ausleihe von Lernmitteln belastet werden sollen. Er hat weiterhin festgestellt, dass nach dem Konnexitätsprinzip die Kosten für die Lernmittel für diese Kinder vom Land zu tragen sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Eltern der schulpflichtigen Kinder in Niedersachsen werden nach Kenntnis bzw. nach den Vorausberechnungen der Landesregierung

a) Sozialgeldempfängerinnen und -empfänger nach SGB XII,

b) Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II nach SGB II und

c) Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sein und sollen demnach von den Kosten für die Ausleihe von Lernmitteln freigestellt werden?

2. Welche Kosten werden nach den Kalkulationen der Landesregierung den Kommunen entstehen, um die Kosten für die Ausleihe von Lernmitteln für die Eltern der Gruppe a), der Gruppe b) und der Gruppe c) übernehmen zu können?

3. Wie und wann wird das Land diese Kosten den Kommunen erstatten?

Die von der Landesregierung beschlossene entgeltliche Ausleihe von Lernmitteln ist zum Beginn des Schuljahres 2004/05 an den Schulen weitgehend reibungslos durchgeführt worden. Der vorhandene Bücherbestand - auch der von den ehemaligen Orientierungsstufen - ist in sinnvoller Weise genutzt worden. Durch die Einnahmen aus der Ausleihe und die vom Land zur Verfügung gestellten Mittel sind in großem Umfang Neuanschaffungen von Lernmitteln möglich geworden. Die Versorgung der niedersächsischen Schülerinnen und Schüler mit Lernmitteln ist damit gewährleistet.

Aufseiten der Eltern lässt sich eine große Akzeptanz gegenüber dem Ausleihverfahren feststellen:

Nach den ersten vorliegenden Zahlen haben sich mehr als 80 % der Eltern für eine Ausleihe der Lernmittel entschieden. Zahlreiche Rückmeldungen, die von Eltern im Kultusministerium eingegangen sind, machen deutlich: Die Eltern sind durchaus bereit, sich in einem angemessenen Umfang an den Kosten für die Lernmittel ihrer Kinder zu beteiligen.

Welche Veränderungen sich unter dem Stichwort „Hartz IV“ im Hinblick auf die Freistellung einzelner Personen von dem Entgelt für die Ausleihe noch ergeben werden, kann zurzeit noch niemand genau abschätzen. Die Anzahl der Personen, die Sozialgeld nach SGB II erhalten werden, wird sich erst im Laufe des ersten Halbjahres 2005 ergeben. Entsprechendes ist von der Landesregierung bereits in der Landtagssitzung am 11. März 2004 vorgetragen worden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1 a) und 1 b): Zum Ende des Jahres 2003 gehörten zu der Elterngruppe, die unter den Fragen 1 a) und 1 b) angesprochen wird, rund 122 000 schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Die genaue Anzahl der Eltern, die zukünftig zu dem unter 1 a) und 1 b) angesprochenen Personenkreis gehören werden, wird im Wesentlichen von der Entwicklung des Arbeitsmarktes abhängig sein. Exakte Vorausberechnungen hierzu sind deshalb nicht möglich.

Unter der Annahme einer unveränderten Situation auf dem Arbeitsmarkt wird sich die entsprechende Anzahl der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen in der oben genannten Größenordnung bewegen. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass zukünftig nur noch wenige schulpflichtige Kinder und Jugendliche im Leistungsbereich des SGB XII stehen werden; denn die Elterngeneration wird aufgrund des erwerbsfähigen Alters zum größten Teil dem SGB II zuzuordnen sein.

Zu 1 c): Nach der Asylbewerberleistungsstatistik 2003 hielten sich im letzten Jahr 7 929 Kinder und Jugendliche, die zu der unter 1 c) angesprochenen Elterngruppe gehören, in Niedersachsen auf. Diese Anzahl hat sich in den vergangenen Jahren nicht gravierend verändert. Deshalb wird für dieses Jahr und auch für das kommende Jahr von einer Zahl in der oben genannten Größenordnung aus

gegangen. Statistische Angaben über die Anzahl der Eltern mit schulpflichtigen Kindern liegen für diesen Bereich nicht vor. Von einer Erhebung wurde wegen des damit verbundenen erheblichen Zeit- und Verwaltungsaufwandes abgesehen.

Zu 2: Als Kosten für die Freistellung vom Entgelt für den in der Frage genannten Personenkreis werden von der Landesregierung rund 5 Millionen Euro veranschlagt. Diese Zahl ist bereits am 30. April 2004 in der Antwort der Landesregierung zu Frage 13 der Großen Anfrage der Fraktion der SPD vorgetragen worden. Für die Kommunen werden durch die entgeltliche Ausleihe von Lernmitteln keine zusätzlichen Belastungen entstehen.

Zu 3: Auch zu dieser Frage wird auf die Antwort der Landesregierung zu der Großen Anfrage der Fraktion der SPD vom 30. April 2004 verwiesen. Soweit die Kommunen für den betroffenen Personenkreis auch weiterhin zuständig sein sollten, kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: erstens eine Erstattung der Ausleihkosten an die Kommunen, zweitens eine direkte Zuweisung von Mitteln aus dem Haushalt des Kultusministeriums an die Schulen.