Im Jahre 2004 stehen den Gesamtausgaben des Justizhaushalts in Höhe von 950 Millionen Euro Einnahmen von nur 369 Millionen Euro gegenüber.
Daraus ergibt sich ein Zuschussbedarf in Höhe von 581 Millionen Euro, der aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht werden muss.
Der Kostendeckungsgrad ist in den einzelnen Gerichtsbarkeiten höchst unterschiedlich. Er beträgt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit einschließlich der Staatsanwaltschaften ca. 50,7 %, in der Verwaltungsgerichtsbarkeit 13,1 %, in der Finanzgerichtsbarkeit 17,8 %, in der Arbeitsgerichtsbarkeit 10,1 % und in der Sozialgerichtsbarkeit 14,0 %.
Die Ausgaben für beigeordnete Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind innerhalb der letzten fünf Jahre um rund 28 % gestiegen. Sie lagen im Jahre 1998 allein in der ordentlichen Gerichtsbarkeit bei 38,2 Millionen Euro und stiegen im Jahr 2003 auf 48,9 Millionen Euro. Wegen der am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Erhöhung der Anwaltsgebühren ist mit einem weiteren deutlichen Ausgabenanstieg zu rechnen.
Bei dieser Sachlage müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Kostendeckungsgrad der Justiz zu verbessern und die Ausgaben des Landes zu begrenzen. Dazu gehört auch eine Überprüfung der Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe. Das Niedersächsische Justizministerium hat die dazu erforderlichen Schritte eingeleitet. Auf seinen Vorschlag hat sich die Justizministerkonferenz im Herbst 2003 mit der Thematik befasst. Sie hat einstimmig die Absicht Niedersachsens begrüßt, gemeinsam mit den übrigen Ländern und dem Bundesministerium der Justiz Vorschläge zu prüfen, die zu einer Begrenzung der Ausgaben beitragen können.
Zu 1: Die Prüfung, welche Rechtsänderungen zur Erreichung der angestrebten Ausgabenbegrenzung im Bereich der Prozesskostenhilfe geeignet sind, ist noch nicht abgeschlossen. Derzeit werden unter den Landesjustizverwaltungen und dem Bundesministerium der Justiz insbesondere folgende Maßnahmen diskutiert:
- Verpflichtung der Partei, im Falle ihres teilweisen Obsiegens erstrittene Beträge in vollem Umfang zur Begleichung der Prozesskosten einzusetzen,
- Erleichterung der Änderung von Bewilligungsbescheiden im Falle einer Änderung der finanziellen Situation der Partei,
- Verpflichtung der Partei, dem Gericht wesentliche Änderungen ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unaufgefordert mitzuteilen,
- Übertragung der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom Richter auf den Rechtspfleger.
Erst nach Abschluss der Prüfung wird die Landesregierung darüber entscheiden können, welche Änderungen des Rechts der Prozesskostenhilfe weiterverfolgt werden sollen.
Zu 2: Zur Reform der Prozesskostenhilfe ist eine Änderung der Zivilprozessordnung erforderlich. Die Landesregierung beabsichtigt, dem Bundesrat nach Abschluss der in der Antwort auf Frage 1 genannten Prüfung einen Gesetzesantrag zuzuleiten, der die erforderlichen Rechtsänderungen enthält.
des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 8 der Abg. Ursula Helmhold (GRÜNE)
Die Landesregierung plant, das Landesblindengeld mit Wirkung vom 1. Januar 2005 ersatzlos zu streichen, und verweist auf die Leistungen nach § 67 BSHG, die bedürftige Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger auffangen würden. Mit In-Kraft-Treten des SGB XII zum 1. Januar 2005 werden sich jedoch die Voraussetzungen zum Bezug der Blindenhilfe verändern.
1. Wie gestalten sich die Einkommens- und Vermögensgrenzen nach § 67 BSHG und zukünftig nach SGB XII?
2. Wie viele Blinde wären derzeit nach § 67 BSHG anspruchsberechtigt, und wie viele werden zukünftig nach SGB XII anspruchsberechtigt sein?
3. Mit welchen Belastungen der Sozialhilfeträger im Rahmen des Quotalen Systems rechnet die Landesregierung?
In Niedersachsen erhalten Zivilblinde und hochgradig Sehschwache bislang ein Landesblindengeld zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen. Unabhängig von ihrer Einkommensund Vermögenssituation erhalten diese Personen zurzeit einen Betrag von bis zu 409 Euro im Monat.
Die Landesregierung wird dem Landtag im Kontext der Vorlage des Haushaltsplanentwurfs 2005 vorschlagen, diese Leistung aus Gründen der Haushaltskonsolidierung und strukturellen Anpassung zum 31. Dezember 2004 einzustellen. An ihre Stelle tritt die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII, die sich in ihrer Höhe am Einkommen und Vermögen der Antragssteller orientiert.
Bisher sieht das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für die Hilfe in besonderen Lebenslagen (HbL) je nach Hilfeart drei unterschiedlich Einkommensgrenzen vor. Diese setzen sich für die alten Bundesländer aus folgenden Grundbeträgen zusammen:
- Allgemeine Einkommensgrenze nach § 79 Abs. 1 u. 2 BSHG 569 Euro (Voraussetzung: grundsätzlicher HbL-Anspruch) ,
- besondere Einkommensgrenze nach § 81 Abs. 1 BSHG 853 Euro (Voraussetzung: insbesondere Eingliederungs- hilfe in stationärer und teilstationärer Betreuung und Hilfe zur Pflege) ,
- bes. Einkommensgrenze nach § 81 Abs. 2 BSHG 1 705 Euro (Voraussetzung: Schwerstpflegebedürftigkeit oder Blindenhilfe).
Hinzuzurechnen sind Unterkunftskosten sowie Familienzuschläge. Übersteigt das Einkommen der Betroffenen diese Einkommensgrenze, so ist ein angemessener Kostenbeitrag durch den zuständigen Sozialhilfeträger zu fordern. Nach dem
Mit der ab 2005 geltenden Rechtslage gemäß § 85 SGB XII ist durch den Bundesgesetzgeber eine einheitliche Einkommensgrenze für die Hilfe in besonderen Lebenslagen geschaffen worden. Diese liegt bei 690 Euro zuzüglich der Unterkunftskosten und etwaiger Familienzuschläge. Bei einem Einkommen über der Einkommensgrenze ist auch künftig ein angemessener Kostenbeitrag einzufordern, der für blinde Menschen in § 87 Abs. 1 SGB XII mit höchstens 40 % des übersteigenden Einkommens festgelegt wurde.
Das Landesblindengeld wird von den Kommunen bis zum 31. Dezember 2004 an blinde Bürgerinnen und Bürger ohne Anrechnung von Vermögen gezahlt. Nach der derzeitigen Rechtslage (BSHG) ist gemäß § 88 Abs. 2 BSHG eine Reihe von Vermögensgegenständen geschont. Das geldwerte „Schonvermögen“ im Rahmen der Durchführungsverordnung nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG, bezogen auf die Blindenhilfe nach § 67 BSHG, beläuft sich auf 4 091 Euro (ohne Anrechnung eventueller Anteile von Haushaltsangehörigen). Das geldwerte „Schonvermögen“ im Rahmen der Durchführungsverordnung nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII bezüglich Blindenhilfe nach § 72 SGB XII beläuft sich auf 2 600 Euro (ohne Anrechnung eventueller Anteile von Haushaltsangehörigen). Außerdem sieht das Gesetz eine besondere Härtefallregelung vor.
Ab 2005 tritt an die Stelle des § 88 Abs. 3 BSHG der § 90 Abs. 3 SGB XII. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Neunten Kapitel des SGB XII (u. a. bei Blindenhilfe nach § 72 SGB XII) insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würden. Durch den § 90 Abs. 3 SGB XII wird - wie bisher auch beim Einsatz von Vermögen ein Beurteilungsspielraum eröffnet.
Zu 2 und 3: Die Gewährung der Blindenhilfe nach dem SGB XII steht unter dem Vorbehalt des vorrangigen Einsatzes von Einkommen und Vermögen. Da das Landesblindengeld unabhängig von Einkommen und Vermögen gewährt wird, bestand weder ein Anlass noch eine rechtliche Grundlage, hierzu Daten zu erheben, sodass weder den Kommunen noch dem Land belastbare Daten über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse blinder Menschen vorliegen. Deshalb kann eine sichere Aussage über die mögliche Anzahl der derzeitigen oder zukünftigen Anspruchsberechtigten von Blindenhilfe sowie eine konkrete Quantifizierung der Belastungen der Sozialhilfeträger, die einer Überprüfung standhalten würde, zurzeit nicht erfolgen.