Protocol of the Session on June 25, 2004

Für Biokraftstoffe sind wie für die Bioenergie folgende Eigenschaften charakteristisch:

Sie werden dezentral erzeugt,

sie helfen, fossile Ressourcen zu schonen,

sie tragen zur Verringerung der Treibhausgase bei,

sie machen uns von den fossilen Energieträgern unabhängiger,

sie schaffen Arbeitsplätze und Wertschöpfung auf dem Land,

und sie bieten der Landwirtschaft zusätzliche Einkommen.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen des Abgeordneten Große Macke wie folgt:

Zu 1: Das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium befasst sich seit über 20 Jahren intensiv mit der Entwicklung der energetischen Nutzung von Biomasse. Erste Ansätze gab es schon in den 80ziger-Jahren unter der damaligen Landesregierung Albrecht. Vor dem Hintergrund der ersten Ölkrise sollte Bioethanol als erneuerbarer Treibstoff in einer ersten großen Pilotanlage in Niedersach

sen erzeugt werden. Leider waren die Rahmenbedingungen zu der damaligen Zeit in Europa noch nicht reif für regenerative Kraftstoffe. Dagegen konnte sich Biodiesel dank des niedersächsischen Engagements als erster regenerativer Treibstoff in Deutschland am Markt etablieren.

Für Niedersachsen als großem Agrarland und als „Heimat“ von VW besitzt die neue Sunfuel-Strategie eine große Bedeutung. Durch Vergasung von fester Biomasse sollen künftig synthetische Kraftstoffe, Sunfuel oder BTL-Kraftstoffe genannt, erzeugt werden. Aus diesen Gründen unterstützt die Landesregierung die Entwicklung regenerativer Sunfuel-Kraftstoffe. Als Beispiele seien hier ein Projekt beim Clausthaler Umwelttechnik-Institut, der CUTEC, zur Biomassevergasung und auf der Rohstoffseite die Pflanzenzüchtung, der Energiepflanzenackerbau und die Logistik genannt. Das Landwirtschaftsministerium erarbeitet die Rohstoffseite im Hinblick auf die Pflanzenzüchtung, das Energiefarming und die Logistik.

Unsere 2003 vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Bundesland Brandenburg und der Volkswagen AG, der in diesem Jahr das Land Hessen beigetreten ist, hat den Schwerpunkt der Rohstofferzeugung. Im Rahmen dieser Vereinbarung werden Projekte von der Ertragssteigerung bei Energiepflanzen über Feldenergieholz bis hin zu SunfuelModellregionen realisiert. Für die Land- und Forstwirtschaft werden neben der Biomasseproduktion auf verschiedenen Standorten die Ernte und die Biomasselogistik im Blickpunkt stehen.

Zu 2: Schon der Blick auf die Biodieselproduktion in Deutschland und dem damit verbundenen Rapsanbau auf etwa 600 000 ha zeigt die enorme Auswirkung der Biokraftstoffstrategie auf Landwirtschaft und Industrie. Derzeit gibt es in Deutschland 23 Produktionsanlagen mit einer Biodieselkapazität von 1 Million t. Dazu gehören auch die niedersächsischen Anlagen in Leer und in Wittingen. Vier weitere Anlagen mit einer Kapazität von etwa 300 000 Jahrestonnen befinden sich deutschlandweit in Vorbereitung.

Durch die grundsätzliche Steuerbefreiung aller erneuerbaren Kraftstoffe sind die Rahmenbedingungen für eine Bioethanolproduktion gegenüber 1980 sehr stark verbessert. Es werden in diesem Jahr drei große Bioethanolanlagen mit einer Gesamtkapazität von 505 000 Jahrestonnen in Deutschland gebaut. Der Rohstoff für diese Anlagen wird in erster Linie Getreide, vor allem auch Roggen, sein.

Sollte sich die Sunfuel-Strategie technisch und wirtschaftlich realisieren lassen, werden vermutlich land- und forstwirtschaftliche Rohstoffe noch viel größere Marktpotenziale besitzen.

Zu 3: Die Ertragsmöglichkeiten je Hektar Energiepflanzenanbau sind in der jetzigen Situation bei Biodiesel und Bioethanol mit denen für die Nahrungsmittelproduktion vergleichbar. Durch die zusätzliche erhebliche Nachfrage nach Raps oder Getreide gibt es Wechselwirkungen zwischen den Märkten, die auch zu einer Stabilisierung der Preise beitragen können. Durch diese Nachfrage wird ein zusätzlicher Flächenbedarf mit zusätzlichen Produktionsmengen erzeugt. Neue Biokraftstoffe wie z. B. Sunfuel werden nur dann eine Produktion von Biomasse in der Landwirtschaft zur Folge haben, wenn die Landwirte im Vergleich zur Nahrungsmittelproduktion mindestens die gleichen Deckungsbeiträge je Hektar erzielen können. Durch die zu beobachtenden Anstrengungen der Pflanzenzüchter, neue Sorten für den Energiepflanzenanbau mit einer angestrebten Trockenmasseerzeugnung von bis zu 25 t je Jahr und Hektar zu finden, sind entsprechende Deckungsbeiträge mit Sicherheit zu erwarten. Der Einstieg in die nächsten Wertschöpfungsstufen ist für die Landwirtschaft bei der Biokraftstoffproduktion anders als bei Biogas eher unwahrscheinlich. Ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein für die Landwirtschaft wird deshalb von mir am ehesten in der Biomassenaufbereitung und -logistik gesehen.

Anlage 2

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 6 des Abg. Bernd Althusmann (CDU)

Finanzexperten sehen gefährliches Spiel Eichels in der Finanzpolitik; Bundesfinanzministerium will mit gelockertem Investitionsbegriff den Spielraum für neue Schulden erhöhen

Wie die Wirtschaftswoche vom 22. April 2004 berichtet, bestehen in der rot-grünen Bundesregierung zurzeit Überlegungen, den Investitionsbegriff für den Bundeshaushalt zu erweitern. Beamte des zuständigen Bundesfinanzministeriums haben danach einen entsprechenden Auftrag der Hausleitung bestätigt. Auch nach Auffassung der haushaltspolitischen Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Antje Hermenau, ist der Investitionsbegriff, so wie er derzeit geregelt ist, schon seit langem „nicht mehr zeitgemäß“.

Ziel sei es, künftig alle „wachstums- und nachhaltigkeitswirksamen öffentlichen Ausgaben“ wie z. B. Ausgaben für Wissenschaft und Forschung, Schulen und Kindergärten, Umwelt und Naturschutz, familienpolitische Maßnahmen sowie die Förderung erneuerbarer Energien in den Definitionsumfang für Investitionen mit einzubeziehen.

Nach Meinung von Finanzexperten betreibt Eichel damit allerdings ein gefährliches Spiel mit der Finanzpolitik; denn eine Ausweitung der Definition birgt erhebliche Risiken. Nach Artikel 115 des Grundgesetzes dürfen nämlich die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten. Je mehr artfremde Haushaltsausgaben daher unter dem Investitionsbegriff zusammengefasst werden können, umso größer ist der Spielraum für neue Schulden und umso später ist der Punkt erreicht, an dem die zulässige Verfassungsgrenze für den Haushalt überschritten wird.

In weiser Voraussicht haben daher bereits die Verfassungsrichter während der sozial-liberalen Koalition unter Helmut Schmidt dem Investitionsbegriff enge Grenzen gesetzt, weil sie durch die damaligen Zukunftsinvestitionsprogramme eine ausufernde Staatsverschuldung befürchteten. Aus gutem Grund hat der Gesetzgeber damals den Investitionsbegriff vor allem auf so genannte harte Investitionen beschränkt; dabei handelt es sich in erster Linie um Baumaßnahmen, den Erwerb von beweglichen Sachen und Beteiligungen sowie Darlehen und Gewährleistungen.

Eichels vordringlichstes Ziel dürfte aber zurzeit sein, einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen, nachdem absehbar ist, dass er bereits im vierten Jahr in Folge den EU-Stabilitätspakt nicht wird einhalten können. Er wird daher von der rot-grünen Bundestagsfraktion gedrängt, die neue Definition bereits für den Haushalt 2005 anzuwenden.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Wie ist nach ihrer Kenntnis der aktuelle Sachstand zu entsprechenden Überlegungen oder Maßnahmen der Bundesregierung?

2. Wie bewertet sie die Pläne und Maßnahmen der Landesregierung vor dem Hintergrund des EU-Stabilitätspaktes, der Ergebnisse der jüngsten Steuerschätzung sowie der aktuellen Forderung der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe von Bund und Ländern vom 7. Mai 2004, die ausufernde Staatsverschuldung zu stoppen?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, dem Vorhaben der Bundesregierung entgegenzuwirken?

Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte hat mit rund 1,3 Billionen Euro bedrohliche Ausmaße

angenommen. Die dramatische Situation, in der sich die öffentlichen Haushalte befinden, zeigt, dass sich die in Artikel 115 Abs. 1 des Grundgesetzes und in den meisten Länderverfassungen enthaltene Höchstbegrenzung der Einnahmen aus Krediten auf die Höhe der Ausgaben für (eigenfi- nanzierte) Investitionen im Ergebnis nicht bewährt hat. So muss Niedersachsen für die rund 2,5 Milliarden Euro, die wir voraussichtlich in 2004 aufnehmen müssen, rein rechnerisch über 100 Millionen Euro jährlich an Zinsen zahlen. Der Etat einer Kleinstadt, wie z. B. Springe, liegt bei rund 53 Millionen Euro. Das bedeutet, wir geben Jahr für Jahr das zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur zweier Kleinstädte erforderliche Budget nur für die Bedienung neuer Zinsverpflichtungen aus.

Die geltenden gesetzlichen Regelungen zur Begrenzung der Schuldenaufnahme waren deshalb weitgehend unwirksam, weil die im Grundgesetz und in den vergleichbaren Vorschriften der Länder maßgebliche Investitionssumme zu weit gefasst ist. Wir zahlen heute Zinsen für die kreditfinanzierte Beschaffung von Kraftfahrzeugen, Computern etc., die schon längst abgängig und nicht mehr vorhanden sind. Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder fordern hierzu zutreffend, den Investitionsbegriff zumindest so einzugrenzen, dass Wertverluste, Vermögensveräußerungen, Darlehensrückflüsse und die Inanspruchnahme von Gewährleistungen von der Investitionssumme abgesetzt werden müssen. Den kommenden Generationen kann insbesondere auch vor dem Hintergrund der ungünstigen demografischen Entwicklung nicht zugemutet werden, Zinsbelastungen für zwischenzeitlich wertlos gewordene oder nicht mehr vorhandene Investitionsgüter zu tragen.

Bezogen auf die Überlegungen der Bundesregierung, den Investitionsbegriff z. B. auch auf Ausgaben für die Berufsausbildung auszuweiten, würden sich bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung beispielsweise die aufgrund eines Studiums entstandenen Belastungen für das Land erst im Laufe der Berufszeit, also in einem Zeitraum von ca. 40 Jahren, amortisieren. Amortisierung bedeutet aber auch Tilgung. Würde der Bundesfinanzminister die bisherige Praxis auch um solche Kredite ausweiten, müssten unsere Enkel noch die Ausbildungskosten von heute finanzieren - ein Fall, der die ganze Absurdität dieses Vorschlags deutlich macht. Die Landesregierung jedenfalls vertritt hierzu die Auffassung, dass es aus Gründen der Generationengerechtigkeit sinnvoller ist, die Belastungen für den Landeshaushalt bereits heute z. B.

durch die Erhebung von Studiengebühren und konsequentes Sparen so gering wie möglich zu halten, anstatt den Investitionsbegriff weiter aufzuweichen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Landesregierung liegen keine originären Erkenntnisse zu entsprechenden Überlegungen der Bundesregierung vor.

Zu 2: Alle Maßnahmen, die zu einer Ausweitung des Defizits führen können, insbesondere dann, wenn dies bereits für 2005 gelten soll, gefährden zusätzlich die Einhaltung der 3 %-Grenze des EUStabilitätspakts und widersprechen dem aktuell am 16. Juni2004 im Finanzplanungsrat gefassten Beschluss, wonach sich Bund und Länder in der Zielsetzung einig sind, bereits in 2005 die 3 %-Grenze zu unterschreiten. Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben auf ihrer Konferenz vom 3. bis 5. Mai 2004 auf die Dramatik der Verschuldungsentwicklung bei Bund und Ländern hingewiesen und halten ein schnelles und entschlossenes Handeln der politisch Verantwortlichen für erforderlich, um finanzielle Freiräume für zukunftsgerichtete Aufgaben wiederherzustellen. Neben einer notwendigen Eingrenzung des Investitionsbegriffs fordern sie insbesondere eine neu zu entwickelnde nationale Verschuldungsregel, die in wirtschaftlichen Normalzeiten keine Haushaltsfinanzierung durch Kredite erlaubt.

Soweit eine Aufnahme von Krediten jedoch ausnahmsweise - etwa in wirtschaftlichen Krisenzeiten - zugelassen wird, wäre eine Tilgung dieser Kredite bereits bei der Schuldenaufnahme verbindlich zu regeln.

Die Überlegungen der Bundesregierung bezüglich einer Lockerung des Investitionsbegriffs sind vor dem Hintergrund der derzeitigen Finanzlage und der Verschuldungssituation im öffentlichen Bereich daher kontraproduktiv, weil hierdurch Spielraum für eine höhere Verschuldungen geschaffen würde. Derartige Überlegungen zeigen, dass die Bundesregierung das bedrohliche Ausmaß der Verschuldung der öffentlichen Haushalte verkennt und eine weitere unverantwortbare Belastung der kommenden Generationen durch zusätzlich zu finanzierenden Zinsausgaben in Kauf nimmt.

Zu 3: Der Investitionsbegriff ist in § 10 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haus

haltsgrundsätzegesetz) abschließend definiert. Als Ausgaben für Investitionen werden danach in ständiger Staatspraxis von Bund und Ländern - seit Einführung des gemeinsamen Gruppierungsplans in 1969 - diejenigen Ausgaben bezeichnet, die den Hauptgruppen 7 und 8 des Gruppierungsplans zuzuordnen sind. Bund und Länder sind nach dem Gesetzgebungsauftrag des Haushaltsgrundsätzegesetzes verpflichtet, ihr Haushaltsrecht nach den in diesem Gesetz festgelegten Grundsätzen zu regeln, um die Einheitlichkeit des Haushaltsrechts und der Haushaltssystematik im Bundesgebiet zu wahren. Eine gleich lautende gesetzliche Begriffsbestimmung ist daher sowohl in § 13 Abs. 3 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) als auch in § 13 Abs. 3 Satz 2 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO) enthalten. Die Vorschriften des Haushaltsgrundsätzegesetzes können nur mit Zustimmung des Bundesrates geändert werden.

Anlage 3

Antwort

des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 7 der Abg. Isolde Saalmann (SPD)

Qualität beim Denkmalschutz muss erhalten bleiben

Der Denkmalschutz in Niedersachsen ist gut aufgestellt und hat sich bis heute als Instrument der Bewahrung unseres vielfältigen kulturellen Erbes in den unterschiedlich strukturierten Regionen unseres Landes bewährt. Vor dem Hintergrund der von der Landesregierung geplanten Verwaltungsreform und insbesondere der Auflösung der Bezirksregierungen besteht ein hohes Maß an Unsicherheit, wie die existierende Qualität des Denkmalschutzes in den Regionen vor Ort im Flächenland Niedersachsen erhalten werden kann. Es existiert zwar der Abschlussbericht der Projektgruppe „Neuordnung der Denkmalpflege“ vom 3. Dezember 2003, aber bis heute hat die Landesregierung keine konkreten Vorschläge zur Neuordnung vorgestellt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann wird der Landtag unterrichtet, wie die Denkmalpflege im Rahmen der Auflösung der Mittelinstanz neu organisiert werden soll?

2. Wie wird sichergestellt, dass der regionale Bezug insbesondere im ländlichen Raum gewährleistet bleibt?

3. Wann wird ein Konzept vorgelegt, wie die spezifischen regionalen Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Denkmalschutzdezernate

trotz der geplanten Zentralisierungen im Denkmalschutz erhalten bleiben können?