Protocol of the Session on May 27, 2004

Frau Merk, beim Beteiligungsföderalismus geht im Wesentlichen darum: Gesetze, mit denen die Bundesregierung in die Kompetenz der Länder eingreift, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Wenn es um die Ausführung dieser Bundesgesetze durch die Länder bzw. um das Verwaltungsverfahren geht, greifen die Artikel 84 und 85 ff.

(Bernd Althusmann [CDU]: Als ehe- malige Justizministerin hätte sie das aber wissen müssen!)

- Das wird sie natürlich wissen, aber ich kann ja noch ein bisschen helfen.

Durch den Kompetenzsog in Richtung Bund werden die Artikel 84 und 85 ff. in der Umsetzung natürlich viel stärker in Anspruch genommen. Dadurch kommt diese Verflechtung zustande, dass der eine nicht mehr alleine entscheiden kann, wodurch der andere in der Lage ist, bestimmte Dinge grundsätzlich neu zu bestimmen.

Daran krankt unsere Verfassung, und daran krankt auch die Schnelligkeit der Umsetzung von politischen Entscheidungen. Und weil das so ist, hat die Föderalismuskommission meines Erachtens auch die Chance, tatsächlich zu einem Erfolg zu kommen. Denn vom Prinzip her hat der Bund das Interesse, möglichst viel ganz alleine zu entscheiden, während die Länder eigene Hoheitsrechte bekommen möchten. Wegen der von mir geschilderten Verknüpfung ist das aber nicht gewährleistet. Deshalb sind beide Seiten daran interessiert, zu einer Entflechtung zu kommen. - Soweit zum Beteiligungsföderalismus.

Beim Gestaltungsföderalismus gibt es durch diese Entflechtung originäre Kompetenzen des Bundes, die eigenverantwortlich ohne die weitgehende Zustimmung der Länder umgesetzt werden können. Die Länder können das für bestimmte Bereiche in ihrem Umfeld auch tun.

Ich hoffe, ich habe Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Kollege Möhrmann stellt ebenfalls seine letzte Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, vor dem Hintergrund, dass sicherlich viele in diesem Parlament Kommissionserfahrung haben, frage ich die Landesregierung: Sind Sie tatsächlich der Auffassung, dass sich Kommissionsarbeit darauf erstrecken sollte, dort zu sitzen, zuzuhören, zu berichten und darauf zu warten, welche Empfehlungen die Kommission letztlich abgibt? So ist das bisher gewesen. Oder werden Sie zukünftig ganz bestimmte Positionen - z. B. im Sinne der Entschließung der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden dort vertreten?

Vielen Dank. - Frau Ministerin, bitte schön!

Herr Möhrmann, das ist eine Unterstellung. Herr Wulff hat bereits ausgeführt, wie wir reagieren und wie wir arbeiten. Wir sprechen heute von der Arbeit der Föderalismuskommission. Die Föderalismuskommission hat Arbeitsgruppen gebildet, und diese Arbeitsgruppen haben wiederum Unterarbeitsgruppen gebildet. Das ist ein weites Feld.

Wenn Sie wissen, wie solche Kommissionen arbeiten, dann wissen Sie auch ganz genau, dass man in vielen unterschiedlichen Gremien wirkt und versucht, seine Positionen voranzubringen. Sie können ganz sicher sein - dafür ist uns das Thema viel zu wichtig -, dass wir uns einbringen und dass wir entsprechende Initiativen durchführen.

Wie Herr Wulff schon sagte: Das eine ist die Öffentlichkeit, und das andere die wirkungsvolle Arbeit, die in bestimmten Gremien stattfindet. Was zählt, ist das Ergebnis, und über das werden Sie frühzeitig unterrichtet. Ich weise noch einmal auf das Angebot unseres Ministerpräsidenten hin, und ich bin auch selber gerne bereit, Ihre Anregungen mit aufzugreifen. Das ist ein wichtiges Thema.

Wenn Sie Themenvorschläge haben, wenden Sie sich an uns. Wir werden diese selbstverständlich mit einbringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU] - zur SPD -: Sie sind durch Gabriel einen anderen Politikstil gewöhnt! Das wissen wir!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Kollege Voigtländer, bitte schön!

Frau Ministerin Heister-Neumann, der Ministerpräsident hat darauf hingewiesen, dass alle Positionen des Landes Niedersachsen in dieser Kommission nicht nur eingebracht, sondern auch umgesetzt werden konnten. Können Sie sagen, welcher Art diese einzelnen Positionen gewesen sind?

Frau Ministerin, bitte schön!

Der Herr Ministerpräsident hat darauf hingewiesen, dass alle Forderungen aufgegriffen worden sind. Ich habe in meinem Redebeitrag ausgeführt, dass dieses Papier ein offenes Papier ist, dass es sehr umfangreich ist und dass es den Konsens aller Länder darstellt. Dabei gibt es natürlich Nuancierungen.

Ich weiß nicht, ob Sie im Besitz dieses Papiers sind.

(Heidrun Merk [SPD]: Nein!)

Ich kann Ihnen natürlich im Einzelnen vortragen, worum es da geht.

Es geht z. B. um die Gemeinschaftsaufgaben. Die Forschungsförderung bleibt eine gemeinschaftliche Aufgabe von Bund und Ländern. Sie ist um die zu evaluierende Ressortforschung zu erweitern und bezüglich der Bund-Länder-Beteiligungsquoten zu überprüfen. Der Küstenschutz ist unter Einbeziehung und angemessener finanzieller Ausstattung des Hochwasserschutzes in gemeinsamer Verantwortung von Bund und Ländern fortzuführen. Die Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung ist über

holt und wird abgeschafft. Die Finanzierung der Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur - -

Ich könnte Ihnen den Inhalt dieses Papieres jetzt natürlich in Gänze vortragen. Ich weiß jedoch nicht, ob das so sinnvoll ist. In Anbetracht der Ausführungen Ihrer Kollegin schlage ich vor, dass Sie es in Ihre Fächer bekommen.

(Heidrun Merk [SPD]: Ja!)

Dann können wir bei anderer Gelegenheit ein bisschen intensiver darüber diskutieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache zu den Dringlichen Anfragen und damit auch den Tagesordnungspunkt 15.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 16: Zweite Beratung: Kostenfalle Verwaltungsreform? Wirtschaftlichkeits- und Effizienzprüfung vor Entscheidungsfindung setzen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/944 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/1054

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zur Beratung hat sich der Kollege Lennartz gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kern unseres Antrags war die Kritik, dass die Landesregierung mit ihrem Kabinettsbeschluss von Ende März dieses Jahres die Auflösung der Bezirksregierungen zum 1. Januar 2005 sowie andere weit reichende Umorganisationen beschlossen hat, ohne konkrete Aussagen über die Wirtschaftlichkeit der geplanten Maßnahmen treffen zu können. In Übereinstimmung mit dem Niedersächsischen Landesrechnungshof kritisieren wir in diesem An

trag und auch jetzt noch, dass Sie eine erste Marge von so genannten Artikelgesetzen in die Verbandsanhörung gegeben haben, obwohl Sie die Kostenfolgeabschätzungen nicht vorlegen konnten und dies auch nach wie vor nicht können.

Darüber hinaus sind Sie nicht in der Lage, die personalwirtschaftlichen Folgen der Umorganisation darzustellen. Nun werden „gleichsam im Affentempo“ Gesetzesfolgenabschätzungen erstellt. Wir glauben, dass Sie zurzeit nicht in der Lage sind, aber auch zum Termin Juni-Plenum, in das Sie die Artikelgesetze angeblich einbringen wollen, nicht in der Lage sein werden, eine seriöse Gesetzesfolgenabschätzung vorzulegen. Im rundblick von gestern hieß es dazu - unserer Auffassung nach zutreffend -, dass die Gesetzesfolgenabschätzung „notgedrungen zu einem gefährlichen Ritt über den Bodensee“ werden wird.

Auf einen Nenner gebracht, bedeutet dies: Sie können nicht begründen, was durch die Reform tatsächlich an Kosten ausgelöst oder auch eingespart wird. Sie können auch nicht begründen, ob die von Ihnen beabsichtigte Reform kostengünstiger als die Modernisierung im bestehenden System sein wird. Damit sind die Voraussetzungen für die Einbringung der Gesetzentwürfe im JuniPlenum jedenfalls nicht gegeben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dazu kommen personalwirtschaftliche Probleme. Zum einen bezweifeln wir, dass Sie angesichts des Tempos, mit dem Sie die Abschaffung der Bezirksregierungen vorantreiben, die personalwirtschaftlich notwendigen Maßnahmen - das sind Hunderte von Einzelfällen - korrekt und seriös werden umsetzen können. Darüber hinaus haben Sie bereits jetzt die Beschäftigten der Landesverwaltung mit erheblichen Zumutungen konfrontiert, die die Umsetzung des Gesamtprojekts erschweren. Ich nenne nur stichwortartig die Aufhebung der Zumutbarkeitsobergrenze von 2,5 Stunden pro Tag zwischen Wohnort und Dienstort, die vorgesehene Reduzierung der Dauer des Bezuges von Trennungsgeld, ferner die offensichtliche Planung, Versetzungen in den einstweiligen Ruhestand nicht als Ultima Ratio zu handhaben, sondern bereits für 50-Jährige möglich zu machen, eventuell sogar gegen deren Willen. Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass es innerhalb der Landesregierung zurzeit offensichtlich Überlegungen gibt, im

Rahmen der Haushaltsberatungen 2005 das Weihnachtsgeld weiter abzuschmelzen.

In bemerkenswertem Kontrast zu diesen Zumutungen steht der Beschluss der CDU-Fraktion, die Parlamentsverkleinerung zwar zu wollen, aber erst im Jahre 2013,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

nach dem Motto: Alle müssen sparen, aber wir, das Landesparlament und die Abgeordneten, erst mittelfristig oder später. Damit stehen Sie nicht nur in einem Kontrast, sondern Sie verlieren an Glaubwürdigkeit. Insoweit hat Ihr Fraktionskollege und Landtagspräsident Gansäuer völlig Recht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie werden, weil Sie insoweit unglaubwürdig werden, es schwerer haben als zuvor, die Verwaltungsreform umzusetzen. Ebenso schwerer wird es für Sie sein, die erforderlichen Einsparungen im Rahmen des Haushaltsplans 2005 zu realisieren. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Bode, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin immer noch verwundert. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag, die Umsetzung der gefassten Beschlüsse zurückzustellen, bis eine Wirtschaftlichkeitsrechnung vorliegt.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Das ist auch richtig!)

Eine solche Forderung ist dann, wenn Projekte nicht so einfach zu überschauen sind, natürlich richtig. Aber im vorliegenden Fall kann man die Frage nach der Wirtschaftlichkeit ganz einfach beantworten; das kann sogar jedes Kind.