Protocol of the Session on April 28, 2004

Aber, meine Damen und Herren, glauben Sie mir das als jemandem, der im Gemeinderat und im Kreistag als Kommunalpolitiker tätig ist: Diesen Leitfaden und Ihre Einstellung kauft Ihnen niemand ab.

(Friedhelm Biestmann [CDU]: So ist es!)

Ich habe mir in der vergangenen Woche ganz verwundert die Augen gerieben, als bei uns in der Neuen Osnabrücker Zeitung das Märchen von Prinz Sigmar zu lesen war, der den Kommunen ein scharfes Schwert in die Hand geben möchte, damit sie sich gegenüber dem Landesherren wehren können.

Herr Kollege Gabriel von der SPD-Fraktion, hatten Ihre Vorgänger das Schwert so tief im Keller versteckt, dass Sie es in Ihrer kurzen Amtszeit nicht gefunden, sondern erst jetzt entdeckt haben? Oder haben Sie das Schwert, das wahrscheinlich schon rostig geworden ist, ganz bewusst im Keller gelassen, weil Sie Angst davor hatten, mit diesem Schwert von den Kommunen aufgespießt zu werden?

(Zustimmung bei der CDU - Dieter Möhrmann [SPD]: Wovor haben Sie denn Angst, Herr Kollege?)

Ich erwarte keine Antwort, weil Herr Gabriel im Moment ja auch gar nicht da ist. Aber ich möchte für die CDU-Fraktion klar und deutlich festhalten: Wir pflegen in Niedersachsen eine gute Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kommunen. Diese brauchen kein Schwert, wenn sie mit uns reden möchten. Wir pflegen den Dialog.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen der CDU und der FDP werden noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung vorlegen. Diesen werden wir hier im Parlament sauber und gründlich beraten, und er wird auch noch in diesem Jahr im Landtag beschlossen werden:

(Dieter Möhrmann [SPD]: Fangen wir doch heute schon einmal an!)

mit den 91 Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, den 15 von der FDP-Fraktion, den 14 von der Fraktion der Grünen und vielleicht auch mit Ihnen, meine Damen und Herren von der SPDFraktion.

(David McAllister [CDU]: Einen Einzi- gen brauchen wir!)

Nach dem, was ich heute im Parlament gehört habe, bin ich trotz aller Emotionen auf Ihrer Seite sehr zuversichtlich, dass wir das sogar einstimmig hinbekommen werden. Das wäre ein gutes Signal für die Kommunen und ein neuer Meilenstein in der Zusammenarbeit des Landes Niedersachsen mit seinen Kommunen: ein Stein, den die Fraktionen von CDU und FDP ins Rollen gebracht haben, und das auch schon vor Ihnen und ohne Ihren Antrag, Herr Kollege Bartling.

Aber wenn Sie von dem Thema Konnexität und Konsultation so überzeugt sind, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, dann sage ich Ihnen: Das Thema muss nach der Beratung hier im Landtag nicht abgeschlossen sein. Wenn Sie Ihre Wandlung vom Saulus zum Paulus glaubwürdig unterlegen wollen, dann sprechen Sie doch einmal mit Ihren Bekannten aus der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Konnexität darf und muss auch für das Verhältnis des Bundes zum Land und zu den Kommunen gelten. Schlagen Sie das vor, regen Sie das an! Dann erst, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, wird der uns heute von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf auch glaubwürdig. Oder kommen Gesetzentwürfe wie dieser nur in den Zeiten, in denen Sie nicht an der Regierung sind?

Wenn wir mehr Zeit hätten, könnten wir im Zusammenhang mit dem Thema Konnexität auch einmal über die Reform des Arbeitsmarktes und über ein Vetorecht für Länder reden, wenn der Bund kostenträchtige Gesetze beschließt. Ich will das aufgrund der Kürze der uns zur Verfügung stehenden Zeit zwar lieber lassen, aber spannend wäre das sicherlich. Nur müsste Hans dann das beschließen und einführen, was Hänschen in diesem Hause immer abgelehnt hat.

Meine Damen und Herren, kommen wir zurück zu Niedersachsen, dem Land, dem es seit dem 4. März 2003 deutlich besser geht.

(Zustimmung bei der CDU - Sigrid Leuschner [SPD]: Da schauen wir mal!)

Wir werden das Konnexitätsprinzip und den Konsultationsmechanismus einführen. Wir werden die Kommunen dauerhaft und wirksam vor kosten

trächtigen Aufgaben und Gesetzen schützen. Wir stellen zum ersten Mal in der Geschichte des Landes die Zusammenarbeit von Land und Kommunen auf eine neue Stufe. Vielleicht erkennen das die Wählerinnen und Wähler auch und schützen das Land dauerhaft davor, dass Sie es regieren. - Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAl- lister [CDU]: Sehr gut!)

Das Wort hat der Kollege Lehmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie kennen sicherlich auch diese Déjà-vuErlebnisse: Man hört, sieht oder liest etwas und denkt, das kennst du doch schon, das hast du schon einmal gehört oder gelesen. Genauso ging es mir bei dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion. Haben wir nicht erst vor kurzem, nämlich im Februar-Plenum, einen Gesetzentwurf der Grünen zur Verankerung des Konnexitätsprinzips in der Verfassung beraten, und befindet sich dieser Gesetzentwurf nicht gerade in der Ausschussberatung? Und überhaupt: Waren wir uns in der Ausschussberatung nicht schon über die Fraktionen hinweg einig, dazu eine umfassende Anhörung durchzuführen? Wir hatten uns zwar noch nicht auf den Termin geeinigt, waren uns aber grundsätzlich einig.

(Zuruf von Heike Bockmann [SPD])

- Wir hatten Ihnen die Anhörung jedenfalls angeboten, Frau Bockmann.

Meine Damen und Herren, was ich gerade gehört habe, war allerdings kein Déjà-vu, sondern bittere politische Realität, und all das, was ich Ihnen gerade aufgezählt habe, hat so auch stattgefunden.

Schon der damalige Gesetzentwurf der Grünen war unnötig - wir haben das hier im Plenum eingehend erörtert -, weil zu dem Zeitpunkt bereits die Vorarbeiten der Regierung für einen eigenen Gesetzentwurf liefen. So wurde es uns auch im Ausschuss mitgeteilt.

Warum jetzt ein weiterer Gesetzentwurf der SPDFraktion zu diesem Thema kommt, bleibt mir völlig verborgen. Zwar ist dieser nun länger als der der

Grünen, aber mehr Inhalt hat er auch nicht. Deshalb ist er überflüssig. Im Übrigen gilt: Da wir uns bereits in der parlamentarischen Beratung befinden, kann jederzeit jede Idee als Änderungsantrag eingebracht werden. Auch deshalb brauchen wir keinen weiteren Gesetzentwurf, und mir stellt sich wirklich die Frage: Warum greifen wir die Sache heute eigentlich noch einmal auf, überweisen sie noch einmal neu in die Ausschüsse und kommen dann mit einer neuen Beschlussempfehlung zurück ins Plenum?

Weil wir schon am 18. Februar ausführlich über das Thema und vor allem über die Notwendigkeit der Einführung des Konnexitätsprinzips diskutiert haben - und uns insofern ja auch völlig einig sind -, könnten heute im Grunde die Redebeiträge von damals wiederholt werden. Deshalb von meiner Seite aus nur noch einige Anmerkungen zu dem Konsultationsverfahren, zu dem wir uns beim letzten Mal noch nicht so ausführlich ausgetauscht haben.

Natürlich müssen die kommunalen Spitzenverbände beteiligt werden, bevor man ihnen durch Landesgesetze zusätzliche Kosten aufbürdet. Das haben wir in unserer Koalitionsvereinbarung auch klar so geregelt. Wie wir das Konsultationsverfahren im Einzelnen ausgestalten, ist allerdings noch nicht festgelegt. Das werden unter Beachtung des Anhörungsergebnisses entscheiden.

(Isolde Saalmann [SPD]: Das versteht ja nun gar keiner!)

- Wegen Ihrer schönen Zwischenrufe, will ich noch etwas genauer auf das unsinnige Verhalten der SPD-Fraktion eingehen. Um vielleicht einmal ein Bild aus dem Tennissport zu verwenden: Sie machen schon den zweiten Aufschlag, ohne nach dem ersten Aufschlag das Spiel zu Ende gespielt zu haben. Das aber versteht niemand.

(Zurufe von der SPD: Sie haben das Spiel verloren!)

- Wir haben nicht verloren, weil das Spiel ja noch gar nicht zu Ende gebracht worden ist. Weil Sie das vielleicht noch gar nicht mitbekommen haben, sage ich es Ihnen hier noch einmal.

Sowohl der Innenminister in seiner Rede im Februar-Plenum als auch das Innenministerium in der späteren Ausschussberatung haben darauf hingewiesen, dass es schon Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden gibt und dass ein Re

gierungsentwurf in Vorbereitung ist. In einem solchen Fall muss die Landesregierung selbst die Anhörung der Verbände vornehmen - auch das ist Ihnen gesagt worden -, bevor sie den Gesetzentwurf dem Landtag vorlegt. Das alles braucht Zeit. Schließlich messen wir den Wert des Konnexitätsprinzips auch daran, wie wir letztlich den Konsultationsmechanismus ausgestalten werden.

Das Vorbringen der Opposition, das Konnexitätsprinzip hätte bereits innerhalb des ersten Jahres umgesetzt werden müssen, weil das schließlich versprochen worden war - Herr Bartling hat das eben sehr ausführlich dargestellt -, gilt nicht. Wir haben in einem bei Ihnen nie gekannten Tempo Wahlversprechen umgesetzt. Nur einmal ganz kurz und zur Erinnerung: Wir haben mehr Lehrer und mehr Polizisten eingestellt, und wir haben die umfangreichste Verwaltungsreform der niedersächsischen Geschichte auf den Weg gebracht.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wer hat ei- ne bessere Lehrerversorgung vorge- schlagen?)

Von Parteien - insbesondere von Ihnen von der SPD, aber auch Herr Wenzel ruft ja schon dazwischen -. die in ihrer 13-jährigen Regierungszeit die Bedürfnisse der Kommunen so gut wie gar nicht berücksichtigt haben, lassen wir uns hier nicht Untätigkeit zu Lasten der Kommunen vorwerfen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Außerdem haben wir Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, im Rechtsausschuss angeboten, eine Anhörung durchzuführen; ich habe das zu Beginn meiner Rede erwähnt. Da hätten Sie dann all Ihre Vorstellungen mit einbringen können. Leider waren Sie nicht bereit, die notwendigen Vorbereitungen der Landesregierung abzuwarten und dann die Anhörung durchzuführen.

Ich finde es übrigens auch sehr überraschend, dass die SPD-Fraktion jetzt einen eigenen Konsultationsvorschlag unterbreitet. Bei der Beratung des Antrags der Grünen hatten Sie noch dringenden Aufklärungsbedarf zu den Regelungsmöglichkeiten, insbesondere aus verfassungsrechtlicher Sicht. Auch diesen Fragen hätte man in der Anhörung nachgehen können, und wir hätten sicherlich eine gemeinsame Lösung gefunden.

Meine Damen und Herren, es ist offensichtlich, dass Ihr Gesetzentwurf nur ein weiterer untauglicher Versuch zur Profilierung ist. Es sind aber nicht

überflüssige parlamentarische Initiativen, die Niedersachsens Kommunen voranbringen, sondern geradlinige Antragsberatungen, in denen konstruktiv mitgearbeitet wird.

Noch eines zum Abschluss, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion: Bevor Sie sich in Niedersachsen als Retter der kommunalen Finanzen aufspielen, sollten Sie auf Ihre Bundesregierung einwirken und die Einführung des Konnexitätsprinzips auf Bundesebene durchsetzen. Die Kommunen, die unter den Belastungen von Hartz IV und der Ausbildungsplatzabgabe leiden werden, würden es Ihnen danken. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Wenzel, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man sollte nicht glauben, dass wir hier über eine Initiative reden, die zumindest verbal von allen Fraktionen in diesem Hause gewollt ist. Wir reden über Ritter und über Schwerter und andere martialische Gegenstände.

(Bernd Althusmann [CDU]: Über Raubritter; Sie gehörten auch dazu!)

Meine Damen und Herren, wir haben bereits vor Ostern, im Februar-Plenum, einen Gesetzentwurf vorgelegt - der Kollege Lehmann hat ihn angesprochen -, mit dem Ziel, das Konnexitätsprinzip in unserer Verfassung zu verankern. Aber was wir heute hier erleben, nimmt schon etwas merkwürdige Züge an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion, der Kotau vor Ihrer eigenen Geschichte, der Gang nach Canossa, ist meines Erachtens etwas zu scharf ausgefallen. Dass Sie in Ihrer Presseerklärung jetzt auch noch das Kita-Gesetz in Bezug auf die finanziellen Wirkungen als Fehler eingestuft haben, halte ich für überzogen und verfehlt. Ich glaube, dass dieses Gesetz zum damaligen Zeitpunkt völlig richtig war und dass es auch heute noch seine vollste Berechtigung hat, weil es damals und heute keinen anderen Weg gab und gibt, die Kommunen dazu zu bringen, bei dem Thema Kinderbetreuung voranzugehen.