Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach einigen Geburtswehen, die wir zum Teil auch hier im Niedersächsischen Landtag verfolgen konnten, wurde im Vermittlungsausschuss Ende Dezember endlich der erlösende Kompromiss gefunden. Unter dem Zeitdruck war das dann allerdings prak
tisch eine Sturzgeburt, und so versteht es sich von selbst, dass die Lösung, die gefunden worden ist, jetzt noch einer gewissen gemeinsamen Frühförderung bedarf.
Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen der Frühförderer darüber, ob der Kompromiss nun tatsächlich ideal ist oder nicht. Aber ich freue mich ja, Herr Matthiesen, dass Sie sagen, das sei ein guter Kompromiss. Es wäre auch schlecht, etwas anderes zu sagen; denn Sie waren ja daran beteiligt.
Natürlich bleiben Doppelzuständigkeiten. Aber diese Doppelzuständigkeiten können doch auch zu Synergieeffekten führen, nämlich dann, wenn beide Seiten - auf der einen Seite die Bundesagentur, auf der anderen Seite die Beschäftigungs- und Sozialämter - ihre Kompetenzen bündeln und ihre jeweiligen Stärken einbringen. Das haben übrigens auch die Modellversuche gezeigt, die bislang gelaufen sind. Überall da, wo besonders gut verzahnt worden ist, sind besonders gute Ergebnisse erzielt worden.
Die Vorbereitungen seitens der Bundesagentur zur Umsetzung des SGB II sind in vollem Gange. Dort ist ein Expertenteam gebildet worden, das mit Kommunen und kommunalen Spitzenverbänden Kontakt aufnimmt, Muster zur Zusammenarbeit erarbeitet und Workshops durchführt. Die Bundesanstalt weiß, dass ihr viele kommunale Gebietskörperschaften mit Misstrauen gegenüberstehen. Genau deshalb ist es doch wichtig, dass es bereits Festlegungen gegeben hat, dass beide Partner auf gleicher Augenhöhe stehen sollen. Das ist etwas, was auch wir immer gefordert haben.
Mein Eindruck ist, dass die Bundesanstalt zurzeit sehr behutsam vorgeht. Das ist uneingeschränkt zu loben. Es nützt doch überhaupt nichts, wenn jetzt völlig falsche Fronten gegen die Bundesanstalt aufgebaut werden, wie es z. B. der Deutsche Landkreistag beständig tut.
Für einen zügigen Start der Jobcenter erscheint es mir wichtig, sehr schnell einen Grundrahmen für die Infrastrukturausstattung zu schaffen. Wir haben bei den Vorläufermodellen gesehen, dass es über Mietkosten, Softwareausstattung und Büromöbel endloses Gezänk gibt. Ich meine, dass man hier relativ schnell zu guten Lösungen kommen kann. Zum weiteren Prozedere wissen wir, dass der Zeitrahmen sehr knapp und ehrgeizig ist. Dennoch gehen wir davon aus, dass der Fahrplan eingehalten werden kann.
Was eine von Ihnen gewünschte Grundgesetzänderung angeht, meine ich, dass wir dieses schwierige Thema jetzt ganz bestimmt nicht übers Knie brechen sollten. Die komplizierten gewachsenen Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssen sorgsamer betrachtet werden, ehe man sie ändert.
Wir sind der Meinung, dass wir uns auf die bewährten Strukturen verlassen können; denn wir wollen jetzt keinen Präzedenzfall schaffen, der direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen öffnet. Auf lange Sicht - das ist Ihnen doch auch klar würde das zu einer Einschränkung der Kompetenzen der Länder und auch zu einer Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung führen. Wollen Sie das eigentlich wirklich? - Ich finde, das ist schon eine drohende Gefahr.
Wir vertrauen auf die gewachsenen Finanzbeziehungen. Dieses System könnten wir auch hier benutzen, aber natürlich nicht so, dass sich die Landesregierung auf Kosten der Kommunen reich rechnet. Wir sind für eine strikte Anwendung des Konnexitätsprinzips. Das können Sie unserem vorliegenden Gesetzentwurf zu diesem Thema ja auch entnehmen. Natürlich darf sich das Land nicht in die eigene Tasche rechnen. Herr Dr. Matthiesen, wenn Sie fordern, dass der Bund seine Milliarden weitergeben möge, sage ich Ihnen: Geben Sie doch erst einmal Ihre Millionen aus der Wohngeldreform weiter, und gehen Sie mit gutem Beispiel voran!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung steht nach wie vor zu dem Kompromiss, wie er im Dezember im Vermittlungsausschuss geschlossen worden ist.
Zu der Bemerkung „ältere Herrschaften”, die in der Nacht Beschlüsse fassen, kann ich nur sagen, dass vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ein sehr deutliches Zahlenwerk vorgelegt worden ist.
Halten wir einmal fest, was dort postuliert worden ist, nämlich eine Nettoentlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Das ist damals zugesichert worden, und das ist Bestandteil des Kompromisses. Für die Kommunen, die optieren, ist eine auskömmliche Finanzausstattung grundgesetzlich, verfassungsrechtlich abzusichern. Wieterhin wurde vereinbart - auch das ist wichtig -, dass aufseiten der Länder weder Belastungen noch Entlastungen entstehen, also der Saldo gleich null ist, und dass die Kommunen im Falle einer Option die Aufgaben eigenverantwortlich, wie es der kommunalen Selbstverwaltung entspricht, wahrnehmen können.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, in dessen Zuständigkeitsbereich es liegt, hat im Vermittlungsausschuss ein Zahlenwerk vorgelegt. Allerdings stellen wir heute übereinstimmend fest: Dieses Zahlenwerk stimmte nicht. Man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ein Zahlenwerk vorlegte, was nicht stimmig war.
Als unser Ministerpräsident Christian Wulff dieses Zahlenwerk bereits im Vermittlungsausschuss infrage gestellt hatte, wurde er vom Bundesminister Clement mit dem Zitat von Götz von Berlichingen konfrontiert.
Minister Clement hat sich allerdings hinterher für dieses Zitat entschuldigt. Meine Damen und Herren, man kann aber in einer solchen Situation das Zitat des Ministerpräsidenten auch verstehen: Wer sich auf diese Bundesregierung verlässt, der ist verlassen.
Wie sieht das Zahlengerüst inzwischen im Lichte der Wirklichkeit und nachdem nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf kommunaler Ebene nachgerechnet worden ist, aus? - Die Nettoentlastung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro werden wir weiterhin für die Kommunen einfordern,
aber sie steht infrage. Der Bund ist von 3,08 Millionen Leistungsempfängern mit Kosten in Höhe von 9,15 Milliarden Euro ausgegangen. In Wirklichkeit muss nach unseren Berechnungen von 3,2 Millionen Leistungsempfängern und Kosten in Höhe von 13,9 Milliarden Euro ausgegangen werden.
Lassen Sie mich zu den Be- und Entlastungen des Landes und zu der Bemerkung, das Land solle doch einmal seine Einsparungen aus dem Wohngeld weitergeben, Folgendes sagen: Beim Wohngeld wird es in der Tat Entlastungen geben, allerdings nicht in der Höhe, wie von der SPD immer wieder öffentlich behauptet wird. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Rechnen Sie nach!
Es treten aber auch Belastungen des Landes auf. Wir haben nämlich im Vermittlungsausschuss vereinbart, dass die Verwerfungen durch Hartz IV in den neuen Bundesländern ausgeglichen und aus dem Länderanteil der Umsatzsteuer refinanziert werden sollen. Dies ist für Niedersachsen eine Belastung in Höhe von etwa 95 Millionen Euro. Dieses werden wir saldieren.
Wir stehen aber im Gegensatz zum Bund nach wie vor ungebrochen zum Grundsatz von Hartz IV, nämlich mit der Absicht, dass die Kommunen entlastet werden sollen und dass aufseiten der Länder weder Belastungen entstehen noch Gewinne einbehalten werden sollen.
Meine Damen und Herren, jetzt ist es wichtig, dass wir erstens zügig korrekte Daten aufstellen - dies tun wir im Augenblick gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden - und zweitens die Option auf einer korrekten Datenbasis analysieren und festlegen. Der Zeitdruck ist hoch. Hier geht es darum, wie wir in Zukunft Arbeit an die Menschen vermitteln können und wie wir die Kompetenzen der Kommunen auf diesem Gebiet richtig ausnutzen können.
Das Gesetz soll am 14. Mai in den Bundesrat eingebracht werden. Wir von unserer Seite werden alles tun, dass auf einer korrekten Datenanalyse und Datenbasis ein Zahlenwerk entsteht, auf dem man wirklich faire Bedingungen für die Kommunen ausarbeiten kann; denn wir möchten, dass die Menschen wieder in Arbeit kommen. Wir sind der
festen Überzeugung, dass dies die Kommunen sehr viel besser tun können als eine zentrale Bundesanstalt für Arbeit. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, zum Tagesordnungspunkt 1 a) liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.
b) Innovationsstandort Niedersachsen Landesregierung startet Initiative für Metropolregion Hannover, Braunschweig und Göttingen - Antrag der Fraktion der CDU Drs. 15/861
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem europäischen Einigungsprozess und der bevorstehenden EU-Osterweiterung wird mit Sicherheit die Bedeutung der Metropolregionen insgesamt weiter wachsen. Weltweit - auch in Europa - formieren sich Großstädte mit ihrem entsprechenden Umland zu so genannten Metropolregionen.
Wir haben in Europa bereits sehr erfolgreiche Metropolregionen, wie London - Stichwort „Greater London Council” -, Paris mit der Ile-de-France, Amsterdam mit der Region Randstad oder die Øresundregion. Auch in Deutschland gibt es bereits - so hat es die Ministerkonferenz für Raumordnung 1997 beschlossen sieben Metropolregionen: Berlin-Brandenburg, Hamburg, Rhein-Main, RheinRuhr, München, Stuttgart sowie Leipzig/Halle/Dresden. Wir wollen, dass Niedersachsen mit der Metropolregion Braunschweig/Hannover/Göttingen die achte Metropolregion in Deutschland wird.
Wir wollen, dass sich dieser lose Verbund aus insgesamt 3,9 Millionen Einwohnern, 431 Gemeinden und 20 Landkreisen und kreisfreien Städten international unter einem Dach positioniert und auch so firmiert.
Hier gibt es eine lange Vorarbeit. Ich möchte ausdrücklich die gute Vorarbeit der kommunalen Gebietskörperschaften loben: der Region Hannover, der Landeshauptstadt und vieler weiterer interessierter Städte und Gemeinden. Ich erinnere an den Grundstein, das Städtenetz EXPO-Region und auch an die Vorüberlegungen früherer SPDMinisterpräsidenten in der Staatskanzlei.
Christian Wulff, unser Ministerpräsident, hat jetzt die Initiative ergriffen. Er hat seine Gedanken zur Metropolregion erstmalig beim IHK-Neujahrsempfang in Hannover vorgestellt. Er hat es in den letzten Wochen geschafft, die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Städte und - wohl gemerkt ihrer Repräsentanten unter einen Hut zu bringen.
Oberbürgermeister Hoffmann, Oberbürgermeister Schmalstieg und Oberbürgermeister Biermann bilden gemeinsam einen Lenkungsausschuss. Martin Biermann ist der Sprecher. Wir als CDU-Landtagsfraktion begrüßen ausdrücklich diese Aktivitäten unseres Ministerpräsidenten.
An der gemeinsamen Metropolregion Hannover/Braunschweig/Göttingen kommt niemand vorbei. Sie liegt im Herzen einer erweiterten EU. Hier fließen die zentralen Verkehrsachsen: A 2, A 7, die ICE-Strecken und der Mittellandkanal. Es ist die forschungsintensivste Region in der EU: Platz 1 von 211 europäischen Großregionen. Mit der Bildung dieser Metropolregion können wir die Stärken der einzelnen Städte besser zusammenführen, Kompetenzen gegenseitig ergänzen, Synergieeffekte und Chancen intelligent nutzen.