Protocol of the Session on December 10, 2003

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, drei Fraktionen im Landtag, das hat auch etwas für sich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Verkleinerung des Landtages können wir uns gegebenenfalls in dieser Legislaturperiode ersparen, weil sie heute bereits vollzogen wurde. Wie auch immer, Herr Kollege Gabriel, wenn Sie jetzt am Lautsprecher sitzen und zuhören:

Ich möchte für die CDU-Fraktion gerne noch auf vier Punkte kurz eingehen. Frau Kuhlo von der FDP und Frau Ministerin Heister-Neumann haben bereits alle wesentlichen politischen und rechtlichen Fragen angesprochen.

Erstens. Rundfunk informiert, kommentiert und schafft Meinung in der modernen Kommunikationsdemokratie. Gerade deshalb hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach in seiner Rechtsprechung die Staatsfreiheit, die Staatsferne und die Unabhängigkeit des Mediums Rundfunk betont. Darüber besteht auch Konsens in Niedersachsen, weil in dem bestehenden Gesetz in § 6 Abs. 3 steht: Die Zulassung darf nicht einer juristischen Person oder einer Vereinigung erteilt werden, wenn daran eine politische Partei, eine Wählergruppe usw. beteiligt ist. - Rundfunk soll in Niedersachsen überparteilich und staatsfern bleiben, Meinungsvielfalt und Meinungspluralität sind für uns wichtig. Deshalb wollen wir auch die mittelbare oder stille Beteiligung am Rundfunk deutlich erschweren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Radio hat eine Kontrollfunktion, vor allem eine Kontrollfunktion gegenüber der Politik. Wie aber soll Rundfunkpolitik kontrolliert werden, wenn die Gefahr besteht, dass der Rundfunk seinerseits von der Politik kontrolliert wird? Unsere Radiohörerinnen und Radiohörer in Niedersachsen erwarten zu Recht, dass der Parteieneinfluss auf den Rundfunk unterbleibt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Rebecca Harms [GRÜNE]: Fin- det der denn statt?)

Zweitens. Es ist der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit erhoben worden. Ich möchte daher zwei Zitate von namhaften Staatsrechtslehrern anführen. Erstens möchte ich Herrn Professor Huber anführen, der am 20. Oktober 2000 bei einer Anhörung im Bundestag erklärt hat:

„Parteien sind in erster Linie Transmissionsriemen für die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin. Das schließt marktbeherrschende Stellungen einer Partei auf dem Medienmarkt ebenso wie eine erwerbswirtschaftliche Betätigung aus.

Der Verfassungsrechtler Dr. Markus Möstl von der Universität Bayreuth hat bei der Anhörung am 24. November im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, über die wir uns vorhin gestritten haben, erklärt:

„Mit seinem Regelungsansatz, die Beteiligung von Parteien an Rundfunkunternehmen weiter einzudämmen, verfolgt der niedersächsische Gesetzentwurf daher nicht nur ein legitimes Ziel, er handelt sogar in Erfüllung eines aus Artikel 5 Grundgesetz entspringenden Verfassungsauftrages, einen freien und, d. h. auch, von parteipolitischem Einfluss freien Rundfunk zu schaffen, der seine Aufgabe eines kritischen Mittlers zwischen Volk und Politik erfüllen kann. Nichts anderes besagt das Ziel der Staatsfreiheit des Rundfunks.“

Drittens. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Gabriel, hat bei der ersten Beratung die Geschichte der sozialdemokratischen Partei bemüht. 140 Jahre SPD-Geschichte wurden vorgetragen,

Schlagworte wie „Arbeitergroschen“ und „kalte Enteignung“ fielen. Alle Experten haben in der Anhörung letztlich erklärt, von kalter Enteignung kann nun wirklich nicht ausgegangen werden, denn erstens führen wir die von Frau Kuhlo und von Frau Heister-Neumann angeführte 10 %-Bagatellgrenze ein, damit wir gerade nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip auch nur im Ansatz verstoßen, und zweitens hat der betroffene MadsackVerlag ausreichend Zeit. Die Lizenzierung von ffn erfolgt erst 2006, und die von Hit Radio Antenne erfolgt erst 2010. Eines muss klar sein: Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Beibehaltung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für private Investoren. Wenn es so etwas gäbe, dann würden wir im Schlaraffenland leben. Noch ein Wort zu Madsack. Der Aufregung, die angeblich im Madsack-Verlag herrscht, widerspricht eindeutig das, was Herr Dr. Friedhelm Haak in der Ausgabe des Kontakter, einem internen Medienmagazin, vom 8. Dezember, also gerade kürzlich, gesagt hat. Ich zitiere wörtlich aus dem Kontakter:

„Bei der Verlagsgruppe Madsack ist man vorbereitet: Der Verlag, zu 20,4 % im Besitz der SPD-Holding DDVG und in dem Bundesland an HitRadio Antenne, FFN sowie Radio 21 beteiligt, hat bereits die Radio Madsack GmbH & Co. KG gegründet. Parteigenossen sind darin nicht vertreten. Friedhelm Haak, Vorsitzender der Madsack-Geschäftsführung, kann sich noch aus einem weiteren Grund zurücklehnen. Die Parteiferne spielt nur bei neuen oder zu verlängernden Lizenzen eine Rolle.“

Insofern kann ich Entwarnung geben bezüglich dessen, was über die Zukunft des Madsack Verlages gesagt worden ist.

Viertens - das war für uns der entscheidende Punkt bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs nenne ich den Einfluss der Politik. Frau WettigDanielmeier, die Schatzmeisterin der SPD, hat am 15. März 2000 in einem Interview mit der Welt erklärt: Die SPD nimmt in Gesellschaften, an denen die Partei beteiligt ist, selbstverständlich Einfluss auf den Wirtschaftsplan und die Besetzung der Geschäftsführung.

Frau Merk hat darüber hinaus etwas Entlarvendes gesagt: Eine politische Einflussnahme auf die Me

dien sei der SPD nicht nachzuweisen. - Wohl wahr! Der Nachweis ist schwierig zu erbringen.

Herr Kollege McAllister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Harms?

Nein, ich habe nur noch 50 Sekunden Redezeit. Meine Damen und Herren, unser Dank gilt all den Journalisten bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, bei der Neuen Presse, bei Antenne und ffn, die sich niemals von möglichen Einflussnahmen in irgendeiner Weise haben beeinflussen lassen, sondern ihrem vernünftigen Berufsethos nachgekommen sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dafür, dass es solche Versuche gegeben hat, haben wir nur ein einziges Beispiel. Dieses eine Beispiel möchte ich aber noch kurz aufführen, weil es für die Debatte interessant ist. Ich zitiere aus der Nordwest-Zeitung vom 26. Juni 1996 und analog aus dem Nord-Report vom 25. Juni 1996. Da schreibt man, dass sich der Bezirksvorsitzende der SPD-Hannover, Wolfgang Jüttner, in einem Brief an Frau Wettig-Danielmeier beschwert hat. Der Nord-Report schreibt wörtlich:

„Ein Ärgernis ist dabei offensichtlich auch das Bild der SPDLandesregierung, das in der HAZ gezeichnet wird. ‚Wir wünschen uns eine kritische Berichterstattung und haben Kritik auszuhalten, zumal dann, wenn Stichwortgeber und/bzw. Verursacher aus unseren Reihen kommen. Schwer auszuhalten ist jedoch, wenn Teile von Redaktionen ihren journalistischen Arbeitsplatz verlassen und sich ‚in Politikgestaltung üben‘ oder politische Persönlichkeiten systematisch zu ignorieren und auch zu desavouieren versuchen‘, schreibt der Bezirkschef. Jüttner äußert die Vermutung, dass die HAZ-Redaktion die ‚Toleranzgrenze ihres größten Gesellschafters testen‘ möchte.“

Das ist ein Beispiel, das uns vorliegt. Wir wissen nicht, ob es die Spitze des Eisberges ist. Aber eines sage ich Ihnen, auch in Richtung an die jetzt nicht im Saal befindlichen Sozialdemokraten: Wir

werden alles in unserer Macht Stehende tun, dass sich so etwas in Niedersachsen nie wiederholt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Harms, Sie haben eigentlich keine Redezeit mehr. Eine Minute, bitte!

Herr Kollege McAllister, Herr Kollege Rösler, wenn es hier tatsächlich um die Freiheit und Unabhängigkeit der Berichterstattung geht, dann bitte ich Sie eindringlich, unseren Änderungsanträgen zur inneren Pressefreiheit zuzustimmen, die wir hier vorgelegt haben. Denn das Redaktionsstatut kann Gewähr dafür bieten, dass kein Einfluss auf journalistische Arbeit genommen wird, wie Sie es ja angeblich versuchen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Friedrich Pörtner [CDU]: Die SPD will es doch auch nicht! Das wissen Sie doch!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die allgemeine Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung. - Meine Damen und Herren, ich bitte, die Unterhaltungen jetzt einzustellen; denn wir befinden uns in der Abstimmung.

Ich rufe auf:

Artikel 1. - Zu Artikel 1 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 652 vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen dann zur Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer dieser Änderungsempfehlung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

Artikel 2. - Auch dazu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Ge

genprobe! - Stimmenthaltungen? - Auch das ist mit großer Mehrheit beschlossen.

Artikel 3. - Auch dazu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Auch das ist mit großer Mehrheit beschlossen.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer sich in der Schlussabstimmung diesem Gesetzentwurf anschließen will, den bitte ich, sich zu erheben.

(Außer den Vertretern der Fraktionen der CDU und der FDP erhebt sich kurz auch Rebecca Harms [GRÜNE] - Heiterkeit - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das ist eine nette Geste!)

Die Gegenprobe! - Meine Damen und Herren, das Gesetz ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, bitte behalten Sie noch Platz. Die Abstimmung ist noch nicht abgeschlossen.

Außerdem müssen wir noch über die Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses abstimmen. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit die in die Beratung einbezogenen Eingaben für erledigt erklären möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich frage jetzt die Fraktionsgeschäftsführer, die Vorsitzenden oder wen auch immer: Sind Sie einverstanden, dass wir noch den nächsten Tagesordnungspunkt vor der Mittagspause behandeln und dann in die Mittagspause eintreten? - Gut. Dann rufe ich auf den

Tagesordnungspunkt 5: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe und zur Aufhebung von Rechtsvorschriften - Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 15/355 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/610 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/657

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme mit Änderungen.

Die Berichterstattung hat Frau Groskurt übernommen. Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Drucksache 610 empfiehlt Ihnen der federführende Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit mit den Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen der CDU, der SPD - allerdings mit vorgetragenen Bedenken - und der FDP gegen die Stimme der Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den Gesetzentwurf mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Dieses Votum wurde mit demselben Stimmenverhältnis auch von den mitberatenden Ausschüssen für Rechtsund Verfassungsfragen, Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien sowie für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr getragen.

Sehr geehrte Damen und Herren, den weiteren Bericht gebe ich zu Protokoll.