Protocol of the Session on October 30, 2003

Das hier zur Abstimmung stehende, mit 5 Millionen Euro ausgestattete Hauptschulprofilierungsprogramm sichert das ab. Es gestattet uns, über das bisherige, auslaufende Programm hinauszugehen und neue inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. In Zukunft wird die Arbeit der Sozialpädagogen zu einem integralen Bestandteil des Unterrichtsangebotes in dieser Schulform weiterentwickelt.

Sozialpädagogische Maßnahmen tragen dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler in ihrer Lernund Leistungsmotivation gestärkt und gezielt auf den Übergang in eine Erwerbstätigkeit vorbereitet werden. Sie sind Teil der Förder- und Betreuungskonzepte für lernschwächere und benachteiligte Schülerinnen und Schüler. Wenn wir es sozusagen als unterrichtsgleiche, unterrichtsunterstützende Maßnahme beschreiben - der Grundsatzerlass wird kommen -, dann müssen es nicht nur die Brennpunktstandorte anbieten, sondern dann müssen wir es miteinander hinbekommen, dass es zu einem Hauptschulkonzept allerorten gehört. Das muss also aufgebaut werden. Das wird noch ein paar Jahre dauern; ich habe einmal gesagt, vielleicht 2007, 2008.

(Walter Meinhold [SPD]: Einverstan- den!)

- Wenn Sie „einverstanden“ sagen, dann ist das gut! - Aber ich darf Ihnen sagen: Es ist eine großzügige Tat, die diese Fraktionen bzw. die Regierung zustande bringen,

(Walter Meinhold [SPD]: Wir alle!)

wenn da 5 Millionen Euro bereitgestellt werden. Das ist eine große Angelegenheit.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, dann sollten wir es miteinander schaffen, nicht zu sagen: „Komm, Finanzminister, noch einmal etwas drauf.“ Denn wir sichern das die nächsten Jahre ab. Aus diesem Fundus werden wir das in den nächsten Jahren miteinander hinbekommen. Da werden Sie sich noch wundern.

Jedenfalls haben die Regierungsfraktionen gute Voraussetzungen geschaffen. Sie haben auch ein Signal gesetzt, indem sie z. B. gesagt haben: Wenn es in Zukunft - das wird so sein - zu weiteren Ganztagsschulstandorten kommt, dann sind Hauptschulen aus bekannten Gründen dabei ausdrücklich zu bevorzugen. Das wollen wir denn auch so machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In der Neufassung des Grundsatzerlasses „Die Arbeit in der Hauptschule“, den wir in wenigen Tagen offiziell machen werden - dann können wir das auch beraten -, wird der neue Anspruch zusätzlich durch inhaltliche Veränderungen des Unterrichtsangebotes der Hauptschule wirkungsvoll unterstützt. Wir werden die Stundentafel der Hauptschule - hören Sie genau hin - in den Jahrgängen 5 und 6 um jeweils eine Stunde erhöhen. Der Stundenanteil der Fächer Deutsch und Mathematik wird durchgängig erhöht. Der Fachunterricht soll inhaltlich mit berufsvorbereitenden Maßnahmen verzahnt werden. Beginnend ab dem achten Schuljahrgang ist einmal in der Woche ein Betriebstag vorgesehen. Dieser kann in Ausbildungsbetrieben - das wäre fast ideal -, Lernwerkstätten oder aber in Kooperation mit den örtlichen berufsbildenden Schulen umgesetzt werden.

Sie fragen ja nach der Unterrichtsversorgung, Herr Meinhold. Die Fächer Deutsch und Mathematik werden nicht angetastet. Aber Unterrichtsanteile aus den Fächern Arbeit, Wirtschaft und Technik werden für diesen Tag anteilig mit eingerechnet werden. Dies sage ich, damit das an der Stelle klargestellt ist.

(Walter Meinhold [SPD]: Das reicht nicht!)

Dann ist nach den 50 000 Ausbildungs- bzw. Praktikantenplätzen gefragt worden. Das wird möglicherweise nicht an jedem Standort funktionieren. Dann wird aber der entsprechende Aufenthalt in der Berufsschule organisiert werden können. Die Nachfrage gerade in den letzten Tagen durch

Kreisverwaltungen und durch politische Kreise im ganzen Land, wie es z. B. der Landkreis Emsland macht oder wie die verschiedenen Modelle in Holzminden und anderswo aussehen - das ist außerordentlich -, macht deutlich, dass auch Wirtschaft, Handwerk und Industrie das unterstützen, dass alle große Anstrengungen machen.

(Beifall bei der CDU)

Reden Sie da also nichts kaputt. Packen Sie es einfach einmal an und gucken Sie, was wir für die jungen Leute machen können, die in einem schwierigen Alter, in einem schwierigen Bereich unterwegs sind.

Am Montag war ich in Papenburg dabei, als der Landkreis Emsland, die dortige Kreishandwerkerschaft, die berufsbildenden Schulen Papenburg und alle Hauptschulen der Region eine gemeinsame Zielvereinbarung mit dem Titel „Hauptsache Hauptschule“ unterschrieben haben. Die zwölf Innungen der Kreishandwerkerschaft haben sich dabei vertraglich verpflichtet, in ausreichender Zahl Praktikumsplätze in den Betrieben bereitzustellen. Sie haben einfach gesagt: Für jeden Schüler halten wir einen solchen Platz bereit. - Ich finde, das ist eine große Tat z. B. des Handwerks.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist nicht einfach und hat sicherlich auch mit Mühsal zu tun. Aber sie wissen genau, warum sie das machen; denn sie wollen auch in Zukunft gute Auszubildende haben. Sie wollen unsere Politik unterstützen und wollen vor allem für die jungen Leute etwas tun. Da sollten wir alle mit anpacken. Dass man sich darum kümmert, wird sich irgendwann auszahlen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfragen.

Konsequente Berufsorientierung, Stärkung der Grundfertigkeiten, individuelle Förderung sind Kennzeichen des neuen Weges der Hauptschule. Die Zusammenarbeit von Schulen, Betrieben, berufsbildenden Schulen und anderen am Berufswahlprozess beteiligten Bildungsträgern wird im neuen Grundsatzerlass verpflichtend gemacht.

Da Sie die anderen Schulformen angesprochen haben, sage ich Ihnen: Schauen Sie sich in wenigen Tagen die Erlasse an. Auch die anderen Schulformen erhalten mehr Praxiselemente. Auch sie werden dabei nicht vergessen.

Die neue Ausgangssituation für die Hauptschule enthält Chancen, die dieser Schulform ein neues Gesicht und einen neuen Zuwachs an Bedeutung in unserem Bildungssystem geben werden. Entscheidend ist für mich, dass die Schülerinnen und Schüler, die ab 2004 in die umgestaltete Hauptschule eintreten, hier einen Lernort vorfinden, der ihnen alle Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung und Förderung bietet. Sie sollen die Hauptschule mit einem aussagekräftigen Zeugnis und einem anerkannten Abschluss verlassen können, um den nächsten Schritt in eine erfolgreiche Berufstätigkeit und sinnvolle Lebensgestaltung selbstbewusst gehen zu können.

Ich weiß nicht, ob Sie die Dimension erfassen, die im Grunde genommen in diesem Thema steckt. Hier wird in einem Maße, wie es kein anderes Bundesland in Deutschland praktiziert, Gesellschaftspolitik gemacht. Durch diesen Antrag und diese Maßnahme der Regierungsfraktionen wird das möglich gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Hier wird der Unterricht der Hauptschule genannt. Es kommen berufsvorbereitende Maßnahmen hinzu, und es kommt Sozialarbeit hinzu. Ein solches Paket sucht seinesgleichen. Dafür sage ich Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Fraktionen erhalten zusätzliche Redezeit, und zwar die beiden großen Fraktionen drei Minuten, die beiden kleinen Fraktionen zwei Minuten. Das Wort hat zunächst Herr Meinhold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Sie sind aus meiner Sicht um die wesentlichen Fragen herumgeschlichen. Sie haben sie ein bisschen angedeutet. Sagen Sie in aller Klarheit, wie das mit den sechs Stunden insgesamt aussieht. Das bezieht sich nicht nur auf die Fächer Arbeit, Wirtschaft und Technik. Sagen

Sie uns, welche Konsequenzen das möglicherweise hat.

Sie haben sehr leichtfertig gesagt, das mit den 50 000 Ausbildungsplätzen bekomme man schon hin, und haben auf einige Vereinbarungen verwiesen. Die Vereinbarungen mit den Berufsschulen, die Sie genannt haben - darin kann ich Sie nur unterstützen, weil ich es als Hauptschulleiter auch schon einmal gemacht habe -,

(Reinhold Coenen [CDU]: Das ist aber schon lange her!)

ist eine der leichteren Übungen. Da sage ich Ihnen: Das ist im staatlichen Sektor durchaus möglich und muss auch weiter fortgesetzt werden; das ist völlig richtig. Aber die Zielrichtung muss doch in erster Linie sein, nicht in staatlichen Einrichtungen, sondern in Einrichtungen zu sein, die die Berufswirklichkeit widerspiegeln. Das sind Firmen, das sind Betriebe verschiedenster Art. Da reichen ein paar Aussagen von Verbandsvertretern nicht aus.

Des Weiteren ist in Ihren Aussagen sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, dass Sie mit Ihrem Modell nicht auf Durchlässigkeit setzen. Vielmehr setzen Sie mit Ihrem Modell auf eine Position. Wenn ein Kind mit der fünften Klasse in die Hauptschule kommt, dann bleibt es konsequent auf der Hauptschule.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das stimmt doch nicht!)

Genau das kann doch nicht sein; vielmehr müssen die Kinder die Chance haben zu wechseln. Sie haben auf die Sicherung der Schulform Hauptschule einen größeren Wert gelegt als auf die Sicherung eines Bildungsganges, der den Kindern nach vorne eine Vielzahl an Möglichkeiten offen lässt.

Aber was die Zusammenarbeit, die Weiterentwicklung der Berufspraxis in den Schulen angeht, so haben Sie uns komplett auf Ihrer Seite. Wir wollen nur, Herr Minister, dass die Bedingungen angemessen sind. Dazu ist nicht genügend gesagt worden.

Sie haben sich nicht eindeutig dazu geäußert, wie es sein wird, wenn alle Hauptschulen sich anmelden, was wir gut fänden. Wie will man dann mit den 5 Millionen Euro hinkommen? Wir glauben nicht, dass das gelingen wird. Wir werden Sie dann allemal darin unterstützen, dass die Mittel dafür - der Finanzminister sitzt ja vor Ihnen auf der

Bank - deutlich erhöht werden. Anders geht es nicht, es sei denn, Sie kürzen anderswo.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Sie haben doch gar nichts ge- macht!)

Das Wort hat Frau Körtner für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Meinhold, die Regierungsfraktionen von CDU und FDP sind eigenständig und sehr selbstbewusst.

(Beifall bei der CDU)

Wir wissen, dass das Budgetrecht beim Parlament liegt. Wir rekrutieren Finanzmittel. Wir haben das Hauptschulprofilierungsprogramm entwickelt.

(Walter Meinhold [SPD]: Nein, das war der Minister!)

Natürlich wird das Kultusministerium unsere Vorgaben weiterentwickeln und ausgestalten. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Aber, Herr Meinhold, wir als Regierungsfraktionen von CDU und FDP werden niemals eine so traurige Rolle einnehmen, wie es die SPD-Fraktion in der vorigen Legislaturperiode getan hat,

(Beifall bei der CDU)