Protocol of the Session on October 29, 2003

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Der hat aber Ähnlichkeit mit Lennartz!)

Kein Minister kann sich davon frei machen, sich durchaus gebauchpinselt zu fühlen, dass man diesen Preis schon nach einer solch kurzen Zeit bekommen soll. Ich war schon fast auf dem Weg nach Bielefeld, um bei der Preisverleihung zugegen zu sein. Aber dann wurde mir plötzlich mitgeteilt, dass auch besondere Protektion aus Niedersachsen stattgefunden hat; denn der Laudator und das Jury-Mitglied Gössner war meiner Kenntnis nach zehn oder elf Jahre lang wissenschaftlicher Mitarbeiter und rechtspolitischer Berater der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen.

(Lachen bei der CDU - Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Es war also nichts mit der nationalen Bedeutung. Vor allen Dingen hat es mich natürlich besonders bewegt, als ich gesehen habe, dass die Grünen, die ja Einfluss auf die Jury nehmen konnten, nicht

für eine paritätische Besetzung gesorgt haben; denn es war nur eine Frau in dieser Jury. Sie werden verstehen, dass ich diesen Preis dann nicht direkt entgegengenommen habe.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Das ist ja unerhört! Wo ist die Frauenministerin?)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, Sie werden verstehen, warum ich als Einstieg dieses Spiel von Bündnis 90/Die Grünen für ein bis zwei Minuten mitgemacht habe: Weil es deutlich macht, wie absurd diese Aktuelle Stunde ist.

(Zustimmung von David McAllister [CDU])

Denn der Gesetzentwurf wird derzeit im Landtag beraten. Im Dezember werden wir ausreichend Zeit haben, hier darüber zu sprechen. Das normale Verfahren ist, dass Sie Anträge einbringen, wenn Sie Änderungen wünschen. Ich möchte Sie dazu nicht auffordern. Ich kann auch ohne Änderungsanträge leben. Aber, ich glaube, das erwarten die Bürgerinnen und Bürger draußen. Für eine Show ist die innere Sicherheit viel zu wichtig. Deshalb sollten Sie meiner Ansicht nach hier nicht so etwas veranstalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben im Dezember genügend Zeit, ausreichend über die Einzelheiten zu sprechen. Ich möchte aber drei Punkte inhaltlich ansprechen.

Es geht darum, Bürgerinnen und Bürger vor Verbrechen zu schützen.

(David McAllister [CDU]: Richtig!)

Verfassungsgerichtlich abgesichert ist, dass die Polizei Vorfeldbefugnisse erhalten muss. Das ist in allen Bundesländern so. Verdeckte Ermittler und Vertrauenspersonen werden eingesetzt. Wir leben heute in einem modernen Kommunikationszeitalter. Deshalb reichen diese Maßnahmen bei einigen Verbrechensarten nicht mehr aus. Worum geht es bei der präventiven Telefonüberwachung? - Es geht darum, diese präventive Telefonüberwachung bei Extremismus, Terrorismus und Schwerkriminalität in einem klar definierten rechtlichen Rahmen zuzulassen. Sie dürfen nicht verschweigen, dass das nur durch Anordnung eines Richters möglich ist. Ich weiß, dass Bündnis 90/Die Grünen der Po

lizei manchmal misstraut. Aber den Richterinnen und Richtern sollten Sie wirklich vertrauen. Die Telefonüberwachung ist ein völlig rechtsstaatliches Verfahren. Wer etwas anderes behauptet, der hat dieses Gesetz nicht gelesen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Richtig! Es geht um Verbrechensbekämpfung!)

Meine Damen und Herren, es wird behauptet: Es wird abgehört wie wild. - Gestern hat der Polizeipraktiker Reime - Herr Bartling, Sie kennen ihn ja auch sehr gut - in Ihrer eigenen Anhörung klar dargelegt, dass das absurd ist. Ich verweise auf das Max-Planck-Institut in Freiburg. Es hat festgestellt, dass in Deutschland nicht überproportional abgehört wird und in Niedersachsen schon gar nicht. Das sollten Sie in der von Ihnen durchgeführten Anhörung wenigstens zur Kenntnis nehmen.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Herr Reime hat gesagt: Alles wird abge- hört!)

Weiter möchte ich zum Ausdruck bringen, dass in dem Gesetzentwurf zu keinem Zeitpunkt stand - und es ist auch nicht daran gedacht worden -, dass Berufsgeheimnisträger unter diese allgemeine Verfügung fallen sollen. Journalisten, Rechtsanwälte und Ärzte sind also nicht davon betroffen.

Abschließend möchte ich sagen: Es geht darum, Menschen vor Verbrechen zu schützen. Lassen Sie mich zwei Zitate anfügen. Herr Bartling, auch Sie kennen den Leiter des LKA, Herrn Butte, sehr gut. Er hat dazu gesagt: Alle zur Strafverfolgung erlaubten Mittel müssten auch für die Verhinderung von Verbrechen zur Verfügung stehen. Es ist nur schwer nachvollziehbar, dass die Polizei erst dann mehr Rechte hat, wenn das Opfer schon tot ist. Meine Damen und Herren, so plakativ und so richtig kann man es ausdrücken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein letztes Zitat stammt aus Ihrer eigenen Anhörung von Herrn Reime:

„Wir sollen Kinderschänder verfolgen, Raubkopien verhindern und, und, und - nur die Möglichkeit, hinein zu horchen, gibt man uns nicht.“

Meine Damen und Herren, die Landesregierung und die Regierungsfraktionen von CDU und FDP

wollen dies ermöglichen - zum Schutze der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Die weitere Aussprache hat sich erübrigt!)

Das Wort hat Herr Dr. Rösler von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lennartz, ich habe mich sehr gewundert, dass Sie dieses Thema in einer Aktuellen Stunde noch einmal aufgreifen. Schließlich befinden wir uns momentan im Rahmen der parlamentarischen Beratung. Deshalb kann ich nur darauf schließen - das wurde auch schon gesagt -: Erstens. Sie wollten auf den etwas traurigen Preis hinweisen - traurig deshalb, weil ihn niemand kennt. Zweitens. Sie wollten die Gelegenheit nutzen, sich hier als Bürgerrechtspartei darzustellen. Ich kann Ihnen nur sagen: Beides ist Ihnen in jedem Fall extrem misslungen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn man betrachtet, wie Sie auf Bundesebene agieren, was Sie auf Bundesebene z. B. bei der Schily-II-Gesetzgebung mitgetragen haben, dann hat das mit Ihren Bürgerrechtsansprüchen überhaupt nichts zu tun. Herr Lennartz, ich würde Ihnen sogar unterstellen, dass Sie es ernst meinen. Aber die Grünen auf Bundesebene - dafür müssen Sie als Abgeordneter in Niedersachsen die Verantwortung mittragen - tun es nicht.

Ich möchte Ihnen sagen, wo man hier in Niedersachsen Bürgerrechte ganz plakativ - CDU und FDP gemeinsam - unterstreichen kann. Wir haben im Gesetzentwurf den Richtervorbehalt, die parlamentarische Kontrolle ebenso wie die nachträgliche Benachrichtigung der Betroffenen verankert. Das zielt klar in diese Richtung. Diese Punkte haben wir eingefügt. Wir haben ganz klar gesagt, dass das zu einer sauberen und seriösen Abwägung der Bürgerrechte auf der einen Seite und der notwendigen Polizeimaßnahmen auf der anderen Seite gehört. Sie haben auch nicht erwähnt, dass für uns die Befristung in § 33 a, nämlich der präventiven Telefonüberwachung, auch ganz wichtig ist. Bisher gab es oft einen theoretischen Kampf: Auf der einen Seite stehen die vermeintlichen Bür

gerrechtler, die sagen, dass das gar nicht geht. Auf der anderen Seite sagen die Praktiker: Wir brauchen dieses Instrument, um Verbrechen wirksam und sinnvoll bekämpfen zu können. - Ich finde, wir können diese theoretische Diskussion auflösen. Wir haben jetzt diesen Paragraphen darin. Anders als andere Bereiche, die nur evaluiert werden, wird dieser Paragraph befristet. Das bedeutet, dass er nach fünf Jahren verfällt; es sei denn, man findet eine neue Mehrheit, die will, dass er erhalten bleibt. In fünf Jahren stehen dann genügend Daten zur Verfügung, um zu überprüfen, ob dieser Paragraph notwendig war oder nicht. Wenn die Grünen dann noch im Landtag sind, lade ich Sie herzlich ein, gemeinsam mit uns darüber zu diskutieren, ob man § 33 a an dieser Stelle braucht oder nicht.

Zu der Wertigkeit Ihres Preises habe ich schon einiges gehört. Ich finde es auch sehr interessant, wer in der Jury sitzt und wo er vorher gearbeitet hat. Deswegen bleibt für mich nur ein Schluss: Es ist sehr traurig, dass Sie vor Abschluss der parlamentarischen Beratung schon der Meinung sind, dieser Gesetzentwurf sei abschließend zu behandeln - obwohl Sie wissen, dass sich unter Umständen noch etwas ändert -, und dass Sie einen solchen Preis verleihen können. Letztlich haben Sie den Begriff „PPP“ völlig neu geprägt. Für uns ist das eine peinliche präventive Preisverleihung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Biallas, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich bei aller Wertschätzung sagen: Es scheint Ihnen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen entgangen zu sein, dass dieser Gesetzentwurf nicht ein Gesetzentwurf des Ministeriums, sondern der Fraktionen der CDU und der FDP ist.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Insofern brauchen wir von Ihnen nicht die Aufforderung an Herrn Schünemann, einen Spuk zu beenden. Sie haben es nicht nur mit einem zu tun, sondern Sie können zusammenzählen, wie viele wir hier sind. Zuletzt wusste Gerhard Schröder, wie viele Sie waren.

Zweitens möchte ich klarstellen, dass wir vor der Wahl ganz deutlich gesagt haben, was wir tun werden, wenn wir die Wahl gewinnen. Nach der Wahl haben wir 1 : 1 umgesetzt, was wir vor der Wahl versprochen haben. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie von der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen das aus der Regierungsverantwortung in anderen Ländern oder im Bund nicht kennen. Aber das ist es, was uns so verlässlich macht: Die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass die CDU und die FDP nach der Wahl das umsetzen, was sie vor der Wahl versprochen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. 1994 hat der damals noch amtierende Minister Jürgen Trittin von dieser Stelle aus verkündet: Wir machen ein rot-grünes Polizeigesetz, und damit ziehen wir der Polizei die Zähne. - Jetzt haben wir die Regierungsverantwortung zurückerlangt. Wir - CDU und FDP - implantieren der Polizei die Zähne, die Sie gezogen haben. So einfach ist das.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Viertens möchte ich noch etwas zu der Anhörung sagen. Viele Aspekte sind von meinen beiden Vorrednern schon genannt worden - von dem ersten Redner jedoch nicht. Ich möchte auf ein sehr ernsthaftes Problem hinweisen, was mit dem § 33 a geregelt wird. Dieser Paragraph schafft die rechtliche Voraussetzung dafür, dass die Betreiber von Mobiltelefonen Daten herausgeben müssen, damit z. B. entführte oder verunglückte Personen mit Hilfe des so genannten IMSI-Catchers ausfindig gemacht werden können. Das heißt, hier tun wir wirklich etwas im Sinne der Gefahrenabwehr. Hier wird immer so getan, als wäre das nicht der Fall. Das ist Ihnen eigen - Ihnen persönlich vielleicht nicht, Herr Professor Lennartz; Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr schätze. Aber das ist ein bisschen der grüne Dunstkreis, der über solchen Anträgen und Behauptungen liegt.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nebel- schwaden!)

Ich hatte gedacht, dass Sie ein bisschen weiser geworden sind. Wir regeln hier doch etwas, was dringend geregelt werden muss.

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zur Anhörung sagen. Herr Professor Lennartz, Sie haben einen Fehler begangen. Die Aktuelle Stunde haben Sie angemeldet, bevor Sie die Vorlage 12 des

Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes gelesen haben. In dieser Vorlage hat der Gesetzgebungsund Beratungsdienst - wir alle schätzen ihn sehr als unabhängigen Berater

Dieter Möhrmann [SPD]: Ja, wenn er zu dem gewünschten Ergebnis kommt!)

die in der Anhörung erhobenen und hier von Ihnen zitierten Bedenken verfassungsrechtlicher Art Punkt für Punkt überprüft. In der Vorlage können Sie das Ergebnis nachlesen. Darin ist zu lesen: In dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP gibt es keinen einzigen Punkt, der Anlass dazu gibt, zu befürchten, der Entwurf sei verfassungswidrig. - Das ehrt uns, das freut uns, und das widerlegt Sie. Das Einzige, wozu ich Ihnen gratulieren muss, ist, dass Sie hier im Parlament wieder für ein bisschen Theater gesorgt haben, wobei ich noch nicht ganz genau weiß, wem von Ihnen dieser Kürbis am ähnlichsten sieht. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Bartling von der SPD-Fraktion.