Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mindestlöhne sind aus meiner Sicht zwingend erforderlich. Es ist eine originäre Aufgabe der Tarifparteien, diese im Grundsatz durchzusetzen.
Das ist Ausfluss der Tarifautonomie, auf die wir zu Recht immer sehr achten. Wenn wir diese Tarifautonomie auf den Gesetzgeber mit Mindestlöhnen, mit Höchstlöhnen und mit Lohnstaffelungen übergehen lassen wollen, dann werden wir sozusagen die Büchse der Pandora öffnen und das Fass nicht wieder zubekommen. Das ist auch die Erkenntnis
der Gewerkschaften; denn dann brauche ich ja nicht mehr in eine Gewerkschaft einzutreten, sondern muss mir bei den Wahlen nur noch angucken, wer welche Mindestlöhne verspricht. Dann engagiere ich mich für diejenige Partei, die mir am meisten verspricht in der Hoffnung, dass sich diese Versprechungen umsetzen lassen. Es ist dann nicht mehr notwendig, Tarifverhandlungen der Gewerkschaften zu unterstützen.
Es gibt in unserem Land aber auch Bereiche, in denen die Gewerkschaften keine Organisationsmacht und auch nicht mehr die erforderlichen Mitglieder haben und auch die Arbeitgeberverbände nicht mehr hinreichend repräsentiert sind. Dort wird zu Recht nach dem Gesetzgeber gerufen. Ich stehe zu dem Kompromiss der Großen Koalition, das Entsendegesetz anzuwenden und abzuwarten, welche Branchen sich bis Ende März nächsten Jahres melden werden, um dann, wenn die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, entsprechend zu verfahren.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist eine andere Rechtsgrundlage! Bei Ihnen geht das alles durcheinander!)
- Nein, es geht um die Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach dem Entsendegesetz, Herr Jüttner. Da sind Sie jetzt nicht im Stoff.
Wenn der Bundestag beschlossen hat, wird es dem Bundesrat zugeleitet, und zum Bundesrat wird das Abstimmungsverhalten im Kabinett festgelegt. Der Koalitionsvertrag sieht wie schon der frühere Koalitionsvertrag von SPD und Grünen vor: Wenn sich beide Koalitionsfraktionen nicht verständigen können, dann wird sich der Stimme enthalten. - Ich gehe davon aus, dass sich die drei CDU/FDP-geführten Bundesländer der Stimme enthalten werden, weil sie hierzu unüberwindbar unterschiedliche Positionen einnehmen. Es wird aber dennoch eine ausreichende Mehrheit geben, weil die CDU eine verlässliche Größenordnung in der Großen Koalition darstellt.
Ich möchte jetzt auch noch etwas zu den Managergehältern sagen, weil diese Thematik natürlich auch mich auf die Palme bringt. Es gibt dort so tolle Dinge, Herr Meinhold, über die Sie gar nicht ausreichend reflektieren. Als Ihr berühmter Sozi
alminister Florian Gerster aus dem Kabinett von Kurt Beck Chef der Bundesagentur für Arbeit wurde, hat er nicht nur Millionen ausgegeben, um diese Agentur umzubenennen und neue Werbelogos zu bringen, sondern er hat zunächst einmal auch sein Gehalt mehr als verdoppelt. Jetzt ist Ihr Florian Gerster als Sozialdemokrat aber der Anführer der Postdienstleister gegen Mindestlöhne. Insofern sollten Sie sich einmal fragen, welche Wirkung es hat, wenn sich Leute im Management zunächst einmal die Tasche vollpacken, sich dann später aber von Verbänden bezahlen lassen, um genau gegen den von Ihnen so heilig gesprochenen Mindestlohn zu Felde zu ziehen. Ich finde, Sie sollten erst einmal in Ihrem eigenen Laden für Ordnung sorgen. Dieses Beispiel zeigt, welche Heuchelei hier betrieben wird.
Florian Gerster war doch Ihr großer Sozialpolitiker. Sie können doch nicht bestreiten, dass er in Deutschland über Jahre hinweg Ihre Sozialpolitik gestaltet hat. Wir haben den Postchef Zumwinkel gerade erlebt: mal eben die Konkurrenz durch diesen mit ver.di heimlich ausgehandelten Vertrag in Schwierigkeiten bringen, den Aktienkurs steigen lassen und schließlich die eigenen Aktien im Umfang von mehreren Millionen verkaufen und den Aktienkursgewinn mitnehmen. - Ein solches Verhalten schwächt wirklich das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft in unserem Lande.
Angesichts der berechtigten Empörung über die Herrn Esser von Mannesmann gezahlte Abfindung in Höhe von rund 50 Millionen Euro möchte ich einmal darauf hinweisen, dass die IG Metall und ihr Bundesvorsitzender dieser Abfindung damals zugestimmt haben. Dass Gewerkschaften wie die IG Metall und die Arbeitnehmervertreter bei solchen Beschlüssen stets mitgewirkt haben, bringt uns in der Politik jetzt in Erklärungsnöte,
Ich war sehr überrascht, als ich bei meinem Eintritt bei Volkswagen feststellte, dass sie den Corporate Governance Kodex gar nicht anwenden. Bei Volkswagen gab es keinen Einzelausweis der Bezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder. Einen solchen Einzelausweis musste ich mühselig nahezu gegen alle anderen durchsetzen, weil man ihn weiterhin nicht beabsichtigte. Jetzt haben wir bei Volkswagen völlige Transparenz, wie Sie dem Jahresbericht zur Hauptversammlung entnehmen
können. Es ist merkwürdig, wie Sie mit Herrn Aller und mit Herrn Gabriel dort vorher über 13 Jahre hinweg aufgetreten sind.
Ich erwarte Maßhalten, ich erwarte Augenmaß, ich erwarte Vorbildhaftigkeit. Ich denke, dass Manager, die gute Arbeit leisten, gutes Geld verdienen müssen, weil sie sonst ins Ausland gehen. Mir ist es wichtig, dass sie hier Steuern zahlen und damit hier zum Bruttosozialprodukt beitragen und nicht ins Ausland verdrängt werden, auch nicht durch eine falsch verstandene Neiddebatte.
Ich sage deutlich: Es ist nicht Sache des Gesetzgebers, sondern es ist Sache der Aufsichtsräte, der Hauptversammlungen und der Unternehmen. Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, Herr Jüttner. Sie haben selber gesagt, es sei eine Frage des Anstands. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Sie haben auch gesagt, rechtlich sei es wahrscheinlich ganz kompliziert. Ich sage: Eine gesetzliche Beschränkung von Managergehältern ist rechtlich gar nicht möglich; das würde der Vertragsfreiheit zuwiderlaufen und wäre verfassungswidrig.
Das SPD-Präsidium hat das ja auch verworfen. Das SPD-Präsidium hat vorgestern einen klugen Beschluss gefasst, indem man erst einmal eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die sich alles im Zusammenhang mit Transparenz und Abfindungen genau ansehen will. Man wird dazu kommen, dass es eine Frage der Wirtschaftsethik ist. In unserer sozialen Marktwirtschaft geht es nicht nur um Geld, Rendite und Produktivität, sondern um Verantwortlichkeit gegenüber seinen Produktionsverfahren, gegenüber seinen Produkten und gegenüber seinen Mitarbeitern und deren Familien. Es geht um Vorbildhaftigkeit. All das kann man gesetzlich nicht verordnen; das muss man bei den beteiligten Akteuren schlichtweg erwarten und unterstellen. Ansonsten muss man es einfordern, und das tue ich hiermit.
Meine Damen und Herren, zu dem Tagesordnungspunkt 1 b) hat sich der Abgeordnete Harden zu einer persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung gemeldet.
Herr Harden, ich mache Sie darauf aufmerksam: Einem Mitglied des Landtages, das sich zu einer persönlichen Bemerkung zu Wort gemeldet hat, ist das Wort auch nach Schluss der Besprechung zu erteilen. Das Mitglied des Landtages darf in der persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen es gerichtet wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen. Es darf nicht länger als fünf Minuten sprechen. Bei Verstößen gilt § 71 Abs. 3 entsprechend.
Herr Präsident, schönen Dank. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Umweltminister hat mich mit der Bemerkung zitiert, ich hätte vor dem Hintergrund der Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz die Abschaltung aller deutschen Kernkraftwerke gefordert. - Das mag sein. Der Herr Minister ist jetzt nicht im Raum. Ich weiß nicht, woher er das Zitat hat. Es kann sein, dass es ein Teil eines Zitats ist.
Ich bin lange genug in der Politik, um zu wissen, dass eine Abschaltung momentan aufgrund dieser Beweislage juristisch nicht durchsetzbar ist, dass man also vor Gericht scheitern würde. Ich habe darauf immer differenziert hingewiesen. Ich habe u. a. darauf hingewiesen, dass der Atomkompromiss eingetütet ist, dass das Ende der Kernkraft in Deutschland vorgesehen ist. Ich habe auch gesagt: Jedes Jahr, das Krümmel früher vom Netz geht, ist für uns vor Ort eine Erleichterung.
Ich habe an anderer Stelle im Hinblick auf die Beweislage noch darauf hingewiesen, dass Emissionen im Abluftkamin von Kernkraftwerken gemessen werden, aber dass nicht bei den Menschen gemessen wird, die dann an Leukämie erkranken. Erstens weiß man vorher nicht, ob jemand erkrankt, und zweitens gibt es keinen Messwert zum Beispiel für Alphastrahlen. Bei der Anhörung haben wir gehört, dass alphastrahlende Teilchen aller
Voraussicht nach das Zellwachstum in Unordnung bringen und damit die Entstehung von Leukämien bei Kindern auslösen.
Tagesordnungspunkt 2: 50. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 15/4285 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/4333 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/4335
Im Ältestenrat haben die Fraktionen vereinbart, die Eingaben, zu denen Änderungsanträge vorliegen, erst am Freitag, dem 14. Dezember 2007, zu beraten. Ich halte das Haus damit einverstanden, dass wir heute nur über die Eingaben beraten, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen.
Die unter R II Nr. 2 aufgeführte Eingabe 3985 soll von der Abstimmung ausgenommen werden, da sie den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Justizvollzuges betrifft. Ich halte das Haus damit einverstanden, diese Eingabe im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf aufzurufen und abzustimmen.
Ich rufe nun zunächst die Eingaben aus der 50. Eingabenübersicht in der Drucksache 4285 auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen.
Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Tagesordnungspunkt 3: Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 15/3889 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/4250 - Schriftlicher Bericht Drs. 15/4321