Protocol of the Session on December 12, 2007

Haushaltskonsolidierung ist die Voraussetzung für die notwendigen fachpolitischen Prioritäten. Nur ein sinnvolles und enges Zusammenspiel zwischen Fach- und Finanzpolitik bringt gute Ergebnisse. Wegen unseres Konsolidierungskurses der vergangenen Jahre sind wir jetzt wieder in der Lage, fachpolitisch prioritäre Akzente in den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Lebensqualität und Sicherheit zu setzen. Wir können also wieder gestalten. Auch damit erreichen wir ein Ziel, das ich hier mehrfach skizziert habe, beispielsweise vor zwei Jahren bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2006. Ich habe gesagt: Wir konsolidieren

„nicht, weil wir ein abstraktes haushaltspolitisches Ziel verfolgen, sondern wir tun dies, um finanzielle Handlungsfreiheit zurückzugewinnen, wir tun dies um künftigen Generationen politischen Gestaltungsspielraum überhaupt erst wieder zu eröffnen, und wir tun dies, um nicht bereits heute … Geld auszugeben, das unsere Kinder und Kindeskinder noch nicht einmal erwirtschaftet haben.“

Bei der Gestaltung, die uns jetzt wieder in kleinem Umfang möglich ist, gilt aber Folgendes: Verantwortliche Politik heißt, sich für richtige Akzente zu entscheiden und klare Prioritätensetzungen vorzunehmen. Fachpolitische und finanzpolitische Nachhaltigkeit müssen zusammenpassen. Wir haben nicht nach dem Motto „Viel hilft viel“ gehandelt, sondern zielgerichtet mit den Fraktionen politische Akzente gesetzt.

Ich darf einige vortragen: Förderung des Luft- und Raumfahrtstandortes Niedersachsen, Erhöhung des Ansatzes für den Straßen- und Radwegbau um 10 Millionen Euro, Erhöhung der Mittel für die Tourismusförderung um 5 Millionen Euro, Stärkung der Eigenverantwortlichen Schule: 2 Millionen Euro, Ganztagsschulangebote: zusätzlich 1,56 Millionen Euro, Unterstützung der Grenzlandmuseen, Erhöhung der Unterstützung jüdischer Gemeinden, Erhöhung des Zuschusses an das Niedersächsische Institut für Frühkindliche Bildung und Entwick

lung um eine halbe Million Euro, ein Modellprojekt „Familienfreundliche Hochschule“, Förderung der Meeresforschung an der Universität Oldenburg: 3 Millionen Euro, Erhöhung des Ansatzes für die Universität Lüneburg, Stärkung der Erwachsenenbildung - -

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Wollen Sie uns jetzt den Haushalt vorlesen? Das wissen wir!)

- Das steht alles im Haushaltsplan. Das werden Sie sich anhören müssen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Deswe- gen brauchen Sie ihn uns nicht noch einmal vorzulesen! - Gegenruf von Hermann Eppers [CDU]: Das ist ja wohl eine Frechheit!)

- Der Kollegin Steiner muss man ja zugutehalten, dass sie hier tapfer aushält. Als vorhin einige Kollegen der CDU und der FDP hinausgingen, hat sich der Kollege Bartling hier echauffiert, was das für ein undemokratisches Verhalten sei, hinauszugehen, wenn in der Haushaltsdebatte der politische Nichtfreund redet. Ich sehe, dass er seit etwa einer Stunde fehlt. Er wird seine Gründe dafür haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Das ist ja auch ganz vernünftig. Ihm war ja schon ein Ordnungsruf angedroht worden. Es ist besser, dass er draußen ist, als wenn er sich hier drinnen so benimmt, wie wir es von ihm gewöhnt sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Und weiter: Erhöhung der Investitionssumme des laufenden Sportstättensanierungsprogramms um 5 Millionen Euro, Stärkung der Terrorismusbekämpfung: 2,5 Millionen Euro, Entwicklung eines Konzeptes zur Einrichtung einer nationalen Gedenkstätte, Erhöhung des Ansatzes für Integration, 200 000 Euro für ein Brandschutzflugzeug, Bereitstellung von 3 Millionen Euro zur Unterstützung von Initiativen, sodass Schüler in besonderen Notlagen an der Mittagsverpflegung in ihren Ganztagsschulen teilnehmen können, Erhöhung des Ansatzes für Familienbildungsstätten, Verstärkung von Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, Bereitstellung von 1 Million Euro zur

Qualifizierung von wohnungslosen Menschen in Niedersachsen, Stärkung der Landwirtschaftskammer, Erhöhung des Ansatzes für ökologischen Landbau, Finanzierung eines Landesprogramms zur energetischen Wohnbausanierung, Erhöhung der Kinderkomponente bei Beamten auf 120 Euro für das erste und das zweite Kind - 400 Euro für das dritte und weitere Kinder hatten wir schon im letzten Jahr beschlossen -, Ermöglichung der unterhälftigen Teilzeitbeschäftigung, Stellenhebungen in vielen Bereichen.

Dennoch senken wir die Nettokreditaufnahme. Das nenne ich solide Haushaltspolitik.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden deshalb im Haushaltsjahr 2010 erstmals in der Geschichte Niedersachsens Schulden tilgen. Das ist ein ehrgeiziges, aber realistisches Ziel. Sie aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, wollen die Kreditaufnahme wieder deutlich erhöhen. Sie wollen Ihre zusätzlichen Ausgaben mit einer Krediterhöhung um 251 Millionen Euro von 600 Millionen Euro auf 851 Millionen Euro finanzieren.

(Widerspruch bei der SPD)

- Dass Sie es nicht begriffen haben, Herr Jüttner, ist doch klar. Sie schreiben in Ihrem Haushaltsantrag, Sie wollen den Rest aus dem Jahre 2007, nämlich 150 Millionen Euro, deshalb für das Jahr 2008 ansetzen, weil in diesem Jahr weniger Kredite aufgenommen werden. - Es ist so, dass wir eine gute Liquidität haben und deshalb die Nettokreditaufnahme bisher noch nicht in Anspruch genommen haben, sodass wir unsere Schulden in diesem Jahr noch nicht erhöhen mussten. Das werden wir vielleicht auch bis Weihnachten nicht müssen und dann ist Kassenschluss, sodass wir rüberkommen. Aber Kredite, die wir in diesem Jahr nicht aufnehmen, ersparen uns die Zinsen erst im nächsten Jahr, Herr Jüttner. Das ist logisch. Die haben Sie mit 69 Millionen Euro angesetzt. Sie haben aber zusätzlich noch einmal 150 Millionen Euro mit der Begründung angesetzt, dass wir bisher noch keine Kredite aufgenommen haben. Zinsen zahlt man aber nun wirklich nur einmal und nicht zweimal. Sie haben also auch noch eine Doppelbuchung vorgenommen. Die 150 Millionen Euro wären damit zusätzliche Kreditaufnahme. Dann lägen Sie wieder bei über 800 Millionen Euro. Dann wären Sie eben nicht bei 1973, sondern bei 1990 oder sonst wo. Aber da wollen wir nicht hin; davon wollen wir weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann zusammenfassen: Alle meine Vorredner haben es gesagt, am 27. Januar 2008 haben die Wählerinnen und Wähler die Wahl. Sie müssen sich in diesem Fall entscheiden: entweder mit Ihnen, Herr Jüttner, zurück in den Schuldenstaat oder mit CDU und FDP heraus aus der Schuldenfalle. Das wollen wir. - Vielen Dank.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Und gegen die Kommunisten!)

Im Augenblick sehe ich keine weiteren Wortmeldungen. Morgen ab 9 Uhr setzen wir die Debatte mit der Beratung über ausgewählte Haushaltsschwerpunkte fort.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 10: Zweite Beratung: a) Entwurf eines Niedersächsischen Jugendstrafvollzugsgesetzes (NJugVollzG) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drs. 15/3271 - b) Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/3565 - c) Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Jugendstrafvollzuges im Land Niedersachsen (GJVollz Nds.) - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/3590 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechtsund Verfassungsfragen Drs. 15/4254 Schriftlicher Bericht Drs. 15/4325

Die Beschlussempfehlung lautet zu b) auf Annahme in geänderter Fassung und zu a) und c) auf Ablehnung.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Für die Landesregierung erteile ich jetzt Frau Ministerin Heister-Neumann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 1. September 2006 ist die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder übergegangen. Bereits ein halbes Jahr später, im März 2007, haben wir einen abgewogenen und homogenen Entwurf eines Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes in den Landtag eingebracht.

Meine Damen und Herren, heute ist wirklich ein besonderer Tag für Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Denn heute liegt Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, das erste Justizvollzugsgesetz für dieses Land zur Beschlussfassung vor,

(Beifall bei der CDU)

ein Gesetz, das den Vollzug der Freiheitsstrafe an Erwachsenen, den Vollzug der Jugendstrafe, die Sicherungsverwahrung und die Untersuchungshaft in einem Gesetz regelt. Die gute und zügige Arbeit der Landesregierung im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfes belegt, dass die Verlagerung der Zuständigkeit auf die Länder eine weise, eine richtige Entscheidung war;

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

denn auf Bundesebene ist es bis dato nicht gelungen, ein Untersuchungshaftvollzugsgesetz oder ein Jugendstrafvollzugsgesetz zu erlassen, und das trotz des unbestritten bestehenden Bedürfnisses für beide Gesetze.

Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf ist zügig erarbeitet worden. Er ist aber kein Schnellschuss; denn er basiert auf dem einheitlichen niedersächsischen Justizvollzugskonzept, das wir bereits im Jahre 2004, also ein Jahr nach Regierungsübernahme, entwickelt haben. Auf dieser Grundlage haben wir im Sommer 2006 Eckpunkte für ein Justizvollzugsgesetz erarbeitet und damit als erstes Bundesland von der Gesetzgebungskompetenz für den Justizvollzug umfassend Gebrauch gemacht.

Meine Damen und Herren, das zeigt wieder einmal: Wer frühzeitig klare Vorstellungen entwickelt,

kann als Ergebnis schnell und kompetent handeln. Das ist die Arbeitsweise dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Was wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf? - Wir wollen insbesondere die Sicherheit zum gleichrangigen Vollzugsziel neben der Resozialisierung erheben, die Mitarbeitsbereitschaft der Gefangenen einfordern, den geschlossenen Vollzug zum gesetzlichen Regelfall machen, die Bedeutung von Arbeit und Ausbildung hervorheben und den Opferschutz stärken. Diese Ziele haben wir mit dem niedersächsischen Justizvollzugsgesetz, über das Sie heute abstimmen, mit Unterstützung der Fraktionen von CDU und FDP umgesetzt.

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung haben die Sicherheit und der Schutz der Bevölkerung vor Straftaten höchste Priorität. Wir wollen die Unterbringung des Straftäters so geregelt wissen, dass von ihm keine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht. Ich möchte hier ausdrücklich betonen: Sicherheit vor Straftätern und Resozialisierung von Gefangenen sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten ein und derselben Medaille.

(Beifall bei der CDU)

Wahr ist: Sicher untergebrachte Gefangene und resozialisierte Straftäter stellen keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit dar. Wahr ist aber auch: Geholfen werden kann nur demjenigen, der sich helfen lässt. Ich bin der festen Überzeugung, dass die reine Fürsorge, das Sich-Kümmern um den Gefangenen nicht ausreicht, um ihn auf ein straffreies Leben vorzubereiten. Wir müssen den Gefangenen ihre Verantwortung für ihr Handeln bewusst machen. Der Gesetzentwurf sieht daher zu Recht vor, dass Behandlungsmaßnahmen gestrichen werden können, wenn sich ein erwachsener Gefangener dauerhaft jeglicher Mitarbeit verweigert.

Des Weiteren wird der geschlossene Vollzug zum Regelvollzug. Für die Landesregierung steht in diesem Zusammenhang fest: Gefangene können nur dann im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie hierfür geeignet sind. Nur wenn verlässlich prognostiziert werden kann, dass von dem Gefangenen keine Gefahr ausgeht, kann er in den offenen Vollzug kommen.

In allen Bundesländern ist der geschlossene Vollzug faktisch der Regelvollzug. Diese Realität muss sich auch im Gesetz widerspiegeln. Nichtsdestotrotz hat der offene Vollzug in Niedersachsen eine

große Bedeutung und wird sie auch künftig behalten. Wir liegen mit 20 % der Gefangenen im offenen Vollzug klar über dem Bundesdurchschnitt, der bei 16 % liegt.

Meine Damen und Herren, eine tragende Säule der Wiedereingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft sind Arbeit und Ausbildung. Ein Arbeitsplatz strukturiert den Tagesablauf. Der Gefangene übernimmt Verantwortung und erlernt Selbstdisziplin. Deshalb halten wir an der Arbeitspflicht für Gefangene fest.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich freue mich in diesem Zusammenhang besonders, dass wir ein bedeutendes Ziel erreicht haben; denn der Verpflichtung der Gefangenen steht nun erstmals auch in Niedersachsen ein entsprechendes Angebot gegenüber. Jeder arbeitsfähige Gefangene erhält einen Ausbildungs- oder einen Arbeitsplatz. Dies hat insbesondere eine herausragende Bedeutung für den Vollzug der Freiheitsstrafe an jugendlichen Gefangenen, die erzieherischen Charakter haben soll. Wir haben bei der Abfassung unseres Gesetzentwurfs aus einem Guss eben nicht die Besonderheiten der einzelnen Vollzugsformen aus dem Auge verloren. Deshalb sind die Regelungen der Jugendstrafen am Erziehungsgedanken ausgerichtet, deshalb wurde für den Jugendvollzug z. B. der Vorrang von Ausbildung vor Arbeit festgeschrieben.