Protocol of the Session on December 12, 2007

Investitionen im Bereich des Neubaus von modernen und effizienteren konventionellen Großkraftwerken an der niedersächsischen Küste entstehen Kapazitätsengpässe im Übertragungsnetz. Der erzeugte Strom kann in Norddeutschland nicht verbraucht werden. Er muss daher zu den Verbrauchsstandorten in Süd- und Westdeutschland weitergeleitet werden. Für ein leistungsfähiges europäisches Verbundnetz wird der Ausbau bestimmter Abschnitte des Übertragungsnetzes notwendig. Nach der dena-Studie aus dem Jahr 2006 müssen 850 km Stromleitungen der 380-kVHöchstspannungsebene in Deutschland bis zum Jahr 2015 neu errichtet werden. Im Rahmen dessen ist in Niedersachsen der Neubau von 400 km Höchstspannungsleitungen erforderlich. Ohne den Netzausbau und den Ausbau der erneuerbaren Energien wird Deutschland seine klimapolitischen Ziele und das Ziel einer nachhaltigen, wirtschaftlichen und sicheren Energieversorgung nicht erreichen.

Bei den Trassenplanungen in Niedersachsen haben die zuständigen Netzbetreiber in einem ersten Schritt die planerische Absicherung ihrer Leitungsprojekte im Rahmen der Novelle des LandesRaumordnungsprogramms beantragt. Dies hat die Landesregierung pflichtgemäß geprüft.

Für die Strecken Stade - Dollern und Wilhelmshaven - Conneforde konnten im Beteiligungsverfahren zur Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms verträgliche Trassen gefunden werden. Wichtig ist, herauszustellen, dass wir für die zwei großen Leitungsprojekte Wahle - Mecklar und Diele - Niederrhein ein gesondertes Raumordnungsverfahren durchführen werden, da im LandesRaumordnungsprogramm keine Trassenkorridore räumlich abgestimmt werden konnten. Am Ende dieses Verfahrens legt die Landesregierung die Trasse fest und nicht E.ON, um das ganz klar zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Damit werden die Belange der betroffenen Bürgerinnen und Bürger umfassend berücksichtigt. Darüber hinaus gilt, dass gesetzliche Änderungen auch für die bereits im Landes-Raumordnungsprogramm festgelegte Trasse Ganderkesee - St. Hülfe wirksam werden sollen.

Meine Damen und Herren, mit der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes im Zuge des Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes Ende

letzten Jahres hat der Bund Rahmenbedingungen für eine beschleunigte Zulassung von Hochspannungsleitungen gesetzt. Im Rahmen dieser Beratungen ist eine mögliche, sehr eingrenzende bundesweite Erdverkabelungsregelung diskutiert worden. Auf sie ist im Ergebnis im Gesetzgebungsverfahren allerdings verzichtet worden. Auf Bundesebene ist lediglich eine Erdkabelregelung für den 110-kV-Bereich im 20-km-Küstenstreifen getroffen worden.

Meine Damen und Herren, damit gibt es nach dem Energiewirtschaftsgesetz aktuell keine Möglichkeiten zur Planfeststellung von Erdkabeln im 380-kVBereich. Die Energieversorgungsunternehmen beantragen deswegen den Netzausbau auf der Höchstspannungsebene auf der Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes als Freileitungen. Bei den Kommunen und der Bevölkerung führt dies aufgrund fehlender Akzeptanz zu großem Widerstand. Die Bürgerinitiativen fordern eine vollständige Erdverkabelung anstelle der geplanten FreiIeitungsausführung.

Meine Damen und Herren, auf Initiative des Ministerpräsidenten Wulff hat die Landesregierung daraufhin die grundlegenden Fragen der technischen Machbarkeit, der Einsatzbereiche von Erdkabeln und die rechtlichen Voraussetzungen intensiv untersucht.

(Walter Meinhold [SPD]: Wer hat Ih- nen denn diese Rede aufgeschrie- ben?)

Im Auftrag des Bundesumweltministeriums ist von Herrn Professor Dr. Schulte von der Uni Dresden ein Gutachten zur Gesetzgebungskompetenz des Landes erstellt worden. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass das Land Niedersachsen für die Planfeststellung von 380-kV-Hochspannungsleitungen in der Erde die gesetzliche RegeIungskompetenz hat. Der Bundesgesetzgeber regelt im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung im Energiewirtschaftsgesetz zwar abschließend den Einsatz von 110-kV-Erdkabeln, lässt aber die Planfeststellung für Höchstspannungserdkabel offen.

Meine Damen und Herren, das Land Niedersachsen hat sich dank Ministerpräsident Wulff dazu entschlossen, sich diese Gesetzgebungskompetenz zunutze zu machen. Die Niedersächsische Staatskanzlei hat in enger Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium den Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über die Planfeststellung

für Höchstspannungsleitungen in der Erde, das so genannte Niedersächsische Erdkabelgesetz, erarbeitet.

Ich möchte kurz auf die Inhalte dieses Gesetzes eingehen:

§ 1 regelt, dass der Vorhabensträger für erdverlegte Hochspannungsleitungen künftig ein Planfeststellungsverfahren beantragen kann, wenn die im Landes-Raumordnungsprogramm festzulegenden Mindestabstände für Freileitungen unterschritten werden - zu Wohngebäuden im Außenbereich 200 m, zu Wohngebäuden im Innenbereich von Siedlungen 400 m - oder ein Teilabschnitt durch ein bestehendes Landschaftsschutzgebiet führt, das vor dem 15. Oktober 2007 ausgewiesen wurde.

Durch diese Stichtagsregelung soll gewährleistet werden, dass für die notwendigen Ausbauplanungen und die dafür vorgesehenen Verfahren Planungssicherheit geschaffen wird. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regeln verhindern, dass Kommunen, nur um eine Freileitung zu verhindern, Landschaftsteile als geschützt ausweisen. Damit ist eine Freileitung nicht zulässig, wenn die festgelegten Abstände unterschritten werden. Damit gibt es keine Alternative mehr zu Erdkabeln. Sensible Bereiche können durch Teilverkabelungslösungen in Zukunft von Belastungen freigehalten werden.

Meine Damen und Herren, ein Planfeststellungsverfahren ist darüber hinaus für Vorhaben möglich, bei denen nicht höhere Kosten für Kabelsysteme zu erwarten sind als für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung.

Um zu vermeiden, dass auf kurzer Strecke sehr häufig die Systeme gewechselt werden, ist in den Gesetzentwurf der Begriff der technisch und wirtschaftlich sinnvollen Teilabschnitte aufgenommen worden. Damit kann die Länge der Verkabelung - damit es wirtschaftlich und technisch sinnvoll ist durchaus länger sein, als es die Mindestabstände im Rahmen der Trassenplanung erfordern.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Genau das Gegenteil!)

Besonders wichtig ist, dass durch die Möglichkeit der Planfeststellung von 380-kV-Erdkabeln die Netzbetreiber die Mehrkosten für den Einsatz von Erdkabeln über die Strompreise abwälzen können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf die Beratungen zu diesem Gesetz eingehen: Der Entwurf des Niedersächsischen Erdkabelgesetzes ist am 12. Oktober 2007 seitens des Ministerpräsidenten Wulff allen vier Landtagsfraktionen zugeleitet worden mit der Bitte, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode gemeinsam auf den Weg zu bringen. - Frau Geuter, bitte hören Sie zu! Wo Sie auf einmal die Zeit hernehmen wollen, diese Dinge noch über den Wahltag hinaus zu beraten, mag Ihr Geheimnis sein.

(Renate Geuter [SPD]: Wir haben im Januar Plenum!)

Insbesondere der SPD ist heute vorzuwerfen, dass sie sich unserem Niedersächsischen Erdkabelgesetz nicht anschließt.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Wir haben einen eigenen Entwurf, der besser ist, Herr Biestmann!)

- Sie haben keine konkreten Vorschläge gemacht.

(Zurufe von der SPD)

Ich möchte der SPD in Erinnerung rufen, dass wir heute einen Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen beraten, der auf besondere Initiative des Ministerpräsidenten in Zusammenarbeit mit Ihrem Parteikollegen und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel erarbeitet worden ist. Im Gegensatz zu Herrn Gabriel ist die SPD nicht bereit, diesen einvernehmlichen Gesetzentwurf mitzutragen, wie es ausdrücklicher Wunsch des Ministerpräsidenten gewesen ist. Es ist augenscheinlich, dass der Opposition dieses Engagement des Ministerpräsidenten, von CDU und FDP wahlkampfstrategisch nicht ins Konzept passt und sich somit einer gemeinsamen Vorgehensweise verweigert.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, insgesamt gelangt man zu dem Eindruck, im Wahlkampf sei alles erlaubt. Das, was SPD und Grüne im Zusammenhang mit der Erdkabeldiskussion an provokanten öffentlichen Erklärungen abgeben, ist politisch nicht korrekt, politisch unlauter und in der für uns alle wichtigen Sache höchst kontraproduktiv.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

- Herr Haase, Sie kommen gleich auch noch dran!

Herr Jüttner zieht mittlerweile durch die Lande und verspricht der betroffenen Bevölkerung das Blaue vom Himmel.

(Zuruf von der CDU: Das macht er immer so!)

Mit der Luftblase einer Vollverkabelung erweisen Sie aber den betroffenen Regionen einen Bärendienst. Darüber hinaus haben Sie am Anfang der Gesetzesberatung großmundig von zu ungenügend festgelegten Mindestabständen gesprochen. Im Laufe der Beratungen ist aber keine Einlassung dazu von Ihnen erfolgt. Sie haben keinerlei Vorschläge dazu gemacht, wie Sie ihre Abstandsregelungen begründet sehen.

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, was wir brauchen, ist ein rechtssicheres Gesetz. Durch die durch das Schulte-Gutachten sehr eng ausgewiesene Gesetzgebungskompetenz kommt eine Regelung zur Vollverkabelung im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung nicht infrage. Dies gehört auch zur Wahrheit gegenüber den Bürgerinitiativen. Um den möglichen Rahmen bestmöglich auszuschöpfen, regeln wir die Planfeststellung für Erdkabel auf Teilabschnitten in sensiblen Bereichen. Gleichwohl legen wir die Mindestabstände zur Vorsorge der Gesundheit im Landes-Raumordnungsprogramm fest.

Meine Damen und Herren, die Maximalforderungen der Landtagsfraktionen von SPD und Grünen helfen uns nicht weiter, da alle weitergehenden Forderungen das Gesetzesvorhaben sehenden Auges gefährden. Die Opposition betreibt in dieser Frage reinen Populismus. Die von Ihnen geforderten größeren Mindestabstände von 300 und 600 m

(Glocke der Präsidentin)

- eine gegriffene Zahl, wie Ihr Umweltsprecher Haase geäußert hat - sowie eine Vollverkabelung sind unglaubwürdig und unehrlich. Auf die populistische und teilweise - -

Herr Biestmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Sie müssen zum Schluss kommen.

- - - provokative Wahlkampfrhetorik Ihrer Abgeordneten und Kandidaten aus den betroffenen Regio

nen will ich nicht näher eingehen. Wir wollen einen Gesetzentwurf durchknüppeln - -

(Lachen und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Dieter Haa- se [SPD]: Diese Sprache ist so verrä- terisch! - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das war die Wahrheit!)

Ich hoffe, dass mir die Frau Präsidentin diesen Satz noch gestattet. - Ihr Vorwurf - -

(Zuruf von der SPD)

- Hören Sie doch einmal richtig zu! Es geht nicht darum, was Sie hören wollen, sondern darum, was ich sage.

Herr Biestmann, Ihre Redezeit ist bereits um eine Minute überschritten. Sie müssen jetzt zum Schluss kommen! Sie dürfen noch einen einzigen Satz sagen!

Ihr Vorwurf, wir wollten einen Gesetzentwurf durchknüppeln oder übers Knie brechen, ist unberechtigt.

(Beifall bei der CDU - Hans-Dieter Haase [SPD]: Punkt!)

Das war der letzte Satz. Wunderbar!