Protocol of the Session on November 16, 2007

Frage 1: Entwicklung der Sicherheitslage von 1994 bis 2006

Fragesteller ist Herr Biallas. Herr Biallas, Sie haben das Wort.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Was gibt es jetzt schon wieder zu meckern?)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nichts zu meckern, sondern eine Frage zu stellen.

Die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag behauptet in einer Pressemitteilung vom 19. Oktober 2007, dass sich die Lage der inneren Sicherheit in Niedersachsen verschlechtert habe.

(Zustimmung bei der SPD)

So sei die Aufklärungsquote zwischen 1994 und 2002 infolge der SPD-Polizeireform um 10 Prozentpunkte gestiegen. Unter der jetzigen

CDU/FDP-Regierung sei die Aufklärungsquote

Ich frage die Landesregierung:

1. Teilt sie die Auffassung der SPD-Fraktion?

(Zurufe: Nein! - Walter Meinhold [SPD]: Das tut sie natürlich nicht!)

- Ich frage doch die Landesregierung und nicht die SPD-Fraktion.

2. Welchen Verlauf hat die niedersächsische Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) unter der Regierungsverantwortung der SPD von 1994 bis 2002 genommen, vergleichend dargestellt anhand der Zahlen der PKS unter der Regierungsverantwortung von CDU und FDP in den Jahren 2003 bis 2006?

3. Welche Maßnahmen hat die Niedersächsische Landesregierung seit dem Regierungswechsel

2003 ergriffen, um die Kriminalitätsbekämpfung zu verbessern?

Herzlichen Dank. - Herr Innenminister Schünemann möchte antworten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die innere Sicherheit ist ein zentrales Anliegen der Niedersächsischen Landesregierung. Angesichts der stetig steigenden Herausforderungen an die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden hat die Niedersächsische Landesregierung seit dem Regierungswechsel im Jahr 2003 eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um die rechtlichen, organisatorischen sowie personellen und materiellen Möglichkeiten zur effektiven Kriminalitätsbekämpfung zu verbessern und um den Schutz der Bevölkerung vor Straftaten weiter zu optimieren.

Die Bedeutung des Politikfeldes „innere Sicherheit“ für die Niedersächsische Landesregierung wird in besonderem Maße im Umfang und in der Entwicklung des zur Verfügung stehenden Finanzrahmens deutlich. Trotz eines strikten Konsolidierungskurses in der Haushaltspolitik des Landes sind die Gesamtausgaben im wichtigen Ausgabenblock,

dem Polizeibereich, kontinuierlich gewachsen und haben im Haushaltsgesetz 2007 ihren bislang höchsten Stand erreicht.

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport und das Niedersächsische Justizministerium haben im Juli dieses Jahres den Bericht zur inneren Sicherheit in Niedersachsen für die Jahre 2002 bis 2006 vorgelegt. Der Bericht vermittelt ein objektives Bild der Sicherheitslage, indem er alle sicherheitsrelevanten Bereiche systematisch behandelt, Entwicklungen und Tendenzen beschreibt und

bewertet sowie über Strategien, Projekte, Konzepte und Maßnahmen informiert. Hinsichtlich der Aufklärungsquote weist der Bericht für das Jahr 2005 mit 55,7 % den höchsten je für Niedersachsen erreichten Wert seit 1971 aus.

(Beifall bei der CDU)

1971 ist die elektronische PKS-Erstellung eingeführt worden.

Meine Damen und Herren, dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nein. Schon vor dem Hintergrund der höchsten erreichten Aufklärungsquote seit Einführung der elektronischen PKS-Erstellung ist die Behauptung der Verschlechterung der inneren

Sicherheit in Niedersachsen schlichtweg abwegig.

Zu Frage 2: Im Jahre 1994 wurde in der niedersächsischen Polizei eine Reform durchgeführt. In diesem Jahr fiel die Aufklärungsquote von 46,66 % des Vorjahres um 3,17 Prozentpunkte auf

43,49 %. Dies ist mit Abstand der niedrigste Wert der vergangenen 15 Jahre gewesen.

Im Jahr der Polizeireform 2004 hingegen stieg die Aufklärungsquote von 53,50 % des Vorjahres auf 53,91%. Bereits dieser Umstand verdeutlicht den Qualitätsunterschied der beiden Reformumsetzungen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Aufklärungsquote lag im Jahr der Regierungsübernahme 2003 bei 53,50 %. Von diesem Stand wurde sie in den Folgejahren über 53,91 % im Jahre 2004 auf den bisherigen Rekordstand von 55,72 % im Jahre 2005 gesteigert, um im Folgejahr mit 55,52 % auf diesem hohen Niveau zu verbleiben. Es bleibt zu konstatieren, dass die vier höchsten Aufklärungsquoten der vergangenen 15 Jahre in den Jahren 2003 bis 2006 erreicht wurden. Nach den bisher vorliegenden Daten bin ich zuversichtlich, dass auch im Jahre 2007 dieses Niveau mindestens erhalten werden kann.

Die hier dargestellten Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik lassen somit den Schluss nicht zu, die Lage der inneren Sicherheit in Niedersachsen habe sich seit dem Regierungswechsel im Jahr 2003 verschlechtert. Meine Damen und Herren, ich glaube, auch im Lande ist klar, dass genau das Gegenteil der Fall ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Zu Frage 3: Nach Übernahme der Regierungsverantwortung im Jahr 2003 hat die Niedersächsische Landesregierung eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, die die Lage der inneren Sicherheit in Niedersachsen erheblich verbessert haben. Hierbei sind im Folgenden einige herausragende Maß

nahmen zu nennen, bei denen Niedersachsen zum Teil sogar eine Vorreiterrolle übernommen hat.

So wurde in einem Zeitraum von nur eineinhalb Jahren ein modernes ganzheitliches Strukturkonzept für die Polizei entwickelt und umgesetzt, das zu einer Stärkung der Polizei in ihren Kernaufgaben, der Prävention und Bekämpfung von Kriminalität, durch eine präsente und qualifizierte Polizei geführt hat. Die Organisation ist gekennzeichnet durch einen modernen Aufbau, in dem die Ressourcen flexibel und aufgabengerecht eingesetzt werden können, eine gestärkte Verantwortung, eine schlanke Führung mit kurzen und schnellen Entscheidungswegen und gestärkte operative Bereiche.

Die Zusammenführung der Verantwortlichkeit für die Kriminalitätsprävention und -bekämpfung hat Schnittstellen beseitigt und gewährleistet einheitliche Qualitätsstandards, Möglichkeiten kurzfristiger Reaktionen auf Schwerpunktsetzungen sowie eine ganzheitliche Aufgabenwahrnehmung. Die Aufgabenbereiche der Prävention wurden im Sinne eines integrativen Ansatzes in Präventionsteams gebündelt.

Spezialisiertes Personal im Einsatz- und Streifendienst gewährleistet die qualifizierte Aufnahme

spurenintensiver Tatorte. Durch Vermögensermittler werden vermögensabschöpfende Maßnahmen ergänzend zur Sachbearbeitung des Grunddeliktes betrieben. Die Aufgaben der spezialisierten Kriminalitätsbekämpfung in den Feldern der Organisierten Kriminalität, der Bandenkriminalität, der Korruption und der besonderen Fälle der Wirtschaftskriminalität sind behördenweit in den inhaltlich und personell gestärkten zentralen Kriminalinspektionen an jeweils einem Ermittlungsstandort gebündelt. Dies bringt für die Spezialdienststellen mehr Flexibilität und Möglichkeiten, auch mehrere größere Verfahren zu bearbeiten.

Minderjährige Täter, also noch nicht strafmündige Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres und Jugendliche im Alter von 14 bis unter 18 Jahren, stellen etwa 20 % aller ermittelten Tatverdächtigen, Heranwachsende im Alter von 18 bis unter 21 Jahren weitere ca. 10 %.

Für die Strafverfolgungsbehörden in Niedersachsen hat daher die Bekämpfung der Jugendkriminalität, insbesondere die leider stetig zunehmende Gewaltausübung Minderjähriger in ihren verschiedenen Ausprägungen, eine hohe Bedeutung. Die

ser Aufgabe haben sich Polizei und Staatsanwaltschaften in Kooperation mit anderen betroffenen Einrichtungen, wie Schulen und kommunalen Präventionsräten, in den vergangenen Jahren mit klar definierten Schwerpunkten gewidmet.

In den neu eingerichteten Fachkommissariaten „Jugendkriminalität“ sorgen spezialisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür, dass insbesondere die Bearbeitung der Kriminalität jugendlicher Intensivtäter qualifiziert erfolgt. Der Bedeutung der Bekämpfung von Kinder- und Jugendkriminalität wird so auch organisatorisch Rechnung getragen.

Aufgrund der bestehenden Sicherheitslage ist

auch die Beobachtung und Bekämpfung des islamistischen Extremismus ein Schwerpunkt in der Arbeit der Sicherheitsbehörden. Mit der Etablierung des Projektes „Gemeinsames Informationsund Analysezentrum Polizei und Verfassungs

schutz Niedersachsen“ als bundesweit erstem

Zentrum dieser Art hat Niedersachsen einen Meilenstein gesetzt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Neben der Beobachtung islamistischer Organisationen und der Bekämpfung des islamistischen Extremismus und Terrorismus muss die Integration der Muslime in Niedersachsen weiter vorangetrieben werden. Mit der Islam-Ausstellung „Integration von Muslimen in Niedersachsen - Problemfelder und Perspektiven“ unter Federführung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport wird ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag zur öffentlichen Diskussion um die Integration von Muslimen in unserer Gesellschaft geleistet.

Auch zur Bekämpfung des sonstigen politischen Extremismus in Niedersachsen wurde eine Vielzahl entsprechender Konzepte umgesetzt. Exemplarisch sei hier die gemeinsam mit dem Niedersächsischen Kultusministerium seit 2005 durchgeführte zentrale, niedersachsenweite Lehrerfortbildung genannt, in deren Mittelpunkt die Information über die Gefahren des Rechtsextremismus steht.