Protocol of the Session on November 15, 2007

Die Grünen haben sofortige Abstimmung verlangt. Die CDU-Fraktion hat dagegen gesprochen. Ich glaube, es ist klar, dass das mehr als 30 Abgeordnete sind.

Deshalb komme ich jetzt zur Ausschussüberweisung.

Mit diesem Antrag soll sich federführend der Umweltausschuss beschäftigen und mitberatend der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, der Ausschuss für Recht und Verfassungsfragen und der Unterausschuss für Häfen und Schifffahrt. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Klimabremse ziehen: Tempolimit 130 km/h auf deutschen Autobahnen für den Klimaschutz! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/4179

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Hagenah. Herr Hagenah, ich erteile Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit einem allgemeinen Tempolimit von 130 km/h können wir sofort und ohne bürokratischen Umweg - das sage ich jetzt extra für die FDP - etwas Substanzielles für den Klimaschutz tun, nämlich den Ausstoß an gefährlichem Kohlendioxid reduzieren, das für die Erderwärmung wesentlich mit verantwortlich ist. Die Einführung eines Tempolimits kostet nicht einen einzigen Cent.

Es gibt nur gute Gründe, die für eine Geschwindigkeitsbegrenzung sprechen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Nur Ideologie!)

Erstens. Ein Tempolimit reduziert sofort den CO2Ausstoß um 2,5 Millionen t im Jahr, Herr Hoppenbrock. Das entspricht immerhin 8 % der CO2Emissionen, die auf deutschen Autobahnen produziert werden.

(Christian Dürr [FDP]: Ihnen ist schon klar, dass CO2 Kohlendioxid ist?)

Nachdem es die Liberalen auf EU-Ebene versäumt haben, sich bei den Vorgaben an die Autobauer für anständige Ziele der CO2-Reduzierung einzusetzen,

(Jörg Bode [FDP]: Was haben wir?)

- ja; lesen Sie mal das Protokoll über die Abstimmung dort -, ist die FDP jetzt umso mehr in der Bringschuld. Wir bieten Ihnen an, einen Teil der klimaschädigenden EU-Arbeit Ihrer Kollegen wiedergutzumachen.

(Christian Dürr [FDP]: Sie sind so großzügig, Herr Hagenah!)

Dazu haben CDU und FDP in Niedersachsen allerdings auch allen Grund.

Heute kam eine Meldung der Zeitschrift GEO, die Sie vielleicht auch kennen.

(Jörg Bode [FDP]: Die lese ich sehr gern!)

Sie sollten die nächste Ausgabe lesen, Herr Bode. Nach einem Test der Zeitschrift GEO schneidet Niedersachsen beim Klimaschutz im Vergleich der Bundesländer schlecht ab.

(Zuruf von der CDU: So wie ihr bei den Wahlen!)

Niedersachsen ist in 20 bewerteten Kategorien im Bereich Energie, Verkehr, Bau und politische Strategien auf Platz 11 aller Bundesländer. Der Test ergab, und so lautet auch die Kritik: Niedersachsen fehlt bislang eine aktive Klimapolitik.

(Christian Dürr [FDP]: Das hängt aber auch mit dem Wirtschaftswachstum zusammen, Herr Hagenah!)

Es heißt, es gebe keine Reduktionsziele für Treibhausgase.

Besonders schlechte Noten gab es für den öffentlichen Nahverkehr, Herr Bode. In keinem anderen Bundesland nutzen demnach weniger Menschen Busse und Bahnen.

(Christian Dürr [FDP]: Hängt das nicht auch damit zusammen, dass wir ein Flächenland sind?)

Ich glaube, ein Tempolimit auf den Autobahnen hier in Niedersachsen würde durchaus einige

Pluspunkte bringen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Hagenah, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bode?

Gerne, Herr Bode. Die Uhr wird ja auch angehalten, sodass ich mir richtig Zeit für Sie nehmen kann. - Ich sehe gerade: Sie wird leider nicht angehalten.

(Lachen bei der CDU)

Herr Hagenah, ich habe nur eine ganz kurze Zwischenfrage. Können Sie mir erklären, was ein Tempolimit auf Autobahnen am CO2-Ausstoß des öffentlichen Personennahverkehrs ändert? Das haben Sie gerade gesagt.

Nein, Herr Bode. Wenn in Niedersachsen mehr Menschen den öffentlichen Personennahverkehr nutzen würden, bei dem, wie ich Ihnen vielleicht mitteilen darf, pro Nutzung weniger CO2 pro Person anfällt, als wenn die Leute mit dem Auto fahren, dann

(Christian Dürr [FDP]: Dann brauchten wir kein Tempolimit! Jetzt wird es rich- tig logisch!)

würde insgesamt auch das schon zu einer CO2Minderung in Niedersachsen beitragen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Können Sie das noch einmal erklären? - Chris- tian Dürr [FDP]: Wer Bus fährt, braucht auf der Autobahn keine Ge- schwindigkeitsbegrenzung zu beach- ten! Das ist ja sehr interessant!)

- Ich dachte, während meiner Antwort würde die Zeit gestoppt. Ich muss doch auf die Frage antworten können!

Dadurch würde sich die Position Niedersachsens im Test natürlich verbessern. Sie könnten sie noch weiter verbessern, wenn Sie auch ein Tempolimit auf Autobahnen in Niedersachsen durchsetzen.

Zweitens. Ein Tempolimit reduziert auch die Zahl der Verkehrstoten.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt reicht es. Die Uhr läuft weiter, während gefragt wird. Das ist nicht ganz okay. - Ein Tempolimit reduziert die Zahl der Verkehrstoten auf Autobahnen erheblich. Laut einer Studie, die im Auftrag der Landesregierung in Brandenburg erstellt wurde, könnte ein Tempolimit ein Viertel der jährlich 600 Verkehrstoten auf deutschen Autobahnen

retten. Das könnte auch für Herrn Hirche ganz

hilfreich sein angesichts der Problematik auf der A 2. Er sollte sich besser für ein Tempolimit einsetzen, anstatt sich jetzt wieder mit Straßenbäumen zu beschäftigen.

(Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

Angesichts solcher Zahlen ist es mir unbegreiflich, weshalb FDP und CDU noch immer ausweichen und den Zusammenhang von hohen Geschwindigkeiten und Verkehrsopfern nicht wahrhaben wollen. Es ist äußerst zynisch, von einer Gängelung der Autofahrer zu sprechen, wenn es um Menschenleben geht.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist Quatsch! Was Sie erzählen, Herr Ha- genah, ist Quatsch!)

Übrigens ist es auch eine Empfehlung von Herrn Klosa, des Polizeipräsidenten hier in Hannover, mit einem Tempolimit die Zahl der Unfälle auf der A 2 wesentlich zu reduzieren. Das ist also kein

Quatsch. An dieser Stelle glaube ich Herrn Klosa aufs Wort.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Drittens. Ein Tempolimit sorgt für flüssigen Verkehr, Herr Dürr. Die aktuelle Studie aus Brandenburg weist nach, dass bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 130 km/h auf einer sechsspurigen Autobahn täglich 7 200 Fahrzeuge mehr durchkommen, als wenn es kein Tempolimit gibt. Das sollte Sie vielleicht interessieren. Ein Tempolimit verbessert also den Verkehrsfluss.

Letztlich sehe ich den Entwicklungen gelassen entgegen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der gefährliche Sonderweg Deutschlands überwunden ist. Unbeschränktes Rasen ist weltweit nur noch bei uns möglich. Es fordert ebenso wie Passivrauchen Todesopfer. Wissenschaftliche Erkenntnisse setzen sich auf mittlere Sicht durch, Herr Dürr auch wenn Sie im Augenblick noch den Kopf schütteln. Sie werden es noch erleben, und zwar schneller, als Sie heute denken. Vielleicht bringen Sie dann sogar einen entsprechenden Antrag ein. Das Tempolimit in Deutschland wird ebenso kommen wie das Rauchverbot. Über das haben Sie übrigens vor zwei Jahren noch genauso gelacht wie jetzt über das Tempolimit.