Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege, lassen Sie sich einmal sagen, dass Bundesratsinitiativen einer Landesregierung immer noch ein gutes Zeichen dafür sind, dass man seine Rechte auch gegenüber dem Bund wahrnimmt. Das wollte ich Ihnen vorab sagen. Wir sind dankbar dafür, dass die Justizministerin Frau Heister-Neumann diese Bundesratsinitiative ergriffen hat.
Sie haben Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit angesprochen, die heute im Fachausschuss des Bundestages aufgekommen sein sollen. Eine solche Meinung kann man vertreten und meinetwegen mögen auch Experten dieser Meinung sein. Es müsste aber erst eine entsprechende Feststellung erfolgen. Es muss erst festgestellt werden, ob man mit einer solchen Initiative die Verfassung tangiert oder sie sogar nicht einhält. Auch dies wollte ich als Vorbemerkung noch sagen.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie wenden sich mit Ihrem Entschließungsantrag gegen eine Gesetzesinitiative, die der Bundesrat beschlossen hat und die nunmehr, wenn der Fachausschuss dazu eine Empfehlung abgegeben hat, dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt wird. Bei uns wird genauso verfahren.
Worum geht es bei dieser Gesetzesinitiative? - Es geht darum, dass diejenigen, die es sich leisten können, stärker an den Kosten eines Gerichtsverfahrens beteiligt werden, um nicht mehr und nicht weniger. Das ist der Kern der Bundesratsinitiative der Justizministerin. Zu diesem Zweck soll das Existenzminimum bei der Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe ähnlich berechnet werden wie das Existenzminimum im Bereich der Sozialhilfe. Das ist nur logisch. Mir ist kein Grund ersichtlich, warum unterschiedliche
Es erhebt sich die Frage, welche Folgen eine solche Berechnung hat. Aufgrund der höheren Eigenbeteiligung derer, die es sich leisten können, würde ein stärkeres Kostenbewusstsein geschaffen. Die Betroffenen werden die Kosten in ihre Überlegungen einbeziehen, bevor sie ein Gerichtsverfahren anstrengen, und vielleicht auch andere Varianten zur Streitbeilegung wählen, beispielsweise den außergerichtlichen Weg. Diese Schärfung des
Der Entschließungsantrag beschreibt selbst die Kostenentwicklung im Bereich der Prozesskostenhilfe. Sie bezeichnen die Kostensteigerung als immens. Mein Kollege Dr. Biester hat in der ersten Beratung die Verdoppelung der anfallenden Kosten innerhalb der sechs Jahre von 1999 bis 2006 von 44 auf 80 Millionen Euro benannt. Er hat auch die Kosten im Familienrecht mit 36 Millionen Euro seit 2005 beziffert. Das sind natürlich, wie Sie es richtig beschreiben, immense Kosten. Deswegen
erscheint es nicht länger vertretbar, dass Antragsteller, die nicht bedürftig sind, im Prozesskostenhilfeverfahren Vergünstigungen erhalten. Ich
Schließlich soll Prozesskostenhilfe eine bedürftige Partei in die Lage versetzen, einen Rechtsstreit zu führen, wenn in dem konkreten Fall auch eine wirtschaftlich vernünftig denkende, nicht bedürftige Partei das Gericht anrufen würde. Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, das ist nicht meine Interpretation, sondern die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Das heißt aber gerade nicht, dass die Prozesskostenhilfeempfänger von jeglichem Kostenrisiko freizustellen sind. Es heißt auch gerade nicht, dass der Prozess auf Kosten der Allgemeinheit geführt werden muss. Vielmehr kann und muss der Staat nach meiner festen Überzeugung von dem Prozesskostenhilfeempfänger verlangen, dass das Einkommen, das das Existenzminimum übersteigt, zur Finanzierung des Prozesses eingesetzt wird. Genau das will der Bundesrat mit dem verabschiedeten Gesetzentwurf erreichen.
Was daran sozial ungerecht sein soll, erschließt sich mir nicht. Im Gegenteil, auch eine vernünftige, nicht bedürftige Partei riskiert mit einem Prozess erhebliche Einschränkungen. Wer Bedürftigen
Mein Fazit ist somit, dass die Vorwürfe, die auch heute wieder von dem Vorredner von der SPD erhoben wurden, unbegründet sind. Gerade für sozial Schwache ändert der Gesetzentwurf nichts. Bedürftige, z. B. Empfänger von ALG II, sollen auch weiterhin Prozesskostenhilfe erhalten. Sie unterliegen auch weiterhin nicht der Verpflichtung, Prozesskosten in Raten zurückzuzahlen. Ich stelle also fest: Der Bundesrat hat einen sozial ausgewogenen Gesetzentwurf beschlossen, der ganz im Gegensatz zu Ihrem Entschließungsantrag, meine Damen und Herren von der SPD, unsere Unterstützung verdient und auch bekommt. - Danke schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielleicht auch eine Vorbemerkung von mir: Herr Ontijd, ein guter Gesetzgeber riskiert gar nicht erst eine Verfassungswidrigkeit. Davon kann aber in Niedersachsen schon lange keine Rede mehr sein.
Sie gehen ja ganz bewusst so vor, dass Sie in den Ausschussberatungen sagen: Wir haben die Grenzen der Verfassung einmal ganz bewusst austariert. Wir wussten, dass ein verfassungsrechtliches Risiko besteht. Das haben wir gerichtlich prüfen lassen. - Dafür haben Sie vor dem Bundesverfassungsgericht auch mehrfach schwere Niederlagen einstecken müssen.
Nun aber zu dem Antrag der SPD-Fraktion. Zunächst einmal will ich sagen, dass es ein vernünftiger Antrag ist, weil damit die Gelegenheit gegeben ist, dass der Landtag über die Frage der Prozesskostenhilfebegrenzung überhaupt diskutiert. Wir haben dazu eine Anhörung im Rechtsausschuss durchgeführt, die meines Erachtens auch gut und gehaltvoll war. Wie immer bei solchen Fragen, wenn es um sozialrechtliche Bestimmungen geht, hat man gemerkt, dass die Sache doch sehr kompliziert ist, so wie es in Deutschland eben immer ist. Jedenfalls ist die Sache komplizierter, als ich es mir am Anfang selber habe vorstellen können. Das merkt man auch daran, dass die Bundesratsinitiative, die Sie in der Frage der Prozesskostenbegrenzung auf den Weg gebracht haben, nicht weniger als 50 Seiten umfasst. Es war eine ganz schön dicke Schwarte, die Sie auf den Weg gebracht haben.
In den ersten Stellungnahmen vom BMJ - das ist hier mehrfach zitiert worden - sind dann auch gleich verfassungsmäßige Bedenken angemeldet worden. Herr Schneck hat hier schon gesagt, dass dazu heute eine Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestages stattfindet.
Auch dort haben mehrere Rechtsexperten, u. a. der Verwaltungsrichter Hamm, gesagt, dass sie in dieser Frage erhebliche verfassungsrechtliche
Bedenken haben. Wir müssen, wie ich glaube, ehrlicherweise konstatieren, dass das Begehren der Bundesratsinitiative auch im Rechtsausschuss des Niedersächsischen Landtages nicht auf viel Unterstützung gestoßen ist, also nicht positiv bewertet wurde. Sowohl was die Frage der Raten
zahlung betrifft, als auch was die Rückforderung bei einem Prozessgewinn betrifft, gab es keine besonders positive Resonanz. Die Anzuhörenden haben im Blick auf diese Fragen nicht gesagt: Das ist eine vernünftige Regelung, die Sie auf den Weg bringen. - Vielmehr wurden in erster Linie ganz andere Faktoren kritisiert oder inkriminiert, als es um die Frage ging, was man bei der Prozesskostenhilfe ändern müsse.
Wenn man sich die Bundesratsinitiative, die Sie auf den Weg gebracht haben, im Hinblick darauf durchliest, warum die Prozesskostenhilfe begrenzt werden soll, dann stellt man fest, dass es sich in erster Linie um wirtschaftliche Aspekte handelt. Das wird auch frank und frei zugegeben. Die Prozesskosten wachsen uns über den Kopf. Das ist richtig und wahr.
Aber wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir sagen, dass sich die wirtschaftlichen Voraussetzungen, die dazu geführt haben, dass Sie diese Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht haben, geändert haben. Wir haben in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt. Die wirtschaftliche Situation hat sich also deutlich verbessert. Die Arbeitslosigkeit sinkt sehr stark. Zweitens hat sich die Lage der öffentlichen Haushalte deutlich verbessert, u. a. weil die Bundesregierung sehr starke Steuererhöhungen
durchgesetzt hat. Wir haben also einerseits den Agendaprozess sowie starke Sozialkürzungen und andererseits starke Steuererhöhungen.
Das muss man wirklich in der Summe betrachten. Dann ist es nach meiner Wahrnehmung nicht mehr gerechtfertigt, jetzt auch noch die Prozesskostenhilfe zu begrenzen. Wenn wir den Leuten doppelt in die Tasche greifen - einerseits durch Sozialkürzungen, andererseits durch Steuererhöhungen -, dann können wir ihnen nicht auch noch die
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das geht wirklich nicht. Die Bundesratsinitiative hat sich erübrigt, weil sich die Rahmenbedingungen deutlich verändert haben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt Anträge, die schon zu dem Zeitpunkt, zu dem sie gestellt werden, nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind.
„Die Landesregierung wird … aufgefordert, Bundesratsinitiativen zur Einführung einer ‚Prozessgebühr’ zu unterlassen bzw. einzustellen.“
Da war der entsprechende Gesetzentwurf vom Bundesrat schon über fünf Monate mit Mehrheit beschlossen. Er lag also längst zur weiteren Behandlung beim Bundestag. Für offizielle Interventionen des Landes gibt es dann bekanntlich nur noch wenig Raum.
Nun ist mir nicht bekannt, dass sich seit der ersten Beratung Ihres Antrags hier im Landtag vor gut einem Jahr wesentliche neue Gesichtspunkte in der Sache ergeben hätten, die wir nicht schon damals erörtert hätten. Allerdings hat ja der zuständige Rechtsausschuss des Bundestages mit gebührendem zeitlichen Abstand gerade heute seine Expertenanhörung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Es geht also alles seinen von der Gesetzgebung vorgesehenen Gang.
Jedenfalls mir liegen die Protokolle dieser Anhörung noch nicht vor. Deshalb ist es heute mindestens für mich zu früh, um die Sache seriös, nach Auswertung der Expertenmeinungen und mit angereicherter Substanz gerade hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit, erneut zu diskutieren. Aber das werden die Rechtsexperten im Bundestag umso ausführlicher tun. Das ist jetzt der zuständige Ort
nicht aber der Landtag. Deswegen würde es uns nur Zeit stehlen, wenn ich jetzt die alten Argumente noch einmal hin und her wälzen würde. Deshalb verzichte ich darauf.
Wir als FDP vertrauen in diesem Fall ganz darauf, dass der Bundestag in seiner Kompetenz eine weise Entscheidung treffen wird. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung lehnt den Antrag der SPD-Fraktion zu diesem TOP nach wie vor ab. Das Hauptziel der Prozesskostenhilfe ist es, sozial schwachen Personen den Zugang zum Gericht zu ermöglichen. Dieses Ziel lässt die von Niedersachsen initiierte Reform der Prozesskostenhilfe unangetastet. Bezieher von Sozialleistungen werden auch weiterhin Prozesskostenhilfe ohne Kostenbeteiligung erhalten. Jeder, der etwas anderes behauptet, sagt hier schlicht die Unwahrheit - entweder aus Unwissenheit oder wider besseres Wissen.
Das heutige Recht der Prozesskostenhilfe ermöglicht aber nicht nur den Beziehern von Sozialhilfe einen kostenlosen Zugang zum Gerichtsverfahren. Ich bin gern bereit, Ihnen hier anhand von Beispielsfällen vorzurechnen, dass z. B. auch Richter und Beamte des höheren Dienstes in den Genuss von Prozesskostenhilfe kommen können. Meine Damen und Herren, es liegt auf der Hand, dass dies nicht der Sinn der Prozesskostenhilfe sein und erst recht nicht verfassungsrechtlich geboten sein kann. Deshalb wird der Bundestag sicherlich demnächst hierüber entscheiden. Denn das haben offensichtlich alle zur Kenntnis genommen: Der Rechtsausschuss des Bundestages befasst sich derzeit intensiv mit diesem Entwurf.