Protocol of the Session on October 19, 2007

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie auch immer - ich habe Ihrem Redebeitrag entnommen, dass Sie ein Interesse daran haben, den Gesetzentwurf noch in dieser Wahlperiode zu beraten und zu beschließen, und dass Sie der Auffassung sind, dass wir über manche Details sicherlich noch intensiv werden sprechen müssen.

Das ist in der Tat ein ehrgeiziger Zeitplan, Herr Wenzel. Da aber das Planfeststellungsverfahren für die Trasse Ganderkesee - Sankt Hülfe im nächsten Jahr beginnen soll und auch mehrere Raumordnungsverfahren durchgeführt werden müssten, ist es sinnvoll, dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen, damit auch die Übertragungsnetzbetreiber die erforderliche Planungssicherheit haben.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Den Gesetzentwurf, den die Fraktionen der CDU und der FDP ja nun alleine einbringen werden, halte ich für einen klugen Mittelweg. Mit diesem Gesetz soll aufgezeigt werden, wie in den vom Netzausbau betroffenen Regionen unseres Landes eine teilweise Erdverkabelung anstelle der 380-kVFreileitungen ermöglicht werden kann. Es soll zu

künftig ein Planfeststellungsverfahren für diese Hochspannungsleitungen durchgeführt werden, wenn die im Landes-Raumordnungsprogramm festzulegenden Mindestabstände für Freileitungen unterschritten werden, d. h. zu einzelnen Wohngebäuden im Außenbereich ein Abstand von 200 m, zu Siedlungen im Innenbereich sogar 400 m. Vor dem 15. Oktober 2007 bestehende Landschaftsschutzgebiete dürfen nach dieser neuen Regelung nicht mehr durch Freileitungen gekreuzt werden.

Die Koalitionsfraktionen haben bereits am Dienstag parallel zu dieser Beratung eine entsprechende Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms in der Ziffer 4.2 beschlossen, damit die Mindestabstände mit denen im Gesetzentwurf entsprechend korrespondieren. Insofern, Herr Jüttner, ist es auch nicht notwendig, die Beratung des LandesRaumordnungsprogramms noch einmal zu verzögern. Das kann durchaus im November endgültig beraten und beschlossen werden.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ihr wollt gar keinen Konsens!)

Das Erdkabelgesetz kann dann im Dezember beschlossen werden.

Herr Kollege Wenzel, Sie haben kritisiert, es seien nur die Landschaftsschutzgebiete aufgeführt worden. Es sind ganz bewusst nur die Landschaftsschutzgebiete aufgeführt worden, weil sie den schwächsten Status haben. Die anderen Flächen, wie Natura 2000 und andere, haben ohnehin einen höheren Status. Es wäre sowieso ausgeschlossen, dass dort 380-kV-Freileitungen hindurchgeführt werden. Insofern hoffe ich, dass Ihre Bedenken da nicht zutreffend sind.

Niedersachsen ist beim Thema Erdverkabelungsgesetz bundesweit führend. In der Tat betreten wir hier politisches und juristisches Neuland. Da muss man auch mit manchen Unwägbarkeiten rechnen; das ist doch völlig unbestritten. Ich hatte Gelegenheit, am Wochenende bei der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz in Brüssel den zuständigen EU-Kommissar, Herrn Piebalgs, auf dieses Thema anzusprechen. Herr Piebalgs hat in Gegenwart der Fraktionsvorsitzenden ausdrücklich die rechtliche Möglichkeit bejaht und das auch entsprechend politisch unterstützt. Er hat mir auch gesagt, dass es bereits Erdkabelprojekte in Italien, Spanien und Großbritannien gibt. Auch er hält das für die Zukunft für eine sinnvolle Sache.

Die zweite Frage ist, ob das Land hierfür überhaupt die Gesetzgebungskompetenz im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung hat. Das ist nicht ganz unumstritten. Aber diese Frage ist von der Staatskanzlei intensiv mit dem Bundesumweltministerium geprüft und, wie bereits betont wurde, gutachterlich bejaht worden. Insofern vertrauen wir ganz besonders der juristischen Kompetenz Ihres Bundesumweltministers und niedersächsischen Parteifreundes Herrn Gabriel. Herr Gabriel hat im Übrigen die Vorreiterrolle unserer Landesregierung ausdrücklich gewürdigt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich zitiere aus der gemeinsamen Pressemitteilung des BMU und der Staatskanzlei - wörtliches Zitat -:

„‘Mit der Möglichkeit zur Verwirklichung von Erdkabeln wird ein großes Hemmnis zur Weiterentwicklung der Erneuerbaren Energien abgebaut. Ohne einen zügigen Netzausbau sind die umweltschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung nicht zu erreichen.‘“

Ich finde, Herr Gabriel hat vollkommen recht. Deshalb danke ich im Namen der CDU-Landtagsfraktion dem Herrn Bundesumweltminister ausdrücklich für seine konstruktive Zusammenarbeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner, da Sie in Ihrem Redebeitrag massive juristische und politische Bedenken gegen diesen gemeinsamen Vorschlag von Herrn Wulff und Herrn Gabriel geäußert haben, sage ich: Da müssen wir Herrn Gabriel gegen seine innerparteilichen Kritiker in Schutz nehmen. So kann man miteinander nicht umgehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Erst Beck und Müntefering, dann Jüttner und Gabriel - nein, das geht so nicht. Wir sind auf jeden Fall an seiner Seite.

Meine Damen und Herren, die Teilverkabelung wird in Zukunft in vielen Bereichen Bestandteil der Trassenplanung sein. Unser Gesetzesvorstoß eröffnet auch Perspektiven für die für den Bereich Wahle - Mecklar diskutierte Gleichstromvollverkabelung.

Erdkabel können helfen, mindestens die Hälfte der Stromverlustkosten einzusparen. Damit können die höheren Mehrkosten bei der Herstellung voraus

sichtlich kompensiert werden. Diese Regelung wird also dazu beitragen, mit den Bürgern und nicht gegen sie den notwendigen Netzausbau voranzubringen.

Das heißt - zusammenfassend -: Mit dem Gesetzentwurf kommt die Landesregierung den Wünschen der Menschen in den betroffenen Regionen nach. Sie kommt auch den Wünschen der Opposition nach. Der Ministerpräsident hat frühzeitig angekündigt, dass es eine entsprechende gesetzliche Initiative geben würde. Genau das werden wir jetzt machen. Ich hoffe, dass wir mit diesem Gesetz dazu beitragen können, den Anwohnern ihre Ängste zu nehmen und den notwendigen Netzausbau voranzubringen. Wenn wir es mit unseren energiepolitischen Zielen ernst meinen, wenn wir es mit den Klimaschutzzielen in Europa ernst meinen, kann es keinen ernsthaften Streit darüber geben, wer stärker für Erdkabel eintritt oder nicht. Lassen Sie uns in den nächsten acht Wochen gemeinsam versuchen, eine Lösung zu finden! Wir setzen auf die juristische Kompetenz des Bundes. Wir sind aber durchaus offen für weitere Anregungen auch des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes. Aber am Ende muss es eine sachliche Lösung für die betroffenen Menschen, für die betroffenen Regionen und vor allem für die Fragen der Energieversorgung in unserem Land geben. - Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Dürr von der FDPFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, ich will Ihnen für die sehr konstruktive Rede, die Sie hier gehalten haben, ausdrücklich danken. Ich bin froh darüber, dass wir zumindest die Grünen auf dem Weg zur Erdverkabelung an unserer Seite wissen. Bei der SPD bin ich mir nach Ihrer Rede, Herr Kollege Jüttner, ausdrücklich nicht mehr so sicher.

(Jürgen Lanclée [SPD]: Haben Sie nicht zugehört?)

Sie haben hier nicht mit einem Wort erwähnt, in welche Richtung Sie eigentlich gehen wollen. Sie haben hier einen Gesetzentwurf angesprochen,

den bisher jedenfalls noch niemand kennt, Herr Kollege Jüttner. Ich stelle fest: Auf dem Weg zur Erdverkabelung haben Sie heute keinen Beitrag geleistet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die FDP hat immer gesagt: Ohne eine klare rechtliche Grundlage ist das mit der Erdverkabelung nicht zu machen. - Während Sozialdemokraten noch durch die Lande gezogen sind und behauptet haben, dass Landesbehörden die Erdverkabelung einfach nur verordnen müssten und dass dann alles kein Problem mehr wäre,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist doch gar nicht!)

haben wir immer gesagt, dass es für eine Erdverkabelung eine eindeutige Rechtsgrundlage in Form eines Planfeststellungsverfahrens geben muss. Ich komme aus der Region, in der die Strecke Ganderkesee - Sankt Hülfe eine große Rolle spielt. Ich habe vor knapp drei Jahren Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker aus meiner Region zusammengerufen und gesagt, dass wir für eine Erdverkabelung eine rechtliche Grundlage brauchen. Damals bin ich von Sozialdemokraten als Spielverderber und Prinzipienreiter hingestellt worden. Heute ist es ganz klar, meine Damen und Herren: Ohne ein Gesetz ist das Bekenntnis für Erdkabel nur Heuchelei. Wer den Menschen vor Ort Sand in die Augen streuen will, der soll weiter behaupten, die Genehmigungsbehörde müsse das Erdkabel einfach vorschreiben. Die Wahrheit ist jetzt zum Glück klar: Es bedarf eines Gesetzes auf Landes- oder Bundesebene, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass das für die SPD vor Kurzem noch nicht so selbstverständlich war, zeigt Folgendes: Herr Kollege Jüttner, noch im April dieses Jahres, als eigentlich auch dem Letzten hätte klar sein müssen, dass wir eine Gesetzesänderung brauchen, haben Sie von der SPD einen Entschließungsantrag eingereicht, aus dem ich zitieren darf:

„Der Landtag stellt fest:

... Die unterirdische Verlegung von Hoch- und Höchstspannungsleitungen ist als ausdrückliches Ziel der Landesraumordnung festgelegt. Ein weiterer

Ausbau der Höchstspannungsstromleitungen muss nach den Regeln der neuesten zur Verfügung stehenden Technologie - Erdkabel, GIL - erfolgen.“

Sie haben damals noch so getan - übrigens auch hier im Plenum; wir alle erinnern uns sicherlich gut an die Reden von Jüttner vom April zu diesem Thema -, als ob der Landtag einfach nur beschließen müsste. Herr Kollege Jüttner, ich stelle fest, Sie laufen heute der Zeit hinterher und haben es auch damals getan.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will, weil ich meine, dass wir uns an der Stelle mit den Grünen einig sind, aus der Aussprache, die im April zu diesem Entschließungsantrag geführt worden ist, das zitieren, was der Kollege Hans-Joachim Janßen von den Grünen gesagt hat:

„So einfach, wie Sie, meine Damen und Herren von der SPD, es in Ihrem erneuten Antrag formulieren, geht es leider nicht.“

Dann sagt er weiter:

„Meine Damen und Herren von der SPD, Ihr Antrag in allen Ehren - erzählen Sie das aber auch einmal Ihren Parteifreunden im Bund. Wer hat denn mit dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz das Energiewirtschaftsgesetz im Dezember letzten Jahres so geändert, dass eine unterirdische Verlegung von Erdkabeln fast ausgeschlossen ist?“

Ich füge hinzu: Damals noch auf Druck des Bundesumweltministers. Ich bin froh darüber, dass Herr Gabriel hierzu mittlerweile anderer Auffassung ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das ist der größte Blödsinn! Wer war denn dage- gen?)

Meine Damen und Herren, wenn es eine Partei gibt, die in der Vergangenheit nichts, aber auch gar nichts dazu beigetragen hat, dass wir in Niedersachsen eine Erdverkabelung an den Strecken Wahle - Mecklar, Diele - Niederrhein oder Ganderkesee - Sankt Hülfe bekommen, dann ist es die

Sozialdemokratische Partei hier in Niedersachsen, um das ganz deutlich zu sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wolfgang Jüttner [SPD]: Hauptsache, Sie glauben daran!)

Weil Herr Jüttner vorhin davon gesprochen hat, will ich noch etwas dazu sagen, dass der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst zu dem Gesetzentwurf, den CDU und FDP hier einbringen werden, befragt werden soll. Ich will hier Folgendes sehr deutlich sagen: Es ist richtig. Wir betreten hiermit gesetzestechnisches Neuland. Das ist überhaupt keine Frage. Sollte deshalb das Ergebnis der juristischen Überprüfungen - in welcher Form auch immer: ob vor Gerichten oder woanders - sein, dass doch nur der Bund die Kompetenz hat, so etwas zu regeln, steht meines Erachtens der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel wieder in der Pflicht. Er darf dann nicht, wie beim letzten Mal, die Erdverkabelung im Binnenland zugunsten anderer Interessen verkaufen, meine Damen und Herren.