Protocol of the Session on September 18, 2003

Was ist passiert? Der Landesrechnungshof hat seinen Jahresbericht für 2001 vorgelegt, eine ganze Reihe von Beanstandungen detailliert dargestellt und dazu Beschlussvorschläge unterbreitet.

(David McAllister [CDU]: Ist das auch ein Nachtreten?)

So weit ein ganz normaler Vorgang, wie wir ihn jedes Jahr erleben

(Lachen bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Ja! - Sigrid Leuschner [SPD]: Hören Sie mal zu! Hören Sie mal den Zusam- menhang!)

- Sie können ja ruhig lachen. - Wünschenswert wäre selbstverständlich, dass der Landesrechnungshof nichts fände. Aber dazu meine Frage: Sie haben in früheren Zeiten auch schon mal regiert. Hatten Sie damals immer weiße Blätter vom Landesrechnungshof? Beantworten Sie die Frage doch einmal: Hatten Sie nur leere Blätter, leere Seiten, auf denen nichts stand?

Wir, die Vertreter der SPD-Fraktion, die im Unterausschuss in der Minderheit sind, haben an der Beratung konstruktiv mitgearbeitet. Das werden Sie uns bestätigen. Sie haben doch miterlebt, dass Beschlussvorschläge im Zuge der Beratungen geändert wurden und dass Sichtweisen des Landesrechnungshofs verändert wurden. Ich danke dem Landesrechnungshof ausdrücklich für seine Arbeit.

Wie gesagt, bis dahin war es ein ganz normaler Vorgang, eine verfahrens- und sachorientierte Arbeit. Und dann kam der Knaller, mit dem wohl eigentlich niemand so recht gerechnet hatte. Sie sagen jetzt, entscheidend für Ihre Haltung sei die Schwere der Vorwürfe gewesen, und nennen in Ihrer Pressemitteilung vier Punkte, Herr Rolfes. Diese vier Punkte will ich gerne abarbeiten.

Vorab nur eine Bemerkung zu dem, was in Ihrem Bericht ungeheuren Raum einnahm, nämlich dass Herr Aller die Drucksache unterschrieben hat.

Aber Sie wissen ebenso wie ich, dass Herr Aller der Ausschussvorsitzende ist. Damit ist das seine Aufgabe. - Ach, das haben Sie schon gestrichen?

Dann ist es ja gut, und dann müssen wir nicht mehr darüber reden.

(Zuruf von der CDU: Sehr unsensi- bel!)

Erstens: zur Neuordnung der Wirtschaftsförderung, die Sie beanstandet haben. Sie ignorieren unsere Maßnahmen, die Gründung der IN-Bank, bei vornehmer Stimmenthaltung der CDU-Fraktion. Stimmenthaltung heißt: So schrecklich kann es dann ja auch nicht gewesen sein. Wir stellen nur fest, dass es jetzt nicht so recht weitergeht. Wir an Ihrer Stelle wären weiter. Das ist aber nicht der Fall. Sie verzögern die Sache.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Das verschlägt einem glatt die Spra- che!)

Zweitens: überhöhte Einnahmeerwartungen aus Verkaufserlösen. Im Text heißt es dazu - ich lese es einmal vor -:

„Die Planungen des Landes, durch Mobilisierung von Vermögen in den nächsten Jahren 360 Millionen Euro zu erzielen, haben keine realistische Grundlage... Für den Verkauf fehlt ein schlüssiges Konzept.“

Die Frage lautet nun: Ziehen Sie die notwendigen Schlüsse aus dieser Bemerkung? Ihr Haushaltsentwurf weist in dieser Frage ein hohes Maß an Kontinuität aus. Herr Möhrmann hat gestern in ausführlicher Weise dazu Stellung genommen. Ich verzichte darauf, das zu wiederholen.

Drittens: 33 Millionen Euro Budget-Überschreitung im Personalbudget des Kultusministeriums.

(Ursula Körtner [CDU]: Ja, das trifft uns hart!)

Dazu gab es eine sehr eingehende Erläuterung durch die Beamten des Ministeriums: kein Vorsatz. Darum haben wir auch den Text geändert. Wir haben wirklich ernsthaft gearbeitet, Herr Rolfes.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Hart oder ernsthaft? Eines von beiden! Oder beides?)

Wir haben Formulierungen verändert, die dieses deutlich machten, und zwar mit Ihrer Zustimmung, Herr Rolfes.

Die entscheidende Tatsache ist aber Folgende: Wir haben für dieses Geld Lehrer beschäftigt und nicht Geld verschwendet. Und Sie stellen jetzt Lehrkräfte ein, für die das Geld nicht vorhanden ist, wie Sie wissen.

(Widerspruch bei der CDU - David McAllister [CDU]: Wie bitte? Ach, Herr Lestin!)

Sie bewirken durch Ihre Personalmaßnahmen, dass die Möglichkeit, einen verfassungsmäßigen Haushalt darzustellen, in weite Ferne gerückt wird. Das ist für Sie eine bequeme Methode. Sie haben die Schuldzuweisungen, und Sie tragen sie gebetsmühlenartig immer wieder vor. Wir hören es.

(David McAllister [CDU]: Aber Sie verstehen es ja immer noch nicht! Sie sind doch Pädagoge!)

- Fassen Sie sich bitte nicht an den Kopf, wenn Sie mich ansehen. Da müssen Sie sich ein bisschen beherrschen. Da spiele ich nicht mit, das will ich Ihnen sagen.

(Lachen bei der CDU)

Das Ganze trägt auch nicht auf ewig. Denn bald wird man Sie auch öffentlich für Ihre Taten verantwortlich machen - das wird auch nicht mehr lange dauern. Noch kommen Sie gut dabei weg. Außerdem beherrschen Sie die Systematik doch theoretisch - das habe ich jedenfalls immer geglaubt. Sie wissen doch, wenn man Wirtschaft fördern will, dann muss man investieren und nicht konsumieren. Das tun Sie aber.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Das habt ihr doch die ganze Zeit ge- macht!)

Ich erkläre es Ihnen. Bei der Budgetüberschreitung müssen Sie sich entscheiden: Ist die Beschäftigung von Lehrkräften etwas Positives? - Dann sollten Sie die Sache nicht so hoch hängen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das glaube ich nicht! Jetzt muss ich mir wirklich an den Kopf fassen! - Glocke der Präsidentin)

- Meine Redezeit geht zu Ende. - Sie machen einen Spagat. Ich hoffe, es zerreißt Sie nicht.

Zu P 53: Wir haben Ihnen ein hervorragendes Instrument zur Kassenverwaltung hinterlassen. In

zwei Jahren, wenn Ihre erste Haushaltsrechnung vorliegt, werden wir sehen, ob Sie ordentlich damit umgehend können. Ich habe jetzt leider keine Zeit mehr, aber Sie können in der Drucksache 15/72 nachlesen, was Ihre Regierung zu P 53 sagt. Ich kann es Ihnen jetzt nicht mehr vortragen. Aber Sie sollten wenigstens die Verlautbarungen Ihrer eigenen Regierung beachten, damit wäre schon viel geholfen.

Aber das Ganze passt zum eingangs Gesagten. Sie wollen uns politisch treffen, hauen aber - offenbar ohne es zu merken - auf die Menschen Ihrer Verwaltung ein. Mit diesen Menschen sollten Sie pfleglicher umgehen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Lestin, kommen Sie bitte zum Ende. Sie wissen ja, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Geben Sie es zu, Sie sind am Ende! - Weitere Zurufe von der CDU)

Eine Ergänzung noch zu unserem Wunsch auf Einzelabstimmung: Wir wünschen auch für die Nummer 29 eine Einzelabstimmung.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Herr Minister Möllring hat sich zu Wort gemeldet. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich nicht vor, das Wort zu ergreifen. Aber nachdem der Kollege Lestin einiges gesagt hat, das hinten und vorne nicht richtig ist, möchte ich doch dazu Stellung nehmen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das war nämlich nicht schlüssig!)

Herr Lestin, es geht hier nicht darum, irgendwelchen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern von Behörden die Entlastung zu erteilen oder nicht zu erteilen, sondern der politischen Führung,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

die sehenden Auges Geld ausgegeben hat, das nicht im Haushalt vorhanden war. Am 1. November letzten Jahres sind 700 Lehrer eingestellt worden - ohne dass es einen entsprechenden Nachtragshaushalt dazu gegeben hätte, ohne dass Stellen vorhanden waren, ohne dass im Personalkostenbudget des Kultusministers überhaupt noch Platz war. Wer so an dem Recht des Landtages vorbeigeht, der hat keine Entlastung zu bekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Lestin, ich verwahre mich gegen den Vorwurf, dass unsere 2 500 Lehrer durch nichts und niemanden abgesichert sind, während Sie 700 Lehrer für die Schüler eingestellt und deshalb etwas Gutes getan hätten. Es ist umgekehrt gewesen. Wir mussten im Haushaltsabschluss 2002 3,5 Millionen Defizit für die 700 Lehrer hinnehmen, das wir im Jahre 2004 mit abbilden müssen. Das heißt, wir müssen die Lehrer bezahlen, die Sie eingestellt haben. Wir mussten im Nachtragshaushaltsplan 2003 26 Millionen nachfinanzieren, damit die 700 Lehrer überhaupt auf einer soliden Basis beschäftigt werden können - und zwar im Rahmen des Haushaltsrechts dieses Landtages. Die alte Regierung hingegen hat das nach Gutsherrenart gemacht, um noch kurz vor der Wahl 700 Lehrer einzustellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Friedhelm Biestmann [CDU]: Un- glaublich!)

Die alte Regierung hätte die Möglichkeit zur Nachfinanzierung gehabt. Sie hat am 15. Dezember einen Nachtragshaushalt vorgelegt. Spätestens da hätte man die 3,5 Millionen abbilden und in den Nachtragshaushaltsplan 2003 die 26 Millionen einsetzen müssen, die man bereits verplant und für die man Lehrer eingestellt hatte. Das haben Sie nicht getan. Erst wir haben es dann im Juni getan, nachdem der Kladderadatsch da war.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)