Protocol of the Session on June 5, 2007

Meine Damen und Herren, wir kommen zu dem Punkt

a) Kinder sind Niedersachsens Zukunft: Erfolgreiche Förderung macht einen Paradigmenwechsel der Finanzierung notwendig - Antrag der Fraktion der FDP Drs. 15/3832

Bitte schön, Herr Kollege Dr. Rösler!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Keine Landesregierung zuvor hat so viel für eine optimale Betreuung unserer Kinder in Niedersachsen getan wie diese Landesregierung aus CDU und FDP.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bestes Beispiel dafür ist die Beitragsfreiheit des letzten Kindertagesstättenjahres schon zum 1. August 2007.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: „Schon“ ist gut!)

Für die alte Landesregierung, die sogenannte sozialdemokratische Landesregierung,

(Zuruf von der SPD: „Sogenannte“ ist ja wohl eine Frechheit!)

hat die Vereinbarkeit von Familie und Beruf während ihrer 13-jährigen Alleinregierung leider keine Rolle gespielt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es hat eine bürgerliche Regierungskoalition gebraucht, um Niedersachsens Eltern um 120 Millionen Euro jährlich zu entlasten. CDU und FDP verbessern die Betreuung und ermöglichen erst dadurch tatsächlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Trotz enormer Verbesserungen im Bereich der Kinderbetreuung in qualitativer, aber auch quantitativer Hinsicht sind nach wie vor einige Fragen unbeantwortet. Viele Eltern wünschen sich beispielsweise wesentlich flexiblere Betreuungszeiten. Wenn sie ihre Kinder morgens um 8 Uhr in die Kindertagesstätte bringen, aber schon gegen Mittag wieder abholen müssen, dann ist es sehr schwierig, sich in der Zwischenzeit beruflich zu engagieren. Das ist jedem klar. Dies zeigt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf trotz einer gesicherten Finanzierung häufig an der fehlenden Flexibilität der Betreuungszeiten scheitern muss.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt zwar flexible Alternativen, z. B. Tagesmütter. Da die bisherigen Finanzierungsvorgaben bisher aber ebenso starr waren, konnten sich solche Alternativen wenig entwickeln. Deswegen wollen wir das Finanzierungssystem für die Kinderbetreuung völlig neu gestalten. Wir wollen weg von der sogenannten Objektfinanzierung, also der rein institutionellen Unterstützung, hin zur Subjektfinanzierung, also zur Unterstützung der Familien mit Kindern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das klingt zunächst einmal technisch, ist aber einfach zu beschreiben: Wir möchten, dass die Eltern ihren Betreuungsanspruch in Form von Gutscheinen erhalten. Mit diesen Gutscheinen können sie dann selbst Betreuungsleistungen beim Anbieter ihrer Wahl frei einkaufen.

(Beifall bei der FDP)

Sie sollen die Möglichkeit haben, zwischen allen Anbietern zu wählen: angefangen bei Tagesmüttern über freigewerbliche Kindergärten bis hin zu konfessionellen oder freien Anbietern.

Durch diese Gutscheine, durch die Stimulierung der Nachfrage wird es möglich sein, die Vielfalt des Angebotes bei der Kinderbetreuung weiter zu verbessern. Durch den zunehmenden Wettbewerb können wir gleichzeitig die Qualität der Betreuung

verbessern. Dieses Gutscheinmodell muss langfristig nicht nur für die institutionelle Förderung, nicht nur für die Tagespflege gelten, sondern auch ein Beitrag zur Unterstützung der häuslichen Betreuung sein. Anders als reine Geldzahlungen stellen Gutscheine sicher - das ist der Vorteil -, dass die investierten und geplanten Mittel auch tatsächlich den Kindern zur Verfügung gestellt werden. Reine Bargeldzahlungen lehnen wir ab.

(Beifall bei der FDP)

Viele andere Bundesländer haben bereits sehr Erfolg versprechende Modelle eingeführt. Wir fordern, dass sich auch Niedersachsen auf diesen Weg begibt. Im Interesse einer echten Wahlfreiheit der Eltern, im Interesse unserer Kinder sollen Betreuungsgutscheine bei uns in Niedersachsen spätestens zur nächsten Legislaturperiode eingeführt werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Frau Kollegin Eckel, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rösler, bei Ihren ersten Sätzen wusste ich nicht so recht, ob das eine Beschwörung oder das Pfeifen im Walde war.

(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist die Wahrheit! Das ist die Realität!)

Sie wissen doch, dass die SPD-Fraktion lange vor Ihnen einen Antrag auf Einführung der Beitragsfreiheit für ein Kindergartenjahr gestellt hat.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Warum haben Sie es denn nicht bis 2003 gemacht?)

Sie wissen doch, dass Herr Busemann diesen Antrag in die Kategorie „Unverantwortliches“ eingeordnet hat. Die Wahl rückt näher, und - auch das muss man sagen - die Steuermittel fließen. Schon ist einiges möglich, was vorher noch mit großem Hallo abgelehnt wurde.

Sie kreieren jetzt etwas ganz Neues. Sie haben sich sehr kurz gefasst. Ihre Rede war wirklich sehr, sehr kurz.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Fünf Minu- ten, Frau Kollegin! Haben Sie schon mal in die Geschäftsordnung ge- guckt?)

Heißt das, dass Sie gar nicht so genau wissen, wo es langgehen soll?

(Beifall bei der SPD)

Ein solches Gutscheinsystem ist ausgesprochen schwierig, wenn das erreicht werden soll, was hoffentlich wir alle erreichen wollen, nämlich eine qualitativ gute frühkindliche Bildung. Es reicht nicht, hier ein paar Worte einzuwerfen und vom Wechsel von der Objektförderung zur Subjektförderung zu sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Das haben Sie auch gegenüber einer Zeitung gesagt. Das mag ja gut klingen. Das ist vielleicht ganz gutes Wahlkampfgeschrei. Es mag auch zur Profilierung dienen. Hier geht es aber um etwas ganz anderes. Es geht wirklich um die Kinder. Die Zukunft der Kinder hängt nicht von einem Paradigmenwechsel in der Finanzierung ab. Das Wort „Paradigmenwechsel“ wird inzwischen ohnehin inflationär benutzt.

(Beifall bei der SPD)

In den letzten 40 Jahren gab es immer mal wieder Versuche, solche Gutscheinsysteme einzuführen. Bisher hat aber kein Versuch lang genug gedauert, um ihn gut evaluieren zu können. Auch das muss man sich klarmachen. Ein Beispiel ist Hamburg. Hamburg hat im Jahr 2003 das Gutscheinsystem eingeführt. Nach ganz kurzer Zeit sprach man von der „Kita-Krise“, und der verantwortliche Senator musste zurücktreten.

(Zustimmung bei der SPD)

Das System ist inzwischen verbessert worden. Worüber redet man aber in Hamburg? - Die Eltern und Fachleute sagen: Was ist mit der Qualität der Kindergärten? Gibt es ein Absinken der Qualität? - Das behaupten nämlich ganz viele. - Wie gehen Mittelstandsschichten und Menschen aus bildungsfernen Schichten damit um? Sind sie nicht vielleicht überfordert? - All das sind Diskussionspunkte. Wenn Sie hier ein solches System fordern,

dann müssen Sie diese Fragen klären. Ich frage mich wirklich, warum Sie dieses Thema so en passant in einer Aktuellen Stunde einbringen.

(Beifall bei der SPD)

Ich meine, Sie müssen sich schon die Mühe machen, hier ein Konzept vorzulegen, das wir dann auch gerne mit Ihnen diskutieren.

Wir haben in Bezug auf die frühkindliche Bildung Grundsätze.

(Joachim Albrecht [CDU]: Das ist aber neu!)

Daran wollen wir nicht rütteln lassen. Es geht darum - dabei sind wir wohl einer Meinung -, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Deswegen brauchen wir ein viel größeres Angebot an Ganztags- und Krippenplätzen.

Wir wissen, dass Erwerbstätigkeit die beste Armutsprävention ist. Es ist für uns sehr wichtig, dies im Rahmen des Angebots deutlich zu machen. Wir sprechen über die Qualität der Angebote, weil wir wissen, dass die ersten Lebensjahre die entscheidenden sind, wenn ein Kind Bildungserfolg haben soll.

Wir wissen, dass benachteiligte Kinder in den ersten Lebensjahren am leichtesten in der Lage sind, Benachteiligungen auszugleichen, wenn man sie unterstützt.