Protocol of the Session on June 5, 2007

Herr Harden, zu Ihnen kann ich nur sagen: Da hat man gemerkt, der Wahlkampf ist eröffnet. Gleichzeitig kann ich feststellen: Thema verfehlt! Denn Sie haben ziemlich ausführlich über den kommu

nalen Finanzausgleich geredet; es geht aber heute um das SGB II.

(Beifall bei der FDP)

Ich erinnere daran, dass Ihre Fraktion diesem Gesetzentwurf genauso zustimmt wie die anderen auch. Wenn Sie meinen, das Geld für die Kinderkrippen werde in Berlin zurückgehalten, dann sorgen Sie doch bei Ihren Parteifreunden dafür, dass es kommt! Das wäre eine Variante, wo Sie etwas tun können.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Es geht aber heute letztlich um das SGB II, um das, was Herr Dr. Matthiesen schon erläutert hat: Es gibt, auf Niedersachsen bezogen, in der Tat Verwerfungen bei den Mitteln, die von der Bundesebene gekommen sind. Diese Verwerfungen haben bisher einige Kommunen bevorteilt und viele andere benachteiligt.

Die Lösung, die wir jetzt haben, benachteiligt im Vergleich zu vorher die Region Hannover. Aber es ist ganz klar: Wenn man versucht, etwas gerecht zu machen, wird es immer einige geben, die weniger als vorher bekommen. Auch ich komme aus der Region Hannover. Ich stimme dem Gesetzentwurf trotzdem zu. Die kommunalen Spitzenverbände haben sich darauf geeinigt, dass das eine gute, gerechte Lösung ist. Daher kann ich Ihnen allen nur empfehlen: Folgen Sie dem, was alle Fraktionen im federführenden Sozialausschuss gesagt haben! Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat Herr Minister Schünemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe die Aufregung bei diesem Tagesordnungspunkt nicht. Zum einen haben sich die kommunalen Spitzenverbände eindeutig für diese Lösung ausgesprochen. Zum anderen gibt es eine breite Zustimmung hier im Parlament. Herr Harden, Sie müssen einmal die kommunalen Parlamente besuchen! Hier höre ich wirklich überall, dass man froh ist, dass diese Landesregierung

einen Kurswechsel eingeleitet hat und seit mindestens vier Jahren eine kommunalfreundliche Politik betreibt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Harden, Sie haben wirklich Mut, sich hier hinzustellen und zu sagen, dass wir als Landesregierung gerade in diesem Punkt den Kommunen einen Bärendienst erweisen. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass die Hartz-IV-Gesetzgebung auch mit der Ansage der seinerzeitigen rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebracht worden ist, dass die Kommunen um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden sollen. Nachdem klar war, dass dies so nicht erreicht werden konnte, haben sogar noch Herr Clement - damals Bundeswirtschaftsminister - und Herr Tiefensee immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass die Quote bei den Unterhaltskosten null Prozent betragen sollte. Es sollte überhaupt nichts erstattet werden, weil man den Kommunen sogar noch unterstellt hat, dass sie falsch abrechnen. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Das hat die Regierung von Herrn Schröder und vor allen Dingen der Bundeswirtschaftsminister Clement gemacht.

Wenn das umgesetzt worden wäre, wenn sich unser Ministerpräsident sich nicht dafür eingesetzt hätte, dass es jetzt, im Jahr 2007, eine andere Quote gibt, nämlich 31,2 %, dann hätte es in unserem Land wirklich Verlierer gegeben, und zwar 33 Verlierer, u. a. die Region Hannover mit einem Verlust von 3,6 Millionen Euro. Darin habe ich die 136 Millionen Euro Wohngeld noch mit eingerechnet, die das Land weiterleitet.

Von der Lösung, die wir jetzt haben - deshalb verstehe ich die Aufregung über die Region Hannover noch weniger -, profitiert die Region Hannover in der Größenordnung von 12,1 Millionen Euro, also mehr als jede andere Kommune in diesem Land. Meine Damen und Herren, wer sich hier hinstellt und sagt, dass dies ungerecht ist, der kennt die Zahlen nicht und will auch Neid schüren. Das ist in dieser Frage nun wirklich falsch. Wir sind hier auf dem richtigen Weg. Deshalb sollten wir dies so schnell wie möglich beschließen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mit diesem neuen Finanzierungsmaßstab haben wir in der Tat mehr Gerechtigkeit auf den Weg gebracht. Denn es geht darum, die Abdeckung des realen Finanzbedarfs zielgenauer umzusetzen. Es geht darum, bei den

Kosten für Unterkunft und Heizung möglichst die realen Bedingungen zu berücksichtigen. Das ist wichtig. Ferner geht es darum - das ist für die Kommunen ganz entscheidend -, Planungssicherheit zu haben. Die haben sie mit diesem Gesetz bis zum Jahr 2010; das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Zu den einzelnen Punkten möchte ich nur noch kurz etwas sagen. Der Beitrag der zu verteilenden Wohngeldmittel wird auf jährlich 136 Millionen Euro festgesetzt, und zwar bis zum Jahr 2010. Der Verteilungsmaßstab selbst soll sich je zur Hälfte aus zwei Komponenten errechnen: aus dem Mehrbelastungsausgleich und nach Maßgabe der tatsächlichen Ausgaben für Unterkunft und Heizung. Hiermit haben wir wirklich einen Interessenausgleich für die Landkreise und für die Städte geschaffen. Insofern kann ich nur feststellen, dass wir durch dieses Gesetz, durch diesen Verteilungsmodus den Kommunen einen gerechten Ausgleich zur Verfügung stellen. Das ist wichtig und richtig. Ich freue mich, dass es, bis auf einen kleinen Teil, eine breite Zustimmung gibt. Wenn man sich einig ist, dann sollte man auch nicht künstlich irgendwelche Debatten vom Zaun brechen; denn das kann draußen im Lande niemand verstehen. Dies bringt insgesamt eine Entlastung für die Kommunen. Der Ministerpräsident hat einen gewichtigen Teil dazu beigetragen. Sie sollten dann nicht so tun, als wenn dies eine schlechte Regelung wäre. Das macht keinen Sinn. Herr Harden, Sie sollten jetzt aus Überzeugung die Hand heben. Dann haben Sie eine gute Tat getan. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung und möchte dann, wenn sich alle Kolleginnen und Kollegen hingesetzt haben, zur Einzelberatung kommen.

Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Ich komme zur Abstimmung. Wer dieser Änderungsempfehlung nachkommen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit ist der Änderungsempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Wer stimmt gegen den Gesetzentwurf? - Wenn ich es richtig sehe, stimmt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen komplett dagegen. Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 9: Einzige (abschließende) Beratung: Niedersächsischen Sportbericht vorlegen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3574 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/3788

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Für die Fraktion der SPD hat sich Herr Kollege Viereck zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es noch eines weiteren Arguments für die Notwendigkeit eines Sportberichtes der Niedersächsischen Landesregierung bedurft hätte, dann hätten es die dramatischen Enthüllungen der vergangenen zwei Wochen eindrucksvoll geliefert. Die Dopinggeständnisse von Bert Dietz, Christian Henn, Udo Bölts, Rolf Aldag, Erik Zabel und Bjarne Riis sowie die Suspendierungen von Ärzten und Betreuern haben nicht nur den Radsport in eine schwere Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. Der organisierte Sport insgesamt nimmt Schaden von den kriminellen Machenschaften weniger.

Kein anderer gesellschaftlicher Bereich bindet und verbindet in Niedersachsen so viele Menschen wie der Sport. Unter dem Dach des Landessportbundes gibt es rund 9 600 Vereine mit aktuell 2,86 Millionen Mitgliedern. Das sind nach der neuesten Statistik ungefähr 35 % der Bevölkerung. Wir sind stolz und dankbar für diesen starken Partner mit seinen 48 Sportbünden und 58 Landesfachverbänden.

(Zustimmung bei der SPD)

Aber jetzt braucht der Sport unsere ganz besondere Unterstützung im Kampf für einen sauberen Sport. Politik und Sport gemeinsam müssen diesen Kampf mit der klaren Unterstützung dieses Hauses führen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es geht um das wichtigste Thema, das den Sport derzeit beschäftigt, nämlich um die Frage des Dopings. Für den deutschen Radsport und seine Fans war es ein Schock, als wenige Tage vor Beginn der letztjährigen Tour de France nicht nur der deutsche Tourfavorit Jan Ullrich, sondern auch weitere Mitfavoriten vom Start ausgeschlossen wurden. Die spanischen Behörden hatten aufgedeckt, dass zahlreiche Fahrer Kontakt zu einem Arzt mit einschlägiger Blutdopingerfahrung hatten. Doch damit nicht genug: Die Überführung des amerikanischen Toursiegers Floyd Landis als Dopingsünder stürzte den Radsport noch tiefer in die Krise, nicht zuletzt weil auch die übertragenden Medien und die Sponsoren zu Recht ins Grübeln gerieten, was sie da unterstützten.

Bereits im März 2004 hatte der Deutsche Sportbund eine Expertenkommission als „Rechtskommission des Sports gegen Doping“ eingesetzt, die in ihrem Abschlussbericht vom Juni 2005 noch als Minderheitenmeinung eine schärfere staatliche Gesetzgebung als letztes Mittel der Dopingbekämpfung einforderte. Der DSB hat sich diese Vorschläge weitgehend zu eigen gemacht und sie als Handlungsempfehlungen an die Politik weitergegeben. Es besteht prinzipiell ein Konsens, dass Sport und Staat gemeinsam Doping bekämpfen müssen.

Aufgrund der jüngsten Vorkommnisse ist Bewegung in eine festgefahrene Diskussion gekommen. So unappetitlich der eigentliche Anlass auch ist: Die Enthüllungen über das kriminelle Dopingnetzwerk haben den langjährigen Forderungen der SPD nach einem Antidopinggesetz neue Argumente geliefert. Der Sport allein war und ist mit der Bekämpfung des Dopings überfordert. Wenn Sport und Staat sich nicht als Konkurrenten, sondern als Partner im Kampf gegen Doping sehen, sollte es möglich sein, zu einer einvernehmlichen gesetzgeberischen Lösung zu kommen.

Zum Schutz des Sports, vor allem aber im Interesse der „sauberen“ Sportlerinnen und Sportler müssen wir uns der Verpflichtung stellen, das krimi

nelle Netzwerk aus Dealern und betrugswilligen Sportlern wirkungsvoller als bisher einzudämmen.

(Zustimmung bei der SPD)

Mit dem „Niedersächsischen Anti-Doping-Aktionsplan für einen sauberen Sport“ hat die SPD-Landtagsfraktion am 11. Oktober 2006 einen eigenständigen Beitrag zu dieser für den Sport wichtigen Thematik geleistet. Wir wollen Niedersachsen wieder zu einem der führenden Länder im Kampf gegen unlautere Praktiken im Leistungs- und Breitensport machen.

Wir hatten in unserer Initiative die Schaffung eines Straftatbestandes „Sportbetrug“ sowie die Strafbarkeit des Besitzes und der Besitzverschaffung von Dopingmitteln gefordert. Dies war leider während der Beratungen nicht konsensfähig und ist daher nicht im einstimmigen Landtagsbeschluss „Gegen Doping und für einen sauberen, gesunden Sport“ vom 8. März dieses Jahres enthalten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auf Bundesebene sind wir da mittlerweile weiter. Es wäre gut gewesen, wenn wir - insbesondere die rechte Seite des Hauses - an diesem Punkt mehr Mut gehabt hätten. Dopende Sportler sind keine Opfer, sondern beteiligen sich aktiv an Manipulationen. Sie betrügen damit sich, ihre „sauberen“ sportlichen Gegner, Sponsoren, Fans und Medien. Doping verschafft unzulässige Wettbewerbsvorteile, die sich häufig auch noch finanziell positiv auswirken. Deshalb sind schwere Dopingvergehen auch strafrechtlich zu verfolgen. Sport- und strafrechtliche Verfolgung von Dopingvergehen sind kein Gegensatz. Sie müssen sich ergänzen.

Dies alles sind notwendige Bestandteile eines Sportberichts, den die Landesregierung einmal pro Legislaturperiode dem Landtag vorlegen soll und der dann intensiv in diesem Hause diskutiert werden kann, und zwar, wie unser Antrag aussagt, beginnend im Oktober dieses Jahres.

Wir müssen eindeutige und unmissverständliche Zeichen setzen. Gemeinsam mit dem Sport und allen sportlichen Akteuren müssen wir dem Doping den Kampf ansagen. Damit liegen wir voll auf der Linie der Nulltoleranzposition des organisierten Sports gegenüber Doping, wie sie der LSBPräsident Professor Dr. Umbach vertritt. An dieser Stelle möchte ich einen Leserbrief von Lars Figura, siebenfacher Deutscher Meister der Leichtathletik, vom 3. Juni dieses Jahres zitieren:

„In der sportlichen Öffentlichkeit darf es für Dopingsünder keinen Platz mehr geben. Denn wenn der Dopinghandel sich im Ergebnis - und sei es nur finanziell - lohnt, dann läuft etwas ganz wesentlich falsch. Der saubere Sportler fährt, läuft oder schwimmt hinterher, wird oftmals gar verspottet.“

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, uns geht es mit dem Niedersächsischen Sportbericht nicht um bedrucktes Papier mit Statistiken, sondern um politische Aussagen der Landesregierung zu einem der zentralen landespolitischen Politikfelder. Auch dabei ist der Landessportbund unser Partner. Er hat umfangreiche Dokumentationen erarbeitet.

(Glocke der Präsidentin)

Das entbindet aber die Landesregierung nicht von ihrer Pflicht, eigenständige Positionen zu entwickeln und Perspektiven sowie Entwicklungspotenziale aufzuzeigen.