Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs betrifft die den Kommunen vom Bund im Zuge der sogenannten Hartz-IV-Reformen zugesagte Entlastung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro deutschlandweit und in Höhe von 250 Millionen Euro für Niedersachsen. Nach den derzeitigen Finanzstatistiken bringt der Bund seinen Entlastungsanteil nach wie vor leider nicht voll auf. Niedersachsen dagegen tut seine Pflicht.
An dieser Stelle verdient das Verhandlungsgeschick unseres Ministerpräsidenten noch einmal ausdrückliche Anerkennung.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Rhein- land-Pfalz und Baden-Württemberg haben aber noch ein bisschen besser verhandelt!)
- Ach so. - Er hat es geschafft, den Anteil des Bundes an den Unterkunftskosten von 29,1 % auf 31,2 % für 2007 deutlich zu steigern. Kurz zuvor hatte sogar noch eine deutliche Reduzierung des Bundesanteils zur Debatte gestanden. Niedersachsen ist gegenüber seinen Kommunen vertragstreu. Auch in Zukunft leitet das Land die Wohngeldmittel in vollem Umfang an seine Kommunen weiter, die es in Folge von Hartz IV gespart hat. Das bedeutet für 2007 einen Betrag in Höhe von 136 Millionen
Euro. Gegenüber dem Vorjahresbetrag in Höhe von 105 Millionen Euro ist das eine Steigerung um 31 Millionen Euro oder um rund 30 %. Die Kommunen erhalten denselben Jahresbetrag bis zum Jahr 2010 einschließlich. Jährlich sind dies 136 Millionen Euro. Danach muss neu entschieden werden, je nachdem, wie sich die Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten darstellen wird, die die Kommunen zu tragen haben.
Die kommunale Planungssicherheit bis zum Jahre 2010 wird von uns sehr hoch eingeschätzt. Sie ist ein weiterer Beleg für die kommunalfreundliche Politik der CDU/FDP-Landtagsmehrheit.
(Beifall bei der CDU - David McAllister [CDU]: Sehr gut! Das musste einmal gesagt werden, damit ihr es versteht!)
Der Gesetzentwurf löst folgendes Problem: Die einheitliche Beteilungsquote des Bundes von 31,2 % an den Unterkunftskosten trägt den unterschiedlichen Be- und Entlastungen der einzelnen niedersächsischen Kommunen nicht Rechnung, die als Folge der Ablösung des alten Sozialhilferechts durch das neue SGB II entstanden sind. Nach der einheitlichen Bundesquote und dem bisherigen Verteilungsschlüssel des Landes werden Kommunen begünstigt, die hohe Unterkunftsund Heizungskosten zu finanzieren haben. Die Kommunen mit niedrigen Unterkunftskosten und eingetretenen Mehrbelastungen aber werden benachteiligt. Das war zusammenzubringen. Dies hat im Gesetzgebungsverfahren auch zu harten Auseinandersetzungen geführt. Einerseits Städtetag, andererseits Landkreistag: Die einen waren für den Ausgleich nach den Unterkunftskosten, die anderen waren für einen Mehrbelastungsausgleich.
Die jetzt vorgesehene gesetzliche Regelung zeigt einen salomonischen Lösungsweg auf und berücksichtigt beide Positionen jeweils zur Hälfte. Die Landesmittel in Höhe von 136 Millionen Euro werden zu 50 % nach den Leistungen für Unterkunft und Heizung und zu den verbleibenden 50 % nach der Mehrbelastung verteilt.
An dieser Stelle muss ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass das absolut nichts mit einem Raubzug des Landes durch irgendeine kommunale Kasse zu tun hat, wie von einzelnen Leuten aus dem kommunalen Bereich zu hören war, die dem SPD-Landesvorstand angehören und den Wahlkampf des Kollegen Jüttner etwas anfachen woll
ten. Ich freue mich sehr darüber, dass die nunmehr gefundene salomonische Lösung so gut gelungen ist und dass die kommunalen Spitzenverbände sowie die Fraktionen des Hauses dem Gesetzentwurf im federführenden Sozialausschuss zugestimmt haben.
Erstens haben einzelne Kommunen kritisiert, dass der Bundesanteil von 31,2 % an den Unterkunftskosten in die Verteilungsrechnung überhaupt einbezogen worden ist. Nach Meinung der Kommunen hätte dieser Anteil gänzlich außen vor bleiben und direkt überwiesen werden müssen. Das zieht aber nicht; denn die jeweilige Kommune soll ihren Anteil an den 2,5 Milliarden Euro Entlastung bekommen. Deshalb müssen die Bundesmittel voll in die Rechnung zum Mehrbelastungsausgleich, der dem Gesetzentwurf zugrunde liegt, einbezogen werden.
Der zweite Kritikpunkt, der insbesondere von der Region Hannover geäußert worden ist, bezieht sich darauf, dass der Mehrbelastungsausgleich nicht den hohen Sozialhilfevorbelastungen pro Kopf entspricht, die vor Inkrafttreten des SGB II existiert haben. Es wurde gesagt, die behaupteten Verwerfungen würden dadurch nicht reduziert. Aber auch das zieht nicht. Ziel des SGB II ist nicht ein Ausgleich der hohen Sozialhilfelasten einzelner Kommunen vor Inkrafttreten des Gesetzes. Vielmehr soll ein Ausgleich auf der Basis der vorhandenen Belastungen getroffen werden. Das ist insofern von Bedeutung, als in dem Gesetz auch berücksichtigt werden soll, dass sich einzelne Kommunen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit besonders angestrengt haben. Wo dies nicht der Fall war, darf nicht voll ausglichen werden.
Der Gesetzentwurf berücksichtigt die unterschiedlichen Interessen optimal und verdient Zustimmung. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hinter dem sperrigen Begriff „Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs” verbirgt sich die Neuverteilung der eingesparten Wohngeldmittel, wie eben schon der Kollege Dr. Matthiesen ausgeführt hat. In großen Teilen kann ich seiner Bewertung zustimmen. Dort, wo es in eine Lobhudelei der Landesregierung ausgeartet ist, sind wir verständlicherweise aber anderer Ansicht. Das werde ich auch ausführen.
Eingespart werden durch das Gesetz zur Modernisierung des Arbeitsmarktes und aufgrund der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ganz beträchtliche Mittel. Über die Verteilung dieser Mittel gibt es nur wenig Dissenz. Deshalb stimmt die SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf auch zu.
Mit diesem Gesetz wird allerdings nur ein Teil der Ungerechtigkeiten abgemildert, die unsere Kommunen durch Eingriffe des Landes oder der Landtagsmehrheit von CDU und FDP erlitten haben. Unter diesen Eingriffen haben sie fürchterlich gelitten. Einige Kommunen haben auch unter Unterlassungen gelitten.
Die Vorgeschichte des Gesetzentwurfes, Herr Kollege Böhlke, ist ein bisschen anders - ich möchte das einmal in Erinnerung rufen -, als es Herr Kollege Matthiesen hier gesagt hat. Die Großtaten des Ministerpräsidenten kann man auch anders sehen.
Die Vorgeschichte des Gesetzentwurfes ist nämlich Folgende: Hartz IV mit der postulierten Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro jährlich wurde kurz vor Weihnachten 2003 verabschiedet. Einer der Verhandlungsführer der Ländermehrheit war der derzeitige Ministerpräsi
dent Christian Wulff. Verhandelt wurde auf der Basis der damals bekannten Zahl der Arbeitsuchenden. Das Risiko des Anstiegs der Zahl der Arbeitsuchenden haben die Verhandlungsführer der Ländermehrheit - das waren Herr Wulff und Herr Koch - offenbar anders als der Bundesfinanzminister deutlich unterschätzt
- ja, er war ein guter Finanzminister -; denn die vereinbarten Regelungen besagten, dass bei einem Anstieg der Zahlen die künftig eingesparten Zuschüsse der Kommunen dem Bundeszuschuss gegenzurechnen seien. Das war das Problem. Dieser Lapsus in einer langen Nacht vor Weihnachten 2003 ist Niedersachsens Kommunen teuer zu stehen gekommen. Die Arbeitslosenzahlen stiegen vom 31. Dezember 2004 bis zum Januar 2005 schlagartig um ungefähr 1 Million an mit der Folge, dass die Einsparungen durch Hartz IV in Höhe von 2,5 Milliarden Euro schon Makulatur waren. Die Einsparung war nämlich aufgrund der zusätzlichen Kosten weg.
Im April 2004 hat der Ministerpräsident an dieser Stelle im Landtag das voraussichtliche Minus für die niedersächsischen Kommunen aus Hartz IV auf 509 Millionen Euro beziffert. Das Bundeswirtschaftsministerium hat damals von einem Plus von 250 Millionen Euro gesprochen. Festzuhalten ist, dass das Bundeswirtschaftsministerium etwas besser lag, ungefähr zwei Drittel zu einem Drittel. Momentan gibt es ein schwaches Plus für die Kommunen im Lande. Aber auch das ist zu wenig; denn mit dem Geld, das die Kommunen zusätzlich haben sollten, sollten die Kosten für den Ausbau der Kindergartenbetreuung bzw. der Krippenbetreuung bezahlt werden. Das Geld ist noch nicht da. Daran möchte ich bei diesen ganzen Debatten noch einmal erinnern.
Wenn die Arbeitslosenzahlen in etwa wieder die des Jahres 2003 erreichen, dann könnten - in der Spätfolge von Hartz IV - tatsächlich 250 Millionen Euro plus herauskommen - wie gesagt, wenn sich das positiv weiterentwickelt.
Diese sind im Wesentlichen durch Eingriffe der rechten Seite dieses Landtages verursacht worden. 2005 hat die Landesregierung den kommunalen Finanzausgleich - d. h. das hat der Landtag gemacht, und Sie waren daran beteiligt, indem Sie die Arme gehoben haben - über den Daumen gepeilt um 150 Millionen Euro gekürzt. Im Jahre 2006 ist das mit dem Haushalt aufgewachsen, 2007 auch noch einmal. Damit haben Sie die niedersächsischen Kommunen in ihre schlimmste Finanzkrise nach dem Kriege gestürzt.
- Das ist eine Tatsache! - Das, was der Finanzminister heute Morgen als Sparpolitik bezeichnet hat, war eine sogenannte Sparpolitik. Es ist in erster Linie ein Raubzug durch die Kassen anderer Ebenen und Gruppen.
Eine der Ebenen waren die niedersächsischen Städte, Gemeinden und Kreise. Bei denen haben Sie nämlich kräftig in die Kasse gegriffen. Das wissen Sie.
- Sie haben damals gesagt: Das ist ein Raubzug durch die Kassen. - Sie haben aber noch einen draufgesetzt. Wer sind denn nun die Räuber?
Entschuldigen Sie, Herr Kollege Harden. Ich unterbreche ganz kurz, damit sich alle wieder beruhigen, damit man Ihnen zuhören kann. - Die CDUFraktion hat übrigens noch eine Restredezeit von 1:29 Minuten.
Danke, Frau Präsidentin. - 2006 sind die Kassenkredite niedersächsischer Kommunen trotz wieder steigender Einnahmen noch einmal angestiegen. Das müsste Ihnen zu denken geben. Daran ändert dieses Gesetz nichts. Auch das Herumfummeln am kommunalen Finanzausgleich ändert trotz Flächenfaktor und Demografiezuschlag nur wenig daran, weil es eine Umverteilung innerhalb der Kommunen ist. Das wissen Sie auch.