Protocol of the Session on April 25, 2007

Zweitens. Nichts weist in dem notifizierten Entwurf auf dessen Folgerichtigkeit im Hinblick auf seine Angemessenheit zur Erreichung des verfolgten Ziels hin, da er auf Lotterien und Sportwetten Anwendung findet, nicht aber auf Glücksspiele, die eine viel höhere Gefahr der Spielsucht aufweisen.

Drittens. Es gibt weniger einschränkende Maßnahmen zur Beschränkung der Spielsucht und zum Schutz von Jugendlichen.

Das ist die Einschätzung der Europäischen Kommission.

Auch in Deutschland haben sich vielfältige Urteile damit beschäftigt.

(Unruhe)

Herr Bode, warten Sie bitte einen Moment, bis hier Ruhe eingetreten ist!

Das letzte Urteil ist vom 4. April dieses Jahres und stammt vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes. Darin wird die Maßnahme der Einschränkung des Spielbetriebs durch einen Verwaltungsakt beurteilt. Ich zitiere aus dem Urteil:

„Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erweist sich die umstrittene ordnungsbehördliche Anordnung der Antragsgegnerin nicht als offensichtlich rechtmäßig.“

Das heißt, das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat Zweifel an der Umsetzung der Beschlüsse der Innenministerkonferenz.

Das Oberverwaltungsgericht zeigt ebenfalls auf, welche Probleme es bei der Umsetzung des Werbeverbotes, das das Bundesverfassungsgericht vorschreibt, gibt. Das geht soweit, dass die Vermittlung von Toto-Lotto in Zeitungsläden und Kiosken bereits als Verstoß gegen das Werbeverbot beurteilt wird.

Weiter möchte ich Sie darauf hinweisen, dass in diesem Urteil ebenfalls eindeutig erklärt wird, dass im Hinblick darauf nicht angenommen werden kann, dass die im Anschluss ergriffenen Maßnahmen gemessen an den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien als gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit einzustufen sind. Der neue Entwurf wird als umstritten gewertet.

Es wird ebenfalls festgehalten, dass in der Bundesrepublik Deutschland derzeit keine gemeinschaftskonforme Regelung des Sportwetten- und sonstigen Glücksspielmonopols besteht.

Weitere Stimmen:

Toto-Lotto Niedersachsen droht mit dem Aus für Oddset und Toto, wenn der neue Staatsvertrag kommt.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger erklärt:

„Bundesländer, die sich jetzt immer noch dem Vorbild von Schleswig

Holstein verweigern, sind verantwortlich, wenn immer mehr Wettgelder ins Ausland fließen und weder etwas zur Wirtschaft und Werbung noch - mittels einer Wettabgabe - zur Finanzierung gemeinnütziger Zwecke beitragen.“

Das ganze Problem wird durchaus noch viel komplizierter, Herr Dr. Lennartz, wenn wir uns die Rechtskonstruktion anschauen. Es ist völlig unstrittig, dass wir auch mit 15 Bundesländern einen Staatsvertrag abschließen können, SchleswigHolstein also außen vor bleiben kann. Die Europäische Kommission würde Deutschland aber wieder als Ganzes bewerten. Von daher wird Schleswig-Holstein großen Einfluss auf die Frage haben, ob wir den Staatsvertrag so umsetzen können.

Wir werden alle diese Zweifel abwägen müssen. Die Ministerpräsidenten, die Innenminister und die Finanzminister werden in ihren Konferenzen darüber beraten. Bei der Diskussion sollten wir eine größere Seriosität an den Tag legen, als sie dieser platte Antrag der SPD-Fraktion erreicht. Den werden wir ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Möllring das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Überschrift des Antrags liest, hätte man zunächst annehmen können, dass die SPD-Fraktion die Haltung der Landesregierung uneingeschränkt befürwortet. Damit wäre dieser Antrag nicht so wichtig gewesen, weil die Landesregierung sowieso das Richtige tut. Aber nachdem der Vertreter der SPD-Fraktion hier gesprochen hat, kommen einem doch Zweifel. Er ist nämlich nach dem Motto verfahren: „Sie machen zwar das Richtige, aber da Sie in der falschen Partei sind, können Sie eigentlich nicht das Richtige machen, und das stelle ich jetzt dar.“ - Das ist ihm aber nicht gelungen.

Bereits im August 2006 hat die Landesregierung den Landtag darüber informiert, dass sie sich mit Nachdruck für den Erhalt des staatlichen Lotteriemonopols einsetzt. Das ist selbstverständlich auch weiterhin unsere Linie. Niedersachsen hat deshalb

mit den anderen Ländern auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Juni 2006 zugunsten des staatlichen Glücksspielmonopols votiert. Auf der Grundlage dieser Vorgabe wurde zwischen den Ländern der Entwurf eines Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland ausgearbeitet, den mit Ausnahme von Schleswig-Holstein alle Regierungschefs der Länder am 13. Dezember letzten Jahres zustimmend zur Kenntnis genommen haben. Die Landesregierung hat den Landtag am 22. November letzten Jahres und am 10. Januar dieses Jahres über den Entwurf des Staatsvertrages unterrichtet.

Meine Damen und Herren, im Rahmen des Beschlusses der Regierungschefs vom Dezember 2006 wurde durch Niedersachsen als Vorsitzland der Ministerpräsidentenkonferenz am 23. Dezember 2006 veranlasst, dass der Vertrag der EUKommission zur Notifizierung zugeleitet wird. Die EU-Kommission hat am 22. März 2007 ausführlich Stellung bezogen. Darin bestätigt sie ausdrücklich, dass das Recht Deutschlands auf eine Beschränkung von Glücksspielaktivitäten und die Beibehaltung des Glücksspielmonopols nicht in Frage gestellt wird. Kritisiert wird von der Kommission das vorgesehene Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet. Hierzu ist der EU-Kommission in dieser Woche geantwortet worden.

Herr Lennartz, ich habe das Schreiben dabei. Es ist vom Bundeswirtschaftsministerium an die EUKommission gerichtet und nachrichtlich an die Staatskanzlei übersandt worden. Ich werde abklären, ob wir Ihnen das zuleiten können. Ich habe keine Bedenken, aber ich weiß nicht, wie mit solchen Schreiben normalerweise umgegangen wird. Wenn die Staatskanzlei keine Bedenken hat, werden wir das Schreiben vom gestrigen Tage den Fraktionen zuleiten.

Damit ist dann das Notifizierungsverfahren abgeschlossen. Die Ministerpräsidenten haben verabredet, den Staatsvertrag nunmehr unverzüglich zu zeichnen, damit in den Ländern die Ratifizierungsgesetze auf den Weg gebracht werden können.

Der neue Staatsvertrag setzt die vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen an ein Glücksspielrecht umfassend um. Er sieht eine eindeutige Systementscheidung zugunsten eines staatlichen Glücksspielmonopols vor und schafft ein kohärentes und systematisches Glücksspielrecht in den Ländern, das auch den europarechtli

chen Anforderungen entspricht und das eine effektive Bekämpfung des illegalen Spiels ermöglicht. Der Staatsvertrag schafft länderübergreifend einheitliche Rahmenbedingungen für alle Glücksspiele wie Lotterien, Sportwetten und Spielbanken.

Wichtigstes Ziel ist die Vermeidung und die Bekämpfung der Glücksspielsucht. Mit der Regelung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren kommen die Länder der staatlichen Pflicht zum Schutz der Gesundheit der Bürger nach. Dies gilt insbesondere natürlich auch für den Jugendschutz. Sie verfolgen damit ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel, da Spielsucht, wie es auch vom Bundesverfassungsgericht ausgeführt worden ist, zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und damit für die Gemeinschaft insgesamt führt.

Die Erfahrung lehrt, dass Entwicklungen weitergehen. Der neue Staatsvertrag ist daher zunächst auf vier Jahre angelegt und mit einer Evaluierungsvorgabe versehen. Dies ermöglicht, zukünftige Entwicklungen beim Glücksspiel auch im Zusammenhang mit dem schnellen Fortschritt im Bereich der modernen Kommunikationstechnologien zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, diese grundsätzliche Linie der Landesregierung vorausgeschickt, möchte ich noch wenige Ausführungen zu den Thematiken der Spielbanken machen.

Eine Bedingung im Kaufvertrag, der auch vom Landtag so beschlossen worden ist und damit auch Bestandteil des Kaufpreises war, nämlich das Inkrafttreten der Änderung des Spielbankengesetzes hier in Niedersachsen in der in der Landtagsdrucksache 15/1276 vorgesehenen Form. Danach kann dem Zulassungsinhaber auch die Veranstaltung von Glücksspielen im Internet erlaubt werden. Das war auch schon vorher möglich; das wissen Sie. Das Spielbankengesetz war am 14. Dezember 2001 geändert worden und enthielt in § 3 die Regelung, dass eine Spielbank, die ausschließlich Spiele im Internet anbietet, ermäßigte Spielbankabgaben zahlen muss. In § 9 Satz 2 wurde ausdrücklich geregelt, dass es ein Internetspiel geben darf. Dies haben wir dann in der Änderung von 2004 konkretisiert.

Danach kann dem Zulassungsinhaber auch die Veranstaltung von Glücksspielen im Internet erlaubt werden. Welche besonderen Anforderungen bei Spielangeboten im Internet zu erfüllen sind,

bleibt einer Verordnung des Fachministeriums, in diesem Fall des Finanzministeriums, vorbehalten. Die Käuferin, die Casinos Austria International Holding GmbH, hat sich vertraglich zusichern lassen, dass diese Bestimmungen zur Umsetzung eines Internetspiels zum 30. Juni 2005 geschaffen werden. Anderenfalls wäre die Käuferin berechtigt gewesen, den hierfür vereinbarten Kaufpreisanteil zurückzuverlangen.

Durch eine Änderung der Spielordnung für öffentliche Spielbanken in Niedersachsen durch Verordnung vom 22. Juni 2005, also eine Woche vor Ablauf dieser Frist, wurde diese Maßgabe fristgerecht erfüllt. Einen Antrag auf Genehmigung eines Spielangebots im Internet hat die Spielbanken Niedersachsen GmbH am 4. Oktober 2006 gestellt, also fast eineinhalb Jahre später. Sie ließ aus Gründen, die wir nicht zu kommentieren haben, nach Schaffung der gesetzlichen Rahmenbedingungen eben 15 Monate verstreichen. Gerade in diesen Zeitraum fiel das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das innerhalb der den Landesgesetzgebern eingeräumten Übergangsfrist bis zum 31. Dezember dieses Jahres die Erweiterung des Spielangebotes verbietet. Eine solche Erweiterung würde aber eben dieses Internetangebot darstellen.

Nun waren wir in der Zwickmühle zwischen unserem Gesetz, dem Kaufvertrag, den wir am 22. Juni 2005 wirksam erfüllt haben, und dem uns dann überholenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Wir haben uns entschieden, das Urteil des Verfassungsgerichts zu beachten und es nicht unbeachtet zu lassen. Nun müssen wir abwarten, ob etwas passiert.

Wir haben unseren Anteil erfüllt, aber wenn man sich 15 Monate Zeit lässt, geht man eben auch das Risiko ein, dass sich die Rechtsprechung ändert. Das haben wir als Landtag und als Land Niedersachsen natürlich überhaupt nicht in der Hand, aber natürlich haben wir als Regierung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen und sie bei unseren Erlaubnis- bzw. Versagungsentscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen und nach bester Rechtsauslegung anzuwenden. Deshalb haben wir die Genehmigung nicht erteilt.

Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen war von der Käuferin vorgetragen worden, bei Einführung einer durchgängigen Ausweiskontrolle im Automatenspiel sei mit erheblichen Umsatzeinbußen zu

rechnen. Nun stellt sich natürlich eine Frage. Vor dem Beschluss der Innenministerkonferenz von 2004 war es ja nicht verboten, in einer landeseigenen Spielbank eine Ausweiskontrolle anzuordnen. Seitdem die Spielbanken staatlich sind, hätte das jeder machen können, auch das Land Niedersachsen. Damals war der Innenminister verantwortlich. Wenn der Innenminister der Meinung gewesen wäre, das sei erforderlich, hätte er ja bei seiner Gesellschaft die Ausweiskontrolle ohne einen staatlichen Akt, also rein zivilrechtlich, durchsetzen können. Das ist nicht geschehen, auch aus rechtlichen Gründen nicht, und deshalb machen wir es ebenfalls nicht.

Wir führen natürlich Kontrollen durch, nämlich im Zuge der Schutzregelung für Automatenspieler. Es gibt eine Identifikationspflicht bei Gewinnauszahlungen ab 750 Euro. Insoweit haben wir hier die bundesweit strengsten Regelungen eingeführt, und wir halten sie für ausreichend. Wenn etwas anderes eingeführt wird, werden wir die Rechtslage entsprechend anpassen. Bisher ist das aber nicht der Fall, und deshalb bleibt es zunächst so, wie es ist. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen gibt es nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 12: Einzige (abschließende) Beratung: eGovernment weiter voranbringen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3266 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/3599

Die Fraktionen sind übereingekommen, ohne Beratung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres Sport in der Drucksache 3599 abzustimmen. Sie lautet auf Annahme in geänderter Fassung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen worden.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 13: Zweite Beratung: Polizeireform gelungen - Aufklärungsquote gestiegen - Niedersächsische Polizei gut aufgestellt! - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/3185 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/3662